der Züudwarensteuer. Staatssekretär Mermuth bekämpft diesen Antrag. Der sozialdemokratische An­trag wird abgetehnt und Paragraph 57 angenom­men.. Damit ist das Gesetz in zweiter Lesung er­ledigt.

Es fotgt die zweite Lesung des Reichsbefteue- rungsgefetzes. Zu Paragraph -7, der die Reichs- znschüsse au die. Gemeinden regelt, in denen sich Reichsbetriebe befinden, beantragt Abg. Becker Köln (Ztr. , daß, unter die Bestimmungen des Para graphen auch die. Witwen und unversorgten Kinder der früher in Reichsbetrieben beschäftigten Personen fallen sollen. Mit Paragraph .7 wird die Beratung des Paragraphen 6 verbunden, nach denn von der Reichseiseubahnverwaltung für ihre Betriebsstätten 7 Proz. des Ueberschusses, mindestens aber 200 000 Mark an Elsaß-Lothringen zu zahlen sind. v. B rork­haus eu kons. beantragt Vorzugsbestimmnngen für Gemeinden wie Danzig und Erfurt, die durch Reictzs- betriebe besonders stark gelastet sind. Direktor im Reicbsschatzamt Herz bittet um Ablehnung des Au träges v. Brockhausen. Die Anträge werden äuge nommen und im übrigen bas Gesetz ohne Debatte er­ledigt. Es folgt die zweite Lesung der sternsprech- gebührenordnnug. Das Haus beschließt, die Bor lage an die Korumission zurückzuverweisen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Morgen l Uhr: Elsaß Lothringische Verfassung. Schluß 7einhalb llhr.

Landesnachrichtrn.

88. Januar.

* Sparlasse Alteusteig. Nach deur vorläufigen Rechnungsabschluß auf das Jahr lOlo sind inr Laufe des Jahres in 22«>0 Posten 400 0.74 Mart eingelegt und in 74.7 Posten 244 440 Mart zurückgezogen worden: es wurden demnach mehr eingelegt 272 4 l.O Mark. Zinsen '4 Prozent wurden den Einlegern 07 077 Mark auf Ol. Dezember 1010 gutgeschrie ben: diese tragen seit l. Januar lOll wieder Zin sen. Das Guthaben der Einleger hat sich demnach gehoben um 010 007 Mark und es haben die Ein­leger auf I. Januar lOll zu fordern 1070 017 Mark, welcher Betrag mit dem Reservefvud vor­nehmlich ans !. Hypotheken hingeliehen ist.

* Ter Blumentag zur steter der silbernen Hoch­zeit des kömgspaares. Das Stuttgarter Zentral­komitee hatte für letzten Sonntag vormittag l! Uhr die Vertreter der Organisationen in den Oberanits- bezirken zn einer Versammlung im Königsbau nach Stuttgart eingeladen, um in gründlicher Aussprache über Zweck und Ziel und Arbeitseinteilung zu einer Klärung aller schwebenden Fragen zu kommen lind Wünsche und Vorschläge entgegenzuuehmen. Schon die überaus stattliche Zahl der erschienenen Damen und Herren ans allen Teilen des Schwabenlandes bewies das Interesse, das der Blnmentag überall geweckt hat: und in fast zweistündiger Beratung unter dem Vorsitz des Herrn Dr. G. v. Dörtenbach kam es erst recht zum Ausdruck, daß der Gedanke, den Tag der silbernen Hochzeit des Königspaars durch die das ganze Land umfassende Wohlfahrts­aktion würdig zu begehen und den Majestäten in dem Resultat eine wahre Volksspende zur Bestim­mung der dem ganzen Lande zugute kommenden Ber i

Wendung zn überreichen, freudigen Beifall fand.

Es wurde mitgeteilt, daß der Vertan fstag in Stuttgart auf den Hochzeitstag selbst, also ans den 0. April, endgiltig festgesetzt sei, und dann stellte der Vorsitzende namens des Zen- tr.alansschusses den Antrag, für das ganze üb­rige W ü r ttemberg die Wahl des Te r inins vor dem 0. April f r e i z u ste lle n mit Rücksicht ans die in den einzelnen Bezirken bestehenden ver­schiedenartigen Verhältnisse, was unter großem all­gemeinem Beifall angenommen wurde. Dagegen fand der Vorschlag, den Blnmentag einheitlich auf Ostermontag, den l 0. April, zn verlegen, nicht die Zustimmung der Versammlung, unter anderem auch deshalb, weil dies den Termin doch zu sehr post sestnm verschieben würde.

* Viehseuche. In Grunbach, ÖA. Schorndorf, ist bei zwei Schweinen die Maul- und Klauenseuche sestgestellr worden. Diese Schweine stammen, laut Ltaatsanzeiger, ans einem Schweinetransport, der am 2>. ds. Mts. vom Schlnchtviehinartt in Köln in den Viehhos in Stuttgart eingeführt worden, ist. An diesem Tage ist ans denn Viehhof in Köln die Leuche festgestellt worden. Der größte Teil des Transportes wurde im Schlachthof in Stutt­gart abgeschlachtet, ohne daß verdächtige Er­scheinungen wahrgenoimnen worden wären. Zwölf Stück aus dein LchweinetranSPort wurden jedoch in die llnigebnng Stuttgarts verkauft und zwar nach Bonlanden und Waldenbuch OA. Stuttgart, Waiblin ­gen und Beinstein, OA. Waiblingen, Grunbach, OA. Schorndorf und Stammheim, OA. Lndwigsburg. Nach Grunbach wurden die krantbefundenen Schweine von einem Schweinehändler ans Gerad­stetten, OA. Schorndorf über Waiblingen und Bein­stein mittels Fuhrwerks gebracht. Dieser Händler setzte in Waiblingen zwei Schweine und in Beinstein ein Stück ab. Die in Waiblingen allsgeladenen Schweine zeigten bei der Schlachtung ebenfalls ver­dächtige Erscheinungen. Die übrigen -Schweine wur­den gesund befunden. Die Maul und Klauenseuche ist am 27. ds. Mts. auch bei einein SchweineO-ans- port im Schlachthaus in Göppingen, der am 20. d. M. dorthin ans Hamburg über Mannheim einge- führt worden ist, festgestellt worden. Auch von diesem Transport sollen schon Schweine in die Umgebung voll Göppingen verkauft worden sein. Weiter wurde rin Schlachthaus in Lndwigsburg heute der dringende Verdacht der Seuche bei Schweinen festgestellt, die am 21. ds. Mts. aus dem Viehhos in Stuttgart ge­kauft wurden und ans Hainburg stammen sollen.. Den Landwirten wird dringend größte B o r s i ch t bei m Einkauf von Vieh und in s- b es andere auch bezüglich des Verkehrs fre m d er Pe r s o n e n in ihren Stall n n g e n e in p s o h len.

* Güterhaudet und Güterzertrummerung in Württemberg im Jahre 1000. Von den 200-

lerhändlern lind 410 Bermittlungsagenten in Würt­temberg wurde Güterzertrümmerung in 197 Ge­meinden in 270 Fällen durchgesührt. Die Gesamt­fläche der zertrümmerten Anwesen beläuft sich ans 2290,07 Hektar und die durchschnittliche Größe eines zertrümmerten Anwesens 9,l0 Hektar. Bei l 47 An­wesen mit einer Fläche von 1012,72 Hektar erfolgte - die Zertrümmerung gewerbsmäßig, bei l 00 Unwesen mit einer Fläche von 086,07 Hektar nicht gewerbS- ! nuin'g. Die meisten Anwesen, nämlich 51 mit 740,21 s

einverstanden. Abg. Dr. Weber natl. : Wir sind ebenfalls damit einverstanden, daß der Besitzwechsel stempel und die Zuwachsabgabe noch nebeneinander erhvben werden. Wir hatten jedvch die Reduzie zierung des ersteren für dringend notwendig: und wir sind bereit, entsprechend dein Wunsch des Staats setretärs der Beibehaltung des Umsatzstempels bis 1014 znznstimmen. Abg. Dr. Jäger lZtr. : Auch wir ziehen unseren entsprechenden Abänderungsan trag zurück. Cunv -Fortschritt«. Vpst befürwortet einen Antrag, wonach die Besteuerung der vor dem 12. April 1010 erfolgten Eigentnmsübertragnng oder späteren Besitzwechsel ans Grund früheren An gebols, soweit gerichtliche oder notarielle Beglaubi gungen dafür vorliegen, unterbleibt. Binder Soz. : Wie bei der Witwen und Waisenversorgnng dürfte auch bei dieser Beteranenfürsorge nichts her- auskommen. Arendt :RP. : Die gegenwärtig dis kntierten Paragraphen bringe,! uns reine besondere Freude, da der Unisatzsteinpel bis !0l4 in der bishe rigen Höhe von zweidrittel Prozent aufrecht erhal ten wird. Nach weiterer unerheblicher Diskussion erfolgt die Abstimmung. Paragraph 7> wird ange ,kommen, wobei jedoch die rückwirkende Kraft ans l. Januar lOll verlegt wird. Die übrigen Anträge tverden abgetehnt. Die Abstimmung über Paragraph 7la, der den Besitzwechsel vvr dem 12. April l0l0 steuerfrei läßt, bleibt zweifelhaft. Die Auszählung ergibt oo für, l 00 gegen den Paragraphen. Para graph 7la ist somit abgetehnt. Hierauf werden die Paragraphen 71 bis 74 ohne Debatte angenommen) Paragraph 77 gibt dem Bnndesrat das Recht, steuer­pflichtige Vorgänge eventuell nachträglich zur Steuer heranznziehen und nötigenfalls selbständig Besinn mungen über die Berechnung des Wertzuwachses zn treffen. Letztere sollen dem Reiclistag baldmög liehst vvrgelegt werden. Ans die von verschiedenen Seiten geäußerten Bedenken, dem Biindeslate der­artige Befugnisse zn übertragen, da inan bei der Tcitonsteuer damit keine günstigen Erfahrungen ge­mach: habe, weisen Unkerstaatssetretär Kühn und Staatssekretär Mermuth diese Bedenken zurück. Abg. Cunv Fortschrittl. Vpt. begründet einen Antrag, wonach die Steuerbefreiung bei verschleier­ten Geschäften nicht eintritt. Nach längerer Debatte wird Paragraph 77 unter Ablehnung aller Abande- rnngsamräge mit Ausnahme des Antrags Cunv, der angenommen wird, erledigt. Es folgen die Be stinnn ringen über die Fideikommisse, die nur mit eindrüle'l Prozent zur Steuer herangezogen werden sollen. Abg. Erzberger Ztr.. befürwortet einen Antrag seiner Partei, die Fideikommisse noch schär­fer zur Steuer- heranznziehen. Seltsamerweise hät­ten sich die betreffenden Kreise bereit erklärt, diese Steuer zu tragen. Im Verlaufe der Debatte erklärte Enno Fortschrittl. Vpt.., der Zentrumsantrag be­deute ein Abweichen von dem Prinzip der Besitz- stener. Erzberger Ztr. erklärte diese Bebaust tnng für unzutreffend. Ein Regierungskomlnissar bat, es bei den Kommijnonsbeschlüssen zn belassen. Staatssekretär Wermuth: Wir werden über die Wirkung dieser Anträge eine Schätzung ansstellen, behalten uns aber unsere definitive Stellungnahme bis zur 0. Lesung vor. Die Besteuerung des ge­bundenen Besitzes wird beschlossen. Ausgeschlossen bleib; der Besitz der Landesfürsten und Landes- fürstinnen. Zum letzten Paragraphen 77 beantragt Göhre Soz. , daß das Inkrafttreten der Znwachs- stener abhängig zu machen sei von der Aushebung

Die Weltreise des Krvnprin;en.

(Von einem Mitreisenden.)

Der offizielle Teil der Reise des deutschen Kronprinzen hat mit der Landupg in Bombay am 14. Dezember be­gonnen. Es war ein wundervoller Morgen, als dieGneisenau" unter dem Donner der Salutschüsse im Hafen von Bombay Anker warf. Die Dreiviertel-Millionenstadt, rings umgeben vom Meer, bot mit den schlanken Minaretts der zahlreichen Moscheen, den weißen Palästen aus den Hügeln zwischen ragenden Palmen, Mango- und Banyanenbäumen sowie den Prachtbauten der Stadt einen wundervollen Anblick. Ein Prunkzelt in den deutschen Farben war am Apollo-Baudar, wo der .Kronprinz den Fuß an Land setzte, errichtet. Dort erwartete der englische Gouverneur mit den Spitzen der Be­hörden und des Militärs, das diplomarische Korps, die deutsche Kolonie, und die angesehensten Engländer Bombays den Besuch. In sausender Fahrt ging eS nach dem Gouverneurshaus, das mehrere Kilometer entfernt auf der Südweftspitze der Insel Bombay inmitten eines großen Parkes liegt.

Die Fahrt durch die Stadt mit den Tausenden von farbigen Zuschauern aller Völker an den Straßen bot einen eigenen Reiz. Zuerst führt der Weg durch eine moderne Großstadt, in deren breiten Straßen Automobile, Wagen und elektrische Straßenbahnen sich unaufhörlich folgen. Der Mktoria Terminus ist einer der größten Bahnhöfe der Erde, und das Taj Mahal Palace Hotel stellt einen der schönsten und größten Gasthöre der Wett dar. Ter Regiernngspalast des Gouverneurs, die Universität, das Obergericht, das Elphinstone College, sie alle sind Bauwerke, die durch ihre imposante Größe- und ihre Architektur jeder europäischen Großstadt zur Zierde gereichien. Aber gleich darauf kann der Wagen nur noch im Schritt fahren, so stau, sich die

Menge in der Eingeborenenstadt, in die wir geraten Fast alle Völk-.r des östlichen Asien scheinen hier vertreten. In wunderlichem Aufputz arbeitend, feilschend, schwatzend, zankend und bettelnd, bilden sie ein buntes Gewimmel. Wie in einem Ameisenhaufen läuft alles durcheinander, und alle Schattierungen, vom dunkelsten Braun bis znm hellsten Gelb, sind da vertreten. Schlanke Hindus in den mannigfachsten Trachten, viele im Lendentuch als einzige Bekleidung, bis zum eleganten, nach neuester europäisier Mode gekleideten Stutzer, halten sich mit den Mosiims an Zahl die Wage. Dazwischen fahren die als Großkaufleute bedeutendeu Parst in ihren eleganten Wagen, sie selbst in einfachem, schwarzem Rock, ihre Kinder aber in bunten, goldgestickten Gewändern. Dann sehen wir Afghanen mit schwarzen Spitzhüten, Radsch- pats, Gudscheratis, Belutschen, Somali- und Suahelineger, Chinesen ustd englisch-indische und portugiesisch-indische Mischlinge mit kaum merklichem gelb-bräunlichen Farbsnan- flng im Gesichte. Rechts ertönt von hohem Minarett einer Moschee der Gebetsruf, links lädt Gongschlag zum Besuch eines Schiwatempels ein, und weiter unten tauchen an einem großen weißen Tempelbau die phantastischen Skulpturen des Affengottes Hanumanu auf. In jeder offenen Werkstücke der niederen Häuser, welche die Straße bilden, in der wir uns befinden, erklingt melodischer Hammerschlag. Wir sind iin Viertel der Silberschmiede, an die sich die Kupferschmiede anschließen, um dann in den nächsten Straßen von den Holzschnitzern abgelöst zu werden. Hunderte dieser Kunst­handwerker wohnen so beieinander, da die Einteilung der Hindus in Kasten dies nötig macht. Dann wird die Straße wieder breiter, hinter eisernen Staketenzännen liegen weite Gärten, und in ihnen erheben sich ivahre Paläste; es sind die Wohnsitze reicher Parsikaufleute, die den ganzen Groß­handel Indiens beherrschen, als tolerant bekannt sind und häufig ihre Millioneneinkommen zu wohltätigen Zwecken auch

für die Angehörigen anderer Religionen verwandt haben ^ und verwenden. (

Dank dem weitgehenden und stets liebenswürdigen Ent- s gegenkommen, das die indischen Behörden den Vertretern der - Presse erweisen, habe ich das dunkelste Bombay bei Nacht s

kennen lernen können. Das Interessanteste waren die Opium- s

höhlen, die sich widerwillig auf das Gebot der Polizei hin s öffneten. Im dunkeln, schmutzstarrenden Flur beleuchteten i die Strahlen der Blendlaterne die leblosen Körper der Opfer .-

der Opiumsucht, die, in ihren Rausch verfallen, wie Holz- -

klötze in den Gang geworfen werden, um anderen Besuchern -

Platz zu machen. Raum an Raum, nein, Höhle an Höhle

schließt sich an, und dort hocken und liegen sie um die Pfeife geschart und saugen das verderbliche Gift ein. Für ein Anna, d. s. ca. 80- Pfg-, erhalten sie etwas dicke Opium- lösung, die sie mit einer Nadel an die Lampe bringen, dort eintrocknen taffen und in eine kleine Oeffnung der Pfeife stopfen. Alle Stadien der Wirkung des Opiumgenusses kann man sehen. Dieser ausgemergelte Lüstling, der bei jedem Zuge aus der Pfeife schmerzlich keucht und hustet, er will nichts anderes erreichen als wollüstige Träume, und gleich s ihiü verfolgen eine Anzahl anderer den gleichen Zweck. Die Mehrzahl aber in Bombay frönt dem Opiumgenuß lediglich aus ökonomischen Gründen. Zwei Stunden Schlaf nach dem Opiumrauchen ersetzen eine ganze Nachtruhe, und neu gestärkt kann die Arbeit wieder begonnen werden. Wie viele Jahre freilich, das ist eine andere Frage, denn der fortge­setzte Opiumgenuß zerrüttet das Nervensystem vollkommen. Nicht minder verbreitet wie das Opiumrauchen ist das Cocaiu- essen, das an Ausdehnung immer mehr zunimmt. Opium- und Cocaingenuß zu verhindern, ist ebensowenig möglich, wie man in Europa Alkohol- und Tabakgenuß unterdrücken kann.

Die englische Regierung sucht deshalb durch eine hohe Steuer den Genuß zu erschweren und gleichzeitig eine hohe Einnahme