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er SomtazMatt.

AnSgabe in Altensteig-Stadt.

Amtliches.

Abhaltung eines M a s ch i n e n l e h r k u r s es für Landwirte in Hohenheim.

In der Zeit vom 7. bis 9. Dezember sowie bei genügender Beteiligung vom 14. bis 16. Dezem­ber 1911 werden in Hohenheim dreitägige Maschi- uenlehrkurse abgehalten, in welchen praktische Land­wirte über die Konstruktion, Handhabung und In­standhaltung der neuesten Hvfmaschinen, z. B. Dresch­maschine, Putzmühle, Trieur, Futterschneiümaschine, Schrotmühle usw., .und zwar unter besonderer Berück­sichtigung des Antriebs durch Elektromotor und Ben­zinmotor unterwiesen werden sollen. In Hohen­heim sind neben den für größere Betriebe geeig neten Maschinen der Gutswirtschaft eigens zu die­sen! Zweck auch kleine, neue Maschinen aufgestellt, welche durch Auseinanderuehmen und Wiederzusam mensetzen erklärt werden und zwecks praktischer Un­terweisung in der Einstellung und Handhabung in Betrieb gesetzt werden. Der Unterricht ist unentgelt­lich; für Wohnung und Kost haben die Teilnehmer selbst zu sorgen. Die Teilnehmerzahl ist auf acht an jedem Kurs festgesetzt. Gesuche um Zulassung zu den Kursen sind unter Vorlage eines Geburts­und Leumundszeugnisses spätestens bis 18. Novem­ber ds. Js. beim Sekretariat der Zentralstelle für die Landwirtschaft einzureicheu.

Tagespolitik.

Heute trifft unser Kaiser in Aachen ein, um der Enthüllung eines Denkmals für seinen Vater beizuwohnen, dessen Geburtstag sich am 18. Okt. zum 80. Male fährt. Zahlreiche hohe Gäste wer­den zu der Aachener Feier erwartet, u. a. die Prin­zessin von Schaumburg-sLippe nebst Gemahl, das Fürstenpaar zu Wied, Landwirtschaftsminister v. Schorlemer-Lieser und Kultusminister v. Trott zu Solz. Bemerkenswert ist, daß der König der Belgier eine Abordnung geschickt hat, diese wird von dem General Heimburger und dem Gouverneur von Lüt­tich Delvaux de Fenffe gebildet. Im Anschluß an die Aachener Feier unternimmt der Kaiser eine dreitägige Automobilfahrt durch die herbstlich? Eifel.

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Am Julius türm in Spandau, wo der Kriegsschatz des deutschen Reiches verwahrt wird, werden gegenwärtig Bauarbeiten ausgeführt, die zur Verschärfung der Sicherheit dienen sollen. Aucb die alten Schießscharten, die bislang offen waren, wer­den zugemauert.

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Im Juli wurden während der m exikanij ch e n Wirren in Kowadoga mehrere Deutsche getö­tet oder verwundet. Trotzdem von der mexikani­schen Regierung strenge Bestrafung der Mörder zu­gesagt wurde, wird das Ermittlungsverfahren doch so nachlässig betrieben, daß der deutsche Gesandte von Hintze aufs ueue energische Vorstellungen erhoben hat. Darauf hat die mexikanische Regierung jetzt erklärt, daß sie die Nachforschungen mit allem Eifer betreibe.

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In Belgien hat die streng kirchliche Richtung bei den soeben erfolgten Kommunalwahlen im gan­zen Lande eine so schlurre Niederlage erlitten, daß man nicht zweifelt, die parlamentarischen Wahlen werden so ausfallen, daß ein Regierungswechsel un­vermeidlich wird.

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Neuerliche Unruhen in Wadailand verur­sachen Frankreich, das in diesem zentralafrikanischen Gebiet des östlichen Sudan schon wiederholt schmerz­liche Erfahrungen machen mußte, auch jetzt wieder ernste Sorge. Die nach zahlreichen Kämpfen erhoffte Unterdrückung der lokalen Erhebungen ist nicht einge­treten, vielmehr droht ein allgemeiner Aufstand aus­

Rttlwoch, de« 18. Oktober.

zubrechen. Die maßgebenden Kreise geben zu, daß Frankreich selbst daran die Schuld trägt, da es an Stelle einer vorsichtig überlegten Politik in über­stürzter Weise das Land im Besitz nehmen wollre. Man legte ailzuhohe Steuern auf, forderte bei­spielsweise 90 000 Frank von einem Gebiete, das kaum 20 000 aufbringen kann, und beseitigte in brutaler Form alte, durch Tradition geheiligte Bräuche durch übermäßige Anwendung des Regle­ments gegen den Sklavenhandel. Alle diese Unvor­sichtigkeiten haben die aufsässige, gefährliche Stim­mung der Bevölkerung erzeugt.

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Di e Revolution in China gewinnt wei­ter an Ausdehnung. Die Mächte, namentlich Deutsch­land, trafen umfassende Maßnahmen zum Schutze ihrer Angehörigen und ihrer wirtschaftlichen In­teressen in China. Den Oberbefehl über die Ge­schwader der Mächte vor Hankau hat dieses Mal nicht England, wie bei den Boxerunruhen vor ! 1 Jah­ren, sondern Amerika übernommen, und zwar der Admiral der in Ostasien befindlichen amerikanischen Seestreitkräfte. Der rangälteste Kommandant, ein japanischer Kapitän zur See, hat das Kommando über das vereinigte Landungskorps der fremden Mächte augetreten. Die von der revolutionären Be­wegung eingesetzte provisorische Regierung hat den Fremden-Niederlasfungen in Hankau Schutz zuge­sichert. Gefahr droht letzteren nur von Seiten des Pöbels bei eventuellen Kämpfen zwischen Regie­rungstruppen und Aufständischen. Der Chef des deutschen Kreuzergeschwaders ist mitGneisenau" und TorpedobootS. 90" über Nanking nach Han­kau in See gegangen. Die dort versammelten See­streitkräfte haben fuukentelegraphische Verbindung mit dem Schutzgebiet Kiautschou und dem Chef des Kreuzergescüwaders. Die Landungskorps der Schiffe Leipzig, Tiger und Vaterland, zusammen mit der aus den Deutschen Haniäu's bestehenden Freiwilligen Komvagnie hatten in Hankau einen Straßenkampf mit dein Pöbel.

In amtlichen chinesischen Kreisen herrscht allge­mein Optimismus. Nachdem Uuanschikai den Po­sten des Vizekönigs angenommen hat, glaubt man, daß sein Name allein genüge, um die Aufständi­schen einzüschüchtern. Auanschitai hat früher als Vizetönig die Notwendigkeit militärischer Reformen erkannt, auch eine wirklich ergebene Armee äusgebil- det, ist aber dann durch Berufung nach Peking gewissermaßen kalt gestellt und vor drei Jahren in Ungnade beseitigt worden. Es war das wohl der größte Fehler, den die Maudschudynastie began­gen hat, denn wenn einer, so war er mit seinem großen, persönlichen Ansehen und seiner rücksichts­losen Energie imstande, die Ordnung im Reichs aufrecht zu erhalten. Seit Lihungtschang hat China keine so markante Persönlichkeit besessen, und daß die Dynastie sich leichtfertig seiner Dienste beraubte, kann bittere Früchte tragen. Jetzt im Augenblick der äußersten Gefahr erinnert man sich an ihn und hat ihm die oberste Leitung der Jangtseprovinzen und zugleich den militärischen Oberbefehl übertragen.

Von den Vorgängen, welche die Truppen von Hupe in die Reihen der Revolution geführt ha­ben, gibt dieAgence d'Extreme Orient" folgende Darstellung: Der bisherige Hauprführer der Trup­pen der Provinz Hupe, der General Chang-Piao, ist ein Soldat der alten Schule. Er war ursprünglich Diener des verstorbenen Großrats Tschang-Chi- Tuug, der ihn protegierte und in die Armee eintreten ließ, wo er schnell Karriere machte. Eine Folge hiervon war eine sehr ernste Rivalität zwischen dem General Chang-Piao und dem General Li-Huen- Hung, der gegenwärtig die 21. gemischte Brigade in Hankau befehligt, dieselbe, die mit den Genie-Abtei­lungen und dem Train der Revolution beigetreten ist. Die besseren Offiziere des Kommandos Chang- Piaos traten zu dem Truppenkörper Li-Huen-Hungs über, der sich das Vertrauen der Soldaten und vor allen Dingen auch das der aus dem Ausland zurückkehrenden Studenten erworben hat. Chang- Piao trat mit großer Brutalität auf und rief in

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seinem Ofsizierkorps denselben Ton der Roheit her­vor: er schlug seine Soldaten und erst vor weni­gen Wochen hat er durch einen Säbelhieb einen Svl-^ baten tödlich verwundet. Eines Abends wurde nun in der Wohnung dieses Befehlshabers eingebrochen. Die Täter fanden den General selbst nicht, ver­gewaltigten dafür aber die Frauen und bemäch­tigten sich des vorhandenen Geldes. Der Sekretär des Generals konnte fliehen und telephonisch seinen Herrn verständigen, der daraufhin mit einer Truppe Soldaten herbeieilte und mehrere der Banditen ge­fangen nahm. Es stellte sich heraus, daß diese Ban­diten nichts anderes waren als Geniesoldaten, die nun offen erklärten, sie hätten an dem General Rache nehmen wollen. Der Vizekönig ließ die Schul­digen hinrichten und dieses Urteil war es, daß eine lebhafte Bewegung gegen den Bizekönig und Chang-. Piao hervorrief. Die Revolutionäre zogen aus dieser Situation Nutzen und so kam es, daß General Li- Hnen-Hung, feine Offiziere und seine Soldaten, sich den Aufrührern anschlossen. Es mangelte nur noch die Gelegenheit, um die Revolution zum Ausbruch zu bringen. Die Entdeckung der revolutionären Ver­schwörung und die Hinrichtung mehrere Revolutio­näre haben dann den Ausbruch herbeigeführt.

Dentjcher Reichstag.

ss Berlin, 17. Okt.

Haus und Tribüne sind gut besetzt. Präsident Graf Schwerin eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 mit einem Willkommen an die Mitglieder und dem Wunsche, daß es dem Reichstag im kommenden Sessionsabschnitt möglich sein werde, noch einen erheblichen Teil seiner gesetzgeberischen Aufgaben zu erfüllen. Hierauf ehrt das Haus das Andenken der verstorbenen Abgeordneten in der üblichen Weise.

Nach den geschäsllichen Mitteilungen tritt das Haus in - die Tagesordnung ein, auf der Petitionen stehen. Die Ab­stimmung über die Petition betreffend amtliche Zulas­sung der Antiquaschrift ergibt Annahme des Antrags Bindewald (wirtsch. Vereinigung) auf Uebergang zur Tages­ordnung entgegen dem Kommissionsantrag auf Berücksichti­gung. Zu der Petition auf Erlassung von Bestimmungen zum Schutz der Arbeitswilligen gegen Bedrohung und Mißhandlung und der Gewerbetreibenden gegen Verrufs­erklärung beantragt die Kommission Ueberweisung als Ma­terial. Die Sozialdemokraten verlangen Uebergang zur Tages­ordnung. Raab (Wirtsch. Vgg.) fordert größeren Schutz gegen den Boykott, der immer mehr als Kampfmittel zur Vernichtung der mittleren Existenzen angewendet werde. Schmidt-Berlin (Soz.) wirst gerade der Partei des Herrn Raab vor, daß sie den Boykott als Waffe im wirtschaftlichen Kampfe benütze. Wie stehe es mit der Parole der Anti­semiten: kauft nicht bei Juden! (Sehr gut bei den Soz.) Ohne weitere Debatte wird darauf der Antrag der Sozial­demokraten abgelehntund der Kommissionsantrag angenommen.

Zu einer Petition der Hirsch-Dunckerschen Gewerkoereine betreffend Errichtung paritätischer Arbeitsnach­weise beantragt die Kommission Ueberweisung an den Reichs­kanzler zur Erwägung. Hue (Soz.)betagt, daß diebestehenden Arbeitsnachweise zu Ungerechtigkeiten den Arbeitern gegenüber führen. Seit 1907 sind die Löhne ständig zurückgegangen, sodaß bisher nicht weniger als 170 Millionen an Lohn in dieser Zeit den Leuten verloren gegangen sind. Behrens (wirlsch. Vgg): Trotz des Angebots an einheimischen Arbeitern im Ruhrrevier werden immer noch große Scharen von Aus­ländern hereingeschleppt. Die Petiton wird der Regierung zur Erwägung übergeben. Eine Petition des deutschen Metallarbeiterverbandes in Bochum betreffend Schaffung eines H üttenarbeiterschu tzgesetzes soll dem Reichskanzler als Material überwiesen werden. Weitere Forderungen des Verbandes auf Verkürzung der Arbeits­zeit, Verschärfung der Betriebskontrolle, größeren Gesund­heitsschutz und Beseitigung der Unsicherheit in der Entlohnung sollen zur Berücksichtigung übergeben werden. Nach Aus­führung der Abg. Giesbert (Z.) und Hue (Soz.) wird die Petition dem Kommissionsantrag entsprechend erledigt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr: Interpellation betreffend Teuerung, Marokko und Vereinsgesetz, erste Lesung des Privatbeamtenversicherungs­gesetzes. Schluß 4 Uhr 30.