* Born Sch-nbuch, 9. Ott. Die Bahn Böb lingen Weil im Lchönbnch wird anr Freitag er­öffnet werden.

jj Stuttgart, lo. Ott. Es ist in letzter Zeit die Einführung einer württ. S ta atslotterte an- geregt worden. Die Errichtung einer solchen in, Württemberg kann, wie das Neue Tagblatt milteilt, nach der Auffassung der württ. Regierung nur in Betracht kommen, wenn schlechterdings kein anderes Mittel mehr vorhanden wäre, um die Einnahmen! des Staates auf der erforderlichen Höhe zu halten. Gegenüber einer zu weitgehenden Steuererhöhung käme dann eine Staatslotterie für die Württemberg. Regierung als das kleinere Uebel in Betracht. Im württ. Staatsministerium ist man sich bewußt, daß die Einführung einer Staatslotterie in weiten Krei­sen des Volkes ernsten Bedenken und scharfem Wi derspruch begegnen und daß nur unter ganz beson deren Umständen ein solches Mittel zur Hebung der staatlichen Finanzen sich rechtfertigen ließe und vom Landtag angenommen würde. Sollte eine Be rechnnng über den zu erwarteten Reinertrag nur die Summe von einer halben Million, die in letzter Zeit vielfach genannt wurde, ergeben, so würde an die Einführung der Staatslotterie überhaupt nicht gedacht werden können, denn ein solcher Rein ertrag stände in gar keinem Verhältnis zu dem erforderlichen Aufwand und würde wohl auch den gefühlsmäßigen Erwägungen gegenüber, die gegen eine Staatslotterie überhaupt sprechen, nicht durch dringen können. Bis jetzt sind irgend welche Schritte zur Einführung einer lvürtt. staatslotterie weder von der Regierung noch vom Finanzministerium unternommen worden. Wenn man dieser Frage wirklich einmal näher treten sollte, dann wird al­lerdings voraussichtlich nur der Anschluß an eine andere Staatslotterie in Frage kommen können, da in Württemberg das Gebiet für eine eigene Staatslotterie, die den notwendigen Aufwand lohnt, zu klein wäre.

!! Stuttgart, 10. Okt. Auf der am Samstag und Sonntag hier abgehaltenen Landest) er sammlung der Sozialdemokraten Würt­tembergs wurde nach vielstündigen Verhandlun­gen eine Resolution, in der die Versammlung sich mit der von der Landtagsfraktion entwickelten Tätig­keit in vollem Umfange einverstanden erklärt u. das Vertrauen zu ihr hat, daß sie auch in Zukunft ihrö Aufgaben in gewissenhafter u. den Interessen der Partei förderlicher Weise erfüllen wird, mit 49 ge gen 25 Stimmen abgelehnt, dagegen mit 49 gegen 48 Stimmen eine Resolution angenommen, in der die Landesversammlung sich mit der Tätigkeit der Landtagsfraktion im letzten Jahre einverstanden erklärt und erwartet, daß auch in Zukunft die Ab­geordneten dem Programm und den Parteitagsbe­schlüssen getreu die Interessen des Proletariats rück­sichtslos wahrnehmen. Der Vorsitzende Göhringer erklärte, daß von den 260 stimmberechtigten Dele­gierten, die auf der Landesversammlung anwesend waren, lange nicht mehr die Hälfte im Saale an­wesend sei. Die Abstimmung fei daher ohne Bsdeu tung für die Stimmung der Landesversammlung. Die nächste Landesversammlung findet in Heil­bronn statt.

!! Heilbronn, 10 . Okt. Die Köchin einer hiesigen Metzgerei, die schon vier Jahre auf der Stelle ist und das größte Vertrauen genoß, wurde am Samstag

ins Amtsgericht eingeliefert wegen fortgesetzter Gelddiebstühle, begangen an der Herrschaft und An­gestellten. Die im Koffer der Verhafteten gefun­dene Summe beträgt ca. 700 Mark, die von den: Diebstahl herrührt. Das Schönste ist, daß die Per­son ein Ehrendiplom für zehnjährige treue Dienste bei einer anderen Herrschaft besitzt.

ff Göppingen, 10 . Okt. (Schuhmacherinnung.) Gestern nachmittag fand iin Kronensaale die Ent­scheidungsversammlung in Sachen der Auflösung der Schu hm ache r z w a n g s i n n un g statt. An­wesend waren lOl Mitglieder; für Aufhebung der Innung stimmten 69, für ihren Fortbestand 32. Nach Paragraph 58 der Satzungen hätten sich aber dreiviertel der anwesenden Mitglieder, also 76, für die Aufhebung der Innung aussprechen müssen, um diese rechtswirksam zu machen. Die Versammlung verlief sehr stürmisch.

ff Kleineislingen, OA. Göppingen, lO. Okt. Das vier Jahre alte Söhnchen des Arbeiters Schrempf ist beim Spielen in den Mühlkanal geraten und ertrunken.

ff Gmünd, 10. Okt. (Silberschnipfler. Ein Schmelzer einer hiesigen sitberwarenfabrik wurde wegen Silberschnipfeleien verhaftet. Als Hehler ist ein Agent festgenommen worden.

Fortgesetzt

werden Beilegungen auf unsere Zeiiung von allen Postboten und unseren Agonien enlgegengenommen.

ff Vom Bodensee, 10. Okt. In Fischbach sind zwei Männer und eine Frau in dem Augenblick' aufgegriffen worden, als sie in einein Motorboot verschiedene Waren, hauptsächlich Zündhölzer, Schweizerstumpen, Zucker und anderes aus der Schweiz herüberbrachteu.

Reichstagsabg. Tr. Ofam über Reichspolitik.

Auf der Herbstwanderversammlung der Na­tionalliberalen Partei in Geislingen führte Reichs­tagsabg. Dr. Osam-Darurstadt etwa folgendes aus:

Nicht ohne eine gewisse Wehmut bin ich heute in das ivürtt. Land gekommen: wir müssen heute unseren verehrten Freund Hieber an der Spitze der Partei missen, missen seine echte, kraftvolle Per­sönlichkeit nicht allein in ihrem engeren Vater­lande, sondern mindestens ebenso stark in dem Kreise der Reichstagsfraktion. Ich möchte 'hm doch ein Wort vollster Anerkennung für sein Langjähriges, ausgezeichnetes, fruchtbringendes Wirken und war­mer Anhänglichkeit sagen, ihm aber zugleich den dringenden Wunsch aussprechen, daß er demnächst wieder zurückkehren möge in das politische Leben zu segensreichem Tun. Solche Männer wie Hieber haben wir in der schweren Zeit, die wir durch­leben mußten, und noch müssen, dringend nötig. Welch ein Pessimismus, welche Unzufriedenheit ist in Deutschland auf innerpolitischem Gebiete hervor­getreten seit denk Abschluß der Reichsfinanzreform. Durch das Scheitern des Blocks und den Rücktritt Bülow's trat die denkbar größte Uneinigkeit in dem Lager der bürgerlichen Parteien ein. Und der Er­folg dieser Erbitterung und Verbitterung ist nicht ausgeblieben. In den zahlreichen Nachwahlen zum

Reichstag Hubert die radikalen Parteien ausgezeich­nete Ge,chäfte gemacht. Insbesondere die Sozial­demokratie ist. von Sieg zu Sieg geeilt. Die Zer^ splitterung in den bürgerlichen Parteien durch die Reichssinanzresorm, die hierdurch herausbeschworene Unzufriedenheit lassen weiter schlimmste Befürcht tungen für die Zukunft unseres Vaterlandes empor- tsommen. Genährt wird die Unzufriedenheit aber weiter durch die noch immer anhaltende schwierige wirtschaftliche Lage und aus dem politischen Ge­biet durch eine durchaus unbegründete und unver-- gnlaßte Ausschlachtung der Äaiferrede in Königs­berg durch die radikale Presse zu demagogischen Zwecken. Wie konnte Naumann den Worten des Kaisers, er gehe seinen Weg weiter unbeirrt von Tagesmeinungen, entgegenrufen: wenn der Kaiser auf sein Volk nicht hören will, so wollen wir auch den Kaiser nicht hören. Solche Töne, die in Volks­versammlungen Anklang finden können, stehen uns nicht zu Gebote. Es wäre zu wünschen, daß denk Kaiser auch in seinein deutschen Reich ein solcher Enthusiasmus entgegengebracht würde, wie in Wien bei der Rede im dortigen Rathaus. Wir als na­tionalliberale Partei haben in diesen schweren Zei­ten in Deutschland die Pflicht, nicht zu verzagen, sondern wirksam anzukämpsen- gegen die drohen­den, schwierigen, polirischen Verhältnisse. Erstes Ge­bot in solch gefahrvollen Zeiten istzusammenzustehen und zu kämpfen. Noch ist es Zeit, daß sich die bürgerlichen Parteien ihrer gemeinsamen Aufgabe besinnen und nutzlosen Parteistreit vermeiden.Der Landwirt schlage in die Hand des Kaufmanns ein, dieser in die Hand des Industriellen. Der Zugehö­rige einer Partei ergreife die Hand des anders Gesinnten, eine Konfession trage die andere mit Liebe." In diesem Sinn hat der Kaiser in Marien­burg beherzenswerte Worte zum Zusammenschluß ge­sprochen. Diese Worte haben auch in unseren Reihen lebhaften Anklang gefunden. Wie hat man in Kassel Differenzen in den eigenen Reihen zurücktretsn las­sen. Arrf wirtschaftlichem Gebiet eine absolute Einig­keit zu erzielen, ist bis heute nicht möglich gewe­sen: auch über die Stellung der Partei den anderen bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie ge­genüber ist Einheitlichkeit nicht vorhanden. Das liegt an der historischen Entwickelung der Parteien in den einzelnen Teilen des Reiches neben oder ge­geneinander. Die Leitsterne, die über der Kasseler Tagilng standen, waren Duldung und Disziplin. Und auch hier sei es offen ausgesprochen: Unser schlimmster Feind ist die Sozialdemokratie. Es ist auch charakteristisch, daß-der Abg. Müller-Meiningen sich in den letzten Tagen dahin erklärt hat, daß r'm Zusammengehen des Freisinns mit der Sozialdemo­kratie nach Magdeburg nicht möglich erscheine. Magdeburg hat gezeigt, wie notwendig ein starkes geeintes Bürgertum gegenüber der Sozialdemokratie in unserer jetzigen Zeit ist, und zwar gegenüber; beiden Strömungen in der Sozialdemokratie. Manche unserer Parteifreunde haben die Haltmeg unserer Badener Parteifreunde verstehen können. Andere sind entschieden dagegen. Das Auseinander- treibeu der nativnalliberalen Partei in Stadt und Land hat schon seine Erfolge gezeitigt, indem die Sozialdemokratie die Früchte einheimste. Viele ha­ben einen Abmarsch nach Links erwartet. Mit vol­lem Recht ist dies abgelehnt worden und der Grund­satz der vollen Selbständigkeit ausgestellt. Glauben Sic, daß Konservative und Freisinnige jetzt oder in

Der Baum merkt nicht die Last,

Hält d'rauf ein Vogel Raft,

Doch fliegt der Vogel weg,

So schwankt davon der Ast.

So fühlst du nicht die Luft,

Die wohnt in deiner Brust;

Doch wenn sie dir entfliegt,

So fühlst du den Verlust.

Rückert.

Der Franzose.

Erzählung aus der neuesten Zeit von M. Reinhold.

(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.

Und als Margot jetzt die rechte Hand müde auf ihre Knie sinken ließ, erfaßte sie Liese und küßte sie mit herzlicher Innigkeit.

»Das ist alles nicht so einfach, wie Du denkst, gute Liese/ sagte das Fräulein jetzt traurig.Ter, von dem ich spreche, und an den ich denke, ist ein armer Unglücklicher, der viel in der Welt hat erdulden müssen. Und darum muß ich ihn schonen, erst hören, was nun werden soll. Also, Liese, Du mußt mir heilig und teuer versprechen, niemanden zu sagen, was Du weißt. Willst Tu das?"

So wahr ich selig zu werden hoffe, gnädiges Fräulein, verspreche ich das. Aber ich weiß ja noch nichts näheres, was ich tun soll ?"

Also sage dem Manne, mit dem Deine Schwägerin Rose heute zum Bahnhof ging ..." Weiter kam Margot nicht, denn Liese stürzte zu ihren Füßen nieder, während sie nur mühsam ein krampfhaftes Weinen unterdrückte.

Das Fräulein beugte sich zu ihr nieder.Aber, was Haft Du denn, Mädchen, was ist Dir geschehen? Kennst Du den Mann schon, den ich meine, weißt Tu näheres von ihm?"

Langsam erhob sich Liese wieder.Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, mir ward mit eurem Mal so seltsam zu Mut, weiß gar nicht, was das war. Aber jetzt ist alles schon wieder vorüber und gut. Ja, ich kenne den Mann, Vater hat ihn gestern mit nach Haus gebracht, und heute ist er mit der Rose nach der großen Stadl. Weiter weiß ich aber nichts. Blos das noch. Ich weiß ja nicht, ob ichs eigentlich sagen darf, gnädiges Fräulein, aber die gnädige Frau hat mir zwei Zivanzigmarkstücke gegeben, daß der fremde Mann bald abreist. Aber weil Sie mir das vorhin erzählt haben, da will ich's Ihnen doch nicht verheimlichen."

Margot war blaß geworden, die feinen Lippen preßten sich fest auf einander.Das hat Dir meine Mutter gesagt? Nun bestelle zu Haus nur, was Du sollst. Aber das sage auch dem Manne, die Vergangenheit sei unvergessen von der, die ihm nahe gestanden. Weiter nichts. Und solltest Du mir einen Brief zu überbringen haben, dann denke an mein Geheimnis."

Das Mädchen nickte; zu sprechen war ihr in diesem Augenblick unmöglich. Doch als ihr jetzt auch das Fräulein ein Geldstück darreichen wollte, da wich sie hastig zurück. Nein, gnädiges Fräulein, nein." stieß sie hervor.Ich kann's nicht nehmen, ich tüs gern auch so für Sie und . .

Weiter kam sie nicht. Sie stieß ein kaum verständliches Gute Nacht!" hervor und eilte zur Tür hinaus, die Treppe

wieder hinab. Dort ftieß sie auf den Kutscher, der sie nach Haus zurückfahren sollte.Ich laufe heim!" keuchte sie ihm zu und dann war sie draußen auf der Chaussee und eilte fast rennend wie ein flüchtiges Reh nach Haus, Klein-Frie­dingen zu.

Sie mußte sich eine körperliche Anstrengung auferlegen, um ihren Schmerz nicht zu verraten. Gewiß, gewiß, es war ja Torheit von ihr gewesen, daß sie, ein dummes Ding, sich in den fremden Mann vergafft halte. Aber das war doch ein gar zu bittrer Trank, der ihr eben in Schloß Marien­grund dargeboten war. Das schöne gnädige Fräulein hatte diesen Mann geliebt? Und die gnädige Frau hatte ihr Geld gegeben, damit der Fremde so bald wie möglich weilerreise! Die hatte nicht daran gedacht, daß in ihrer Tochter Herz die Vergangenheit noch unvergessen sei. War denn nun der Fremde ein armseliger Patron, den man mit ein paar Gold­füchsen von dannen schicken konnte, oder war er etwas ganz anderes, weil Margot ihn nicht zu vergessen vermochte? Da­hinter steckte ein großes Geheimnis.

Aber die arme Liese mit ihrem jungen Herzen, in dem die erste Liebe so rücksichtslos, wenn auch unfreiwillig zertreten worden war, war nicht neugierig, das Geheimnis zu lüften. Sie hatte genug mit sich selbst zu tun, daß niemand merken sollte, was ihr Herz bewegte. Gerade kam sie an einen kleinen Fluß, über den eine Brücke führte. Bis mitten auf die Brücke rannte sie, da blieb sie im Mondschein stehen und trat hart an die niedrige Mauer. Das Wasser bildete hier einen kleinen Teich, und er war wohl tief genug, einem müden Menschenleben die letzte Ruhe zu gewähren. Aber daran dachte das Mädchen nicht, etwas anderes war ihr in den Sinn gekommen, die beiden Goldstücke brannten ihr immer noch in dem leichten Kleidchen. Das Gold behalten, um dafür seine Ruhe und seine Liebe zu stören? Nein!