(Ztr.,: Die Mehreinnahmen vvn Dienern und Zöl len sollien lediglich zur Verminderung der Anleihen verwendet werden. Die Regierung muß dafür sorgen, daß beim Abschluß des schwedischen Handelsvertrags Deutschland in Bezug aus die Einfuhr schwedischer Pflastersteine möglichst günstig gestellt wird. Abg. B r u n st ermann (Reichsp.) sprach sich ebenfalls für den Schutz der Pflastersteinindustrie aus. Abg. scheide mann (Soz.) erklärte, die Pfla- stersteininoustrie sei zwar zurückgegangen, gehe aber noch glänzend. Die Arbeiter wünschten keinen Zoll für schwedische Pflastersteine, dagegen sei die Aushebung des Zolls aus Kleie, dieses wichtigen Futtermittels, nötig. Ortet (natl.): Das Zollabfer- ligungsschstem für Kleie ist -unzulänglich. Kämpf (fortschr. Vpt. : Auch wir halte» eine Aeuderung der Anleitung zur Zollabfertigung für nötig. Staatssekretär Wermuth: Eine klare Ueberjicht über das finanzielle Ergebnis des letzten Jahres läßt sich bei den schwankenden Einnahmen der einzelnen Monate, noch nicht feststellen. Wir müssen die endgiltige Abrechnung der Reichshaushaltskasse ab- warten. Tarifauskünfte werden vom Handel gewünscht. Sie geben dem Handel eine Sicherheit, daß er sich bei seinen Abschlüssen nicht verrechnet. Es ist nicht richtig, daß es wünschenswert ist, die Zollabfertigung an der Grenze vorzuueymen. Der Handel wünscht die Abfertigung im Innern. Die Bestimmungen über die Zollabfertigung von Kleie mußten schärfer gefaßt werden. Hinsichtlich der Zuwachssteuer ist die Verteilung der Landesgesetzgebung Vorbehalten. Die zehn Prozent für die Einzelstaaten sind als Entschädigung für die Erhebung und Verwaltung der Steuer anzusehen. Den Schiffsmannschaften in der Marine ist die Zollfreiheit für Mundvorräte zugesichert, jedoch nur nach Beendigung wirklicher Auslandsreisen. Abg. Dr. Burkhardt (wirtfch. Vgg.): Die Annahme, daß die schwedischen Steine billiger und besser seien als unsere, ist irrig. Abg. Graefe (D. Refp.): Durch den Handelsvertrag mit Schweden muß die Steinindustrie geschützt werden. Wir erklären offen, daß wir ohne den Zoll auf Pflastersteine dem schwedischen Handelsvertrag nicht zustimmen werden. Wallende r n (Ztr.) begründet die Resolution seiner Freunde bezüglich der Pflastersteine. Abg. Graf Kanitz (kons.): Wir würden den Freisinnigen dankbar sein für die Erklärung, ob sie wirklich Neigung, zum Schutzzoll überzugehen, haben oder nicht. Mit der Erklärung, „Wir sind für einen schrittweisen Abbau der Schutzzölle", ist nichts anzufangen, wenn man nicht zugleich sagt, inwieweit der Abbau stattfinden soll. Im Laufe der weiteren Debatte traten verschiedene Redner entschieden für den Schutz der deutschen Pflastersteinindustrie ein. Auch wird Schutz für die schwerbedrohte Bleifarbenindustrie verlangt und betont, das Brennkontingent sei zum Schutz- der Kleinbrenner von Süd- und Westdeutschland geschaffen worden. Die Resolution bezüglich der Pflastersteine wird angenommen und darauf eine Reihe von Titeln bewilligt. Beim Titel „Brausteuer" bemerkt Will (elf. Ztr.), daß die Uebergangsabgabe gerade für Elsaß-Lothringen sehr drückend sei. P a g- nicke (frs. Vg.) erklärt, auf die Uebergangsabgabe. mit Rücksicht aus Norddeutschland nicht verzichten zu können. Beim Titel „Reichsstempel" erklärt Spahn (Ztr.t seine Zustimmung zur Resolution Westarp. Westarp (kons.i empfiehlt die Annahme seiner Resolution mit Ausdehnung der Talonsteuer.
Staatssekretär Wermuth: Nach meiner Ansicht ist eine Aenderung der Ausführungsbestimmungen angesichts der wichtigen wirtschaftlichen Interessen nicht gut angängig. Dem Buchmacherwesen werde ich große Aufmerksamkeit schenken. Nach weiterer Debatte wird die Resolution Westarp angenommen. Beim Titel „Zuwachssteuer" bezweifelt Naumann- Hofer (f. V.), daß die in den Etat eingestellte Summe von 13 Millionen erreicht werde. Staatssekretär Wermuth: Die Schätzung für das erste Jahr beruht auf Mutmaßung. Ich hoffe aber, daß in der vor uns liegenden Periode bis 1013 oder 1915 sich das Ergebnis so gestalten wird, daß wir den Bedürfnissen gerecht werden können. Beim Titel Erbschaftssteuer fragt Gothein (f. Vp.) den Staatssekretär, wie er sich zur Frage der Schenkung-der Verkaufsstelle des Bundes der Landwirte au den Bruch der Landwirte stellt. Staatssekretär Wermuth: Was die Ausführungen des Vorredners über die Schenkungssteuer betrifft, so werde ich die Angelegenheit prüfen und behalte mir bis zur 3. Lesung das Urteil vor. Der Rest des Etats wird angenommen. Es folgt der Etat des Reichsschatzamtes. Hierzu liegt eine Resolution der Kon servatioeu und des Zentrums vor auf Vorlegung einer Novelle zum Börseugesetz, durch die die Entscheidung über die Zulassung ausländischer Wertpapiere einer für alle deutsche Börsen zuständigen Zentralzulassungsstelle übertragen wird, ferner eine Resolution der Nationalliberalen auf weitere Entschädigung der Tabakarbeiter. Die Sozialdemokraten beantragen, für die Unterstützung arbeitslos gewordener Tabakarbeiter 1 Million Mark und für die Zündholzarbeiter 400 0900 Mark einzustellen. Aus Antrag des Abg. Erzberger wird die Resolution betr. die Börsenangelegenheiten zurückgestellt. Staatssekretär Wermuth: Die Regierung -st bereit, den Wünschen der Zündholzindustrie entgegenzukommen, es ist aber nicht möglich, plötzlich für die Tabakarbeiter 1 Million und für die Zündholzarbeiter 400 000 Mark einzustellen. Die Resolution der Sozialdemokraten wird abgelehnt, die der Nationalliberalen angenommen. Der Etat des Reichsschatzamtes wird bewilligt, der Etat der Reichs- sckuld, der Hauptetat und das Etatsgesetz werden ohne Debatte bewilligt. Damit ist die zweite Lesung des Etats erledigt. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr: Dritte Lesung des Etats. Schluß gegen acht Uhr.
Tandesnachrichten.
3. April.
* Für die hiesige Stadt war der 1. April von besonderer Bedeutung. An diesem Tag ist das hies. Elektrizit ätswerk und das Werne r'sche B r u- derhaus in den Besitz der Stadt übergegangen. — Das Hauptgebäude der Bruderhäuses soll für die Gewerbeschule Verwendung finden.
* Nagold, 1. April. Beim Blumen tag ist in den Gemeinden d-es Obetamtsbe zirks zusammen eine Reineinnahme von 4781 Mark erzielt worden.
* Neuenbürg, 31. März. Eine in weiteren Kreisen bekannte Persönlichkeit, Fabrikdirektor Chrn. Loos, der sich noch in vorgerücktem Alter anschickt, eine Motorenfabrik in Ansbach zu übernehmen, verläßt heute unsere Stadt. Er nahm am öffentlichen Leben in Stadt und Bezirk regen Anteil.
st Reutlingen, 1. April. Ein Schüler der hies. Webschule aus Finnland machte per Rad einen Ausflug nach Hohenurach. Auf dem Heimwege kam er vom Wege ab und fiel dabei so unglücklich in eine Grube, daß er sich die Zunge abbiß. Mit großer Mühe schaffte er sich aus der Grube selbst heraus und fuhr in das Bezirkskrankenhäus, wo er bewußtlos darniederlag. Das abgebissene Stück Zunge wurde ihm dort angenäht. Er hat bei dem Sturz ferner das Nasenbein und einen Arm gebrochen.
ff Trossingen, 2. April. Der Beamte einer hiesigen Fabrikkrankenkasse, namens Weingart, hatte sich zu Anfang des Jahres Unterschlagungen zu Schulden kommen lassen und war dann entflohen. Seine Spur wurde zunächst nicht mehr gefunden. Nun ist der Unverbesserliche dieser Tage in Mannheim verhaftet worden, wo er Zechprellereien verübte, nachdem er die hiesige Beute vertan hatte. Er wurde ans Gericht in Rottweil eingeliefert.
jj Stuttgart, 1. April. Die vereinigten würt- lembergischen Handelskammern haben in einer hier abgehaltenen Sitzung von Delegierten beschlossen, künftig nach Bedarf württember gische Handelsvorträge zur Beratung von wichtigsten das ganze Land berührenden Fragen abzuhalten.
st Stuttgart, 2. April. Das K. Ministerium des Innern hat die Abhaltung der Internationalen Hundeausstellung am 4. Juni'in der Gewerbehalle wegen der z. Zt. herrschenden Maul- und Klauenseuche untersagt.
* Stuttgart, l. April. Bei den Grab- und Abreißarbeiten der Grundmauern des alten Lusthauses bezw. Hoftheaters, wurde zum Bohren der erforderlichen Sprenglöcher eine von der Firma C. und E. Fein, elektrotechnische Fabrik, Stuttgart als besondere Spezialität gebaute Gesteins- Schlag-B o h r m a s ch i n e zur Anwendung gebracht. Die 'Maschine wird von einem eingebauten Elektromotor direkt angetrieben; sie bohrt in ziemlich hartes Gestein in einer Stunde ca. 8 Meter Bohrlöcher bei einem Lvchdurchmesser von 4 Zentimetern. Zur Bedienung der Maschine ist nur ein Mann erforderlich.
* Stuttgart, 1. April. Zum Amtsverweser für die Stuttgarter Stadtvorstandsstelle wurde von den bürgerlichen Kollegien Bürgermeister Dr. Rettich gewählt.
st Stuttgart, 1. April. Unter den Gärtnern und Gärtnereiarbeitern der hiesigen Landschafts- gärtnereien ist wegen Lohndisferenzen eine Bewegung ausgebrochen. Gefordert wird ein Stundenlohn von 48 Pfennig, statt dem jetzt bezahlten Lohne von 38—42 Pfennig.
st Stuttgart, 2. April. Die hiesigen Land-- schastsgärtner haben gestern abend in einer in der Restauration „zur Glocke" abgehaltenen Versammlung beschlossen, in den Aus st and zu treten. In Betracht kommen etwa 150 Mann.
ff Marbach, 1. April. Der 20 Jahre alte Sohn des Sattlers Braunbeck von Winzerhausen ist in Steinheim im Sandbruch von RenH und Sammet dadurch verunglückt, daß unter ihm eine Brücke zusammenbrach. Er erlitt schwere innere Verletzungen und schwebt in Lebensgefahr.
ff Grotzaspach, OA. Backnang, 1. April. Ein Nachbar des hiesigen Ra Hauses bemerkte in der Nacht Lickt im Amtszimmer und drang mit herbeigezo-
Hanna.
Novelle von M. Alb recht.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Und mit der gleichen fiebernden Ungeduld wartete sie auf eine Antwort.
Als jedoch Tag um Tag verging, ohne eine Nachricht zu bringen, traf sie diese Enttäuschung wie ein erneuter Schicksalsschlag. —
Wie durfte sie auch Sonnenschein erhoffen! — sagte sie sich voll Bitterkeit.
Und diesmal versuchte sie vergeblich, sich an dem Abschiedswort der Mutier aufzurichten. Wieder war der Tag in er- folgloscm Harren verstrichen. Hanna hoffte nicht mehr.-
Und wie sie jetzt miide und schmerzversunken in die Dämmerung starrt, beneidet sie die Mutter, die allem Kampf entrückt ist. —
— — Da erweitert sich ihr Blick l — Träumt sie? — Jst's eine Vision, die ihr von der erregten Phantasie vorgezaubert? — Oder kommt da in Wirklichkeit ein Kind — ein kleines Mädchen — neben einem Manne auf das Haus zugetrippelt ? — Sie sieht nur das Kindl — Und es ist keine Täuschung. Im Flur ein Aufschrei der alten Christine, — dann öffnet sich die Tür. —
Hanna will sich erheben, doch ihre Glieder versagen plötz. lich den Dienst.
Eine Stimme schlägt an ihr Ohr, — eine Stimme, die zu hören sie nie mehr zu hoffen gewagt hat — in erstickten Lauten: „Hanna, ich bringe dir mein Kind, das du an dein Herz nehmen willst — — —' und — ein Schleier legte sich über ihre Augen.-
Als langsam ihr Bewußtsein zurückkehrte, war Christine um sie bemüht.
-Ich habe wohl geträumt?' murmelte Hanna.
.Ach Göttchen nein!' schluchzte die Alte. „Ter Schreck war aber auch zu groß, so mit'n Mal-*
„Wo, wo ist das Kind?" Hanna richtet sich auf.
Da schiebt Otto Werner eine kleine Gestalt vor.
Zwei dunkle, ernste Kinderaugen schauen ihr entgegen, und „liebe Tante Hanna!' klingt es schüchtern aus dem Kindermunde.
Hannas Blick irrt scheu — verständnislos zu Werner hinüber.
-Ist -- ist die Mutter — Sanni?' — Sie stammelt es mit stockendem Atem. „Großer Gott!'
Werner schüttelt das Haupt. „Sanni lebt!" antwortet er düster. „Wir beide aber — das Kind und ich — haben sie dennoch verloren!' — Er trat einen Schritt vor. „Hanna, ich empfing deinen Brief, und als ich ihn las, stand mein Entschluß fest, nur dir mein Kind zu bringen. Hatte ich deme Verzeihung auch verwirkt, so würdest du in deiner himmlischen Güte das arme, schuldlose Kind in treuer Liebe umfassen, das wußte ich."
Wortlos zog Hanna das Kind an sich und küßte es.
„Ich danke dir!« flüsterte Werner tief erschüttert. «Gott lohne deine Treuei'
Hanna fuhr empor. Der Mutter prophetisches Wort! Ack —- dies also war ihr Lohn ! — Ja, sie wollte sich seiner würdig zeigen.
^ „Ich möchte nichts anderes hören,' 'als nur das „> daß dies Kind von nun an das meine ist," sagte sie leise.
Aber," sie erhob sich hastig, „da vergesse ich ganz, d dce Kleine müde und einer Erfrischung bedürftig sein wirk Sie wollte aus dem Zimmer eilen. Werner hielt sie zurück.
„Ich bitte, sie für eine kurze Frist Ehristine zu uber- kaffen, ich — o, ich muß erst alles sagen, was mein Herz belastet.'
Hanna blieb zögernd stehen. Ein tiefes Rot stieg langsam in ihr Gesicht. Wie hatte sie nur vergessen können, was trennend zwischen ihnen stand l
Tann, als die alte Frau, die das Ganze nicht recht begriff, niit dem Kinde das Zimmer verlassen, nahm sie mit
abgewendetem Gesicht wieder Platz. Sie zitterte so, daß sie einer Stütze bedurfte.
Eine Weile blieb es still, Werner suchte augenscheinlich nach Worten.
Hanna war es, die zuerst das Schweigen brach.
-Ich — verlange keine Beichte," wiederholte sie noch einmal leise, ohne den gesenkten Blick zu heben. „Nur möchte ich wissen, ob — ob' Sanni einverstanden, daß — daß ich das Kind —'
Ein kurzes, hohnvolles Lachen ließ ste verstummen.
„Sanni! O, darum keine Sorge!' brach es nicht in zu unterdrückendem Groll über seine Lippen. „Der war das Kind stets nur eine unbequeme Last, und jetzt hat ste kein Anrecht mehr daran. — Wir sind gesetzlich geschieden!"
Er hatte die letzten Worte wie in zorniger Qual hervorgestoßen.
Dann, als Hanna in stummem Entsetzen zu ihm aufschaute, lachte er abermals schneidend aus, im nächsten Augenblick jedoch lag er zu ihren Füßen.
„O, Hanna! Was ich an dir gesündigt, es hat sich tausendfach an mir gerächt! — Ich sagte wohl, ich hätte deine Verzeihung verwirkt, jetzt aber flehe ich: Sprich ein gütiges Wort zu mir, an das ich denken darf, wenn Verzweiflung mich packt, daß ich den Himmel mein nannte und mich selbst daraus verbannte — durch Verrat und Schuld!'
Erschüttert sah Hanna tu das von Schmerz und Leidenschaft zuckende Gesicht des vor ihr Knieeuden. Wie scharf die Züge geworden waren, — wie tief die dunkel umschattelen Augen lagen, — und — ein wahrer Schreck ließ sie erbeben: Ueber seinem Haar lag es wie Reis.
Schluß folgt,
Sein Genuß. Meisterin zum Lehrling: „Franz, schau dir den Fleischknödel noch einmal an, bevor ihn der Meister ißt!"