,! Stuttgart, 3l. Jan. Die Rheinische Kredit bank/die bekanntlich das ganze Areal der abge brochenen Legionskaserne angetanst hat, bat jetzt den letzten, zirka 880 Quadratmeter großen Ban platz Ecke Tübinger und Kleine Königstraße an eine Aktiengesellschaft für 485 000 Mark verkauft. Mit der Bebauung soll sofort begonnen und in dem umfangreichen Neubau ein Lichtspieltheater, ein Auto matenrestaurant und ein Cafe eingerichtet werden, während die übrigen Stockwerke als Büro und,' Lagerräume dienen sollen. Die Bauleitung wurde der Architektensirma H. und A. Storz übertragen.
Stuttgart, 21. Jan. Am 20t Jan. dieses Jahres werden es >00 Jahre, daß. der Stadt Statt gart mit den 6 andern guten Städten vom König das Prädikat: „Unsere gute Stadt" verliehen wurde. Die diesbezügliche Kgl. Verordnung lautet:
Königl. Majestät haben vermöge allerhöchsten Re scripts, d. d. 20. Januar atlergnädigst zu verord nen geruht, daß. folgende Städte des Königreichs, wenn ihrer in Rescripts oder sonst in Al lerhöchst Dero Rahmen Erwähnung geschieht, das Prädikat: „Unsere gute Stadt" erhalten sollen, nämlich: Stuttgart, Lndwigsburg, Tübingen, Elt wangen, Ulm, Heilbronn und Reutlingen."
js Auf der mit Glatteis bedeckten Straße von Besigheim nach Löchgau fuhr ein Automobil in ra sendem Tempo auf ein Fuhrwerk auf, dessen Len ker zwischen Pferd und Wagen geworfen und schwer verletzt wurde. Das Automobil stürzte um, doch blieb der Chauffeur unverletzt.
I. In Bietigheim fuhr beim Rodeln der 27 Jahre alte Gottl. Neusfer mit voller Wucht auf einen quer über die Straße gespannten. Draht, sodaß er sich die Mundwinkel auf beiden weiten zerschnitt.. Die schwere Verletzung mußte vom Arzt genäht werden. Ob es sich um einen herabgefallenen Telegraphendraht oder um einen von gemeiner Bubenhand gespannten Draht handelt, wird die Untersuchung ergeben.
Ij Lcutkirch, 22. Jan. An dem erst in diesem Sommer neu errichteten Anbau an die Scheuer des Müllers Dagobert Kimpfler in Gospoldshofen ist unter donnerähnlichem Krachen plötzlich der Dachstuhl eiugestürzt. Wie es scheint, war er der Last des darauf liegenden Schnees nicht gewachsen. Zum Glück wurde niemand von den Trümmern getroffen. Der Schaden ist beträchtlich.
ü Vom Bodensee, 2l. Jan. Der für Friedrichshafen als Fremdenstadt längst schon als ein dringendes Bedürfnis empfundene Bau eines Gon- delhafens erhält nun auch von anderer Seite einen kräftigen Anstoß. Eine Anzahl Sportsleute hat sich, laut „Konstanzer Nachrichten", zusammengetan, um in diesen Tagen in Stuttgart über die Gründung eines württembergischen Nachtklubs und im Zusammenhang damit auch über die Anlegung eines Gondelhw s und das Projekt einer Uferstraße zu berate- <o:e verlautet, steht für die Anlage der Qnaiskraße bereits eine namhafte Stiftung in Aussicht. Da auch die bürgerlichen Kollegien vor wenigen Tagen die Errichtung eines Gondelhafens auf das Programm gesetzt haben und da ferner die Knr- gartenhotelgesellschaft ein starkes Interesse an der Ausführung der Uferbauten an den Tag legt, so ist nicht daran zu zweifeln, daß die allerdings mit großen Kosten verbundenen Projekte in einer nahen Zeit werden verwirklicht werden.
Der Farmer in Südwest.
In der .Franks. Ztg." veröffentlicht ein Mitarbeiter folgende interessante Schilderung der sndwestafrikanischen Siedelungs-Verhältnisse.
Wohl das Ideal der meisten, die in das Schutzgebiet übersiedeln wollen, ist der Besitz einer Farm, nicht zum wenigsten aus einem ansgeprägten Unabhängigkeitsgefühl heraus. Will man aber ein Bild von dem Farmerleben entwerfen, so muß man gerecht Licht und Schatten verteilen, und es wäre unverantwortlich, der Heimat nur von den Vorteilen, der Freiheit und Ungebundenheit zn. erzählen, — wie dies leider so oft geschehen ist — ja überhaupt einen Menschen zu überreden suchen, ein Farmer in Südwest zu werden. Nur der persönliche Wunsch und das Vertrauen auf die eigne Kraft können hier entscheiden.
'Als ich im Sommer 1907 zum ersten Male auf der kleinen Staatsbahn die Reise von der Küste nach Windhuk zurücklegte, sah ich vom Eisenbahnfenster aus zwischen den knorrigen Ana- und Kameldornbäumen der Steppenlandschaft das Dach eines Wellblechhauses auflauchen. .Das ist eine schöne Farm/ sagte man mir. Ich riß die Augen auf. „Farm? Dieser Schuppen hier?' fragte ich verwundert. Ich steckte damals noch zu sehr in den heimatlichen Begriffen von einer südwestafrikanischen Farm, die man sich gerne wie ein deutsches Landgut vorstellt. Es ist nicht angängig, hier Vergleiche zu ziehen. Man muß vielmehr immer daran denken, daß man in Deutschland auf dem Grundstein der Vergangenheit bauend und von europäischer Kultur umgeben, sich mit Leichtigkeit alle Errungenschaften der Neuzeit dienstbar machen kann, und daß sich ferner hier Viehwirtschaft und Ackerbau gleichwertig gegenüber stehen. In dem Viehzuchtlande Südwestafrika muß man dagegen mit den allerursprünglichsten Arbeiten beginnen.
Eine Rede Vassemanus iu Stuttgart.
st Stuttgart, 22. Jan. Der Jungliberale Verein und die Nativnalliberale Parrei Stuttgart begingen heute nachmittag im reichgeschmückten Keft- >aat der Liederhalle eine R e i ch s-G r ü n d n n g s- und B ismarck - F ei e r, die sich eines überaus zahlreichen Besuchs zu erfreuen hatte. Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Vorsitzenden des Jungliberalen Vereins, Ahner, die mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Kaiser und König schloß, hielt Reichstagsabg. Bass ermann, stürmisch begrüßt, die inhaltsreiche Festrede. Nachdem er für den ihm bereiteten freundlichen Empfang gedankt hatte, erinnerte er an seine persönlichen Beziehungen zur deutschen Partei. Enge, Freundschaft habe ihn svwohl mit Gustav Siegle wie mit Hieber verbunden. In den jetzigen Tagen heftigen politischen Kampfes, sei es für ihn schwer, Festreden zu halten. Reichsgründung und Bismarckgedentfeier. Welch ein Kontrast zwischen jenen Stunden nationaler Erhebung und der heutigen Zeit. Der Unterschied sei aber zn begreifen-- Im Leben der Völker wechseln die L>!immnngen., Es wechseln traftvolle Persönlichkeiten mit Durch- schnlttsnaturen. Heute, wo solche Dnrchschnittsna- turen führen, findet sich das Spiegelbild in den Parlamenten. Mit 1.87 l schließt die Periode des Tiefstands der deutschen Politik ab. Dann gab Redner in kurzen Umrissen eine anschauliche Darstellung der Entwicklung der Zustände Deutschlands von der Schaffung der starten preußischen.Monarchie Friedrichs des Großen, den man den heimlichen Kaiser Deutschlands genannt habe, bis znm Zusam menbruch Preußens durch die Schlachten von Jena und Auerstädt, wo die Armee versagte. Die Wiedergeburt erfolgte durch den liberalen Gedanken, der die großen Reformaroren Preußens erfüllte. Dann kam die Zeit, da die deutschen Fürsten ihre Zeit nicht verstanden und die Kabinette unter dem Einfluß Metternich's, des Vaters der Reaktion, standen. Damals war es die deutsche Jugend allein, die Turner und Burschenschafter, die sich für Deutschlands Einheit und den liberalen Gedanken begeisterten. In den fünfziger Jahren begann die Aera Bismarck, der der größte der Deutschen geworden ist. Er löst? die Frage des deutschen Dualismus. Eingeleitet wurde die Aktion durch die schles- weg-holsteinische Frage, deren Lösung vielleicht Bismarcks ge m alst? Tat auf dem Gebiete der Diplomatie war. In dieser großen Zeit erschien dann auch Rudolf von Bennigsen auf dem Plan. Sein Streben war darauf gerichtet, eine nationale Monarchie auf liberaler Grundlage zu schaffen. Bismarck aber überwand dis Ohnmacht Deutschlands durch Blut und Eisen. D^r Kampf mit Oesterreich wurde eine nationale Notwendigkeit. Die Errungenschaften der Jahr? 1870 71 sind aber erst Bismarck's eigentliches Werk und des deutschen Volkles, das den Boden dazu vorbereitet hatte. Durch die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für den Reichstag vollbrachte er die größte liberale Tat. Dadurch gewann er das Volk. So ist er ein Großer, ein Heros unseres Volkes geworden, wie Luther, der von Professor Spahn, also aus ultramontanem Munde, jetzt gepriesen wird. Luther und Bismarck sind die Befreier Deutschlands im Kampfe für die Geistes- sreihei! gewesen. Bassermann kam dann in mar-
Jch habe in den letzten drei Jahren eine große Anzahl von Farmen in unserer Kolonie kennen gelernt und konnte überall einen erfreulichen Fortschritt im Wirtschaftsleben wahrnehmen. Tie Aufstandsjahre Hallen es lahm gelegt; die Farmer mußten ihren ausblühenden Wirtschaftsbetrieb im Stich lassen, ihre Farmen wurden zerstört und niedergebrannt, ihr Vieh abgetrieben, ihre Brunnen verschüttet. Kaum war jedoch der Friede wieder heraestcllt, ja schon vor diesem Zeitpunkte zog es die Verdrängten in das Land zurück, wo sie alles verloren hatten. Zwei, dreimal haben sie von Neuem an dem Wiederaufbau ihrer Existenz gearbeitet, kein. Fehlschlag schreckte sie zurück. Es ist vorgekommen, daß alleinstehende Frauen, deren Männer und Kinder vor ihren Augen hingemordet waren, dieses Land, an das sie die schmerzlichsten Erinnerungen knüpften, nicht losließen; mit Gewalt zog es sie dahin zurück und im Sinne der Verstorbenen arbeitend, begannen sie oft ohne männliche Unterstützung, das Zerstörre wieder aufzubauen. Ein Land, das eine solche Anziehungskraft ausübt, kann nicht wertlos und aller Aufwendungen unnütz sein. Heute blüht überall neues Leben aus den Ruinen. Mit Hilfe der vom Reichstag bereitwilligst zur Verfügung gestellten Entschädigungsgelder hat sich schon mancher Farmer zu einigem Wohlstand durchgerungen.
Tie Hauptaufgabe des Farmers ist es, seine Farm zu bestocken, das heißt sich einen möglichst großen Grundstamm von Vieh zuzulegen. In den ersten Jahren kann er noch nicht mit Verdienst rechnen. Erst wenn sein Vieh sich hinreichend vermehrt hat, setzen die pekuniären Erfolge ein. Die Regierung tut ihr Möglichstes zur Förderung der Vieheinfuhr durch Erteilung von Prämien und Zahlungserleichterungen. So ist z. B. die Zahl des Rindviehs in einem Jahr um 23 800 Stück gewachsen, die der Fleischschafe sogar um etwa 88 000. Wachsendes Interesse ist
kanten Worten auf die Reichsgründung zu sprechen^ Es seien glänzende Tage, die wir feiern, oie aber auch wert sind, gefeiert zu werden. Tage nationaler Trauer kamen mit dem Heimgang Kaiser Wil- helm's I. und Kaiser Friedrich's III., einer herrlichen Lichtgestalt. Der trübste Tag seit 40 Jahren sei aber die Abdankung Bismarck's gewesen und bei feinem Tode ging ein Raunen durch die Völker, es schien, als wollte die Weltgeschichte ehrfurchtsvoll einen Augenblick Halt machen. So schloß mit ihm seine Geschichte, aber sein Geist weilt noch heute unter uns. Noch ist unser Volk nicht reif geworden, die Sozialdemokratie und den Ultramontanismus zu überwinden, die Freiheit ist noch nicht überall errungen. Die vergangenen 40 Jahre seien Jahr? des Lernens n. der Erziehung gewesen. Bismarck hat uns erzogen u. wir haben gelernt, was Macht u. Einigkeit bedeutet u. eine starke Monarchie. Deutschland ist mit seinem starken Heer und seiner Flott? ein Hort des Weltfriedens geworden, der koloniale Gedanke hat sich dnrchgerungen, Industrie, Handel und Landwirtschaft blühen. Jetzt gilt es/ den liberalen Geist zu beleben und einen starken Liberalismus zu fordern, das rechte Mittel zur Bekämpfung der sozialdemokratischen Gefahr. Einer- starken Monarchie hängen wir an und wir gedenken heute, was das soziale Kaisertum für die arbeitenden Klassen geleistet hat. Redner schloß mit wirkungsvollen patriotischen Worten und brachte ein Hoch auf das deutsche Reich ans. Die ganze Versammlung jubelte minutenlang Bassermann zu. Später widmete Dr. Wölz noch dem Andenken BiD- marck's tiefempfundene Worte und Senatspräsident Dr. von Elsäßer brachte ein Hoch auf die deutsche Jugend, das deutsche Heer und die deutsche Flotts ans.
Ans dem Reiche.
js Pforzheim, 21. Jan. Während des letzten Streiks belästigten der Goldarveiter Friedrich Reich- stetter und der Goldarbeiter Engijch von Engelsbrand auf der Landstraße einen Arbeitswilligen, beschimpften ihn und stießen ihn in den Straßengraben. Reichstetter erhielt 3 Tage und Engisch 4 Tage Gefängnis. I
st Tarmstadt, 22. Jan. Heute nachmittag um 3 Uhr wurde der verunglückte Kommandant des U 3, Kapitänleutnant Ludwig Fischer, zu Grabe getragen. Auf dem Friedhof und in den anliegenden Straßen hatte sich eine Menge von über 10 000 Personen eingefunden. '
st Berlin, 22. Jan. Das Krönungs- und Ordensfest wurde heute iu gewohnter Weise im Kgl. Schloß gefeiert. Gegen halb 12 Uhr begrüßten die Majestäten die anwesenden Fürstlichkeiten und begaben sich dann im feierlichen Zuge nach dem Rittersaale, wo die neuen Ritter vor ihnen defilierten. Sodann fand die Vorstellung der neudekorier- ten Damen statt.
st Berlin, 22. Jan. Das Militärwochenblatt meldet: Der Kaiser verlieh n. a. den Roten Adlerorden 2. Kl. dem kgst.württ. Generalmajor Frhr. v. Walter, Kommandeur der 56. Jnf.fBrigade (Ra-
auch für die Angoraziegen-, Perser-, Fettschwanzschaf- und Wollschafzucht vorhanden ; auch w rd Schweinezucht getrieben, und man unternimmt Versuche mit Karakulschafen. Man hofft etwa 3 Millionen Rinder und 20 Millionen Stück Kleinvieh in Südwestafrika ernähren zu können, ein Plan, der sich wohl auksiihren lassen wird, denn die alten Tamaras haben in früheren Zeiten doch schon Millionen von Rindern auf ihren Steppenländern weiden lassen.
Der Pferdezucht wird große Aufmerksamkeit geschenkt.
Die Kreuzungen zwischen Afrikanern und importierten Voll- und Halbblüten haben sich als zweckmäßig erwiesen. Das Regierungsgestüt Nanchas stellt den Farmern mehrere Hauptbeschäler zur Verfügung, außerdem hat die Zentralverwaltung daneben noch 17 Landbsschäler aufgestellt. Besonders im Süden, der als fast sterbefrei gilt, wird die Pferdezucht eine ^ Zukunft haben. Aber auch auf sterbefreien Farmen in der : Mitte des Schutzgebietes betreibt man die Pferdezucht mit Erfolg. So habe ich auf der Farm Clarathal 160 edle Pferde in den Krälen gezählt; die Remonten werden an das Gouvernement. die Schutztruppe und Landespolizei abgegeben. Der ! Preis für Pferde ist sehr verschieden. Im Damaralande wird ! man unter 800 Mark kaum ein Pferd von besserer Qualität erstehen können, während man für einen erstklassigen Zuchthengst 2000 bis 30r 0 Mark anlegen muß. Im Süden, z. B. im Bezirk Lüderitzbucht, sind die Pferde wesentlich billiger, der Durchschnittspreis beträgt 500 Mark. Besonders wertvoll ist ein Pferd, das „gesalzen" ist d. h. die Sterbe erfolgreich überstanden hat.
Sogar die Fischzucht wird an einigen Orten betrieben. Man hat vor mehreren Jahren in Neudamm etwa 40000 Karpfen und Schleie ausgesetzt, die von hier aus an Orte abgegeben werden, wo sie die nötigen Lebensbedingungen vorfinden. In Bienenzucht und Seidenraupenzucht sind ' bisher nur vereinzelte Versuche angestellt worden. Dagegen