1877.

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Unparteiische Lageszeituny und AnzsigeblaLt, verbreitet in den Gbsranrtsbezirken Nagold, FreudsnstaüL, Calw u. Nsuenbür«.

8t.

i Verlag u. Druck der W. Rieker'schen ! Buchdruckerei (L. Laul), Altensteig.

Donnerstag, LsL 26. Januar.

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TLgrspoli!ik.

aus unsere ZeitungAue- den Tanne«" sür sie Monate Februar und März werden soriwcchrenb cntgcgengeuvinmen.

«mtliches.

Die Doktorwürde hat erlangt bei der medizinischen Fakultät: H a n S V o g e l v o n A l l e n st e i g.

Zm L?. Samar.

Kaiser Wilhelm II. vollendet sein zweiundsünf-- zigftes Lebensjahr und ans allen Kreisen des deut­schen Volkes werden ihm die herzlichsten Glückwünsche dargebracht. Das Oberhaupt des deutschen Reiches steht im kräftigsten Mannesalter und wir können in aller Zuversicht hoffen, daß uns der Herrscher, der in zwei Jahren sein silbernes Regierungsjubi­läum feiert, noch lange erhalten bleibt. Kaiser Wil­helm I. war mehr denn dreiundsiebzig. Jahre alt, als er auszog zur größten Tat feines Lebens, in den großen Nationalkrieg, und dann lagen noch Jahre eines gesegneten Wirkens vor ihm. Unserem Kaiser ist sein größter Wunsch bisher erfüllt, ein Schirmer des Friedens sein zu können, und wir dürfen annehmen, daß er auch für sein ferneres Leben in Frieden walten wird. Die innige und aufrichtige Friedensliebe einigt Monarch und Volt zu treuer Gemeinschaft und die deutsche Nation er­kennt im Hinblick auf den Segen friedlicher Bürger längbeit -stets von neuem, was der Kaisec für uns getan hat. Vor allem schweigt zum 27. Januar der Streit des Tages. Wie der .Kaiser dem Bate.riande selbstlos ein mächtiges Blühen und Gedeihen er­sehnt, so erhoffen wir auch ihm reichen Segen sür fein Wirken und Walten. An Kaisers Geburtstag ziemt es sich, des Kaisers zu gedenken und seiner gerecht zu werden. Mag uns ein oder das an dere Wort, diese oder jene Handlung an ihm nicht gefallen haben, so müssen wir doch seine großen Vorzüge anerkennen. Wir stoßen bei ihm ans einen ausgeprägten Charakter voll freudiger Bejahung. Und das ist in unserem Zeitalter der Verneinung gerade bei dem Mann, der an der Spitze der Ge­schäfte Deutschlands steht, ein kostbarer Geivinn. Männer, die einem wahren Wirbelsturm von pessi mistischer Kritik, unfruchtbarer Nörgelei, durcheinan vermögender Unklarheit der Gedanken das Ja eines innerlich gefesteten Optimismus gegenüberstellen und deshalb schöpferisch Mitwirken zur Vollendung des immer komplizierteren, aber auch immer imposan teren Weltgewebes am fansenden Webstuhl der Zeit: solche Männer haben wir nötig, wie das liebe Brot! Und wenn irgend einer, so ist unser Kaiser dieser Mann! Es gibt kein Gebiet öffentlicher Tätigkeit, zu dem er nicht bejahend, befruchtend, fördernd und anfeuernd Stellung nähme. Und es gib! keine Schwierigkeit auf den Riesengebieten moderner For­schung, modernen Geistesweseus, moderner Prob leine, die er nicht mit dem vollen Einsatz seiner Persönlichkeit zu überwinden trachtete, nicht um mit den gewonnenen Resultaten als geistigem Privat besitz zu kokettieren, sondern um sie für das Wohl des Ganzen zu werten. Nur ein Mann von solch eminenter Bejahung konnte in unser»! Zeitalter des Materialismus z. B- .Millionen über Millionen fliif - sig machen für den Dienst freier Forschung auf dem Gebiete der Wissenschaften! Und nur ein Mann von derart innerster Bejahung alles Wirklichen und Wahrhaftigen konnte zu gleicher Fräst zu einem solch aufrechten Gottesbekenner, zu einem so verinner lichten Christen werden, daß er das Wort prägte: Nicht Glanz, nicht Macht, nicht Ehre, nicht irdi fches Gut suchen wir, wir lecljzen, wir flehen, wir ringen allein nach dein höchsten Gut, nach dein Heil unserer Seelen!" An Kaisers Geburtstag ein Stündchen wirklich dem Kaiser gewidmet, um ihm gerecht zu werden, und wir werden in ganz neuer Weise lernen, ihn um feines lauteren Mensch- tnms willen schätzen und verehren zu lernen.

SmtSSlski fSr MülzgrafkAwetler.

Mi.

An leitender Stelle in Berlin sind die Nach­richten über die Verbreitung der Pc st i n Osiasicn mit höcpsier Aufmerksamkeit verfolgt worden, eine Aenderung in den Reisedispositionen des Kronprinzen ist aber noch nicht beschlossen. Es wirst ein Erlöschen der Seuche zun- Frühjahr er­hofft. In Peking sind weitgehende Vorsichtsmaß­nahmen getroffen worden.

Die hvkländij ch e R egierung hält trotz al- ler Pariser u. Londoner Nörgeleien an ihrem Plan, den Vlissinger Hafen zu befestigen, fest; nur überden Umfang des Baues sind noch leine bestinmnen Ent­schließungen gerrofsen. Wenn man an der Seine und Themse meint, die Anlagen würden unterbleiben, und Deutschland sich darüber ärgern, so ist beides verkehrt. Auch wenn Rußland mit Frankreich und England in dieser Frage zusammengeht, was ja mög­lich, aber noch abzuwarten ist, kann das die Haupt­sache nicht beeinflussen, nämlich, daß die Holländer das Recht ihres freien Willens haben.

Wnrttembergischer Landtag.

Stuttgart» 2a. Januar.

Die zweite Kammer begann heute nachmittag in Gegenwart sämtlicher Minister die Generaldebatte znm Etat. Sie wurde, wie üblich, von dem Fi­nanzminister mit cinein Expose eingeleitet, das in­haltlich an den schon veröffentlichten Finanzvortrag anklang, aber doch auch manchen neuen Gedanken brachte, so die Erwartung, daß das Jahr l9IO einen Ueberschnß von mindestens .2 Millionen ergeben werde, uüd die Feststellung, daß ohne Zustande­kommen der Reichsfinanzresorm das günstige Etars- ergebnis nicht möglich gewesen wäre, weil dann die Leistungen an das Reich sich unerträglich gestaltet hätten. Der Minister betonte besonders das Be­streben nach weiser Sparsamkeit und die Notmen digkeit der Beanilengehaltsausbesserung, deren La­sten von; Lande geiragen werden könnten, aber auch an die Grenze der Leistungsfähigkeit gin­gen. Bezüglich der Deckungsfrage stellte der Mi­nister für den Fall der Ablehnung eines der Re- gicrungsvorschläge die Einführung der Poftzustel lungsgebühren für Pakete und Postanweisungen in Aussicht. Bei Erwähnung der Staatslotterie erhob sich im Hanse vielfacher Widerspruch. Der Minister ecemplificierte aber ans die Beliebtheit der Lotte­rien bei den berufenen Hütern der Moral: den Kir chen. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker ergänzte die Ausführungen des Finanzministers in zwei Rich­tungen: er sprach über das Arbeitsprogramin'der Regierung und über die Stellung des Gesamtmini­steriums zur Gehaltsordnung. Die in Aussicht ge­nommene Vereinfachung der Staatsverwaltung soll eine jährliche Ersparnis von 2 578 000 Mark erge­ben, wovon l 806 000 Mark allein Pis sein Res­sort entfallen. Daß wir nicht am Ulten hängen, geht aus dem Vorschlag der Aufhebung des Ge Heimen Rats hervor, einem Vorschlag, der in der Oefsentlichkeit noch gar nicht genügend gewürdigt worden ist. Die Aufhebung soll erfolgen, weil der Geheime Rat aus konstilutionellen Gründen neben dem verantwortlichen Staatsministerium nicht mehr haltbar ist. Die Aufgaben, die den württ. Staat auch nach der Verabschiedung des Etats und der Gehaltsordnung erwarten, sind durchaus nicht klein und nicht leicht und leider kostet, wenigstens im öffentlichen Leben, alles Geld. Zunächst müssen wir für unsere Beamten sorgen: damit verlieren wir das Endziel, die Förderung der Kultnranfgaben, nicht aus dem Auge. Ich verteidige die wahren Interessen unseres engeren Vaterlandes, wenn ich sage, io wie bisher dürfen unsere Beamten gegen­über denen des Reiches nicht zurücksteheu. Bei den einzelnen Wünschen der Beamten darf die Rücksicht auf das Ganze nicht außer Acht bleiben. Die Ge­

haltsordnung muß als Ganzes znstandekommen und darf aus sozialen Gründen bei den höheren Beam­ten, zumal da für -sie nur 200 000 Mk. gefordert werden, nicht haltmachen. In der staatstrenen Hin­gebung der Beamten liegt das beste Fundament, auf dein unsere Zukunft beruht. Leicht ist die Aus­gabe des Beamten heutzutage nicht. Sein Ver­trauen, daß Regierung und Stände aus Gerechtig­keit die materielle Sicherstellung seines Lebens in die Hand nehmen, darf nicht getäuscht werden. Mit der Gehaltserhöhung sür Geistliche und Bolksschul- lehrer erfüllen Sie eine kulturelle Aufgabe. Ich kann allerdings verstehen, wenn Ihnen und dem Lande die Deckungsfrage Sorge bereitet. Der Minister erinnert an die Reichsgründnng und die Entwickelung des Landes als Glied des Reiches! in den letzten vierzig Jahren und betont: Wer die Zutuns! des Reiches nur ans direkte Steuern ba­sieren will, verlangt die Einschlagung eines Weges, dessen abschüssige Bahn auf den Einheitsstaat zu­führt. Ich halte mich für verpflichtet, hierauf um so nachdrücklicher hinzuweisen, als schließlich die Stei­gerung der direkten Steuern des Landes auch ihre Grenzen haben muß. Wenn die württembergifche Regierung gegen die Reichsfinanzxeform so man­ches schwere Bedenken halte, so muß ich doch an­erkennen, daß die große Reichsfinanzreform der kleinen Finanzreform unseres Landes die Wege geebnet hat. Niemand kann bestreiten, daß der Wohlstand des Landes im ganzen genommen heute größer ist als jemals zuvor. Der Minister gibt zu, in der Beurteilung der Finanzlage früher zu pessi­mistisch gewesen zu sein und meint: Es ist wohl über­haupt nicht empfehlenswert, wenn ein Minister schwarz sieht: er soll auch nicht in den Fehler ver­fallen, die Zukunft zu rosig zu sehen. Am besten ist es, wenn er die Verhältnisse schwarz-rot d. h. württembergifch sieht. (Heiterkeit.! Wird es auf der aufsteigenden Linie weitergehen 2 Ich gebe mich da im Hinblick auf die wirtschaftliche Kraft des Landes einem mäßigen Optimismus hin. Zum Schluffe gebe ich der Ueberzeugung Ausdruck, das Land hat die Mittel, seinen Beamten zu geben, was ihnen von rechtswcgen gehört. Ich bitte Sie, diese Ueber- zengung mit uns zu teilen und diejenigen Opfer zu bringen, die das Wohl des Landes erfordert. Die Beratung wurde hierauf nach fünfviertelstün­diger Dauer abgebrochen, um den Fraktionen Zeit zn Besprechungen zu geben. Morgen Fortsetzung».

Deutscher Reichstag.

Berlin, 25. Januar.

Der Präsident eröffnte die Sitzung um 1.28 Uhr. Die zweite Lesung des Zuwachsfteuergcsetzes wird bei Paragraph 5l (über die rückwirkende Kraft! fortgesetzt. Znfammenberaten werden damit die Pa­ragraphen 51a und 56b (Wegfall des Stempel-, zuschlags! und Paragraph 57 (Inkrafttreten des Ge­setzes. Staatssekretär Wermuth: Diese Bestim mungen bilden den Angelpunkt des Gesetzes in sei­ner Bedeutung für die Sanierung der Reichsfinan­zen. Der Bedarf, der durch die Zuwachssteuer gedeckt werden soll, steht im Etat. Es sind nicht nur die Veteranen, um die es sich handelt, sondern in er­ster Linie die Heeresvorlage und diese ist wichtiger als die Veteranen. Von ihr hängt unsere Zukunft ab. Würden die Veteranen im Gesetz berücksichtigt, so würde man sie abhängig machen von den jewei­ligen Einkünften. Es können durch das Gesetz wohl Beiträge für sie geschaffen werden. In erster Li­nie muß aber dafür gesorgt werden, daß der Etat balanziert. Eine Erhöhung des Umfatzstempels vor dein l. April 1914 ist nicht angängig. Die Heeres- vorlage gilt für fünf Jahre. Wir müssen daher für Deckung sorgen für längere Zeit, und dazu ist das einstweilige Nebeneinanderbestehen beider Ab gaben notwendig. Es handelt sich um einen Gesamt­plan für die nächsten Jahre, und man soll an die ­sem Gesamtplan nicht rütteln. Graf Westors» Toni. : Wir sind mit dem Staatssekretär durchaus