gwammettbruch der Firma ist allerdings nicht über- Eichend gekommen, denn die Lederwerke L. Nebinger » Backnang galten bereits als stark überschuldet, als sie sich mit Graubwer und Scholl vereinigten Beide Firmen hatten vor ihrer Vereinigung chon mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen und waren oft genötigt, immer neue Kredite in Anspruch rn nehmen. Die Lederwerke L. Nebinger in Backnang standen schon vor Jahren vor dem Lusam- Mnbruch und die Umwandlung der Firma in eine Gesellschaft vermochte die jetzt eingetretene Katastrophe nur kurze Zeit aufzuhalten. Hauptlieferanten der Vereinigten Lederwerke waren die Firmen W. Rockmann in Straßburg und Johann Huber in Jmmenstadt, die selbstverständlich stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Den etwa 4einhalb Millionen Passiven stehen nur sehr geringe Aktiven gegenüber. Als beteiligte Bankinstitute kommen in erster Linie die Württembergische Vereinsbank und die Württ. Bankanstalt mit ungefähr 40» 000 Mark in Betracht. Als Sicherheiten sollen diesen Forderungen jedoch genügende hypothekarische Verpfändungen gegenüberstehen. Es wird angenommen, daß die Stuttgarter Banken keinen Verlust erleiden werden. Beteiligt ist ferner die Bank von Elsaß-Lothringen in Straßburg mit einem Kapital von über einhalb Million Mark. Aber auch dieses Geldinstitut glaubt durch hypothekarische- und Waren- Berpsändungen genügend gedeckt zu sein. Interessiert sind weiter Ehr. Stätzling, L. Valentin u. Co., Kom.-Ges. auf Aktien in Straßbnrg. Es ist mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß erst nach Erledigung verschiedener Prozesse eine klare u. übersichtliche Sachlage geschaffen werden kann.
st Pforzheim, ö. Nov. Die Kündigung aller organisierten Arbeiter in den hiesigen Ketteu- sabriken seitens der Fabrikanten hat gestern bereits zum großen Teil stattgefunden. Als Antwort darauf legten in verschiedenen Fabriken die Nichtorganisierten Kettenmackerinnen die Arbeit nieder, um sich so mit den Organisierten solidarisch zu erklären.
st Obornrsel, 6. Nov. Auf der elektrischen Bahnlinie Oberursel-Hvhenmark stießen heute vormittag bei einer Weiche zwei von entgegengesetzter Richtung kommende Wagen zusammen. Zwei Schaffner und drei Passagiere erlitten leichte Verletzungen. Es herrschte starker Nebel.
st Berlin, 6. Nov. Der Reichskanzler empfing heute nachmittag den Verweser des russischen Ministeriums des Aenßern, Sasonow, und hatte eine Unterredung mit ihm.
st Potsdam, 6. Nov. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Schweden sind heute nachmittag zum Besuch bei Ihren Majestäten auf Station Wildpark eingetrossen und auf dem Bahnsteig von dem Kaiser, der Prinzessin Viktoria Luise und den Prinzen Adalbert, Oskar und Joachim empfangen worden.
st Hamburg, 6. Nov. Das Luftschiff P. 6, das in Kiel heute vormittag 11 Uhr 50 Min. mit acht Passagieren zur Fahrt nach Hamburg-Altona aus- stieg, ist nach guter Fahrt um 3.15 Uhr aus der Bahrenfelder Rennbahn unter dem Jubel der Bevölkerung glatt gelandet. Der Führer des Luftschiffs wurde durch den Oberbürgermeister von Al
tona im Namen der Stadt begrüßt. Morgen wird P. 6 Aufstiege unternehmen. - Das Luftschiff wird morgen, wenn das Wetter gur ist, die Fahrt nach Berlin anlreten.
Der Zarenbesuch in Potsdam
ist vorüber. Die Monarchen, die Minister und nicht zum wenigsten die Organe der öffentlichen Sicherheit sind über den ungestörten Verlauf erfreut; denn wenn auch auf deutschem Boden kaum ernstliche Anschläge auf die Sicherheit des Gastes zu befürchten waren, unliebsame Zwischenfälle waren immerhin möglich. Sie sind alle unterblieben, auch eine Potsdamer sozialistische Versammlung gab keinen Anlaß zum Einschreiten,
Die persönliche Freundschaft der beiden Kaiser zeigte sich von der herzlichen Begrüßung bei der Ankunft des Zaren, und im Verkehr in den Besuchstagen bis zum letzten Augenblick des Beisammenseins, das diesmal sehr stark ausgedehnt war, da der Zatz augenscheinlich die Gesellschaft seines hohen Wirtes suchte. Die leitenden Minister wurden wiederholt von den Monarchen empfangen, gründliche Meinungs-Austausche konnten also erfolgen. Und auch die hohen Ordensauszeichnungen sprechen für den Wert, der diesem Zusammentreffen beigemesftn wurde. Daran ändern alle kühlen Betrachtungen von englischen und französischen Zeitungen nichts, denen sich auch die panslawistischen Russen-Organe anschließen. Große Dinge lagen überhaupt nicht vor, die sonstigen Wirkungen werden sich schon zeigen. Kaiser Wilhelm erwidert den Besuch in Wolfsgarten oder in Darmstadt.
War das Wetter am ersten Besuchstage sehr unfreundlich, so war es am zweiten, bei dem Jagdausflug nach Oranienburg, herbstschön. Die Absperrungen des Reviers waren sehr streng, niemand konnte ohne Ertaubniskarten passieren. Der Zar trug braunen, der Kaiser grünen Jagd-Anzug, die Grüße des Publikums erwiderten beide auf das freundlichste. Anwesend waren die Prinzen, oer Reichskanzler und zahlreiche geladene Herren. Das Jagen dauerte mit einer Frühstückspause bis nach zwei Uhr nachmittags. Am Sonntag gab Herr von Bethmann Hollweg ein Mahl zu Ehren seines russischen Kollegen Sassonow. — Die Strecke bei der Hosjagd ergab 400 Stück Rot- und Dammwild.
* Wildpark, 5. Nov. D-w Kaiser von Rußland ist um 11.15 Uhr aögereist. Der Kaiser und seine Söhne geleiteten ihn zur Bahn.
s s Tarmstadt, 6. Nov. Der Kaiser von Ruß land ist heute vormittag ll.SO Uhr auf Station Egslsbach eingetroffen und hat sich nach Schloß Wolfs garten begehen.
Ausländisches.
st Odessa, 6. Nov. Der frühere Schah von Persien ist heute in das Ausland abgereist und beabsichtigt, ungefähr zwei Monate an der Küste des Mittelmeers zu verweilen und kehrt dann nach Odessa zurück.
* Madrid, 5. Nov. Heute vormittag fand in Gegenwart des Prinzen Louis Ferdinand von Bayern, mehrerer Prinzessinnen des Königshauses und des Alkalden die feierliche Einweihung der deutschen Schule statt. Der deutsche Botschas- '
ter, der Vorsitzende der Schulgemeinde Schlayer, der Vertreter des deutschen Auswärtigen Amtes Professor Schmidt und Schuldirektor Fromme hielten Ansprachen an das zahlreiche Publikum und die Mitglieder der deutschen Kolonie.
ss Lissabon, 6 . Nov. Ein Zyklon richtete in der Provinz Algaroe großen Schaden an. Die Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt. Mehrere Fischerboote scheiterten. Ein größeres Schiff ist gesunken; zehn Mann der Besatzung sind ertrunken.
^ Allerlei.
* Die deutsche Botschafts-Jacht „Loreley" aus Konstantinope'l ist auf einer Reise von Konstantinopel nach Korfu bei heftigem Sturm in der Nähe von Lepanto ausgelaufen. Das kleine Fahrzeug war eine Privatjacht. Sie wurde, als sie in deutschen Besitz überging, umgebaut und ist seit 1894 Stationsschiff in Konstantinopel. Die Besatzung besteht aus 61 Köpfen. Alljährlich führt die „Loreley" neben ihrem Stationsdienst auch kleinere Rundfahrten im östlichen Mittelmeer aus-
^ < Kandel ,«G Verletzr.
II Stuttgart, 8. November (Schlachtviehmarkt) Zug<- trieben 195 Großvieh, 410 Kälber, 293 Stück Schwein« Erlös aus Hz Mo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 88 bis 90 Psg., 2. Qual, b) fleischig« und ältere von — bis — Psg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 86 bis 88 Psg., 2. Qualität b) älter« und weniger fleischige von — bis — Pfg., Stiere und Jungrinder 1. Qual, a) ausgemästete von 92 bis 95 Pfg., 2. Qualität b) fleischige von 88 bis 91 Pfg., 3. Qualität (« geringere von 82 bis 88 Pfg.;Kühe I.Qual. s) jung« gemästete von — bis — Psg., 2. Qualität k) ältere gemästete von 67 bis 78 Pfg., 3. Qualität o) geringer« von 47 bis 58 Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Sau;» kälber von 102 bis 104 Psg., 2. Qualität d) gute Saugkälber von 98 bis 101 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saug« kälber von 95 bis 98 Pfg. Schweinei. Qualität s) junge fleischige 73 bis 74 Pfg., 2. Qualität b) schwere setle vor 73 bis — Psg., 3. Qualität o) geringere von 67 bis — Pfennig.
Mitteilunge» der Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertuug in Stuttgart, Eßlingerstraße 15 I.
Tafelobst preise
auf dem Stuttgarter Eugros-Martt am 5. November 1910. Aepfel 8—14 Mk., Birnen 8—20 Mk., Hagebutten 10 Mk. alles per 50 Kg. Zufuhr genügend; Verkauf lebhaft.
M o st o b stp reise
aus dem Nordbahnhof am 5. November 1910. Es waren ausgestellt 104 Wagen, nach auswärts gingen ab 49 Wagen. Preis waggonweise von 1100—1210 Mk., im Kleinverkauf 6—6,30 Mk. Marktlage sehr lebhaft.
M ost o bstpreise
auf dem Wilhelmsplatz am 5. Nov. 1910. Es waren angefahren 500 Zrr. verkauft zu 6,40—7 Mk.
Die Lebhaftigkeit im Mostobsthandel hielt die ganze Woche bei Preisen von meist über sechs Mark per Ztr. an. Nach dem ersten Schneefall fürchtet der Händler für seine Ware und der Konsument eilt seinen Bedarf zu decken. Für nächste Woche ist ein lebhaftes Geschäft zu erwarten.
Verantwortlicher Redakteur: L. Sank, Altenstetg.
daß Du in ihn bis über beide Ohren verliebt bist, das kann ja wohl ein Blinder sehen. So, jetzt weißt Du, weshalb und warum, und nun laß das alberne Geheul sein." Die Sprecherin dachte heimlich bei sich : „Rose, an Dir ist wirklich ein Advokat verloren!" So schnell waren ihr die Einfälle und Ausreden in den Sinn gekommen und ausgesprochen.
Liese aber machte große, große Augen. „Getanzt hast Du mit ihm? Wenn's ihm eine Freude gewesen ist, warum sollt'st das auch nicht? Ich bekomm' ihn ja doch nimmer und nimmer. Das weiß ich gewiß."
«Fang nicht schon wieder an, Dein verdreht' Zeug zu reden," fuhr Frau Rose dazwischen. „Warum sollst ihn nimmer und nimmer bekommen? Alleweil bist Du für ihn gut genug. Ja, Du kannst Dich noch bedanken, denn einen Menschen, den die Polizei Nachmittags mitgenommen hat. . ."
„Herrjeh !" schrie Liese laut auf. Aber ihre Schwägerin sagte nur kurzer Hand: „Hab Dich nicht, sie werden ihn schon wieder laufen lassen. Also für so einen bist immer noch gut genug, wenn Du ihn überhaupt mit Deinen Talern von Vätern her in der Tasche noch nehmen willst."
Das Mädchen schaute nach Tür, und Fenstern, ob sich niemand dahinter verberge. Kein Mensch war da. Aber auch darnach noch dämpfte sie ihre Stimme zum Flüstern. "Rose, Du mußt ihm beistehen, wie ich's auch will, und halfst nichts verraten."
„Nanu, was wird das?" tuschelte die energische Frau erstaunt. Und damit war auch die letzte Nachwirkung von der fatalen Nachmittagsgeschichte vergessen. „Liese, was gibst Du jetzt für bunte Dinge an."
„Es sind keine bunten Geschichten," flüsterte diese leise. »Weißt Du, Rose, der Franzose, wie der Vater ihn nannte,
und das Fräulein Margot im Mariengrunder Schloß, die haben was miteinander geheim."
„Jag' mir blos keinen Schreck ein," antwortete Rose. Aber wie ein Blitz flogen ihr auch des Fremden Worte durch den Sinn, die er rief, als beim Bahnhof in Friedingen ihnen eine Equipage entgegen kam. „Das ist meine Frau." Dieser tolle Spuk sollte wirklich Wahrheit sein können? „Ach was, das ist ja eitel Torheit und Schnickschnack", wies sie Liese ab.
Aber die beharrte bei dem, was sie soeben gesagt, sie erzählte genau, was Frau Eleonore und Fräulein Margot zw ihr gesagl, und da mußte denn auch Rose einsehen, daß es sich hier nicht um Lug und Trug eines Landstreichers, sondern um wirkliche Tatsachen handele. „Freilich, freilich, dann ist er nichts für Dich!" sagte sie mehr als einmal zu ihrer Schwägerin und schüttelte doch immer wieder den Kopf, wenn sie daran dachte, dieser Mensch in dem alten abgeschabten Mantel könnte wirklich einmal der Mann vom jungen Fräulein in Mariengrund gewesen sein, das dann also eigentich auch schon eine Frau war. Daher war also denn auch das forsche Auftreten des Fremden, sein eigenartiges Verhalten, die immer wieder fesselten und packten, und es auch der sonst so selbstbewußten Rose ein wenig angetan hatten, so daß sie mit ihm getanzt und ihn ganz gern als Liese's Mann, somit als ihren Schwager in Klein- Friedingen behalten hätte.
Liese mit ihrem vergrämten Gesichtchen tat ihr wirklich leid. So sprach sie ihr denn freundlich zu, daß sie ihren Stolz haben müsse und Niemanden etwas ahnen lassen dürfe. Den „Franzosen" nicht, und den Vater und den Bruder noch viel weniger. „Aber wir helfen ihm und Fräulein Margot doch?" bat dann Liese. Frau Rose zog ihr Gesicht in bedenkliche Falten. „Liese, Liefe, wenn wir uns da
blos nicht in die Nesseln setzen. Wenn der Mensch neue Tollheiten anstiftet, kann's leicht heraus kommen, daß wir die Hände mit dazwischen gehabt und uns um Dinge gekümmert haben, die uns absolut nichts angehen. Und erfährt der Herr Christoph Bertram davon, und nun gar erst seine gnädige Frau, dann ist's mit all' dem schönen Verdienst nud den Geschenken, die Du im Schloß Mariengrund bisher gehabt hast, ganz und gar vorbei. Und ob mein Mann nicht aus der Fabrik von Herrn Bertram heraus muß, das ist auch noch zu bedenken. Nein, Liese, was Dich nicht brennt, das blase nicht."
„Aber wenn wir's recht vorsichtig anfangen," beharrte das verliebte Ding.
„Auch dann will alles noch überlegt fein," versetzte Rose. „Es wird schon Rederei so wie so genug geben. Hoffentlich kommt der Patron gar nichl wieder." Liese erhoffte das Gegenteil, und sie sollte Recht behalten.
Fortsetzung folgt.
Herein!
Ist dein Leben auch bettelarm Und deine Kammer schmucklos und klein, —
Durch die Gassen wandert der Sonnenschein —
Laß ihn herein!
Ist deine Seele vom Warten müd, —
Durch die Wiesen wandeck der Sonnenschein,
Und die Liebe lacht und tollt hinterdrein —
Hol' sie herein!
Hans Herbeck Ulrich,