IsndrV Nachrichten.

16. Mai.

* Sitzungsgelder der Gemernderäte. Die Steuev- pflicht der Sitzungsgelder der Gemeinderäte ist, so schreibt derStaatsanzeiger", durch einen Erlaß des Steuerkollegiums ausgesprochen worden. Hiezu hat das Finanzministerium die Anregung gegeben, weil zu seiner Kenntnis gekommen war, daß diese Tag­gelder von den Beteiligten und den Behörden bald als steuerfrei, bald als steuerpflichtig behandelt wer­den. Nach gründlicher Prüfung kam die Steuerver­waltung im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern zur Bejahung der Steuerpflicht. Hievon wurde den Aemtern durch den erwähnten Erlaß mit dem folgenden Schlußsatz Kenntnis gegeben: Nach der Absicht des K. Finanzministeriums sollen die vorstehenden Erläuterungen lediglich zur Klar­legung der zu Tage getretenen Zweifel und Mei­nungsverschiedenheiten dienen, nicht aber eine ge­naue Ausmittelung der steuerpflichtigen und steuer­freien Bestandteile der fraglichen, meist unbedeuten­den Bezüge im einzelnen Fall bezwecken. Es ist viel­mehr der Wunsch des Finanzministeriums, daß klein­liche Nachforschungen und Untersuchungen vermieden werden." Der Verwaltungsgerichtshof hat nun neuerdings in einem Einzelfall die Steuerpflicht der Sitzungsgelder der Gemeinderäte verneint. Obwohl die Steuerverwaltung diese Entscheidung nicht für richtig zu halten vermag, hat sie nicht gezögert, sich auf den Boden d es Berwaltungsgerichtshofurteils zu stellen.

H Eine zweckmäßige Neuerung. Bei den Württ. Staatseisenbahnen tritt am 1. Juni 19 l l folgende Einrichtung für die Aufbewahrung der von Geschäfts­häusern und Gasthöfen füg Reisende abgelieserten Gegenstände in Kraft. 1. Nach Anordnung der Be­triebsinspektionen können auf größeren Stationen Gepäckstücke durch Geschäftshäuser und Gasthöfe zur Abgabe an die Reisenden hinterlegt werden und zwar kleinere Gepäckstücke bei der Gepäckaufbewahrungs­stelle, umfangreichere Stücke, die als ssteisegepäck auf­gegeben werden sollen, bei der Gepäckabfertigungs­stelle. 2. Geschäftshäuser und Gasthöfe, die von die­ser Einrichtung Gebrauch machen wollen, haben hier­auf Antrag bei der Bahnstation zu stellen. 8. Für das Verfahren wird eine Drucksache in Blocks mit 10«) Blättern zum Preise von 75 Pfg. von den Sta­tionen abgegeben. Die Drucksache besteht ans: Aus­weis, Empfangsschein und vier Nummern. 4. Die Firmen haben den Ausweis nach dem Vordruck aus zufüllen, die Gegenstände mit den zugehörigen Num­merzetteln zu bekleben, auch zur Vermeidung von Verwechslungen Ausweis und Nummerzettel mit ihrem Firmenstempel zu versehen. Den Ausweis erhält der Reisende, der die Gegenstände auf der Station abholen will. Auf dem Empfangsschein wird die Einlieferung durch die Station bescheinigt. 5s Die Gegenstände werden dem Reisenden gegen Ab­gabe des Ausweises und Zahlung der Aufbewah­rungsgebühr für Handgepäck ausgesolgt. 6. Wei­tere Bestimmungen über die Annahme der Gegen­stände, die Gebührenberechnung und die Haftpflicht der Eisenbahn sind auf der Rückseite des Ausweises enthalten. ^

ss Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in Birkenfeld, OA. Neuenbürg und in Neu- bulach, OA. Calw.

^ Nagold, 15. Mai. Das Schuhmacher M ülle r- sche Ehepaar konnte gestern das Fest der goldenen Hochzeit feiern.

* Dornstettcn, 15. Mai. Gestern wurde hier ein Bezirksbienenzüchter verein gegründet, dem sich gleich 40 Mitglieder anschlossen. Als Vor­stand wurde Hauptlehrer Kraft in Freudenstadt, als Kassier Hauptlehrer Scheufele und als Schriftfüh­rer Forstwart Rothacker in Herzogsweiler gewählt.

jj Bondors, OA. Herrenberg. 15. Mai. Beim Ausladen von Langholz wurde Platzmeister Ziegler, bei Sägwerksbesitzer Wurster angestellt, von einem abrollenden Baumstamm derart erfaßt, daß er schwer verletzt vom Platze getragen werden mußte. Nur dem Umstande, daß das Ende des Stammes an einem querliegenden Stück aufgehalten wurde, ist es zu verdanken, daß Ziegler nicht totgedrückt wurde.

* Rottenburg, 14. Mai. Nach fast chähriger Pause wurden wir heute Nacht um 12 Uhr durch Feuerlärm aufgeweckt. Es war in dem an der alten Wurmlingerstraße vor ca. 5 Jahren ganz neuerbau­ten Wohn- und Oekonomiegebäude des Johann He- bcrle, das am letzten Freitag im Wege der Zwangs­vollstreckung um 14 400 Mark von Josef Vollmer an­gekauft wurde, Feuer ausgebrochen. Es brannte voll­ständig nieder. Brandstiftung wird vermutet und der Bruder des früheren Besitzers wurde noch in der Nacht in Haft genommen.

ss Tübingen, l5. Mai. Hier wurde einPolizei­hundverein" gegründet zur Förderung der Zucht und Verwendung von Polizeihunden in Tübingen.

s s Gönningen, OA. Tübingen, 15. Mai. Der ver­heiratete 58jährige Flaschnermeister Jakob Reiber wollte am Samstag abend an einer Dachrinne in ca. o Meter Höhe eine Reparatur vornehmen, Pürzte ab. und erlitt sehr s chwere innere Verletzungen, an de­nen er hoffnungslos d-arniederliegt.

ss Reutlingen, 15. Mai. Der 310 Mitglieder zählende S ch l o s se r m e i st e r v e r b an d für Würt­temberg war zum 4. Berbaudstag iu Reutlin­gen versammelt. Handwerkskammersekretär Freytag- Reutlingen besprach das neue S p o r te lg e s e,tz unter besonderer Berücksichtigung der die Handwer­ker angehenden Positionen. Die Versammlung spricht in einer im Anschluß an das Rewrat gefaßten Re­solution die Ansicht aus, daß dem neuen Sportel- gesey eine verkehrsfeindlichs Tendenz innewohnt und Industrie und Handwerk auch bei solchen Geschäf­ten mit Sporteln belastet, die ohnehin einen grö­ßeren Aufwand bedingen. Regierung und Stände werden darum gebeten, aus dem Entwurf diejenigen Sätze zu entfernen, die den Grundsätzen der Ge­werbe- und Verkshrsfreiheit wie der verfassungsmä­ßigen bürgerlichen Freiheiten widersprechen. Ein Rechrat des Schlossermeisters Wiedmann-Heidenheim behandelte das S u b mi s s i o n s w e j e n. Dazu wurde eine Entschließung angenommen, die an die Adresse des Hansabundes gerichtet ist und diesen bit­tet, besonders dahin zu wirken, daß die in dieser Jnteressenorganisation vertretenen Industriellen der Lage des Handwerks die gebührende Berücksichti­gung zuteil werden lassen, wenn es sich um Ver­gebung handwerksmäßiger Arbeiten Handelt.

ss Ebingen, 15. Mai. Als ein Mann aus dem Wiesentale mit seinem 7jährigen Söhnchen durch die Marktstraße ging, machte Plötzlich ein Pferd einen Seitensprung, wodurch das Kind unter den Wagen kam und so schwere äußerliche und innerliche Ver­letzungen erlitt, daß es kaum mit dem Leben davon­

kommen dürfte. In vergangener Nacht wurde in dem Brunnen vor dem Hotel Post das Ausflußrohr herausgerissen, fodaß das ganze Bassin leerlief. Etwa 30 Pfund Forellen, die sich in einem Kasten in dem Brunnen befanden, gingen dadurch zu Grunde.

ss Stuttgart, 15. Mai. (Amtliches Wahl­ergebnis.) Die endgültige Feststellung des Wahl­ergebnisses ergab für Reg.-Rat Lautenschlager die ge­genüber dem vorläufigen Ergebnis gleichgebliebene Stimmenzahl von 13154, für Keck 3366 (plus 1) und für Dr. Lindemann 12 278 (plus 42) Stimmen. Das Mehrergebnis für Lindemann rührt daher, daß mehrere Wähler zur Abstimmung den sozialdemokra­tischen Wahlaufruf, der in Format dem Stimmzet­tel nahekommt, benützten, was von den Distriktsbe­hörden teilweise beanstandet, durch Beschluß des Wahlvorstandes aber für gültig erklärt wurde.

js Stuttgart, 15. Mai. Die württ. Verkehrs­beamten des mittleren Dienstes haben gestern im Konzertsaal der Liederhalle ihre Generalversamm­lung abgehalten. Zum 1. Vorsitzenden wurde Eisen­bahnsekretär Lorek-Cannstatt gewählt, zum 2. Vor­sitzenden Postsekreckär Hinderer-Stuttgart. Im Laufe der Versammlung wurde auch über Gehaltsaufbes­serung gesprochen, wobei der Abg. Graf sich ge­gen Gerüchte verwahrte, wonach das Zentrum bei den Kommissionsberatungen sich in einer für die Interessen der Berkehrsbeamten ungünstigen Weise betätigt habe.

js Stuttgart, 15. Mai. Der verdienstvolle Vor­steher des Verbands landwirtschaftlicher Genossen­schaften in. Württemberg, Professor a. D. Dr. Lee- mann, legte aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nie­der. Aus der Neuwahl ging der bisherige Staats- komissär bei der landwirtschaftlichen Genossenschafts­kasse, Oberregierungsrat Barer bei der Zentralstelle für die Landwirtschaft hervor, der auch zugleich zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Zentralstelle ge­wählt wurde.

s! Stuttgart, !5. Mai. Mit Gültigkeit vom 8. März ds. Jrs. wird für Schafherden, die von der Winterweide in der Pfalz nach Württemberg zurückkehren und infolge der Maßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche mit der Bahn nach; Sta­tionen der württembergischen Staatseisenbahnen be­fördert werden, auf den daher. Staatseisenbahnen (linksrheinisches Netz: eine 30prozenlige Frachtermä­ßigung wie auf den württembergischen Staatseisen­bahnen im Wege der Rückvergütung gewährt. Die gleiche Ermäßigung wird auch für Sendungen von Schafherden nach und von bayerischen rechtsrheini­schen und nach pfälzischen Stationen auf den daher, und württ. Staatsbahnen eingeräumt.

* Stuttgart, 15. Mai. Als heute Nacht eine Polizeipatrouille einen aus einer Wirtschaft der in­neren Stadt entwichenen Zechpreller verfolgte, feuerte dieser auf die Beamten sechs Revolverschüsse ab, ohne zu treffen. Ein Polizeibeamter verwundete darauf den Fliehenden, und nahm ihn fest. Er wurde vorerst ins Hospital geschafft. (

Uhlbach, 15. Mai. An einer hiesigen Kam­merz sind seit einigen Tagen blühende Trau­ben zu sehen. (

j ! Leouberg, 15. Mai. (Zur Nachwahl.) Der Kreisvorstand und der Kreisausschuß der sozialdemo­kratischen Partei haben gestern in Ditzingen eine Versammlung abgehalten, der auch noch zahlreiche Delegierte aus deu verschiedenen Gemeinden bei-

Schönheit ist ein Empfehlungsbrief des Schöpfers. Weh, wenn sie der Mensch zum Fallstrick der Sünde mißbraucht.

Neuer Frühling.

Erzählung aus der Gegenwart von O. Elster.

Fortsetzung - achdruck verboten.

Man hörte von zerstörten Farmen, von der Ermordung von Ansiedlern, von Räubereien aller Art; man hörte aber Kuch von Kämpfen der Schntztruppe gegen die Aufrührer und von dem Anmarsch neuer Hilfsmannschaften von Swa- kopmund.

Die von den Herero zerstörte Eisenbahn wurde wieder hergestellt, das von den Europäern belagerte Karibik ent­setzt, und schon glaubte man, der drohenden Gefahr ent­ronnen zu sein, als das Unglück auch, über die bislang so friedliche FarmGute Hoffnung" hereinbrach.

Mau saß eines Abends Plaudernd auf der Veranda zu­sammen. Wilhelm und Robert besprachen die Gerüchte, welche von neuen Kämpfen meldeten; Jan schnitzte an einem Stück Holz herum, und der alte Klaas saß in einem dunklen Mnkel und rauchte, schweigsam wie immer, seine Pfeife.

Es war ein stiller, friedlicher, mondheller Abend.

Das Vieh lag in Schlaf versunken ans dem Hose, zu­weilen erklang ei» leises Wiehern oder ein tiefes Brumme«, Das Aondlichä flimmerte hell auf der vor der Farm sich MshMtfnden Ebene. , .

Else stand an ein» Pfeiler der Veranda gelehnt und schaute sinnend in den Mondschein hinaus. Ihre gefal­teten Hände hingen schlaff herab, aus ihren Lippen schwebte ein inniges Gebe: zu dem Höchsten, daß er die drohende Gefahr von ihren Lieben abwenden möge.

Plötzlich schreckte sie zusammen.

In der Ferne ertönte ein gellender Schrei dann abermals einer und nochmals einer und plötzlich er­scholl ein wildes Geheul, das die Hilfeschreie verschlang.

Die Männer sprangen empor.

Das sind die Herero!" rief Jan.Ich kenne ihr Kriegsgeschrei!"

Und die Hilfeschreie kamen von den Hottentotten, die wir als Posten ausgeschickt haben!"

Zu den Waffen! Zn den Waffen! Sie sollen uns auf unseren Posten finden!"

Jan eilte zu den in den Nebenhäusern schlafenden Ar­beitern und Knechten, die aber schon von dem Lärm auf­gewacht waren und mit den Waffen in der Hand heraus- stürzten.

In wenigen Minuten war die Mauer, welche den Hof abschloß, besetzt und einzelne Posten wurden auf den flachen Dächern der Gebäude ausgestellt, um die Annäherung der Feinde zu beobachen.

Wilhelm und Robert standen an dem Tor, die Doppel­büchse in der Hand; Jan leitete auf der einen, Klaas auf der anderen Seite die Verteidigung.

Jetzt erscholl der gellende Schrei von neuem, dies­mal ganz in der Nähe. Aus der Mondscheindümmerung der Nacht tauchten zwei Reiter auf, die im gestreckten Galopp ar das Hoftor zujagten.

Das sind unsere Posten!" rief Wilhelm.Das Tor auf!"

Robert schob den schweren Riegel zurück und öffnete das Tor. In demselben Augenblick sprengten auch schon die beiden Hottentotten in den Hof und sprangen schnell von den schäumenden Pserden.

Die Herero sind da!" keuchten sie atemlos.Sie sind uns auf den Fersen.... c.> sind ihrer wohl zrveihundert Krieger . ..."

Ehe sie weiter berichten konnten, ertönte ein viel­stimmiges furchtbares Geheul. In wildem Knäuel, Speere, Keulen, Gewehre schwingend, sprengte ans ungesattelten Kleppern ein dunkler Haufe gegen die Farm an.

Da sind sie! Aufgepaßt!" rief Jan.Wenn sie nahe genug herangekommen sind, gebt Feuer! Zielt auf die Beine der Pferde! Ruhe! Ruhe! Noch nicht schießen!"

Das Beispiel der Weihen, die in ruhiger Erwartung, die Büchse schußbereit in der Hand, dastanden, wirkte auch s auf die Hottentotten, welche die Kugeln sonst wohl nutzlos verschossen haben würden.

Die Herero schienen zu glauben, die FarmGute Hoffnung" überraschen und überfallen zu können, wie so viele andere Farmen. Auf ihren dürren Gäulen holperten sie heran, nur einige von ihnen waren besser beritten, wahr­scheinlich saßen sie ans geraubten Pferden. Diese jagten ihren Karneraden weit voraus und schwangen in Siegeshoffnung drohend ihre Waffen.

Das Mondlicht war so hell, daß man recht gut zielen konnte. Wenn die Leute die Ruhe nicht verloren, sv konnte dieser Angriff der Reiter wohl abgeschlagen werden.

Jetzt ist es Zeit!" ries Jan.Klaas, nimm Du den