erster Linie von den allerkleinsten landwirtschaft­lichen Entern betrieben. Umsoweniger sind natür­lich die Regierungen bereit, Maßregeln zu ergreifen, die diese mittleren und kleineren Betriebe schädigen können. Aber schließlich muß etwas geschehen, denn so kann doch die Sache nicht wohl weiter gehen."

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 26. August 1912.

* Wem gehören die auf das Nachbargrundstück fallenden Früchte? Wie wir bereits in letzter Num­mer unseres Blattes mitteilten, gelten nach Z 911 des bürgerlichen Gesetzbuches, Früchte, die auf das Nachbargrundstück überfallen, als Früchte dieses Grundstücks. Mit Bezugnahme hierauf schreibt uns ein Baumbesitzer das Folgende: Dieser 8 911 des Bürgerlichen Gesetzbuches hat sicher seinerzeit eitel Freude ausgewirkt bei solchen Gutsnachbarn, denen die Bäume (oder sei es nur einer) des andern auf ihr Grundstück überragten. Gewöhnlich sind dies die Habsüchtigsten. Dem Baum besitzer aber ist mit diesem Paragraphen nicht gedient, denn was an sei­nem Baum, der seine Wurzeln auf seinem Grund und Boden hat, gewachsen ist, hält er für sein Eigentum. Beide Grundstücksbesitzer sind daher noch zu einem besondern Einvernehmen genötigt. Der Baumbesitzer wird seinem Nachbar gern erlauben, daß er die überfallenden Früchte täglich aufheben läßt; am Tage der Ernte jedoch, bezw. wenn die Früchte reif sind, wird sie der Baumbesitzer abschüt- teln wollen und zur Ausführung müßte ihm der Nachbar die Betretung seines Grundstücks gestatten. Das wird gewiß für recht und billig gehalten, denn den größeren Teil des Uberhängenden Obstes mußte der Baumbesitzer dem Nachbar zugute kommen lassen.

Bon der Ernte. In einem trockenen Jahrgang verdirbt kein Bauer, sagt der Volksmund, wohl aber in einem nassen. Solch nasse, schlechte Jahrgänge gab es anfangs der Fünfziger Jahre vorigen Jahr­hunderts, wo Suppe und Salz auf manchem Tisch als einzige Schüssel standen. Die nassen Jahrgänge bringen alles Mögliche und Unmögliche. So hat der Jahrgang 1463 viel Raupen gebracht, die Hecken und Stauden kahl fraßen. Es gibt gewöhnlich Wein, aber sauren. So berichtet die Chronik von 1515, daß viel, aber saurer Wein gewachsen, und von 1538, daß wenig Frucht und saurer Wein ge­wachsen. Auch 1566 war eine feine Erndt, auch ziemlich, doch sauerer Wein gewachsen. 1570 hat man den Scheffel Roggen zu Straßburg holen müs­sen. Am übelsten waren die Bauern daran anno 1628. Es war dies wieder ein kaltes und nasses Jahr wie 1627, wo das lange Regenwetter allen Früchten sehr schädlich war, daß vieles auf dem Feld ausgewachsen, der Haber auf dem Boden, und das Oehmd auf dem Feld verdorben. Der neue Wein galt 23, der alte aber 50 Gulden der Eimer. Die Ernte 1v28 war erst am Ulrichstag, und die Frucht kam naß in die Scheuern, daß für viel tausend Gulden verdorben und die Schweine solche nicht fressen mögen. Die Trauben erfroren, ehe sie weich worden, samt dem Holz in dem Herbstmonat sehr übel. An vielen Orten mußten dieselben mit dem Stempel zerstoßen werden, daher man den Wein den Stößelwein nannte; er war so sauer, als man in

Sommernachlsfest in Bad Liebenzell.

Der Sommer des Jahres 1912 schickt sich allmäh­lich an, zur Rüste zu gehen. Der grüne Blätterschmuck der Bäume ist mannigfach von gelbem Laub des Herbstes durchwoben und die wilden Reben an Fenstern, Türen, Balkonen kleiden sich schon in ihr rotleuchtendes Sterbegewand... Wir müssen dieses Jahr dankbar sein für jeden schönen Sonnentag, den uns der Himmel beschert, denn an solchen war der Sommer 1912 nur gar zu arm was wir in unserer Schwarzwaldecke nur allzusehr beklagen. Da stieg aber gestern doch ein Tag herauf, vom Morgen bis zum Abend ein Sommer- und ein froh blickender Sonnentag, so, als wollte er uns sagen: seht, die dunklen Regentage mit jener melancholischen Stim­mung, die Wälder, Wiesen und Menschen mit grauen Armen umstrickt, sie sind nicht von Ewigkeit. Zwar in der Frühe, ja, da schien es, als sollte auch dieser Sonntag seinen verflossenen Brüdern gleichen, und das fortsetzen, was die Werktage der Woche so un­ablässig sündigten. Und wennschon leuchtendere, glänzendere Sommertage auf- und zur Ruhe gegan­gen waren, wir freuten uns doch, und aus vollstem Herzen, daß wenigstens die liebe Sonne den ganzen Tag über und nicht nur stückweise über dem bunten Erdteppich strahlte. Und wir freuten uns ferner, daß der Landmann auf seinen Wiesen endlich die fällige Arbeit schaffen konnte und er tat es unter Aufbietung aller vorhandenen Kräfte; der seltene Zufall dieses Sommers, ein Tag ohne Regen, mußte genützt werden.

An diesem gestrigen Sonntag nun sollte auch

hundert Jahren keinen gehabt. Der nächst ver- wichenes Jahr gewachsene Wein, der auch ziemlich sauer gewesen, galt nur 30 bis 40 Gulden. Der drei- und vierjährige aber 105115 Gulden. Der neue saure Wein galt 1724 Gulden und die Maß wurde von den Gassenwirten um 2 Batzen ausgezapft.

Wichtig für Gastwirte. Nach § 2 des Schank­gefäßgesetzes in der Fassung vom 24. Juli 1909 muß der Abstand des Fllllstrichs von dem oberen Rand der Schankgefäße für Bier zwischen 2 und 4 Zenti­meter betragen. Bis zum 1. Oktober 1913 ist der Gebrauch von Schankgefäßen für Bier mit einem Mindestabstand von 1 Zentimeter gestattet. Gläser und Krüge, die der bisherigen Vorschrift entsprechen, können auch nach dem 1. Oktober 1913 verwendet werden, wenn die neue Bezeichnung unter Verkleine­rung des Sollinhalts der Schankgefäße um Liter an einer tieferen Stelle angebracht wird. Auf An­frage hat das Reichsamt des Innern es für zulässig erklärt, daß der bisherige Füllstrich statt durch Ab­schleifen auch durch geeignete Durchkreuzung ent­wertet wird. Die Durchkreuzung muß jedoch ge­nügend deutlich sein, um die Ungiltigkeit des alten Füllstrichs außer Zweifel zu stellen.

Eine Erinnerungsmedaille zur hundertjährigen Feier der Erhebung Preußens gegen das französische Joch, soll an dem Tage, an dem sich der Aufruf Frie­drich Wilhelm III.:An mein Volk!" zum hundert­sten Male jährt, in den Verkehr gebracht werden. Für die Erinnerungsmedaille werden voraussichtlich die Dreimarkstücke gewählt werden. Auf der Münze wird eine Szene abgebildet sein, die die Begeisterung des preußischen Volkes bei der Entgegennahme der königlichen Botschaft, die das Zeichen zur Erhebung gegen die Fremdherrschaft gab, darstellt.

scb. Mutmaßliches Wetter. Da der Luftwirbel im Nordwesten sich in einzelne Teile auflöst und nunmehr über ganz Südeuropa Platz gegriffen hat, haben sich die Wetteraussichten erheblich gebessert, für Montag und Dienstag ist bewölktes meist trockenes Wetter zu erwarten.

Bad Liebenzell, 24. Aug. Dem K. Forstwart Knor­zer, Kaffeehof, ist vom König der Titel Förster ver­liehen worden; außerdem hat er vom Jagdschutz­verein ein Ehrendiplom und 30 Mk. erhalten.

Nagold, 26. Aug. Die Nachricht desGesellsch." über Typhuserkrankungen in der hiesigen Gegend wird von anderer Seite widerrufen.

Neuenbürg, 25. Aug. Auf dem Marktplatz wurde dem Kinde des Schreinermeisters Richard Bauer von einem Sandwagen der linke Arm ab­gefahren. In der Sensenfabrik von Haueisen und Sohn befinden sich unter insgesamt 160 Arbeitern 75, die die Medaille für langjährige Arbeitszeit besitzen. Diese Tatsache gereicht der Firma nicht minder als den Jubilaren selbst zu hoher Ehre.

Württemberg.

Stuttgart, 24. Aug. Lin hiesiger Metzgermeister schreibt derDeutschen Reichspost": Kürzlich war ein Mitglied derN. H." undF. E." besuchshalber in Norddeutschland. Als Geschäftsmann, dem sein Beruf am Herzen liegt, und der rechnen muß, beküm­merte er sich bei Gelegenheit um die Einkaufsver-

Liebenzell es gelingen, für seine Kur- und Badegäste,

für die Hunderte Fremder und Nachbarn ein Som­merfest zu geben, das in seiner Aufmachung und in seiner Darbietung voll des köstlichsten Sommernacht- zaubers Gemüt und Sinne fesselte. Ein Sommer­nachtsfest. Die Anlagen voll mit plaudernden, scher­zenden Menschen. Drüben in der Wandelhalle er­klingen die ersten Melodien eines frischen Marsches der Kurkavelle, und dieFeststimmung" kommt über die Massen. Feststimmung, die hebt und erhebt, be­wegt und belebt und beseelt. Und dunkler wird's. In ferne Länder zog der Tag. Die Glühbirnen an der Wandelhalle blinken freundlich auf. Und Mi­nute um Minute steigert sich das märchenhafte Som­mernachtsbild. Die Sträucher und Bäume durchblin­ken kleine, rötlich glänzende, leich flackernde Licht­lein, farbige Lampions übergießen ihre Umgebung mit magisch gedämpfter Helle und weißer Lichter­flor umfließt ein träumendes Brünnlein. Wun­dervoll spielen die Lichtlein am Anlagensee. In seiner Mitte plätschert der Springbrunnen tausend Perlen auf des Sees dunkle Fläche, deren Rand kleine lichthelle Augen umfunkeln und sich im Was­ser wunderbar spiegeln. Sommernachtstraum. Von den Wiesen drüben kommt ein frischer Dust. Der Abendwind rührt die Tannenwipfel und eint seine ergreifende Melodie mit den rauschenden Wogen der Nagold, die, mit königlichen Silberstreifen angetan, durch ihr grünes Bett klingt. Rundum Sommer­nachtsfest. Alles, auch die Natur feiert mit. Vor­der Wandelhalle drängen und stauen sich die Mas­sen,wenn die Füßchen leicht sich heben ..." und die

hältnisse der Metzger seines Reiseaufenthalts. Er machte dabei die überraschende Entdeckung, daß die norddeutschen Berufsgenossen für Schweine weniger anlegen müssen, als die Mehrzahl der Stuttgarter Metzgermeister. Bei seiner Rückkehr teilte der Ge­schäftsmann seine Erfahrungen seinen hiesigen Kol­legen mit, und er machte gleichzeitig den Vorschlag, ob man nicht den Versuch wagen solle, einen Wagen Schweine zu niedrigeren Preisen zu beziehen. Der Vorschlag fand Beifall und die Schweine kamen. Nun war ja vorauszusehen, daß die hiesigen Händ­ler, die notabene in ihrer überwiegenden Mehrzahl Kommissionäre" sind, keine gute Miene machen würden, denn der Profit floß ja in andere Taschen. Aber, daß dieses durchaus berechtigte Vorgehen der Metzgermeister einen solchen Höllenspektakel bei den Herren Händlern Hervorrufen könnte, hätte man füglich für unmöglich gehalten. Niemand wird for­dern, daß jeder Händler ein Musterbild des guten Tons und feinen Takts ist. Doch sollte man soviel von jedem Schweinehändler erwarten können, daß er seinem Aerger in einer Weise Luft macht, daß es für die übrigen Anwesenden im Schlachthof noch zum Aushalten ist. Gelegentlich dieser kläglichen Episode im Stuttgarter Schlachthof dürfte es sich empfehlen, noch einige andere unerfreuliche Erschei­nungen des hiesigen Händlerwesens zu streifen. Die Stuttgarter Händler, insbesondere dieKom­missionäre" haben es zur Zeit in der Hand, den Metz­germeistern die Preise zu diktieren und jede fühl­bare Konkurrenz fernzuhalten. Ein jeder Bauer, ein jeder auswärtiger Händler wird es schön ge­spürt haben, wie schwer es ist, seine Ware direkt an den Mann zu bringen. Die Stuttgarter Herren Händler wollen überall ihre Hände im Spiele haben, sie wollen kaufen und wieder verkaufen. Alles in Kommission! Soviel Stück, soviel Provision! So repräsentieren sich die Herren Händler als Beauf­tragte der Großhändler, der Großkapitalisten, die im Hintergründe stehen. Das schönste aber an der Sache ist, daß durch dieses System der Bauer und der Metz­germeister die Leidtragenden werden und den Lohn ihrer Hände Arbeit vermindert sehen, während der Händler und sein Herr, der Großkapitalist, ohne zu ermüden, den Rahm abschöpfen.

Horb, 24. Aug. Am oberen Neckar und in den angrenzenden hohenzollerischen Landen findet man allenthalben an Straßen und Wegen, oft mitten in den Fluren oder auf freier Bergeshöhe die Feld- kreuzs, zu denen das fromme Landvolk in pietätvol­ler Verehrung und stillem Gebet aufblickt. Diese Feldkreuze sind in letzter Zeit vielfachen Angriffen zerstörungslüsterner Buben ausgesetzt. Leider will es trotz eifriger Nachforschungen nicht gelingen, der Frevler habhaft zu werden. So wurde in der Nähe des benachbarten Vetra in Hohenzollern schon zwei solcher Zeugen des frommen Sinnes unserer Be­völkerung beschädigt und nun teilte auch ein drittes Kreuz am Wege von Vetra hierher das gleiche Schicksal. Ein aus Stuttgart herbeigerufener Po­lizeihund nahm die Spur des Täters zweimal auf, verlor sie aber infolge der niedergegangenen Regen­fälle immer wieder. Die Entrüstung über die ruch­lose Tat ist begreiflicherweise groß, ebenso aber auch der Wunsch, daß die Buben die gerechte Strafe er­eilen möge.

Welle sinnenfroher Lust überschwillt einen, wenn

die jugendlichen Paare in feurigem Schwung zum Wirbel der Musik dahinschweben. Ein Kommen und Gehen. In nachtstillen Wegen steht da und dort ein leise flüsterndes Paar natürlich, wenn die Herzen in solcher Nacht sich nicht zusammenfinden! Der Glanz, das Licht, die Freude verklärt und be­geistert alles. In stiller Majestät blicken die Sterne auf die bewegte Welt da unter ihnen, und fast scheint's, als ob ihr Glanz heute nebensächlich wäre, heute in dem Strahlenmeer da unten auf der Erde. Fröhlich schallt die Musik und fröhlich ist die Unterhaltung belebt. Aber die Stunden eilen. Die der Abend uns schenkte, waren echte, rechte Freuden­stunden, die in das Werktagsleben hineinleuchten mit gütigem liebem Blick. Möchten sie jedem Ein­zelnen unter dem rauschenden Menschenschwarm dasselbe geworden sein. Ueber der Landschaft lag silbriges Mondlicht, während die Bahn der Heimat zudonnerte. Weitbrechts stimmungsvolle Gedanken zogen durchs Gemüt:

Grüß dich Gott, schönes Land!

Senkt die Nacht sich still hernieder,

Träumt im Mondschein Hain und Flur,

Sind verstummet all die lustgen Lieder, Heimlich rauscht's im Walde nur.

Ihren Abendreigen schlingen Lieblich schöne Elfen Hand in Hand,

Aber segnend geht der Herrgott Durch sein schönes 'Schwabenland.

So der Ausklang des Sommernachtsfestes in Bad Liebenzell.