Tsndrsnschrichtrn.
Alierrlleiq. 18 . Ok:br.
H Ter Glasziegel als Brandstifter. Die häufigen Brcmdfälle des vergangenen heißen Sommers und die nötig gewordenen teils umfangreichen gerächt liehen Untersuchungen, die größtenteils resultatlos verliefen, haben die Behörden, Bersicherungsanstal len und Gesellschaften auf einet, ganz gefährlichen Brandstifter, den Glasziegel, gelenkt. Im Hand buch für Feuerschutz und Explosionsgefahr sagt Dr. von Schwartz: „Daß die Sonne bei manchen Bräu den, deren Entstehung rätselhaft geblieben ist, eine wesentliche Beihilfe geleistet, ja geradezu den Brand veranlaßt haben kann und auch, hat, diese Annahme ist nicht von der Hand zn weifen, weil schon zu viele Fälle in der Praxis den Beweis geliefert haben, daß sie der Brandstiftung und sogar der Explo fionsstiftung sehr gut fähig ist. Alle durch Linsen auf einen Punkt gesammelten Sonnenstrahlen vermögen durch ihre sehr intensive Hitze organische Stoffe in sehr kurzer Zeit zn verkohlen und zu entzünden. Bis jetzt haben sich die Glasziegel als besonders gefährlich erwiesen, wenn sie im Dache über trockenem Heu, Stroh w. eingebaut sind, in mehr zufälliger Weife tritt hier die direkte Sonnenwärme als Brandursache aus, wo sie absichtslos durch als Brenngläfer wirkende gekrümmte Glasflächen gesammelt und auf einen Punkt koncen- triert wird. Als solche Brenngläfer wirken selbst die Blasen an den gewöhnlichen Fensterscheiben. Vertrocknet Wasser, das selbst Spuren von Knallsalzen, Fulminaten enthält, so explodieren die Flecken bei geringster Sonnenbelichtung von selbst. Ergänznn gen der baupolizeilichen Vorschriften werden nicht mehr allzulange auf sich warten lassen.
Nagold, 17. Okt. In der letzten Gemeinderatssitzung sind die Schreiner-, die Parkettboden-, Schlosser- und Anstricharbeiten am hiesigen Schnlhaus- neubau an lauter hiesige Meister mit 10 26 Proz. Abgebot vergeben worden. Die Terazzoarbeiten werden erst in nächster Sitzung behandelt. Die Dampfheizungseinrichtung in diesem Neubau wird zugleich mit einer Badeinrichtung von der Firma E. Möhrlin in Stuttgart mit einem Kostenaufwand von 7631 Mark ansgeführt werden. Auch über die zur Zufriedenheit ausgefallene Belastungsprobe der Kisenbetondecken in diesem Hause wurde referiert.
, Ebingen, 17. Okt. Zwei Radfahrer bemerkten heute nacht 1 Uhr auf der Fahrt von Straßberg nach Ebingen, daß in der zur Spitalmühle gehörigen Scheuer Feuer ausgebrochen war. Sie weck ten den Pächter Eßlinger, der, um die Pferde aus dem bereits brennenden Stall retten zu können, in den Bach svringen und seine Kleider durchnässen mußte. Auf diese Weise brachte er glücklich die Tiere noch ins Freie. Die Scheuer ist samt den reichen Futtervorräten vollständig abgebrannt.
* Stuttgart, 16. Okt. Die in Württemberg lebenden Verwandten der deutschen Kolonisten in Palästina befinden sich wegen der in Jaffa ange kündigten fremdenfeindlichen Kundgebungen in Besorgnis. Auf eine Anfrage des Herausgebers der „Schwäb. Korrespondenz" ist,, wie diese mitteilt, heute nacht folgendes Telegramm des Staatssekretärs des Auswärtigen v. Kiderlen-Wächter eingelaufen: „Nach einer Meldung des deutschen Vizekon- juls in Jaffa wurden Manifestationen bisher ver
hindert. Augenblicklich ist keine Gefahr vorhanden. Die türkischen Behörden glauben, für die Aufrecht- erhaltnng der Ruhe garantieren zu können."
st Stuttgarr, 16. Okt. In einer Erklärung von 70 Kirchenmusikern wird die Verwendung der Beut- ter'schen Reform Notenschrift in dem Gesangbuchent- wurs als ein verfehltes Experiment bezeichnet. Dieser Erklärung haben sich folgende Stuttgarter Mu-l sikautoritäten unterschriftlich angeschlossen: Prof. Max v. Pauer, Direktor des Kgl. Konservatoriums für Musik, Hoskapellmeister Erich Band, Dirigent des Vereins für klassische Kirchenmusik und des Leh rergesangvereins, sowie die Gesangspädagogen Pro fessvr Wilhelm Förstler, Dirigent des Stuttgarter Liederkranzes, Professor Otto Freyberg, Konzertsänger Ludwig Feuertet».
st' Stuttgart, 17. Okt. Die Bahnhosum- bau arbeiten sind bei der Galgensteige schon ho weit vorgeschritten, daß die Baggermaschine bereits die Höhe der Friedhofstraße erreicht hat. Dort bietet sich zur Zeit gegenüber der Brauerei Englischer Garten eine ausgezeichnete Gelegenheit, eine große Erdbaggermaschiue ans allernächster Nähe m Tätigkeit zu sehen. Es ist ein Vergnügen mitanzn- jehen, wie die Maschine Kubikmeter um Kubikmeter geradezu spielend abhebt und sofort in die bereitstehenden Eisenbahnwagen verlad.
js Neckarsülm, 17. Okt. Aus Berlin kommt die Nachricht über einen schweren Automobilunfall des Direktors der Neckarsnlmer Fahrrad und Automobilwerke, Hardt und seines Chauffeurs Wöhr. Direktor Hardt, der seine Firma auf der internationalen Automobilanssteltuug vertritt, war auf einer Fahrt im Grunewald mit einem Vorführungswagen begriffen, als ein Kind unmittelbar vor dem Kraft wagen, der in mäßigem Tempo fuhr, die Straße kreuzen wollte. Der Chauffeur bremste sofort mit aller Kraft, doch wurde durch den plötzlichen Ruck der Wagen heftig gegen die Bordschwelle geschleudert und überschlng sich. Die Ins asten flogen in hohem Bogen heraus und wurden mit schweren Verletzungen vom Platze getragen. -
n Crailsheim, 17. Ott. Heute früh 7 Uhr wurde ein 1 7jähriges besser gekleidetes Fräulein von auswärts tot in der Jagst ausgefunden. Die Per sönlichkeit der Toten ist bis zur Stunde noch nicht näher festgestellt. Wahrscheinlich liegt Selbstmord vor. Das Fräulein war gestern abend mit dem Zug hierher gekommen und hatte sich bei einem Inn gen nach einem größeren Fluß, in der Nähe erkundigt.
st Urach, 17. Okt. Wie erinnerlich hatte die Deutsche Reichspost an die Nativnallrberale Partei die Anssordcrnng gerichtet, bei der durch den Tod des volksparteilichen Abgeordneten Dr. Bauer notwendig gewordenen Laudtagser.atzwahl einen eigenen Kandidaten aufzustellen und sodann in dem zweifellos notwendig werdenden 2. Wahlgang für den Kandidaten des Bauernbundes und der Konservativen einzntreten. Wie wir hören, hat die Deutsche Partei in der Tat die Absicht, einen eigenen Kandidaten auszustellen.
* Urach, 1 7. Okt. Durch den frühzeitigen Tod des Abgeordneten Dr. Bauer, "der im Landtag den Uracher Wahlkreis verstrat, ist im dortigen Dber- amtsbezirk eine Ersatzwahl zum Landtag nötig geworden. Wie das St. N. Tgbl. hört, hat der frühere vollsvarteiliche Abgeordnete des Bezirks Urach,
Fabrikant Henning ans Metzingen, die ihm ange- botene Kandidatur angenommen.
st Ulm, 17 . Okt. (Ein Naturwunder. Vollständig ansgereifte zuckersüße Kirschen wurden am Kirchweihfest an einem Baume bei der Straße von Lvnsee nach Ettlenschieß unweit des letzteren Ortes gepflückt. Der Baum hängt noch, voll mit Früchten und gewährt einen um diese Jahreszeit entzückenden Anblick. Alle Jahre trägt Kr den ganzen Sommer über Blüten und gleichzeitig grün, halb- und ganzreifc Kirschen. Die Versuche, von diesem Wun- derbanm Zweige ans andere Kirschenbäume zu pfropfen, sind noch jedesmal mißlungen. Der Baum ist schon ziemlich alt und wird leider wenig geschont, was die vielen abgeschlagenen Aeste und Zweige beweisen.
st' Buchau, l7. Okt. Das unglückliche Opfer der Bluttat vom Samstag, Gärtner G. Wild, ist gestern nach zweitägigem, qualvollem Leiden im hiesigen Spital verschieden. Am Samstag hatte man den Schwerverletzten durch die hiesige Sanktäts- kolvnne in das Spital verbringen lassen, wo sofort zur Operation geschritten wurde. Es ergab sich, daß die Wirkung des Schusses geradezu entsetzlich und die Hoffnung auf Erhaltung des Lebens nur noch gering war, da das Gekröse an drei, der Darm an 4 Stellen durchschossen war. - Nach mehrstündiger Vernehmung erfolgte die Verhaftung der Eltern des Karl Möhrle, denen jedenfalls wegen Anstiftung zum Mord der Prozeß gemacht wird. Gestern früh fanden weitere Vernehmungen, sowie die Seziernng der Leiche statt. In der Familie Möhrle bestand . seit langem eine erbitterte Feindschaft gegen die benachbarte Familie Wild, die erst neuerdings zn einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen sollte. Am Tage vor dem Verbrechen war gerade die Vorladung zn einer demnächst stattfindenden Gerichtsverhandlung bei den Möhrles eingetrvs- fen. Es besteht der Verdacht, daß die Beseitigung des lästigen Nachbarn und Konkurrenten (Wild betrieb eine Gärtnerei, die Möhrles führen einen Gemüsehandel schon längere Zeit beschlossene Sache war.
st Friedrichshafen, 17. Oktbr. Das Luftschiff L. Z 0 ist um 1 l Uhr zur Fahrt nach Baden-Oos aufgestiegen und hat die Richtung nach Konstanz ein- gejchlagen. Oberingenieur Dürr hat die Führung übernommen. Die Luftschisfkapitäne Lau und Glunt wurden beigegeben. Von der Militärabnahmekom- mission beteiligten sich an der Fahrt Oberst Messing, Chef des Verkehrswesens, Oberst Schmiedecke, Abteilungschef im Kriegsministerium und die Majore Groß und Neumann. Graf Zeppelin fährt nicht mit. Er nimmt an der Hofjagd des Königs teil. Um 12.15 Uhr passierte das Luftschiff Donaueschingen, 12.30, Villingen und 1.30 Offenburg. Die Landung in Ovs erfolgte um 3 Uhr.
st FrUdrichshafen, 17. Okt. Als der 71 Jahre alte Bernhard Brugger, Kranenmeister am K. Hasenbauamt, beim Verladen von Sand aus einem Motorsegelschisf beschäftigt war, wollte er den rückwärts springenden Triebhebel des Kranens aus-ck weichen, fiel aber unglücklicherweise vom Damm hinab aus das Segelboot, wobei er drei Rippen brach und die Lunge verletzte. Ohne fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen, ging er nach Hause. Aber abends trat infolge Lnngenblutung der Tod ein.
Lesefruch.'
Getrost, mein Herz! Und werde weit Mit jedem Schlag!
Daß dich das bißchen Menschenleid Nicht brechen mag!
Ein Alemzug der Ewigkeit Ist jeder Tag.
Walter Hartan.
Feindliche Höfe.
Bauern-Romon von Paul Hantel.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
„ . nächsten Jahre geschah in dem Dorfe nichts oo Bedeutung. Nur r-ehrer Wald erhielt seine Veneounc Nachfolger war kein guter EOatz Er uan k er vertragen (onnre. und -I er
Strafe aus der Landgemeinde als diszipiinarnck
den Lehrer Wald unser scheiden, nur der Liudenhofbauer und lein Söhnchen wcwe darüber erfreut daß dieser .Prügelpädagvge- fortcan Lenchen aber pflückte >.m Garten am Abschiedstage eine schönen Strauß und brachte ihn der» wetten" Herr Lehrer.
- vor drei Jahren auf dein Lindenhofe. ,v sollt
ln diesem Jahre auf dem Kahlhofe ein Weiler lw-brectei Lenchen war durchaus nicht stolz, aber sie hielt sic Loch auffallend fern oon den andern Kindern des Dorfe- Seil ihrer Krankheit war sie auch körperlich für ihr Alte etwas schwach.
Wie nun aker ein kranker Spatz von den gesunden gehackt und geschunden nnro, >o erging es auch Leuchen >„ der Schar der Kinder. Nur daß sie die Tochter de- reichen Lindenhofbauers war, schützte sie vor roher Behandlung. An ihrem Bruder fand sie keinen Beschützer, denn er hackte mehr auf sie ein als ein anderer.
Eines Tages, als die Kinder am Teiche spielten und Lenchen hinter einem Baume stand und dem Spiele zustch. wurde sie oon zwei Knaben gehänselt. „Stolze Lene! Dumme Lene!"
So ging es m einem fort, und inan zupfte sie an den langen blonden Zöpfen und riß an ihrer Schürze.
Der Lene traten die Tränen in die Augen und sie «rsuchte sich die Knaben abzuwehren. — Der eine warf ihr aber eine Handvoll Sand ins Gesicht, daß sie nicht sehen konnte, und der andere packte mm ihre beiden langen Zöpfe und rief: .Hott, hott!" und „Hüh. hüh!"
Wer es sah, johlte und lachte.
Ms aber der Unfug seine Höhe erreicht hatte, sprang Spitz vom Kahlhof. packte die beiden Burschen und stieß mit den Köpfen zusammen.
L-em einen Jungen purzle oas Blut aus der Nase, so heftig mar der Zusammenstoß gewesen. Eiligst lief er ans Wasser, um die Nase zu kühlen. Der andere aber wurde mit Fritz handgemein, und die Balgerei war in bestem Gange. Dn kam der Kahlbauer des Weges gegangen. Er hatte alles von weitem gesehen. Wütend mit kräftiger Faust griff er seinen Sohn, riß ihn von den andern Knaben und schleifte ihn nach sich bis zum Gehöft. Als er ihn auf dem Hofe hatte, ließ er ihn los, u. die Hand des Bauern sauste aus Fritz hernieder.
„Du mißratener Sohn!" schrie der Alte in Wut, „um
vu» von va ornoen zu icyutzen, schlägst du dich a: offener Dorfstraße? — W,e? — Was? — Nun. kannst k nicht reden?"
^ „Ich habe die Lene nicht in Schutz genommen, Vater A'tgegnete der Junge mii offenem Herzen, „sondern m em Mädchen, das sich nicht wehren kann!"
„Wenn das Mädchen"aber von bestdrüben ist, wenn es die Lene ist vom Lindenhof, da hast du als mein Sohn nicht das Recht, dich da hineinzumischen. Und wenn sie im Teiche läge und dem Ertrinken nahe, selbst dann hast du oorbeizugehen und ihr nicht zu helfen!"
„Nein, Vater — das würde ich nicht tun!" — „Was würdest du nicht tun?" schrie der Bauer in Wut. .Was?!"
„Das täte ja selbst ein Wilder nicht!"
Das schlug dem Faß den Boden aus!
Krebsrot vor Wut und Zorn packte der Kahlbauer seinen Jungen im Hosengurt, hob ihn empor und trug ihn zum Brunnen^ Mit starkem Arm hielt der stiernackige Bauer seinen Sohn über den Brunnenschacht und schrie: „Sag das noch einmal, mißratener Bube, daß du die Lene beschützen würdest, und - ich lasse dich fallen, daß du kopfüber hinunterstürzest und elend da unten ertrinkst!"
Mehrere Knechte und Mägde standen auf deni Hofs und hörten und sahen alles mit an. Die Mägde kreischten lau! auf und die Knechte standen vor Schrecken gelähmt und wagten nichts gegen den Bauer.
Da stürzte aber die Mutter des Kindes aus dem Stall, und die schwache Frau mit dein stillen Duldergesicht sprang zum Brunnen und riß oon hinten ihren Mann zu Boden.
Noch immer hielt dieser den Fritz am Hosengurt fest und wollte ihn nicht lassen.
Da aber schlug die Frau mit einem Stein gegen die Saust, daß sie ihr Opfer lassen mußte.
Weinend brach sie dann zusammen. —
Als sie nach einer Weile wieder aufblickte, war der Bauer nicht mehr zugegen, Knechte und Mägde waren in den Ställen verschwunden, und nur der Fritz war an ihrer Seite, der ihr die Tränen trocknete.
, nicht, Mutter", sprach er leise, während ihm
selbst die Tränen über die Wangen rannen, „weine nicht! Der Vater bat nicht gewußt, was er tat, und ich hätte wohl auch nicht tun sollen, was ich getan habe. Die Feindschaft mit dem da drüben stürzt uns noch alle inS Verderben!"