Stille Nacht deckt das Schlachtfeld und seine Schrecken. Das leise Knistern brennenden Gebälks ist das einzige Ge­räusch, das sich mit dem Atem der Schläfer um mich mischt. Leiser Regen tröpfelt hernieder. Der Pulverdamps lagert auf der feuchten Erde. Hie und da ein einzelner Schuß ein kurzes Gewehrgeknatter dann wieder tiefe Stille. So zieht langsam die Nacht hin. Wir erwarten den Morgen. Ehe er kommt, ist auch der Befehl für eine neue Ver­wendung da. Tie Landwehr, die den Tag über starke Verluste erlitten hat, ist zurückgezogen worden, wir sollen wieder den Vorpostendienst übernehmen.

In tiefer Dunkelheit brechen wir auf, gehen durch das Dorf zurück und wenden uns der Mosel zu. Wir müssen das Schlachtfeld vom vorigen Tage iu seiner ganzen Breite durchqueren. Schwaches Dämmerlicht leuchtet unserm Marsch, alles sieht im fahlen Lichte gespenstig aus. An vielen Toten kommen wir vorüber. Man gewöhnt sich rasch an ihr Vorhandensein. Wie sie so friedlich daliegen! Die weißen Gamaschen der toten Franzosen leuchten wie ent­blößte Glieder. Die Gesichter sind meist dem ausgehenden Tage zugekehrt, die Toten scheinen zu schlummern. Ter Marsch stockt. Aut dem Wege liegen umgeworfen ein Paironen- wagen, Pferdeleiber, tote Soldaten, wohl die Fahrer, in einem Haufen übereinander getürmt. Wir müssen das Hindernis umgehen. Derartige Schrecken kehren auf unserm Marsch mieder. Wir passieren Gruppen von toten Kriegern, merkwürdig zusammengeworfen, ein noch glimmendes Gehöft, wo derKampfbesonders heftig getobtund furchtbare Spuren hin­terlassen hat, und erreichen im anbrechendenTagedenPlatz, wo wir Vorposten aussetzen sollen. Ringums sind flache Felder. Ganz nahe fließt die Mosel. Hier war es, wo gestern, als dicker Nebel die Felder deckte, um die Mittagszeit der Geg­ner in starken Massen vorgegangen war und unsere Vor­posten überraschend angesallen und überrannt hatte. Die Leute hatten sich in diesem Augenblick mit der Zubereitung der Mittagsmahlzeit beschäftigt; noch lagen die Tornister geöffnet umher, Lebensmittel waren zerstreut, Kochgeschirre standen an den erloschenen Feuern. Hier fanden wir einen Schützengraben, um ihn die Leichen unserer Landwehr aus­gestreut. Wir finden keinen toten Franzosen: deren Leichen sind offenbar mitgenommen worden, als die Franzosen auf ihre Ausfallsstellung zurückgingen.

Unsere nächste Aufgabe wurde es nun, das Schlachtfeld aufzuräumen. Da liegt am Schützengraben die Leiche eines jungen Offiziers. Die Augen sind weit geöffnet, dem Tages­licht zugekehrt, das Gesicht trägt e.nen freudigen, entschlossenen Ausdruck, der Tod hat es verschönt. Die Hände sind leicht geballt, die Beine etwas angezogen. Der Hals ist durch­schossen, er hat einen leichten Tod gehabt. Um ihn finden wir die Toten in den seltsamsten Körperhaltungen. Vielfach sind die Gliedmaßen nach oben gerichtet. Es macht einen erschütternden Eindruck, wenn der Körper auf dem Rücken liegt und sich der Arm nach oben streckt, oder gar, wenn beide Arme nach oben zeigen, gleich als wollten sie den Himmel umarmen. In natürlicher Lage mit ausgestreckten Gliedmaßen finden sich selten Körper. Die Beine sind mehr oder weniger bei allen gekrümmt. Da die Totenstarre ein­getreten, vermögen wir es nicht, den Gliedmaßen ihre natür­liche Lage zurückzugeben. Wir legen die Toten in Reih und Glied, untersuchen sie auf zurückgelasfene Wertgegenstände oder Kennzeichen. So gut wie nichts findet sich; andere Hände sind schon vor uns tätig- gewesen. Wir schaufeln inmitten einer Wiese ein großes Massengrab und betten die Schlummernden in langer Reihe auf dem Grunde. Wir suchen Zweige zusammen und bedecken damit die Körper. Aus den Zweigen ragen Arme in der Todenstarre heraus und deuten nach oben. Mittlerweile wird zwischen den Steinhaufen ein Verwundeter gefunden. Ter Arme wimmeri leise, sein Antlitz trägt den Ausdruck namenloser Pein. Ein Schuß hat ihm das Schienbein zerschmettert, und mit dieser schweren Verwundung liegt er nun schon 24 Stunden hilflos auf dem Felde. Er leidet entsetzliche Schmerzen, als wir ihn bewegen, und doch nimmt sein Antlitz einen hoffnuugs- freudigen Ausdruck an, als ihm zum Bewußtsein kommt, daß er bei Freunden und Landsleuten ist. Wir können wenig tun, um seine Olual zu lindern, bis das benachrichtigte Sanitätsdetachement ihn abholen kommt. Mittlerweile ist es Mittag geworden. Uns gegenüber auf der feindlichen Seile wird es lebhaft. Wir erkennen sich bewegende Gruppen von Menschen, dazwischen Maultiere und Wagen auf den init einem leichten Nebelschleier bedeckten Feldern. Der Feind sucht das Schlachtfeld ab. Niemand hindert ihn, in still­schweigender Verabredung fällt kein Schuß.

Ringsum herrscht Stille. Von ferne her, vom anderen Ufer des Flusses, tönt eine Glocke. Von rückwärts kommen zwei Reiter. Wir erkennen die Feldgeistlichen der beiden Konfessionen, die ihres Amtes walten wollen. Sie steigen vom Pferde. Wir treten an unsere lange Grube und ent­blößen das Haupt. Unter ihren Segensworten beginnen wir langsam die Grube mit Erde zu füllen.

Der Schlachttag hat seinen Abschluß gefunden, und uns deit Usberlebenden bleibt die Rückerinnerung, schmerzlich und doch erhaben, traurig und doch beglückend. Auch aus dieser Saat sollte Segen erwachsen.

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Schwarzwälder Sonntagsbla

ZU unseren Bildern.

König Mannet II von Portugal.

Portugal war in der abgelaufenen Woche der Schau­platz einer blutigen Revolution, deren Endresultat der Sturz des Königtums und die Proklamierung der Republik war. Der junge König Manuel hat seine Krone verloren und ist mit seiner Mutter und seiner Großmutter an Bord seiner Jacht Amelie aus dein Lande geflohen. Teils durch die Verschwendungssucht einzelner seiner Herrscher, teils durch innere Unruhen und Kämpfe hat das einst so reiche, blühende Portugal immer mehr an Macht und Ansehen eingebüßt. Im Februar 1908 fielen König Carlos 1. und der Kron­prinz Ludwig Philipp durch Mörderhand. Der damals erst 18jährige König Manuel ist nicht imstande gewesen, seinem Lande zu einer gedeihlichen Entwickelung zu verhelfen der immer mehr steigende Volksunwills hat nunmehr seinen Sturz herbeigeführt. Ob freilich die revublikanische Regierung eine Besserung bringen wird, bleibt abzuivarlen.

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Zum Fluge des Kapitäns Engelhardt nach Frankreich.

Der deutsche Flreger Engelhardt ist bei einem Fluge, der von Trier nach Metz führe:! sollt?, ms in die Nähe von Nancy gelangt. Ter Wrighlpilor startete am 30. Septem­ber um 4 Uhr 59 Minnten in Trier: 5 Minuten später war er über Igel, um 5 Uhr 48 Minuten befand er sich über Tiedenhofen, dann passierte er Hauroncourt und er­schien um 6 Uhr 20 Minnten über den Wällen von Metz. Er sah indessen die tiesgelegene Stadt nicht, überschritt bei Pagny die Grenze und flog in der Dunkelheit noch weiicr bis zu dem nördlich von Nancy gelegenen französischen Fabrikorte Pompe». Im ganzen haue er 200 Kilometer zurückgelegt. In Pompey wurde der deutsche Aviatiker von der Bevölkerung sehr freundlich ausgenommen.

der gelegentlich des tleberlandfluges TrierMetz tödlich verunglückte Flugiechniker.

Zum Todessturz des Aviatikers Haas.

Die Flugwoche von Trier hat kurz vor ihrem Ende ein Menschenopfer gekostet. Ter Aviatiker Heinrich Haas stieg am Nachmittag des 1. Oktober in Trier aus, um nach Metz zu fliegen. Er gelangte glücklich über Igl hinaus: als er aber in der Höhe von 150 Meier über das Torf Wellen himvegflog, geriet sein Wrighi-Doppeldecker ins Schwanken und der unglückliche Flieger stnrz'e hinab. Die Bewohner Wellens zogen die Leiche des Verunglückten unter den Trümmern seiner Maschine hervor. Haas war ein Schüler des Kapitäns Engelhardt. Er kegle erst am 5. September ds. Js. ans dem Fluplatz in Johannistal die Pilotenprüfung ab, zeichnete sich aber schon eine Woche später durch einen glänzenden Usberlandstug von Johannis­tal über Rudow, Schönfeld, Bohnsdori, Grunau und Adlershof aus. Er war der dri'.re deutsche Flieger, der in diesem Jahre tötlich verunglückte.

tt.

Allerlei.

8 Ein Bauplatz für fünfzehn Städte. Anläßlich der Städtebarmusstellung in Düsseldorf ist der Plan ausgetaucht, für die Städte des Kohlenreviers einen Bebauungsplan für eine Weltstadt im Industrie­gebiet aufzustellen. Man hat sich in den inter­essierten Kreisen, zu denen auch die Regierung in Düsseldorf gehört, gesagt, daß es jetzt noch mög­lich sei, die nötigen Maßnahmen in die Wege zn leiten. Durch schnelles und energisches Vorgehen will man verhindern, daß es für eine einheitliche Anlage zu spät wird. 15 Städte kommen dafür in Frage.

8 Ein deutscher Fremdenlegionär ist Ritter der französischen Ehrenlegion geworden. Unter den tapsern Soldaten, die wegen ihrer Kriegstaten in der marokkanischen Schauja mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet wurden, befindet sich, wie die Voss. Ztg. schreibt, auch ein gemeiner Soldat der Fremdenlegion, der Deutsche Haberhur, von dem in der Ordensverleihungsurkunde gesagt ist, er habe sich wie ein wahrer Held geschlagen. Eine erste Ku­gel zerschmetterte ihm den Schenkelknochen. Er wei­gerte sich, die Feuerlinie zu verlassen u. schoß weiter. Eine zweite Kugel ging ihm durch beide Ariden und wachte ihn für immer blind. Erst dann legte er seine Flinte ans der Hand und ließ sich, ohne einen Klagelaut auszustoßen, zur Ambulanz führen.

8 Kriminalroman und Kinderlektüre. Auf dem

in Berlin tagenden Internationalen Kongreß zur Fürsorge für Geisteskranke sprach Professor Pirk- Prag beachtenswerte Worte über die Folgen der Lektüre von Kriminalromanen ans die Heranwach­sende Jugend. Die massenhafte Lektüre solcher Ro­mane steigert die Phantasie-Tätigkeit des jugend­lichen Alters dermaßen, daß es ans dem Wege pathologischerTagtränme" zu oft schweren De­lirien und sogen. Dämmerzuständen kommt. Im kindlichen Alter ist zn vieles Lesen überhaupt nicht gut. Ein Junge oder Mädel, das seine Schularbei­ten sorgfältig erledigt, soll bei schönem Wetter möglichst im Freien spielen, und nur an Tagen, die den Aufenthalt im Freien verbieten, zu einer hübschen Jugendschrift greifen. Für unsre Kinder ist da gerade das Beste nur gut genug.

Z Freiluftschule im Winter. Am 3. Okk wurde in Montcka r (Nsw-Jersey) eine Freiluftschule eröffnet, die den ganzen Winter über sortgeführt werden wird und in der schwächliche Kinder unterrichtet werden sollen. Der Unterricht wird in einem, ganz wie ein Schulzimmer eingerichteten Zelt erteilt werden, dessen Wände jedoch nur bei schlechter Witterung geschlossen werden. Die Kinder erhalten wollene Kappen, die sie über die Ohren herunterziehen können, wollene Sweater, und für sehr kalte Tage einenSihsack", in dem sie bis zu den Schultern hineinkriechen können. Die Füße werden durch heiße Steine, dis in den Sitzsack gelegt werden, warm gehalten. Natürlich fehlen auch dicke Handschuhe nicht bei der Ausrüstung. Zunächst sollen dreißig Kinder in der Freiluftschule Aufnahme finden.

Humoristisches.

Die G. m. b. H.Ihr habt also eine G. m. b. H. gegründet? Was habt ihr denn da eingelegt?" »Na,ich meine Idee für das Geschäft und mein Kollege seine Er­fahrung als Kaufmann."Und der dritte Herr?" Ter hat einen Buchhalter beigebracht mit zehntausend Mark Kaution."

Boshaft. Feldwebel (als der Rekrut schon das drittemal vom Pferde saust):Huber, hier werden, keine Schauflüge arrangiert!"

Durchschaut. Hochstapler:Kurzum, Herr Kommerzien­rat ich besitze alles, was zu einer glücklichen und glänzen­den Ehe gehört." Kommerzienrat:Hm, ja, blos meine Tochter noch nicht."

Aus dem Tagebuchs eines Gauners.Für einen Gauner von heute haben die Gesetze mehr Schlupfwinkel, als für die Kollegen von einst die böhmischen Wälder."

Die Schwindelfirma. Chef (zum neueingetretenen Buch­halter) :Und Sie haben doch gesagt, Sie verstehen die Buchführung!" Buchhalter:Allerdings, aber die Ihre nicht!"

Er kennt ihn. A.:O, ich bin im Rauchen verwöhnt, wenn ich z. B. für eine Zigarre fünfzig Pfennig zahle . .

B. (einfallend):So bekommen Sie fünfundvierzig Pfennig heraus!'

Rätselecke.

Rätsel.

I.8t,m,6,r,,k,llfivA.

Es ist ein Sprichwort zu suchen, dessen einzelne Silben anstelle der Striche gesetzt die obigen Wortteile zu bekannten Hauptwörtern ergänzen.