Aus dem Reiche.

ff Mannheim, 17. Oktober. Der Kreuzer Schütte - Lanz unternahm heute nachmittag sei neu ersten Aufstieg. Er führte in 150 Meter Höhe einige Runden mit großer Sicherheit aus. In der Gondel befanden sich der Führer, Hauptmann von Müller, der Konstrukteur des Luftschiffes, Prof. Schütte, der Astronom Helfferich, ein Ingenieur und ein Monteur. Das Luftschiff ist nach einstündiger glatt verlaufener Fahrt in der Pfalz gegen halb 7 Uhr bei Waldsee niedergegangen. Die Landung ging ohne Zwischenfall vonstatten.

* Köln, 16. Okt. Der. hiesige Verein für evan­gelische Freiheit teilt mit daß die Iatho - Spende jetzt rund eine Viertel-Million betrage. Die Samm­lung, deren Erträgnisse satzungsgemäß geinaßregelten liberalen Geistlichen zufteht, soll fortgesetzt werden.

H Rudolstadt, I 7. Okt. Der Unterprimaner Diet- zen aus Leipzig, der im Pistolenduell ohne Sekun­danten den Obersekundaner von Neckar erschoß, brachte sich selbst zwei Schüsse bei, von denen einer die Lunge durchbohrte. Er liegt in hoffnungslosem Zustande in der hiesigen Landesheil- und Pflege­anstalt. Die Ursache zu dem Streitfall soll die Be­leidigung eines jungen Mädchens durch von Neckar sein.

* Berlin, 17. Okt. Der Kaiser richtete ein Telegramm an den Prinzregenten von Bayern, in dem er seine Absicht kund gibt, den NamenPrinz­regent Luitpold" dem LinienschiffErsatz Odin" zu geben, das im Laufe des Winters auf der Germania­werft in Kiel vom Stapel läuft.

ff Berlin, >7. Okt. Der Reichskanzler hatte heute die Führer der Parteien im Reichstag zu Be­sprechungen zu sich eingeladen.

ff Berlin, 1 7. Okt. In Großberlin fanden heute abend 7 8 Volksversammlungen nnd eine Taubstummenversammlung statt, um gegen die Lebensmittelteuerung zu protestieren. Es wurde überall eine gleiche Resolution angenom­men, in der sofortige Aufhebung aller Zölle auf Lebensmittel, Beseitigung der Einfuhrscheiue, Oeff- nung der Grenzen für Fleisch und Vieh, die Or­ganisation des Massenbezugs unentbehrlicher Nah­rungsmittel durch die Kommunen gefordert wird. Die Versammlungen verliefen ohne Zwischenfall.

js Berlin, 17. Okt. Der Senioren konvent des Reichs­tags beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung mit der Fest­stellung des Arbeitsplanes. Nachdem am ersten Tage der Plenarsitzung die Berichte der Petitionskommission erledigt wurden, stehen am Mittwoch, den 18. Oktober, die ein- gelaufenen Interpellationen auf der Tagesordnung. Be­antwortet wird die Interpellation betreffend Mißgriffe bei Vollzug des Vereinsgesetzes, die möglicherweise zwei Tage in Anspruch nehmen wird. Den Rest der Woche wird die Debatte über die Privatbeamtenversicherung ausfüllen, die nach dem Wunsche aller Parteien Zustandekommen soll. Am Montag, den 23. Oktober wird das Haus in die Verhand­lung über die Interpellation betreffend die Teuerung ein- treten. Diese wird von den verbündeten Regierungen be­antwortet werden. Da die Debatte hierüber sich auf mehrere Sitzungen ausdehnen dürste, hat der Seniorenkonvent weitere Maßnahmen über dw Erledigung des vorliegenden Arbeits­stoffes noch nicht getroffen. Dem Seniorenkonvent wurde die offizielle Mitteilung gemacht, daß die verbündeten Re­gierungen auf eine Verabschiedung der Straf- prozeßnovelle nnd der Novelle zum Gerichtsko st en­ge setz keinen Wert mehr legen.

Ter Reichskanzler und die auswärtigen Fragen.

ss Berlin, 17. Okt. Der Reichskanzler von Beth- mann Hollweg hat seine Bereitwilligkeit, die Inter­pellation über auswärtige Fragen später, sobald es die politische Lage gestattet, im Reichs­tag zu beantworten, in folgendem Schreiben an den Präsidenten des Reichstags, Grafen von Schwerin Löwitz, ausgesprochen: Berlin, 16. Okt. 191 l. Euer Exzellenz! Wie ich höre, ist von verschiedenen Parteien beabsichtigt, Interpellationen über Fragen der auswärtigen Politik, insbesondere über die tripolitanische Frage und unsere Ver­handlungen mit Frankreich in: Reichstag einzubringen. Ich verstehe nnd teile den Wunsch der Parteien, eine parlamentarische Erörterung dieser

Ja alle ins Verderben!* wiederholte schwer» atmend die Mutter.Gott, ist es denn möglich, daß ein Vater in blinder Feindschaft zu dem Nachbar eine solche Bestie werden kann an seinem eigenen Kinde!"

In ihrer Herzensnot lief sie zum Pfarrer, uni sich Rat zu holen. Doch konnte er ihr denn Rat erteilen?

Betet zu Gott, daß er die Nachbarn zur Erkenntnis führt, denn Menschen find gegen solche finstern Mächte waffenlos."

Das war der einzige und auch beste Rat. den er der Frau geben konnte.

Von diesem Tage an trat die Kahlbäuerin ihrem Manne nicht mehr mit sanfter Duldermiene entgegen, sondern rang mit ihm um die Herrschaft, und mit der Zeit siegte sie auch über den starkknochigen Mann.

Den Haß zum Nachbar konnte sie ihm nicht aus dem Herzen reißen, aber er wurde eingekerkert und konnte im Haus und in der Familie nicht mehr wüten.

Fortsetzung folgt.

Fragen herbeizuführen, im gegenwärtigen Aug enblickjedochwird sichdie Regierung an einer Debatte über die auswärtige P o li ti k u i ch t b e tei l i g en können. Bon einer allgemeinen Debatte über die auswärtige Politik würde sich die Frage der Haltung der Regierung in der marokkanischen Angelegenheit nicht trennen lassen. Ueberdies aber könnte sich die Regierung in Anbetracht der noch schwebenden Verhandlungen ohne die Gesahrein ers chw eren Schädigung deutscher Interessen nicht äußern. Dasselbe würde auch von einer Hereinziehung der Tripolis- frage gelten. Wegen der Beilegung des türkisch-italienischen Krieges findet ein andauernder Meinungsaustausch unter den Mächten statt, der jede offizielle Stellungnahme der kaiserlichen Regie ru n g in dieser Frage unmöglich macht. Einer Debatte des Reichstags ohne Beteiligung der Regierung steht das Bedenken entgegen, daß sie nach der einen oder anderen Richtung hin die Stellung der deutsclpen Politik erschweren und ihre Aktion be­einträchtigen könnte. Sobald die politische Situation eine Beteiligung der deutschen Regierung gestattet, werde ich Euer Exzellenz davon benachrichtigen nnd ich werde gerne bereit sein, dem Reichstag Aufklä­rung über die auswärtige Politik zu geben und mit ihm in eine Debatte einzutreten. Von dem Vorstehenden setze ich Euer Exzellenz mit dein er­gebenen Anheimstellen in Kenntnis, bei Ihren Be­sprechungen über die Gestaltung der Geschäfte des Reichstags davon Gebrauch zu machen. In ausge­zeichneter Hochachtung Euer Exzellenz sehr ergebener Bethmann Hollweg.

lieber dieses Schreiben des Reichskanzlers wurde im Seniorenkonvent lange verhandelt, und es wurde allseitig der Wunsch ausgesprochen, daß möglichst bald eine öffentliche Besprechung der gesam­ten auswärtigen Lage stattfinde. Der Präsident konnte schließlich als die einstimmige Mei­nung des Sentorenkonvents feststellen, daß in je­dem Falle der Reichstag die Möglichkeit habe, eine Besprechung der auswärtigen Situation selbständig herbeizuführen.

Ausländisches

ff Budapest, 17. Okt. Heute nachmittag halb 4 Uhr stürzte am Rakoczy-Platz das Stiegen­haus eines östöckigen Neubaues ein und begrub 30 Arbeiter unter sich, von denen .3 getötet und 1.3 schwer verletzt wurden. Eine Komvägnie Pioniere räumte die Trümmer ans Seite, um die Verschütteten zu retten. Der Gerüfteinsturz erfolgte infolge Ueber- lastung. Bis 9 Uhr abends wurden weitere 5 Leicht­verletzte geborgen.

ff Saloniki, 16. Okt. Die Restsumme der vom früheren Sultan bei deutschen Banken hinterlegten Kapitalien in Höhe von 500 000 Pfund ist hier eingetroffen. Die Geldsendung ist an den Finanz- minister adressiert und wird nach Bonstantinopet weitergesandt.

Marokko.

* Tanger, 17. Okt. Die Spanier beabsichtigen, in Alhucemas eine Abteilung von 7000 Mann zu landen, die bestimmt ist, das Gebiet Beggovia und das Gebiet Baniuriagel zu besetzen nnd diese Ge­biete mit denen Melittas zu vereinigen.

Ser italieuisüi-liirkische Krieg.

* Mailand, 17. Ott. Aus Angusta wird dem Secolo" gemeldet, daß beim dortigen Postamt 700 Wertbriefe von M a rin e s o ld a t e n an ihre Angehörigen liegen. Die Postverwaltnng hält sie zurück, weil man fürchtet, sie enthielten Nachrichten vorn Kriegsschauplatz. Der Kriegsminister verfügte, daß sie einige Tage liegen bleiben, bevor sie an die Adressaten ansgefolgt werden.

* Mailand, 17. Okt.Corriere d'Jtalia" mel­det über den Operationsplan Canevas fol­gendes: Caneva bleibt mit seinen Truppen zunächst noch einige Tage in der Stadt Tripolis, um diese ansruhen zu lassen nnd um außerdem die Türken sozusagen aus zu hungern, da er annimmt, die­sen gingen bald die letzten Lebensmittel aus. Auch ist der umfangreiche Train noch nicht vollständig ge­landet. Der Vormarsch soll gleichzeitig mit über­legenen Streikkräften im eigentlichen Tripolis und in der Cyrenaika erfolgen.

* Rom, 17. Okt. Morgen reisen 18 Vertreter ausländischer Staaten ans den Kriegsschauplatz, für Deutschland außer den beiden militärischen Atta- chees in Rom Kleist und Fuchs auch Major Willens.

* Konstantinopel, 16. Okt. Die ägyptische .Regierung hat es abgelehnt, dem Wunsche der

Türkei wegen Abbruchs der diplomatischen Bezieh­ungen zu Italien Folge zu leisten.

* Konstantinopel, 17. Okt. Große Aufmerksam­keit widmet man hier Aeußernngen der deutschen Presse, welche für den Austritt Italiens aus dem Dreibund plädieren. Einen üblen Eindruck

rief die Meldung hervor, wonach der Doyen des Konsularkorps in Tripolis, der dortige französische Konsul, beim Empfang durch General 'Caneva auf das Wohl der italienischen Armee und Flotte trank. Die Pforte erblickt in diesem Akt eine Verletzung der Neutralität und unternimmt deshalb Schritte bei den Mächten.

Die Blätter melden: Beim gestrigen Empfang durch den Großwejir entwickelte Baron Marschall die Anschauungen Deutschlands Wer die Tripolissrage.

Sir Unruhen in China.

* Berlin, 17. Okt. (Amtliche Meldung.) Das Landungskorps derLeipzig", desTi­ger" nnd derVaterland", zusammen mit den aus Deutschen bestehenden Freiwil­ligenkorps steht in Hankau im Straßen­kampf mit chinesischem Pöbel. (Wiederholt in einem Teil der gestrigen Auflage unseres Blattes.)

* Hankau, 17. Okt. Admiral Sah ist in einem Kanonenboot hier eingetrossen. Er gab den fremden Konsuln die Versicherung, daß er ihre Konzessionen nicht gefährden werde. Von Norden ist ein Eisen­bahnzug mit Regiernngstruppen eingetroffen; sie bezogen nördlich von Hankau Lager. Eine Abtei­lung von 1000 bis 2000 Mann Truppen der Auf­ständischen in Wutschang überschritt mit Artillerie den Uangtse und ist den Hanfluß aufwärts abmar­schiert. Die Gesellschaft vom Roten Kreuz bringt die Gefallenen aus Wntschang weg. Ein Revolutio­när, der überführt wurde, einen Fonds unterschla­gen zu haben, wurde hingerichtet.

II Berlin, 17. Okt. Eine weitere Meldung des deutschen Seebesehlshabers aus Hankau besagt: Hankau ist ruhig. Admiral Sah und 4000 Mann reguläre Truppen sind eingetrossen. Gefecht bevorstehend in der Nähe der deutschen Niederlas­sung. Deutscher Dampfer mit Kriegskontrebande ausgelaufen. j

ff Peking, 17. Okt. Der amerikanische Konsul in Nanking hat telegraphiert, der Fall der Stadt stehe unmittelbar bevor. Der Konsul bittet um Ent­sendung eines Kriegsschiffes.

Handel und Verkehr.

* Calw, 17. Okt. Die Kartoffelpreise bewegen sich zwischen 4 und 5 Mk, je nach Qualität. Aus dem Wochenmarkt werden gewöhnlich 5 Pfg. für das Pd. ge­fordert. Zentnerweise werden die Kartoffeln zu 4,50 Mk., teilweise sogar zu 4 Mk. abgegeben. Am letzten Wochen­markt war die Zufuhr sehr stark, weshalb die Preise bis auf 4 Mk. zurückgingen. Im übrigen werden Kartoffeln zu 4,254,70 Mk. hieher geliefert. Von Liebelsberg wurde ein größeres Quantum zu 4,30 Mk. per Ztr. bezogen. Auf dem Bahnhof wurde in den letzten Wochen schönes italienisches Mostobst zu 7 Mk. per Ztr. verkauft.

Stuttgart, 17. Okt. Auf dem heutigen Großmarkt galten folgende Preise: Pfirsiche 1025 Pfg., Aepfel 14 bis 20 Pfg., Birnen 1022 Pfg., Nüsse 3545 Pfg., Quitten 1822 Pfg. per Pfund. Dem Kartoffelgroß­markt waren 700 Ztr. zugesührt. Preis 56,50 Mk. per Zentner.

* Mostobstmarkt StuttgartNordbahnhof. Laut markt­amtlicher Zusammenstellung waren gestern im ganzen 290 Waggons zum Verkauf aufgestellt. Neu zugeführt waren 223 Waggon. Die Zufuhren verteilen sich auf folgende Länder: Erzielte Preise per 10000 Kg. bahnamtliches Ge» wicht Stuttgart: 36 Waggons aus Oesterreich-Ungarn (12501300 Mk.), 139 aus Frankreich (11901250 Mk.), 44 aus Italien (11501240 Mk.), 4 aus Belgien-Holland (12001240 Mk.), 2 aus der Schweiz (1250 Mk.), 3 aus Preußen. Nach auswärts wurden 147 Waggons versandt. Kleinverkaus 6.307 Mk. per Ztr. Markt lebhaft. Heute stehen im ganzen 195 Waggons auf dem Markte. Neu zugesührt sind 79 Waggons und zwar: 1 Waggon aus Preußen, 31 aus Oesterreich, 27 aus Frankreich, 1 aus Belgien-Holland, 19 aus Italien.

Kurzer Getreide-Wochenbericht der Preisberichtsstelle des deutschen Laudwirtschastsret»

vom 10. bis 16. Oktober 1911..

Es stellten sich die Preise für inländisches Getreide am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualität, wobei das Mehr (-s-) bezw. () Weniger gegen­über der Vorwoche in ( ) beigefügt ist, wie folgt:

Weizen Roggen Hafer

Frankfurt a. M. 210(-s-l4/s) 190(-s-2'/2) 190()

Mannheim 217ÜL() 195() 195()

Straßburg 220() 197Vs(^) 200()

München 232(2) 212() 193(2)

Herbstnachrichte«.

* Uhlach, 16. Ott. Bei der heutigen Versteigerung seitens der Weingärtnergesellschast wurde erlöst: Für Weiß­riesling 119121 Mk., für 1a 107113 Mk., für Id 100 Mk., Weißwein 100 Mk. per Hektoliter. Verkauft zirka 300 Hektoliter.

Heilbron«, 16. Okt. Stadtkeller. Lese geht allgemach zu Ende. Der Verkauf geht überall schnell und zu Preisen, daß Käufer und Verkäufer zufrieden sein können. Heutige Verkäufe zu 270 und 280 Mark für Weiß und Rot.

B«<mt»«rtllchn Redakteur: L. Lank, «teuftet».

Druck u. Lrrla» drr W.Rtrker'fchen Buchdruckers, L. Lank, Attrastiig.