einzustellen. Aus Grund eingehender Erwägung der in Betracht kommenden Verhältnisse, namentlich auch unter Berücksichtigung der bisher gemachten Ersah rungen, glaubt das Justizministerium die Frage be sahen zu sollen. Bon erheblicher Bedeutung für diese Stellungnahme ist hiebei der. Umstand, daß im Falle einer Zerstörung des Grundbuchs bei Fest stcllung der Eigentumsverhältnisse an den Grund Meten die nach Paragraph >27e der Aussührnngs bestimmungen zu Tarifnummer l l des Reichsstem pelgejetzes vom lö. Juli 1909 zu fertigenden Nach Weisungen der Grundstücksübertragungen in weitem Umsange herangetreten werden tonnen, da diese Naclnveisungen in einer Ausfertigung außierhalb des Rarhauses bei den Bezirkssteuerümtern verwahrt werden und von dem Finanzministerium Einleitung getroffen werden wird, daß. dieselhen, wenn sie für die Steuerbehörden entbehrlich geworden sind, den Amtsgerichten zur Aufbewahrung übergeben wer den. Das Justizministerium hat deshalb eine entsprechende Verfügung entlassen.
* Stuttgart, 5. Nov. Die Junge Voikspartei Stuttgart hatte kürzlich in einer ihrer Versammlungen eine Erklärung beschlossen, welche die Reichsregierung ersucht, alle zürn S chutzder bedrängten Landsleute in Palästina notwendigen Maßregeln mit Entschiedenheit unverzüglich zu ergreifen. Das Auswärtige Amt hat nunmehr darauf geantwortet, daß seitens der kaiserlichen Regierung alles geschieht, damit den Deutschen in Palästina der erforderliche Schutz gewährt werde.
st Stuttgart, 5. Nov. Ein aufregender Vorfall spielte sich heute vormittag im Sitzungssaal des Schöffengerichts ab. Der wegen Hausfriedensbruch angeklagte ledige Taglöhner Jmanuel Trantwein von Degerloch spielte den wilden Mann. Er fing während der Verhandlung zu schreien und toben an, warf einen Stuhl in den Zuhörerraum und konnte nur mit Mühe überwältigt werden. Dabei biß er einen Schutzmann und den Gerichtsdiener in die Hand. Die Verhandlung mußte unter diesen Umständen abgebrochen werden.
i Beutelsbach, LA. Schorndorf, 5. Nov. Gestern nacht ist die noch gefüllte Scheuer des Kronenwirts total niedergebrannt.
st Eßlingen, 6. Nov. (Hochherzige Stiftung ) Ein schönes Denkmal hat sich die Witwe des verstorbenen Arztes Dr. Salzmann gesetzt, indem sie ein Gebäude inmitten der Stadt als Pflegestätte für kleine Kinder der Arbeiterbevölkerung ein- ^richten ließ, deren Mütter genötigt sind, den Tag über außerhalb des Hauses Arbeit zu suchen. Die sämtlichen Unterhaltungs- und Berpflegungskosten werden von der edlen Wohltäterin selbst bestritten. Die Räume bestehen aus Kinderzimmern, Badestube, Schlafraum, Garderobe, Küche, schön angelegter Terrasse, die in den für die Kinder bestimmten Garten führt, sowie den Wohnungen für die Pflegerinnen Alles ist neuzeitlich mit Gas, Warmwasserheizung usw. versehen.
- Heilbronn, 6 . Nov. (Gräberfund.) Beim Graben der Kanalisation für eine Fabrik in Sontheim sind mehrere männliche Skelette blosgelegt worden. Da ein Teil der Fabrik früher dem Dsutsch- orden gehörte, ist anzunehmen, daß es sich um eine Begräbnisstätte aus jener Zeit handelt.
Crailsheim, 5. Nov. In Grimms chw indem bei Schnellbars sind ein Wohnhaus und zwei
Scheunen der Besitzer Dollinger und Schöll ein- geäschert worden.
s Mergentheim, 6. Nov. Unfall. In Creg- lin gen hat sich bei der Feuerwehr-Hauptprobe ein schwerer Unfall dadurch ereignet, daß der auf der Hauptleiter mit dem Lwritzenschlauch stehende Gärtner Herbert abstürzte und lebensgefährliche Verletzungen erlitt. Wie es scheint, haben die Mannschaften, die den ruhigen Stand der Leiter zu überwachen hatten, einen verhängnisvollen Fehler gemacht.
st Göppingen, ll. Nov. Heute nacht vier Uhr ist das bekannte Zigarrengeschäst von Schmied beim Hotel „Sand" mit dem angebauten Kolonialwarengeschäft von Bauer durch ein Schadenfeuer völlig zerstört worden, obgleich der Löschzug und die gesamte freiwillige Feuerwehr rasch zur Stelle waren Der Schaden ist sehr bedeutend. Die Entsteh nngsnrsache konnte noch nicht ermittelt werden. Da mit sind wieder zwei alte Gebäude, von denen das letztere Eigentum der Stadt war, in der verkehrsreichen Marktstraße gefallen. Die beiden Nackbar gebäude, zwei Hotels, konnten dank dein energischen Eingreifen der Feuerwehr gerettet werden.
r Geislingen a. St., 5. Nov. Ein eigenartiger Streich wurde der hiesigen Gaswerksverwaltung gespielt. Seit Legung der Gasleitung nach Altenstadt wurden dort über schlechten Gasdruck immer stärkere Klagen laut. Nach mehrfachen nur erdenkbaren Aenderungen kam man nun bei Aufgraben einer Leitung daraus, daß oben bei der Einführung in die Markung Altenstadt in einer Hauptröhre der Kittel eines inzwischen nach Amerika abgereisten Monteurs steckte. Nach Entfernung dieses Nebels funktioniert jetzt die Gaszuleitung gut!
s> Ulm, 5. Nov. Heute vormittag fand hier die feierliche Einweihung der evangeli- s chen G a r n i s o ns kir ch e statt. Gegen 10 Nhr trafen der König und die Herzöge Robert und Ulrich, sowie der Kriegsminister und der Minister des Kirchen- und Schulwesens nebst Gefolge ein und begaben sich vom Bahnhof sofort zur Garnisvnskirche. Vor dem Hauptvortal des Gotteshauses hatte die Generalität, die Geistlichkeit, Behörden usw. Aufstellung genommen. Garnisonspfarrer Hartmann begrüßte den König. Darauf hielt Professor Dr. Fischer, der Erbauer der Kirche, an den König eine Ansprache und führte aus: „Eure Majestät, lebendig und stark ist nur, was sich entwickelt, so das Heer, so die Kirche, und so auch die Kunst. In schwäbischen Landen genießt die Kunst unter königlichem Schutz mehr als anderswo eine Freiheit der Entwicklung, für welche wir Künstler aus tiefstem Herzen dankbar sind. Aber was in der Entwicklung ist, kann nicht vollendet sein. Wenn unsere Kräfte an diesem Werk in manchem versagt haben, bitte ich Eure Majestät, bei Ihrem Einzug das allergnädigst in Acht nehmen zu wollen." Nach den Worten des Professors Fischer betrat der König mit den Herzögen die Kirche, unter Voranstritt der gesamten evangelischen Geistlichkeit, und nahm vor dem Altar Platz. Dann begann der Gottesdienst mit einem Chorgesang. Feldprobst Blum hielt di? Weiherede, in der er dem König für iein Erscheinen dankte, allen Förderern des Werkes, dem König, den Behörden, dem Baumeister und dm Arbeitern 'einen Dank ansdrückte und die Kirche in ! den Schutz des Höchsten empfahl. Die Festvredigt
Die Liebe scheint der höchste gller Triebe,
Das wissen selbst die Blinden und die Tauben; Ich aber weiß, was wenig Menschen glauben,
Daß wahre Freundschaft schöner ist als Liebe.
Platen.
Der Frawose.
Erzählung aus der neuesten Zeit von M. Reinhold.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Das Uebermaß der Scheltworte gab Frau Rvse ihre Energ'.e zurück. „Alle beide seid Ihr nicht gescheut", wetterte sie, „aus der Maus einen Elephanten zu machen. Was tuts denn, wenn ich mit dem Menschen ein paar Mal getanzt habe? Davon gehr die Welt nicht unter. Basta'."
Ihr Mann tanzte wie ein Indianer auf dem Kriegspfad um Rose herum. „So! Ein paar Male herumgetanzt, weiter nichts! Wenn Du tanzen willst, dann bin ich da, verstanden? Erft komme ich, als Dein Mann, und dann kommen solche Herumtreiber und Vagabunden und Langnnger immer noch nicht."
„Zum Tanzen willst Du da sein," höhnte Frau Rose ihren Mann aus. „Ja, Du bist mir der Rechte. Wenn ich auf Dich mal warten will, um ein bischen vergnügt zu sein, dann kann das von Ostern bis Weihnachten dauern. Du sitzt hinterm Ofen oder bei Deinen Kacken. Wundere mich, daß Du überhaupt zu mir damals hingekommen bist, um zu sagen, daß wir uns heiraten wollen."
„Hättest mich ja nicht zu nehmen brauchen," tobte Karl Wuddicke jun.
„Gescheidter hätte ich auch getan, ick hätte mich nach einem andern nmgesehen," gab Frau Rose grob zurück. „Was, ich lasse es hier an nichts fehlen, quäle mich von früh bis spät, spare, wo ich kann, und dann macht Ihr solchen Lärm, wenn ich mal ein halb Stündchen vergnügt bin?"
Die beiden Wuddickes sahen einander an. Auf den Sohn wie auf den Vater hatten diese resoluten Worte doch gewirkt. Aber mit solchem Kerl durstest Tn doch nicht tanzen," rief Rose's Mann; aber es klang schon bedeutend ruhiger. Schließlich brauchten doch nicht alle Dorfnachbarn draußen vorm Festster noch groß etwas zuzuhören haben.
„Von einem Kerl sprichst Du?" erwiderte die Rose nun erst recht laut. „Nimm' doch blos Deine Zunge in acht, schwatz' nicht alles nach, was die Leute Dir da Vorreden. Und auch Du, Vater, solltest kein Wort reden. Du hast den fremden Menschen selbst ins Haus geladen und Kamerad genannt. Und jetzt soll es gleich ein Verbrechen sein, daß ich ein paar Male mit ihm getanzt habe? Ihr seid mir alle beide wirklich die Rechten. Paßt nur auf, wenn der „Franzose" wieder hierherkommt, dann könnt Ihr etwas erleben." Frau Rose vergaß in ihrem Eifer ganz, daß sie unterwegs erst gewünscht hatte, der Fremde möchte nie in das Haus ihres Schwiegervaters gekommen sein, und nie widerkehren.
„Der sollte wieder Herkommen," lachte Karl Wuddicke, aber seine Stimme klang immer weniger frei; „den behalten sie hinter Schloß und Riegel, das wirst Du sehen," rief er in heimlichem Frohlocken.
„Das werde ich allerdings sehen," versetzte Rose, und als der Schwiegervater zum Guten zu reden begann: „Nun seid doch man endlich blos ruhig!" — da ging sie schweigend
hielt Garuijonspsurrer Hartmann. Nach einem Gemeindegesang fand die Taufe des Kindes eines Un- terosfizters statt. Der König, der Patenstelle übernommen hatte, hielt das Kind, das den Namen Wilhelm erhielt, über den Taufstein. Mit einem Schlußgebet, Gesang und dem Segen des Feld- prvbsts fand die Feier ihren Abschluß, Unter Führung von Professor Fischer besichtigte der König nunmehr die Kirche und ließ, sich von Professor Sölzel und Professor Speyer die von ihnen gemalten Bilder erläutern. In der Vorhalle verteilte Seine Majestät verschiedene Ordensanszeichnungen so an den Baumeister Professor Fischer, an Architekt Brill, den Bauleiter und Garnisonspfarrer Hartmann, welch letzteren: außerdem vom Kaiser der Rote Adlervrden 4. Klasse verliehen wurde. Gegen halb IS Uhr verließ der König Pie Kirche wieder und kehrte um 12.05 Uhr nach Stuttgart zurück.
st Ulm, 6 . Nvv. Als drei Arbeiter an her Brückenstelle beim Gänstor mit Arbeitsmaterial vom bayerischen Ufer über die Donau fuhren, wurden sie infolge falscher Rndermanöver vor ein Pfahljoch getrieben. Der Kahn kippte um und alle drei sielen ins Wasser. Während der eine am Pfahljoch, der andere am Kahn einen Halt fand, wurde der dritte von den Wellen des hochgehenden Flusses verschlungen. Seine Leiche ist noch nicht gesunden. Die beiden anderen kamen mit einein kalten Bade davon, da sie bald von Schiffern geborgen waren.
st Biberach, 5. Nov. In einem der Dachstühle der aneinandergebauten, mit zwei Dachfirsten versehenen Wohnhäuser, Nummer 4 und 5 am Weberberg brach Feuer aus. Das Feuer konnte auf seinen Herd beschränkt werden. l
st Vom Oberland, 5. Nov. Bei der herrschenden Dienstbotennvt machen Knechte den Versuch, auch die Einkommensteuer ans den Bauern abzuwälzen. Der Bauer zahlt bekanntlich schon Jahre her die ganzen Beträge für die Krankenkassen und die Alters- und Invalidenversicherung.
ss Ravensburg, <>, Nvv. Das Unglück in der Bleicherei Weissenau ist, wie die jetzt abgeschlossene Untersuchung ergeben hat, darauf zurück- zusühren, daß an einem im Betriebe befindlichen Dampfkvckkefsel das Dampfrvhr explodierte. 'Sein mit einer Krahnenkeite an der Decke befestigter schwerer Deckel hat diese hernntergerissen und so ist das ganze, offenbar etwas leicht gebaute Gebäude eingestürzt. Zwei weitere Kessel wurden zertrümmert. Einer davon explodierte ebenfalls und trug zur Zertrümmerung des Gebäudes bei. Die drei verletzten Arbeiter, die hauptsächlich Brüche und Brandwunden erlitten haben, befinden sich außer Lebensgefahr. Die Aufrünmnngsarbeiten sind noch nickt beendet.
Ein Millionenbankerott.
st Backnang, 5. Nov. Der Zusammenbruch der Vereinigten Lederwerke L. Nebinger, Graubner und Scholl, G. m. b. H. in Höchst a. M. und Backnang erregt weit über die interessierten Kreise der Lederbranche hinaus großes Aufsehen. Die verschiedensten Saniernngspläne konnten infolge Widerstandes der Hamburger Gesellschafter nicht verwirklicht werden und der Konkurs wurde jetzt eröffnet. Am 29. ds. Mts. findet in Backnang die erste Gläubigerversammlung statt. Zum Konkursverwalter wurde Dr. Nördlinger in Stuttgart ernannt. Der
an ihre Arbeit. Auf die Nachbarn, die in der Nähe des Hauses sich zu schaffen gewacht hatten, um zu lausche», warf sie blos noch einen verächtlichen Blick. Sie blieb doch die Rose Wuddicke: jetzt hatte sie sich wieder.
Eben war die Lampe angezündet, denn die beiden Männer hatten mit halben Worten der Genugtuung und des Aergers noch im Dunkel gesessen, als Liese ins Haus kam. Sie hatte von der Geschichte, die ihrer Schwägerin Rose in der Stadt passiert war, noch keine Ahnung, aber das eigene Herzeleid machte ihr genug und übergenug zu schaffen, das bewiesen ihre verweinten Augen.
Frau Rose nahm das gerötete Antlitz des jungen Mädchens natürlich als Zeichen von Kummer über die Ereignisse vom Nachmittag, denn, so mutmaßte sie, das mußte doch Liese auf dem Heimgange schon alles in die Ohren geschwatzt worden sein. Ein verweintes Gesicht war ihr aber noch unausstehlicher, als laute Scheltworte und so fuhr sie denn heftig auf.
„Bist wohl ganz und gar nicht bei Sinnen, Liese, daß Du angeflennt kommst, als sei Dir das größte Unglück in der Welt zugestoßen. Sorg' Du blos nicht um mich, das bischen Leute-Gerede scheert mich den Kuckuck." Dannt stemmte sie die Arme in die Seiten und schaute ihre Schwägerin herausfordernd an.
„Aber daß mir auch gerade das hat passieren müssen," schluchzte Liese weiter. „Häti's mir doch gar nicht denken können, so etwas!"
Frau Rose ward feuerrot. „Hör' mal, Liese, ich bin eine verheiratete Frau und Du bist ein junges, dummes Ding. Da kannst Du an Dich selbst alleweil noch denken und mich laß aus dem Spiet. Und wenn der Franzose mit mir in der Stadt ein paar Walzer getanzt hat, so geht Dir dabei gar nichts ab. Das Hab' ich doch blos getan, daß er nicht bös werden und bei uns bleiben sollt'. Denn,