damaligen Prozeß politische Dinge der Institut die Binde gelockert hatten, daß der damalige Prozeß tendenziös geführt worden ist.

Ein Wahlblock in Bade».

In Baden ist das Bündnis zwischen den Na- tionatliberalen und den Voltsparteilern für die tom inenden Reichsragswahlen nun gesichert. Die letzten Sonniag in Offenburg abgehaltene Landesversamm lung der Fortschrittlichen Volkspartei hat ihre Zu stinunung zu den Vereinbarungen der Parteileitun gen erteilt. Danach werden die beiden liberalen Parteien überall Schulter an Schulter kämpfen. In drei Wahlkreisen stellt die Bolkspartei den Kandi­daten und wird dort von den Nationalliberalen nn terstützt. In den anderen in Betracht kommenden Wahlkreisen tritt die Bolkspartei für die National liberalen ein.

Entcntebektcmmnngen.

Die internationale Lage und die Gruppierung der Mächte wird in ganz Europa unablässig erör­tert. Das geht nun seit der Potsdamer Begegnung so. Es ist, als hätte man da in einen Ameisenhau­fen gestoßen. In Potsdam ist freilich die Welt nicht auf den Kopf gestellt worden. Die russischen und die deutschen Staatsmänner haben sich nur verstän­digt, daß die beiden Mächte sich nicht an Kombina­tionen beteiligen werden, die eine Spitze gegen eine der beiden Mächte haben und sie haben über die. beiderseitigen Interessen in Persien ein Ein vernehmen herbeigeführt, das nun in diplomati-z schen Einzelverhandlungen in die Form eines Ab­kommens gebracht werden soll. Die Bündnis und Freundschaftsverhältnisse der beiden Mächte wer­den dadurch das ist von beiden Seiten versichert worden, nicht angetastet werden. Es ist gewiß auch richüg. Aber dennoch geht eine starke Empfindung durch Europa, daß sich etwas geändert habe und diese will nicht weichen. In England ist man verdrießf- lich. und in Frankreich empfindet män sogar hoch gradige Beklemmungen. Die englische Politik hat sich seit Fahren so ausschließlich gegen Deutschland orien­tiert daß die russisch deutsche Annäherung als ein Fiasko dieser Politik angesehen werden muß, weil eben Rußland, das vom Einkreisungskönig Eduard mit vieler Kunst in das westmächtliche Entente- jystem eingefügt worden war, nicht mehr in der früheren Weise mitmachen will. Aehnlich ist es in Frankreich. Zwar hat man hier immer beteuert, daß man nichts als den Frieden und das Me ich 'gewicht wolle, aber im Grunde des Herzens war xtwas anderes lebendig, nämlich die Hoffnung und der Wunsch, daß das Bündnis mit Rußland und die Entente mit England die Gelegenheit und die Mög­lichkeit schaffen werde, den Frankfurter Frieden zu revidieren". Die Russen haben sich freilich sehr gehütet, den Franzosen zurRevanche" zu ver­helfen und sie staben dazu jetzt noch weniger Nei­gung als früher, ganz abgesehen davon, daß sie in­folge der Niederlage im Fernen Osten in abseh­barer Zeit nicht die Kraft haben. Sie richten sich nach ihren Interessen ein, und diese Interessen lassen es ihnen, zweckmäßig erscheinen, sich wieder mehr Deutschland zu nähern. In Frankreich ist mau dar­über dermaßen beunruhigt, daß man offen heraus sagt, das russisch-japanische Bündnis habe, wenn es auch formell noch besteht, praktisch ansgehört

zu existieren. Letzthin hat das kein Geringerer als der General Monual, der frühere Direktor oer Kriegsschule, ausgesprochen und der Kriegsminister General Brun hat sich mit Beziehung auf die Zu­rückziehung russischer Truppen von der deutschen Grenze dem Sinne nach ähnlich geäußert. Man kann sich denken, daß das starkes Aufsehen erregt hak. Der Minister des Auswärtigen, Pichon, den man wegen dieser höchst fatalen Entwickelung der Dinge in der Presse nud im Parlament hart angelassen hat, wird zwar nicht müde zu beteuern, daß alles nach wie vor aufs beste bestellt sei und daß Frant- reich glänz-end dastehe, aber das «nach! nur wenig Eindruck. Man fühlt eher, daß die Ententepolitik in eine Sackgasse geraten ist. Nicht einmal das Ein­verständnis mit England kann den Schmerz lindern, weil es eben durch die russischeExtratour" seine diplomatische Aktionskraft mehr oder weniger ein gebüßt hat. Daß dieses Einverständnis sehr weit, sogar mit zu militärischen Absprachen, gediehen ist, hat Minister Pichon im französismen Senat in der Hitze des Gefechts ausgeplaudert. Als ein Redner von militärischen Vereinbarungen sprach, rief Pichon aus:Was wissen Sie davon. Die Diplomatie ver­handelt nicht ans offenem Markt." Das kann als eine Bestätigung dafür gelten, daß in der Tat zwi scheu Frankreich n. England Absprachen über rin et maiges militärisches Zusammenwirken getroffen wor den sind. Gegen wen ein solches Zusammenwirken ge richtet ist, braucht man nicht. erst zu sagen. Die Schweiz ist es nicht und China auch nicht. es ist Deutschland. Man hat allerdings darüber schon früher genügend Bescheid gewußt, aber es ist doch immerhin von Wichtigkeit, daß es neuerdings in so flagranter Weise bestätigt wird. Es gibt zugleich den besten Schlüssel dafür, daß England und Frank reich den Holländern die Befestigung von Blisfingen verwehren wollen. Im Kriegsfälle würde eben Eng­land die Aufgabe übernehmen, di-e rechte Flanke der deutschen Armee zu bedrohen, und zwar durch eine Landung an der holländischen oder belgischen Küste. Es ist ein sauberer Gedanke, das muß man sagen. Allein wir regen uns nicht weiter ans. Wir kennen unsere guten Freunde 'chrm und wissen, was wir von ihren Versicherungen zu halten haben. Mit d?r Verwirklichung dermilitärischen Absprachen" hat es gute Wege, so lange wir unsere Rüstung in Ordnung halten. Bor der hat man Respekt.

Parlamcirtserrffnung in England.

In England ist das neugewählle Parlament zu­sammengetreten und vorn König mit einer Thronrede eröffnet worden. Die Hauptaufgabe ist die Erledi­gung des Verfassnngsstreites über die Rechte des Oberhauses. Sie soll mit möglichster Beschleunigung durchgeführt werden.

General Cronje ck.

Der ehemalige Burengeneral Cronje ist am ä. Februar in Klerksdorv in Transvaal gestorben. Er war schon 1881 im Kriege gegen die Engländer Kommandant. 1890 schlug er den Einfall Iame- fons ab und nahm die Flibustier gefangen. Beim südafrikanischen Krieg war er Befehlshaber der burifchen Westarmee und brachte den Engländern empfindliche Schläge bei. Später aber geriet er in eine schwierige Lage und am 27. Februar l 90k) mußte er bei Paardeberg, wo er eingeschlossen war,

mit 8700 Mann kapitulieren. Damit war das Schick­sal der Büren besiegelt, wenngleich sie sich noch lange Zeit heldenmütig wehrten. Cronje blieb bis znm Ende des Kriegs als Gefangener auf der Insel Santi Helena, die ehedem den großen Napoleon festhiell. Nach den, Kriege lebte er als Farmer in stiller Zurückgezogenheit. Er ist 7! Jahre alt geworden.

Württrmbrrgischer Landtag.

Stuttgart, lO. Februar.

Die Zweite Kammer beriet heute zunächst die Anfragen des Zentrums und des Bauernbunds be­treffend die Bekämpfung der Maul- und Klauen­seuche. Die Abg. Sommer sZtr.h und Körner (B.K. begründeten die Anfragen, worauf Minister v. Pis chek die Entstehung der Seuche schilderte, die durch einen Schweinerransport aus Köln am 21. Januar eingeschleppt worden sei, während die telegraphische Meldung über den Ausbruch der Seuche in Köln auf dem Umweg über das Reichs- gesundheitsamt erst am 28. Januar eingetroffsn fei, also zu einer Zeit, wo die Verfchlrpvung schon er­folgt war. Der Minister stellte daher schritte zu einem besseren Ausbau des Nachrichtendienstes in Aussicht, der wenigstens von den Hauptverkehrsorten ans direkt erfolgen sollte und betonte, daß alles geschehen fei, was zur Bekämpfung der Seuche und zur Verhütung der Einschleppung habe geschehen können. Er hege die Zuversicht, daß es bei verständ­nisvoller Unterstützung der Behörden durch die Be­völkerung gelingen werde, die Seuche vor dem Früh­jahr wieder ans dem Lande 'hrnanszubringen. In der von Dr. v. Kiene lZtrH beantragten Bespre­chung der Interpellation wurde von den meisten Rednern zugegeben, daß die Regierung nichts ver­säumt hat. Gewünscht wurde eine 14tägige Qua­rantäne für eingeführtes Vieh. Der Abg. Ströbel 'B.K.t zog die Verseuchung durch französisches Meh in den. Bereich der Möglichkeit und -erklärte, dem- Fleifchuotgefchrei sei jetzt der Notschrei der Land­wirte gefolgt,, der den Fleifchnotrufern nvch lange in den Ohren gellen werde. Dieser Notschrei zeige auch der Regierung, wie gefährlich es sei, hohlen Schlagworten sich gefügig zu zeigen. Minister vl -Pis chek erwiderte, die Einfuhr französischen Viehs sei notwendig gewesen und eine Verseuchung durch dieses Vieh ausgeschlossen, da Frankreich seit März 1909 seuchenfrei sei. Der Gesetzentwurf betreffend die Aufhebung des Geheimen Rats wurde mit wesentlichen Aenderungen in zweiter Lesung an­genommen. Schließlich wurden noch die Gesetzent­würfe betreffend Aendernng des Allg. Sportelg'- setzes, der Gerichtskostenordnung und betr. einen Zuschlag zu den Gerichtskosten und Notariatsge­bühren an den Finanzausschuß verwiesen. Die Er­örterung zeigte die grundsätzliche Zustimmung zu diesen Entwürfen, doch behielten sich die Redner die Prüfung der einzelnen Sporteln vor und es wurde verlangt, daß Verkehr, Gewerbe und Industrie nicht zu sehr, Luxus dagegen höher als vorgesehen besteuert werden. Dr. Lindemann Svz. unter­zog das Sportelgesetz einer sehr abfälligen Kritik. Nächste Sitzung unbestimmt.

Die Weltreise des Kronprinzen.

(Von einem Mitreisenden.)

Auf der Fahrt von Peschawar nach Delhi.

Der seit dem Verlassen der Kunststadt Agra bis 15. Januar zurückgelegte Abschnitt der Reise lrug zumeist mili­tärischen Charakter. In Muilra, zwei Eisenbahnstunden von Agra entfernt, liegen zurzeit die Royal Dragoons, deren Chef der deutsche Kaiser ist. Dorthin begab sich der Kron­prinz am 1. Januar, um die Grüße seines Vaters an das Regiment zu Überbringern dann aber auch, um einige Tage zu verweilen und im Zusammenleben mit dem Offizisrkorps das Leben ln einem englischen Regiment in und außer Dienst, gewissermaßen als Kamerad unter Kameraden kennen zu lernen.

Während der 'Aufenthalt in Muttra e:n Bild gab von dem Leben und Dienst in einem englischen Kavallerie-Regi­ment überhaupt, zeigte der Besuch von Peschawar im Nordwesten Indiens, an der Grenze von Afghanistan, das Leben in der Kriegsbereitschaft vor dem Feind. Hier ist das uralte Einfalltor gegen Indien, das an seiner ganzen Nord­grenze durch die gewaltigsten Gebirge der Erde einen natür­lichen Schutzwall hat. Hier sind ungefähr 2000 Jahre vor Christi Geburt die Arier, die heutigen Inder, eingedrungen und haben, allmählich vorwärts schreitend, die drawidische Urbevölkerung in jahrhundertelangen Kämpfen unterjocht. Hier brachen die Heere Alexanders des Großen, Timurs, Schah Nadirs und der anderen Eroberer, dem Kabultal folgend, ein, und hier müßte auch Rußland hindurch, wenn es je, seinem alten Plane folgend, den Versuch wagen sollte, den britischen Löwen in Indien zu bedrohen. Hier ist da- daher auch der starke Stützpunkt für alle britischen Unter­

nehmungen gegen Afghanistan, an dem Rußland wie Eng­land gleiches Interesse haben. Dis Bevölkerung dort ist ebenso rauh wie die wilden Berge, in denen sie haust, und genau wie in den verflossenen Jahrtausenden seit der arischen Einwanderung herrscht dort ununterbrochener Krieg. Nicht nur Stamm gegen Stamm, Dorf gegen Dorf liegt in Fehde, sondern auch Familie gegen Familie, denn Blutrache ist eins der obersten Gesetze jener Völkerschaften. Daher bilden die einzelnen Gehöfte richtige stark befestigte Burgen. Aber während die Männer einander zerfleischen oder einer den anderen durch gedungene Mörder abschießen läßt, verrichlen die Frauen unbehelligt von allem Streit fiiedlich ihre Feld­arbeit, denn sie sind von der Blutrache ausgeschlossen.

Diesen wilden Kriegerftämwen gegenüber haben die Engländer einen schweren Stand. Eine Herrschaft über sie auszuüben, ist unmöglich, und daher wild dieses Gebiet ge­wissermaßen als neutrale Zone behandelt. Es ist ungefähr dasselbe Verhältnis, das auch bei uns in einzelnen Kolo­nien herrscht, wo wir an der Grenze gelegene unzuverlässige Gebiete für die Verwaltung und jeglichen Europäerverkehr gesperrt haben, um allen Reibungen und damit einer Kriegs­gefahr aus dem Wege zu gehen. Im Peschawardistrikt liegt es noch schlimmer, insofern als die Bergvölker einen unver­söhnlichen Haß gegen die Engländer hegen und jeden nieder- knallen, der in ihren Schußbereich kommt. Sechs Engländer aus Peschawar sind in den letzten zwei Jahren so abge­schossen worden. Von Banden nachts ausgeführte räuberische Ueberfälle auf Peschawar selbst haben von jeher stattgefunden. Der letzte größere Handstreich dieser Art war vor zwei Jahren. Eine vorzüglich organisierte Bande kam aus den Bergen nachts nach Peschawar, tötete ein. halbes Dutzend Menschen in der Eingeborenenstadl und plünderte einige Kaufläden, worauf sie mit ungefähr i 00 000 Mk. Beute

wieder davonzog. Gegen diese Horde mußte ein richtiger Feldzug eröffnet werden, und es dauerte geraume Zeit, bis sie unschädlich gemacht werden konnte. Ein Offizier und drei Mann fielen ans englischer Seite bei dem Feuergefecht und ein Offizier und mehrere Mann wurden schwer verwundet. Der Bandeusührcr und einige seiner Leute fielen ebenfalls. Der Rest wurde gefangen und später gehenkt.

Wie sehr man auf der Hut sein muß, zeigte sich auch darin, daß jeder Reiseteilnehmer gleich nach der Ankunft dringend ermahnt wurde, nach Sonnenuntergang auf Anruf sofort englisch mitGut Freund" zu antworten, da die Posten und Patrouillen sonst unfehlbar schießen würden. Unsere indischen Diener durften abends nicht ausgehen, um ja mit der Bevölkerung in keinen Konflikt zu geraten, und im Gouverneurs-Haus, wo der Kronprinz wohnte, waren sogar Posten auf dem Dache aufgestellt. Diesen Verhält­nissen entsprechend liegen in derNordwestlichen Grenz­provinz" ungefähr 20 000 Mann englisch-indische Truppen, und die Garnison Peschawar ist in vollkommenster Kriegs­bereitschaft. Eine Viertelstunde nach dem Alarm kann stets ein Teil der Truppen gefechtsbereit sein, und in dreiviertel Stunden steht ein Detachement aus Infanterie, Pionieren, Kavallerie, Feldartillerie, Gebirgsartillerie und dem großen Train mit Munition und Proviant für eine Woche marsch­bereit mit Kavallerievorhut, Nachhut und Seitendeckungen.

Als die Engländer sahen, welches Interesse der Kron­prinz an den militärischen Einrichtungen nahm, befahl der kommandierende General einen Alarm und lieferte hiermit dem Kronprinzen einen Beweis von der Schlagfertigkeit seiner Truppe. Am folgenden Tage zeigte ein Manöver, was die indischen Truppen in dem unwirtlichen Gelände zu leisten vermögen. Es wurde ein Angriff auf cinen mar­kierten Feind am Eingang des. Khaiber-Paffes durch die