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Donnerstag, de« S. November

Amtsblatt »Sr Vs«L-grafe»»eiler.

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. Der MarMMg.

Io naher der 8. November heranrückt, an dem im Reichstage über die auswärtige Politik und über die Marokko-Angelegenheit verhandelt werden soll, um so deutlicher zeigen sich Wetterwolken am par­lamentarischen Himmel. Sicher ist, daß die deutsche Volksvertretung keinen nutzlosen Krieg will, aber auch unter den politischen Parteien ist keine, die nicht genaue Klarheit darüber fordert, ob wir Frank­reich gegenüber den Kürzeren gezogen haben oder nicht. Und es kommen noch andere Umstände in Betracht, auf die in der deutschen Presse immer bestimmter hingewiesen wird. So ist es n amentlich die Haltung der französischen Zeitungen,, welche in unseren Kreisen gerechte Entrüstung erregt. Sie spricht von deutscher Feigheit und greift den Kaiser in einer Weise an, die sich nicht wohl wiedcrgeben läßt. Wir wissen, daß den Pariser Journalisten nicht selten die Vernunft abhanden kommt, wenn sie über Deutschland schreiben, aber es erscheint an­gemessen, in einer der Würde des Reiches ent­sprechenden Weise dazu Stellung zu nehmen, welche keinen Zweifel daran läßt, wohin dies Treiben führen kann.

Fürst Bismarck hat in den letzten Jahren seiner Amtstätigkeit im Reichstage einmal darüber ge­sprochen, ob wir einen zweiten Krieg mit Frankreich erleben würden. Er glaubte nicht daran, daß eine Regierung in Paris leichtsinnig einen neuen Kampf vom Zaun brechen würde, hielt es aber nicht für unmöglich, daß Presse und Bevölkerung einen sol­chen Heraufbeschwören könnten. Dem Sinne nach sagte der Kanzler mit erhobener Stimme:Sollte es dahin kommen, dann wird es nicht mit einer . Kriegsentschädigung von fünf Milliarden getan sein; ^ dann wird Frankreich eine Lehre erhalten, die es nie wieder vergessen wird." Deutschland ist auch Mannes genug, diese Bismarck; chen Worte zu ver­wirklichen, und gegen Rußland, Frankreichs Bun­desgenossen, decken uns die innere Schwäche des Zarenreiches, unser Bündnis mit Oesterreich-Un­garn und die nnrhame da nischen Volksstämme.

. Dieser Anschauung wird auch der friedliebendste -Reichstag fein. Freilich fehlt in der bevorstehen--, den Rechnung noch ein Punkt, der der springende in allen unseren auswärtigen Beziehungen ist, Eng­land. Englands Flotte wird stets stärker, wie die unsrige sein; wollten wir damit rechnen, müßten wir in allen auswärtigen Streitfragen im letzten Augenblick znrückweichen. Wir wünschen keinen un nötigen Krieg, aber gerade weit wir auf diesem Standpunkt stehen, müssen wir stets im Auge be­halten, daß eine allzu große Nachgiebigkeit des deut­schen Reiches am Ende die. Folge haben kann, daß uns schließlich einmal Zumutungen gestellt werden, deren Erfüllung außerhalb der Möglichkeit liegt, daß also dann ein Krieg da sein würde. Wenn wir die ganze Weltlage ruhig betrachten, so müssen wir uns vor allem eingestehen,, daß. alle unsere Be­mühungen, Frankreich und England uns gegenüber vorurteilsfrei zu machen, umsonst gewesen sind und auch wohl umsonst bleiben werden.

In verschiedenen Zeitungen wird verlangt, die Reichstagsdebatten der kommenden Woche dürften nicht mit den üblichen Reden, daß jetzt doch nichts weiter anzufangen sei, ausgehen, sondern es müsse eine Tat gefordert werden, die beweise, daß das deutsche Reich künftig nicht mehr gewillt sei, allent­halben zurück zuweichen. Diese Tat sollte in einem neuen, der heutigen Weltlage angemessenen Flot­tenprogramm bestehen. Täuschen wir uns aber nicht, was eine solche Tat bedeuten würde, sie würde die Möglichkeit eines Krieges mit England bedeutend verschärfen. Der Reichstag steht also bei den kom­menden Verhandlungen vor Zukunftsmöglichkeilen, deren Erörterung auch eine volle Verantwortlichkeit für alle seine Mitglieder in sich schließt. Daß politische internationale Streitfragen nicht durch Schiedskongresse aus der Welt geschafft werden kön neu, das hat sich bei Marokko und Tripolis glänzend bewiesen.

Die Behandlung' der Marokko frage durch den Reichstag wird in der nationalen Presse mit besonderem Eifer erörtern. DieKöln. Zig." erkennt das formale Recht der Regierung an, dem Reichstage die Entscheidung über das Abkommen zu entziehen, meint aber, in irgend einer Form müßte die Möglichkeit gegeben werden, daß der Reichstag sich in feierlicher Weise dazu äußert, und auch der Regierung müßte daran gelegen sein, ihre Haltung durch ein Votum des Reichstags verstärkt und gefestigt zu sehen. Geht es nicht auf 'dem Wege der Entscheidung über Annahme oder Ableh­nung, so müßte man wenigstens den Anlaß benut­zen, damit der Reichstag sich in einer Resolution dahin äußert, wie er zur marokkanischen Frage steht und wie er über die von der Regierung er­zielten Ergebnisse denkt. Eine bloße Besprechung ohne weitere Santckon erscheint ganz unzureichend. Es sei auch anzunehmen, daß sich im Reichstage eine Mehrheit für das von der Regierung geschlos­sene Abkommen finden werde, das, wie man auch sonst därüber denken möge, eine recht schwierige Lage zu einem friedlichen Ausgang gebracht habe. Weit entschiedener noch äußert sich dieMagdeb. Ztg." in einem ArtikelUnd nun zur Tat!" Sie be­zeichnet den 3. November, den Tag der Reichstags- debar.e über Maroiio, als Tag des Volksgerichts und fragt: Was ist Marokko, was das Äongoland ge­messen an der Erkenntnis: Jenseits des Kanals sitzt der starte Neider, der nicht dulden will, daß Deutschland sich seine Weltstellnng wahre und fe­stige. Die Wahlparole für den 12. Jan. müsse eine weltpolitische Parole sein. Entweder wir bauen eine so starke Flotte, daß uns England nie wieder so in nichere Angelegenheiten Hineinreden kcmn-, wie in der Marollofrage, oder wir sparen alle Opfer und verschachern unsere Flotte an England. Diese Aus­führungen des nationalliberalen Blattes sind ans den Ton der Breslauer Wahlrede des konservativen Parteiführers v. Heydevrand gestimmt, der von einer grandiosen Unverschämtheit englischer Minister ge­gen Deutschland gesprochen hatte.

Die Nordd. Ällg. Ztg. hat zwar festgestcllt, und auch von englischer Seite wird es behauptet,! daß England bei dem Erscheinen des deutschen Kriegs­schiffes vor Agadir und bei den deutsch-französischen Marrtkoverhandlungen keinerlei Druck auf Deutsch­land ausgeübt habe. Die Dinge sind aber noch so lebhaft in Erinnerung, daß sich, dadurch nie­mand über den wirklichen Tatbestand hinwegtäu­schen läßt.

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Die cts lothringischen Landtags­wahlen haben in der französischen Presse starkes Mißbehagen und peinlichste Ueberrajchung ausge­löst. Man hatte jenseits der Vogesen doch, gehofft, daß auf Grund der geheimen Stimmenabgabe eine starke nationalistische Mehrheit in den Landtag ein­ziehen würde. Daß diese Erwartung völlig zu Was­ser wurde, kränkt die Franzosen bitter. Von reichs- deutschem Standpunkt darf man aber gerade des­halb mit Befriedigung auf das Wahlergebnis blicken/ wenn es auch noch nicht alle Wünsche erfüllt, und darf sich der Ueberzengung hingeben, daß jede spä­tere Wahl noch günstiger für das Deutschtum in Elfaß-Lothringen ausfallen wird.

Nach einer Meldung desSteele" schweben ge­genwärtig zwischen Paris und London Besprechun­gen, welche die Einleitung zu den bevorstehenden f ran z.-span is chen Besprechungen über Marokko bilden sollen.

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Die chinesische Regierung und der Prinzregent haben den Forderungen der Re­former nachgegeben und eine Verfassung ver­sprochen. Vorläufig nur versprochen; denn wer Chi­nas Politik und Diplomatie kennt, wird nicht glau­ben, daß China nun wirklich über Nacht ein Vcrfas-

jungsstaat geworden sei. So trauen auch die Revo­lutionäre der Regieruwg nicht. Trotz des kaiserlichen Edikts greift die aufständische Bewegung um sich und die Furcht der Bevölkerung, vor allem in der Umgebung von Peking, nimmt zu. In allen Eisen­bahnzügen findet man Flugblätter der Revolutio­näre, ohne daß man weiß, wie sie dahin kommen. Die Zahl der.aus der Hauptstadt Fliehenden vergrö­ßert sich täglich. Die amerikanische Gesandtschaft sandte an fünf Missionen der Provinz Schonst De­peschen, daß die Missionare sich sofort nach der .Küste begeben sollten. Die Depeschen kämen jedoch zurück, da die betreffenden Missionen bereits in den Händen der Rebellen waren. Die Konzentration der Truppen in Lanchou und in Mulden ist voll­ständig unterbrochen, da die Mannschaften und Offi­ziere gemeutert haben.

Das Edikt des Kaisers, in dem die Verfassung! bewilligt wird, bittet das Volt in demütiger Werse um Verzeihung, weil die Regierung bisher mit der Durchführung der Reform gezögert habe. Die Krone nimmt alle Schuld für die infolge der Reform­oerzögerung entstandenen UnruHen auf sich. Der junge Kaiser, der erst im kommenden Februar 6 Jahre alt wird, und in dessen Namen sein Vater, Prinzrcgent Tschun, spricht, bedauert, nicht die rech­ten Männer gefunden zu haben, da ihm die politische Geschicklichkeit fehle, und fährt dann fort: Wenn alte Gesetze abgeschafft werden, wahren die hohen Beamten nur ihre eigenen Interessen. Biel Geld wurde vom Volke erhoben, aber nichts, was dem Volke zugute kommt/ ist vollendet worden. Das Volt murrt, ich aber weiß nichts davon. Das ganze Reich ist in Aufruhr. Die Geister der letzten Kai­ser können sich nicht in Ruhe ihrer Taten erfreuen,: weil das Volk leidet. Das alles ist mein eigener Fehler, und jetzt schwöre ich, daß ich Reformen entführen und die Verfassung treu erfüllen will. Ich will die Interessen des Volkes fördern und feine Lasten erleichtern, aber selbst, wenn die ganze Diplomatie zusammenarbeitet. fürchte ich, daß wir fallen können, wenn die Untertanen des Reiches das Gesetz nicht mehr in Ehren halten, sondern sich von Gesetzbrechern verführen lassen. Dann freilich ist es um die Zukunft Chinas geschehen. Die Furcht, vor den Fortschritten der Revolution, die vor den Toren Pekings sieht, ist die Ursache des unkaiser­lichen Erlasses.

LsndrSnschnchten.

Allerrsteig, 2. November. ^

* Tkikursc und Skirennen. Die Skirennen aus dem Feldberg im Schwarzwald finden vom 9. bis 1t. Februar nach folgendem Programm statt: 9. Febr.: militärischer Patrouillenlauf, 10. Febr.: gro­ßer Dauerlanf und Heerdanerlauf, 11. Febr.: Ab­fahrtsrennen vom Seebuck/ Hindernis-, Damen-, Volkslanf, Junioren und Senioren-Sprunglauf. Der Akademische Schneeschuhverein Tübingen hält vom 5. bis 7. Januar einen Schneeschnhkürsus auf dem Kniebis ab.

* Dornstctten, 2. Nov. Vom K. Oberamt ist die Abhaltung des am Dienstag den 7. November hier fälligen Viehmartts genehmigt worden unter folgenden Bedingungen : 1. Der Zutrieb des Viehs aus verseuchten Bezirken ist verboten. 2. Vieh- und Schweinehändler haben vor Beginn des Transports der Tiere zum Markt ihre Tiere tierärztlich unter­suchen zu lassen und das hierüber auszustellende Gesundheitszeugnis zum Markt mitzubringen. 3. Die ans Baden- Hohenzollern und anderen deutschen Bundesstaaten eingeführten Wiederkäuer und Schweine dürfen nur dann zum Markt aufgetrieben werden, wenn sie vorher in Württemberg 10 Tage unter polizeilicher Beobachtung gestanden sind und deren Seuchenfreiheit bescheinigt ist.

* Frcndcnstadt, 2 .Nov. Am Montag abend ist der verheiratete Zimmermann Wilh. Schmid auf dem Wege zwischen Zwieselberg und Freudenstadt dadurch verunglückt, daß er vom Wagen stürzte, des-