1877.

Die TagesauSgabe Mt vierteljährlich w Bezirk Nagold und NachbarortSverkehr M. 1.85

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Ne Wochenausgabe (Schwarzwälder Sonntagsblatt) kostet vierteljährlich 60 Mg.

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Fernsprecher Nr. 11.

Arrz«igerrp»«i» bei einmaliger Ein­rückung 10 Pjg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, jreudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

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Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.

Montag, de« 7. November.

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Amtliches.

Auf die Finanzamtniannstelle bei dem Käme- ralamt Hirsau wurde Finanzamtmann Elwert in Weinsberg auf Ansuchen versetzt. '

Tagespolitik.

Die badische Regierung gestaltete im Ein­verständnis mit dem Reichs amt des Innern den Städten Karlsruhe und Mannheim zweimal wöchent­lich Transporte französischen Schlacht­viehes unter strengster Einhaltung der seuchen­polizeilichen Vorschriften.

Das Unterbleiben offizieller Trinksprüche bei der Kaiser-Begegnung in Potsdam wegen derenfamiliären Charakters" war schon vorher an­genommen worden, und wenn wir es recht betrach teu, war es, abgesehen von amtlichen Gründen, so am besten. Solche Reden müssen oft genug nur dazu dienen, das, was nickt gesagt werden kann, z» verbergeil, und unnötige Wiederholungen ver­lieren an Wert. Die Trinksprüche wären voll den französischen und englischen Zeitungen bis auf den letzten Buchstaben unter die Lupe genommen worden. Darum ist wohl unterblieben, was nicht nötig war.

Eine Sitzung des Z e n t r a la u s s ch u ss e s der Fortschrittlichen Volkspartei findet am Sonntag, den 20. November in Berlin statt. Diese Zentralausschußsitzung ist die erste der Fortschritt­lichen Volkspartei.

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Der französische Ministerpräsident Briand will die ihm von seinen Gegnern drohenden Gefahren bezwingen und seinem Willen unterwerfen. Er kün­digte so viel neue Gesetzentwürfe an, wie nur eine Regierung von ungewöhnlich langer Lebensdauer zustande bringen kann. Die Zahl der Feinde oes neuen Kabinetts Briand ist so groß, und die Ge­legenheiten, ein Ministerium zu stürzen, sind in Frankreich so bequem zu haben, daß- man allgemein aus einen abermaligen Regierungswecksel in naher Zukunft rechnet.

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Der letzte Tag der Brüsseler Welt aus sie klung ist der heutige Montag. Ohne ein Defizit wird es auch hier nickt abgehen, aber es hätte mit dem großen Brande schlimmer kom­men können.

Landesnachrichtrn.

, 7. November.

* Der evang. Bund veranstaltete am gestrigen Sonntag anläßlich des Reformationsfestes im Saale des Gasthoses z. grünen Baum einen wohlgelun­genen Familienabend, der seitens der hies. evang. Einwohnerschaft so gut besucht war, daß der große Saal keine Lücke mehr aufwies. Stadt- Pfarrer Haug, der in dankenswerter Weise die Vor­bereitungen zu dem Familienabend und die Lei­tung desselben übernommen hakte, hieß die Er schienenen herzlich willkommen und sprach die ein leitenden Worte, denen ein Abendlied des er freulicherweise wieder neugegründeten, von Hanpt- lehrer Bartholom äi geleiteten Kirchenchors folgte. Hieran schloß sich sodann der angekün- diate Vortrag von Stadtpsarrer Haug über das Thema: Worin liegt die Größe unseres deutschen Reso r mators ? Der Redner gab in seinem Vortrag ein anschauliches Bild Luthers und stellte fest, daß die Größe des Reformators pich! in seinem Aeußeren zu suchen sei, sondern m seiner Innerlichkeit, in seiner religiösen Tiefe, Demut und Selbstlosigkeit. Stadtpsarrer Haug faßte

sein Urteil in dem Schlußsatz zusammen: Wir nen­nen Luther einen großen Mann, weil er bei ge­brechlicher Leiblichkeit die größte Kraft der De­mut und Selbstlosigkeit mit der größten Kraft der Mannhaftigkeit und heldenmütigen Glaubens ver­einig! hat und in weltgeschichtlich einzigartiger Weise befähigt war, dem Christenvolk zugleich den Him­mel und die Erde aufzuschließen. Mit großem In­teresse verfolgten die zahlreichen Zuhörer die inter­essanten Ausführungen des Redners, die durch zwei Gesangsvorträge der für den Abend gewonnenen Sängerin Frl. E. Rhodius unterbrochen wurden. Die hervorragende Sängerin konnte leider ihre prächtige Stimme durch eingetretene Heiserkeit nickt ganz zur Entfaltung bringen, verschaffte uns aber durch ihre Vorträge: Te Denm von Händel (Beginn: Dignare o domine >, Sei stille dem Herrn und warte auf ihn, von Mendelssohn lElias-, In meiner Heimat wird es jetzt Frühling von E. Hil- dack einen großen Genuß. Die Klavier Begleitung hatte Pfarrer S ch o t t - Altensteig-Dorf übernom­men. Frl. Rhodius gab auch noch eine Probe ihrer großen Fertigkeit auf dem Klavier und fand da­mit, wie mit ihren Gesangs-Vorträgen, großen Bei­fall und dankbare Zuhörer. Im Verkaufe des Abends sprach noch Pfarrer Burger von Spielberg in gewandtem Vortrag über die Kraft des Evange­liums, der Kirchenchor trug noch einige Lieder vor und außerdem fehlte es auch nicht an gemeinsamen Gesängen. In seiner Schlußansvrache drückte -Ltadt- pfarrer Haug allen Mitwirkenden seinen herzlichen Dank aus und ein Mitglied des evang. Bundes dankte Stadtpsarrer Haug für den von ihm arran­gierten, mohlgelnngeneu Abend, gleichzeitig dem Wunsche Ausdruck gebend, daß sich diesem Fa­milienabend noch weitere anschließen möchten. - Der evang. Bund zählt hier ick) Mitglieder und es ist zu hoffen, daß der gestrige Familienabend man­ches neue. Mitglied bringen wird.

" Das Museum Altensteig hatte am Samstag im grünen Baum einen Konzert- und Tanz­nut e r h a l t u n g s A b e n d, der einen gemütlichen Verlaus nahm. Bei den vorzüglichen Darbietungen einer Abteilung der Tübinger Militärkapelle wäre ein zahlreicherer Besuch der Mitglieder des Mu­seums und ihrer Angehörigen wünschenswert ge­wesen.

( Freudenstadt, 6. Nov. Eine Rangierqbteilung ist auf dem hiesigen Bahnhof über einen Bahuar beiter weggefahren, der ihr Herannahen nicht be­merkt hatte und unter die Wagen geschlendert wurde. Er kam zum Glück mitten aufs Gleis zu liegen und ha! infolgedessen nur unbedeutende Schürfungen und Quetschungen erlitten.

>! Huzenbach, OA. Freudenstadt, ä. Nov. Dem Maurermeister Pseifle ist ein stattlicher Vogel aus dem nahen Wald auf seinen Hühnerstall zugeflogen, den man anfangs für einen Habicht hielt, der sich aber bei seiner Gefangennahme als ein junger Auer­hahn entpuppte.

* Calw, 5. Nov. Hier wurden etwa 10 000 Mark Quartiergelder von der Einquartierung im Herbst ausbezahlt.

* Horb, ö, Nov. Wie wir hören, sind die An Meldungen auf die 5 Prozent Neue Chiu e

sen S t aa ts E i s e u b a h n - O b l i g a t i v n e n in so außerordentlich starkem Maße eingegaugen, daß die Subskription sofort nach Eröffnung geschlossen werden mnßw und daß sich eine bedeutende Re­duktion der Zeichnungen voraussehen läßt.

* Tübingen, 5. Nov. (Schwurgericht.) Ver­handelt wurde gegen den 20jährigen ledigen Bauern Johann Georg Lutz von Naisbach OA. Calw wegen Körperverletzung mit nachqefolg- tem Tode. Der verhaftete Angeklagte hat Don­nerstag, 20. Oktober, nachts zwischen l l und !2 Uhr in Naisbach einen dicken Prügel aus einer Entfernung bou > 7 Metern von einer kleinen An höhe herab nach dem ans dem tiefer gelegenen Orts- wegc gehender! 47sähr. led. Taglöhner Adam Mai jenbacher von dort mit großer Wucht geworfen, damit den Maisenbacher an die linke Stirnseite

getroffen, ihm hiedurch einen Knochenbruch am Dache der Augenhöhle verursacht, was infolge der ausgedehnten Blutergüsse innerhalb des Schädels den am 22. Oktober eingetretenen Tod des Verletz­ten zur Folge hatte. An dem kritischen Abend war der Angeklagte von 7 10 Uhr mit seinen

Kameraden in Würzbach zu Besuch eines Freundes, der zum Militär einrücken mußte. Dort wurde etwas Most und Schnaps getrunken. Nachdem dann noch die Löwenwirtschaft besucht worden war, gingen sie nach dem eine viertel Stunde entfernt gelegenen Naisbach, um bei der Magd des dortigen Bauern Seid, Marie Proß, einen sogenannten Kirchweih-- jchnaps zu trinken. Diese bewohnt im Parterre des Tcid'schen Hauses ein Zimmer, dessen Fenster der Straße zugekehrt ist. Die Proß war schon im Bette, als die Burschen kamen und von außenher Scknaps begehrten, was sie aber ablehntc. Die betreffenden Burschen lärmten hierauf, weshalb der in; Teid'schen Hause wohnende Bruder der Frau Seid, der Getötete, der etwa um 10 Uhr zu Bette gegangen war, ausstand und die Burschen zur Ruhe wies. Dabei soll er nach den Burschen geworfen, sie beschimpft und ihnen gedroht haben, er komme hinunter, wenn sie nickt fortgehen. Hierüber lachten die jungen Leute und spotteten den Maisenbachsr ans. Als sie dann den Maisenbacker herunterkam- men hörten, gingen sie auseinander und trafen sich später wieder. Inzwischen hatte Lutz von -nner Holzbeugc weg einen Prügel an ' sich genommen und dann nach dem ruhig einhergehenden Maisen- bacher den tödlichen Wurf ausgeführt, so daß dieser gleich bewußtlos zu Bodeu stürzte. Der Angeklagte braevre vor, ei habe in der Richtung gegen Maisen- backer den Prügel geworfen, aber nicht um ihn zw treffen, er habe ihn blos > abschrecken und hinter- treiben wollen Der Angeklagte ist unbestraft und besitzt den besten Leumund. Die Geschworenen ver­neinten die Fragen nach Körperverletzung mit nach- gesolgtem Tode und kahrlässiger Tötung: bejahten dagegen das Borliegen einer Uebertretung des Pa­ragraphen 1100 Z. 7 St G B. Lutz wurde hierauf zu 1 2 Tagen Hast verurt eilt. Die Staats­behörde vertrat Oberstaatsanwalt Dr. Cleß, Ver­teidiger war Rechtsanwalt Knödel von Nagold und Obmann der Geschworenen Gemeinderat Klumps» von Kirchentellinsfurt.

b Tübingen, 5. Nov. Ein Student der Me­dizin, der hauptsächlich Buchhändler beschwindelte und zu diesen! Zweck Universitätsstädte aufsuchte, auch hier sein Unwesen trieb, soll in Stuttgart verhaftet worden sein. Er heißt sich Philipp Werne und will aus dem Badischen stammen.

js Lconberg, 6. Nov. In Höfingen ist ein Jahre alter Maurer bei der Arbeit aus beträcht­licher Höhe abgestürzt. Er blieb tot aus dein Plate.

Ü Stuttgart, ä. Nov. Um die Schwierigkeiten zu vermindern, denen im Falle der Zerstörung der aus einem Rathaus aufbewahrten öffentlichen Bu­cker die Wiederherstellung des Grundbuchs kegeg uet, ist durch die Verfügung des Justizministeriums vom 27. September l90l (Amtsblatt S. 85: die Anlegung und Fortführung von Eigentümer- u u d G r uudstückverz e i ch n isse n angeordnet worden, die bei den Amtsgerichten zu verwahren sind. Nack den seitherigen Erfahrungen hat diese Einrichtung für die Amtsgerichte und Grundbuch- ämter eine erhebliche Geschästsbelastung mit sich ge­kracht: insbesondere verursacht auch die Weitertüh- rimg der Verzeichnisse bei den Amtsgerichten fort­laufend einen beträchtlichen Aufwand an Zeit und Arbeit. Da neuerdings den beteiligten Behörden durch die Neichsgesetzgebuug, vor allem den Amts­gerichten, durch die Zivilprozeßordnung vom 1, Funk lOOO, weitere Ausgabe;! zugewiesen worden sind, so, ist die Justizverwaltung in dein Bestreben, auf an­deren Gebieten «'ine Entlastung dieser Behörden her- oeizusühren, unter anderem auch der Frage näher getreten, ob es angängig wäre, die fermere Fort­führung der Eigentümer und Grnndstückverzeichnis^