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Ausgabe in Altensteig-Stadt.
Die« Stag, den 16. Mai.
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TsMKpo.litik.
Der Deutsche Handelstag hielt in Heidelberg am Samstag anläßlich seines 50jährigen Jubiläums eine Festsitzung, bei der u. a. der Großherzog von Baden und der Reichskanzler Begrüßungsansprachen hielten. Bei dem Festmahl sprach dann Reichskanzler v. Bethmann Hvllweg noch einmal in längeren Ausführungen.
Während die große Masse der Deutschschweizer den ständigen Verlusten, die deutscher Sprach- besitz auf schweizerischem Boden gegen das Welschtum erleidet, mit völlig passiver Gleichgültigkeit gegenübersteht, wacht sie mit um so größerer Empfindlichkeit darüber, daß die schweizerische Sonderart gegenüber der Gesamtheit des deutschen Volkstums scharf hervorgehoben wird. Es ist daher erfreulich und dankenswert, daß einer der tüchtigsten und bedeutendsten lebenden Söhne des Äeutschschweizerischen Volkes einmal wieder mit starker Eindringlichkeit seine Landsleute auf die Gemeinschaft zwischen dem deutschschweizer Stamme und dem sonstigen deutschen Volkstum hinweist. Der angesehene. Schriftsteller I. C. Heer schreibt nach den Mitteilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland: „Der Stamm der deutschen Schweizer ist sich mit der Kraft, wie sie eifersüchtige Heimaisliebe verleiht, seines Eigengepräges bewußt. Aber es ist doch urdeutsches Kernvolk, das euch mit herzlicher Wärme in seine Mitte schließt. Das Wort unserer Gaue ist und bleibt deutsch, es ist eine dem Volk und Gebildeten gleich liebe Mundart, eine alte kraftvolle Sprache, in der etwas vom Schwertklang der Nibelungen durch die Zeiten weiterdröhnt. In dieser treuherzigen deutschen Volkssprache ist die Schweiz gegründet worden; es ist die Sprache der Männer vom Rütli, und ob auch die Geschichte welsches Land an die alte deutsche Eidgenossenschaft angegliedert hat, so muß die Schweiz, soll sie bestehen, doch wesentlich ein Land mit deutschem Geiste bleiben, aus dem sie hervorgegangen ist. Allein hätten wir nur unsere Mundart, die gemütreiche Sprache des deutsch-schweizerischen Hauses, so kämen wir in dem Kampfe der Geister doch zu kurz. Das Leben fordert längere L>peere. Wir haben sie aus den unerschöpflichen Rüstkammern der allgemeinen deutschen Kultur geholt - wir halten sie heilig, diese Waffen: Die deutsche Schriftsprache, die deutsche Wissenschaft und die deutsche Kunst."
In Ungarn bestanden im Jahre 1908 nur 16,547 Volksschulen, darunter nicht mehr als 2 336 staatliche, dagegen betrug die Zahl der Schanklizenzen über 66,220. Während also durchschnittlich in dem Lande, dessen Bevölkerung überdies zu einem großen Teile selbst Wein baut und daher Eigengewächs im Hause trinkt, auf 252 Seelen ein Wirtshaus kommt, steht nur für je 1008 Seelen eine Volksschule zur Verfügung. Viermal so viele Wirtshäuser wie Schulen. Das Bild wird durch die Mitteilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland noch dahin ergänzt, daß unter dem Druck der madja- rischen Gewaltpolitik gegen das Deutschtum in Pest bei 120,000 Deutschen nur eine unbedeutende deutsche Privatschule besteht und daß die Zahl der deutschen Volksschulen im Lande seit 1867 von 1000 auf 300 zurückging, von denen 250 dem mit Sonderrechten ausgestatteten Siebenbürger Sachsentum , gehören. Die übrigen 2einhalb Millionen Deutsche baben also 50 deutsche Volksschulen zur Verfügung, obwohl das ungarische Nattonalitätengesetz die Regierung verpflichtet, da, wo fremde Nationalität überwiegt, für deren Schulbedürfnisse in der Muttersprache Sorge zu tragen.
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Ueber die Unruhen in Süd-Kamerun ist nunmehr ein Bericht des Bezirksteiters von Dume eingegangen, dem das amtliche „Kolonialblatt" eine Reihe interessanter Einzelheiten entnimmt. Danach traf am Abend des 9. Februar auf der Station ein Brief des Kaufmanns Greve in Betugge mit
der Bitte um rasche Hilfe ein. Sofort mit 25 Mann ausbrechend, erreichte der Kompagnieführer Oberleutnant Wegelin schon am Morgen des ll. Februar das 100 Kilometer entfernte Betugge. Er fand die dortige Bevölkerung ruhig, ließ aber den Oberhäuptling Betugge mit zwei Beratern in Anwesenheit seiner Unterhäuptlinge festnehmen und gewann aus einer dreitägigen Verhandlung den sicheren Eindruck, daß Betugge die Ermordung des Kaufmanns Greve für die allernächste Zeit beabsichtigte, sie aber wegen des Widerspruchs seiner Leute nicht vollzogen hatte. Konnte hierfür ein einwandfreier Beweis nicht erbracht werden, so wurde einwandfrei festgestellt, daß Betugge sich dem letzten Aufstand der Nord-Makas anschließen wollte und den Anschluß teils wegen des Mißerfolges der Aufständischen, teils wegen des Widerspruchs seiner Leute nicht durchgeführt hatte. Betugge wurde daher wegen versuchten Hoch- und Landesverrats zu 15 Jahren Kettenhaft, zwei seiner Berater wurden zu 8 und 7 Jahren Kettenhaft und der Ueberführung nach Molundo verurteilt.
Taktlosigkeit und Größenwahn sind zwei amerikanische Erbübel. Sie werden hübsch beleuchtet in einem Aufsatz über die Kriegsakademie der Vereinigten Staaten, der sich in den Sonntagsausgaben einer großen Zahl bedeutender amerikanischer Zeitungen abgedruckt findet. Wir entnehmen die folgende Stelle der Einleitung des Artikels: „Würden wir im Kriege mit Deutschland stehen, und wären unsere Truppen bis auf 10 Meilen an Berlin herangetommen (!!), so würde die amerikanische Führung über die Geländeverhältnisse in der Nähe der deutschen Reichshanptstadt derartig genau informiert sein, daß unsere Geschütze so gerichtet werden könnten, um ohne weiteres das kaiserliche Schloß oder jedes andere öffenrliche Gebäude in Trümmer zu legen. Die Kanoniere würden im Dunkeln und über die umliegenden Hügel hinwegschießen können, denn sie wären imstande, die Höhen- und Scilenrichtnng nach den von unserer Kriegsakademie vorbereiteten Karten zu nehmen und würden daher noch sicherer treffen, als wenn es sich um Feuern mit direktem Anvisieren handelte. Jede Anhöhe, jeder Wasserlauf, jedes Stück offenen Terrains in der ganzen Berliner Umgegend wäre unseren Leuten bekannt . . . Denn die Vereinigten Staaten unterhalten eine Institution, deren Auftrag es ist, die Vorbereitungen für den Krieg auf das genaueste zu treffen."
Aus Mexiko wird wieder von neu angeknüpften Friedensverhandlungen berichtet. Für den alten Präsidenten Diaz ist es eine bittere Sache, daß er die Hand zum Frieden bieten und jedenfalls abdanken muß. In früheren Aufständen ließ Diaz die Aufständischen ohne Gnade niederschießen. Jetzt bekommen aber die Aufständischen die Oberhand und schließlich wird der alte Selbstherrscher Diaz weichen müssen. Als Nachfolger wird General Rehes genannt, der früher Kriegsminister war. Rehes wurde aus Europa zurückgerufen, wo er militärischen Studien oblag.
Deutlcher Reichstag.
Berlin, 15. Mast
Die zweite Lesung der Reichsversicherungsordnung wird beim 5. Abschnitt (Aufsicht) fortgesetzt,. Paragraph 408 sagt, daß die Aufsicht über die Krankenkassen dem Versicherungsamt zusteht. Bei Beschwerden über rechtlich nicht begründete Anordnungen hat das Oberversicherungsamt die Entscheidung. Bei Betriebskrankenkassen für Reichs- oder Staatsbetriebe kann die obs^ste Verwaltungsbehörde die Aufgabe des Versicherungsamts anderen Behörden übertragen. Paragraph 408 wird unter Ablehnung eines sozialdemokratischen Antrags, der das Verwaltungsstreitversahren für Beschwerden festsetzen will, in der Kommissionsfassung angenommen.
Ebenso werden in der Kommissionssassung angenommen die Paragraphen 409 bis 410. Apg. Severtu g (Soz.) beantragt im Interesse der Zentralisation der Krankenkassenstatistik einen Paragraphen 4l0a. Der sozialdemokratische Antrag wird abgelehnt. Es folgt der 6. Abschnitt (Aufbringung der Mittel). Die Paragraphen 4l1 bis 422 betreffen Beiträge. Bei Paragraph 411, der besagt, daß die Beiträge bei Errichtung der Kassen nur dann höher als 4einhalb Prozent des Grnndlohnes festgesetzt werden dürfen, wenn es zur Deckung der, Regelleistungen erforderlich isst beantragt Abg. Schmidt-Berlin (Soz.) statt ieinhatb Prozent 6 Prozent festzusetzen. Abg. Schickart (Kons.): Wir entsprechen den Wünschen durch einen von uns zu Paragraph 420 eingebrachten Kompromißantrag, wonach im Falle unzulänglicher Mittel zur Bestreitung der Regelleistungen der Gemeindeverband die erforderlichen Mehrleistungen zu tragen und sodann der Gemeindeverband einem Vertreter das Amt des Kassenvorsitzenden zu übertragen hat. Der konservative Antrag wird angenommen, der sozialdemokratische ab- gelehni und sodann der ganze 6. Abschnitt angenommen. Ebenso wird der 7. Abschnitt (Kassenverbandssektionen) unverändert nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. Der 8. Abschnitt behandelt besondere Berusszweige. Die Paragraphen 444 bis 462 umfassen die allgemeinen Vorschriften und die Bestimmungen für die Landwirtschaft. Paragraph 447 handelt von der Befreiung von der Versicherungspflicht auf Antrag des Arbeitgebers. Die Sozialdemokraten beantragen Streichung dieses Paragraphen sowie des Paragraphen 447a. (Weitere Vorschriften für die Befreiung.) Arnstadt (Konst): Nach Streichung dieser Vorschriften würden die verheirateten Arbeiter lediglich «geschädigt. Vizepräsident Schultz teilt mit, daß über den Paragraphen 447 namentlich abgestimmt werden soll. Abg. Busold (Soz.) befürwortet einen Antrag auf Streichung. Abg. Fe gier (Fortschr. Vpr.): Durch die Paragraphen 447 und 447a werden die armen Landarbeiter um ihre paar Groschen Krankengeld gebracht. Darin liegt eine große Ungerechtigkeit. Abg. Neuner (natl.) bittet, es bei den Kommissionsbeschlüssen zu belassen. Abg. Schmidt -Berlin (Soz.) tritt nochmals für die Streichung der Paragraphen ein. Nachdem sich u. a. no'ch die Abgeordneten Dr^ Mugdan und Molkenbour für die Streichunq öer Paragraphen ausgesprochen haben, schließt die Debatte. Die namentliche Abstimmung über diese Bestimmung erfolgt später. Auch die Abstimmung über Paragraph 450, der auf Paragraph 447 zurückgreift, sowie über einen dazu vorliegenden sozialdemokratischen Antrag wird zurückgestellt. Paragraph 452 sieht die Möglichkeit der Herabsetzung des ländlichen Krankengelds für die Winterarbeit vor. Abg. Arnstadt (Kons.) begründet die Herabsetzung. Abg. Zubeil (Soz.) befürwortet einen Antrag auf Streichung und führt aus, diese Bestimmung lasse den Anschein "zu, als ob bei den Konservativen und bei der Regierung die Schäm zu den Hunden geflohen sei. Ebenso wird der Rest des Abschnitts bis Paragraph 462^ sowie die Paragraphen 463 bis 525 angenommen mit Ausnahme des Paragraphen 515a, der zurückgestellt wird. Sodann erfolgt die am Anfang der Sitzung ausgesetzte namentliche Abstimmung über die Paragraphen 447 und 447a. Diese werden mit 181 gegen 86 Stimmen bei einer Enthaltung in der Kommissions- fassnng angenommen. Die Paragraphen bis einschließlich 520 werden angenommen. Sodann verhandelt das Haus über den zurückgestellten Paragraphen 515a. Ein Antrag Eich hoff (fortschn, Vpt.h den letzten Satz dahin zu ergänzen, daß arr Stelle des Bezirks des Versicherungsamtes auch die von der obersten Verwaltungsbehörde nach örtlichem Bedürfnis bestimmten größeren Bezirke mls Betriebs-« sitze anzusehen seien, wird einstimmig angenommen' und damit auch 515a. Paragraph 520a, der verlangt. daß ohne Entgelt beschäftigten Lehrlingen Krankengeld nicht gewährt wird, wird ohne Debatte angenommen und sodann die Weiterberatung auf. Dienstag 11 Uhr vertagt.
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