Linie ansreichend Rechnung trägt, wird eine Bau- zeit von mehreren Jahren in Anspruch nehmen.
js Göppingen, 1. Okr. (Ausstand.« Die Metall- arbeitet' werden nun auch hier die airgedrohte Aussperrung damit beantworten, daß sie mit sofortiger Wirkung die Ueberstundenarbeit solange verweigern, als die Aussperrungsandrohung nicht zurückgenommen wird. Außerdem sollen Sonderbeiträge zur Stärkung der Verbandskasse erhoben Werdern Am Montag werden die Einignngsverhandlungen in Berlin fortgesetzt. Es wäre für beide Teile zu wünschen, daß sie zu einer Verständigung führen.
^ Gaildorf, !. Ok:. In Hausen a. R. vergaß ein Bauer am Abend seine trächtige Kuh einzu- sperreu. Das Tier verirrte sich denn auch in den Bergen, kalbte dort und wurde am anderen Morgen von Passanten zufällig gefunden. Der Besitzer machte große Augen, als ihm Kuh und Kalb gesund überbracht wurden.
st Schorndorf, 2. Okt. Zum Besuch der Landesversammlung des Württembergischen Hauptvereins des Evangelischen Bundes hätte nichts eine größere Anziehungskraft auszuüben vermocht, .als das prachtvolle, sonnige Herbstwetter. Aus allen Richtungen kamen die Festteilnehmer herbeigeeilt und die Bürgerschaft von Schorndorf hatte das hübsche Städtchen sehr festlich herausgeputzt. Namentlich der stimmungsvolle Marktplatz bot einen malerischen Anblick und die auf demselben stattgefundene Versammlung, in der Dekan Dr. Köstlin-Backnang und Rektor Eichele-Stuttgart gehaltvolle Ansprachen an die große Zuhörermenge richteten, war eine überaus eindrucksvolle Kundgebung. Um halb drei Uhr war die schöne Stadtkirche bis in alle Winkel vollständig besetzt. Die Predigt bei dem Festgohtesdienst hielt Dekan Miller aus Knittlingen, den Jahresbericht erstattete Schulrat Dr. Mosapp. Nachmittags fand die Festversammlung statt, in der Stadtpfarrer Traub die Festrede hielt.
Schorndorf, l. Okt. (Rücktritt.! Mit dem heutigen Tag tritt Herr Schultheiß Fischer in Schnait von seinem Amt zurück, das er 32 Jahre bekleidet hat.
st Gmünd, l. Okt. (Arbeiterkündigung.) In Sachen der hiesigen Lohnbewegung haben die Optimisten unrecht gehabt. Die Drohung des Deutschen Metallarbeiterverbandes, seine Stellungnahme je nach dem Verhalten der einzelnen Betriebsinhaber zu richten, hat ernste Folgen. Bei der Firma August Seitler kam es zu Differenzen, da die Firma die Forderungen der Arbeiter ablehnte. Der Deutsche Metallarbeiterverband verhängte nun über diese Firma die Sperre. Die Folge war, daß gestern abend sämtliche organisierten Arbeitgeber den Arbeitern, die dem Deutschen Metallarbeiterverband angehören, kündigten. Man hofft jedoch, daß in den nächsten Tagen eine Einigung zustandekommt und die Kündigung wieder zurückgenommen wird.
st Aalen, l. Okt. Die Nachbargemeinde Wasseralfingen wird in nächster Zeit nnweit der Kirche pinen großen, neuen Schulbau errichten lassen, dessen Kosten sich auf annähernd 100 000 Mark belaufen werden und der von vornherein für dis spätere Anfügung eines Anbaues eingerichtet werden soll.
st Gerabromr, 2. Okt. Infolge eines Augenleidens hat der Schultheiß von Beimbach, Pfei-
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Wer etwas allen vorgedacht.
Wird jahrelang erst ausgelacht.
Begreift man die Entdeckung endlich,
So nennt sie jeder: selbstverständlich!
Wilhelm Jensen.
Der Franzose.
^Erzählung aus der neuesten Zeit von M. Reinhold.
Nachdruck verboten.
Es ging gegen Abend, lieber der kleinen Stadt, an deren Nordrand seit Jahresfrist sich einige Fabrikschornsteine erhoben, riesigen Ausrufungszeichen vergleichbar, als wollten sie Hinweisen auf das, was kommen würde, wenn der Kapitalstrom immer mehr nach diesem stillen Erdenwinkel sich ergießen sollte, lag das müde Abendrot eines Herbsttages. In den Fabriken läutete die Glocke, die den Feierabend verkündete, und zahlreiche Arbeiterlrupps zerstreuten sich nach der Stadt und den benachbarten Dörfern zu. Die Beschäftigung war ihnen neu, sie schauten vergnügt drein und sangen muntere Lieder, während sie rascb dahinschritten. Von Bier- und Branntweinkneipen, in denen sonst nach Eintritt der Arbeitsruhe noch einer „gepfiffen" wird, war hier noch nichts zu bemerken.
Ein älterer und ein jüngerer Arbeiter wollten in den von der Abendsonne rötlich überhauchten Wald einbiegen, hinter dem, eine Viertelstunde entfernt, ihr Heimatsdorf Klein-Friedingen lag. Die Stadt selbst hatte früher den Namen Groß-Friedingen getragen, aber auf dringende Ein
ser, sein Amt niedergelegt. Die Gemeindekollegien haben seinen Sohn Leonhard als Amtsverweser bestimmt.
st Von der oberen Donau, 2. Okt. Die Kartoffelernte ist im Tal und auf der Alb in vollem Gange. Während man allgemein annahm, daß infolge der langandauernden Regenzeit des sommers viele Kartoffeln krank sein werden, stellt sich jetzt zur Freude des Landwirts heraus, daß der durch Krankheit abgehende Prozentsatz nicht höher ist, als in den anderen Jahren. Bei den Frühkartoffeln befinden sich ziemlich viele kranke Knollen. Bezüglich der Quantität ist zu sagen, daß der Ertrag auf steinigen mageren Aeckern mit leichtem Boden höher ist, ja meistens eine Bollernte liefert, als in ganz schweren und fetten Boden.
st Artrach, OA. Leutkirch, !. Okt. (Herr laß nach mit deinem Segen! Zum Viertenmal mit Zwillingen (Knaben ist der Landjäger Bauex. hier bescheert worden.
st Pom Bodensee, 30. ^epi. Estr neues Luftschiff beabsichtigt der Zahntechniker Albert Zollin- ger in Konstanz nach eigenen Entwürfen bauen zu lassen. Nach den vorliegenden Zeichnungen wird der Lenkballon dem Halbstarren System angehören und lediglich militärischen Zwecken dienen. Die Hülle soll eine Länge von lOO Metern erhalten. In der Anordnung der Gondel w'rd die eigenartigste Neuerung des Luftschiffes bestehen. Die Gondel, in die zwei Geschütze eingebaut werden, läuft an Rollen unter der Hülle und wird außerdem durch Luftpresser gegen die Erschütterung geschützt, die die abgegebenen Schüsse Hervorrufen. Als Besatzung sind 10 Mann vorgesehen. Bevor das Projekt nicht greifbare Gestalt angenommen hat, wird man der neuen Erfindung selbstverständlich mit einer gewissen Skepsis gegenüberstehen, wenn sich auch Herr Zollinger wiederholt erfolgreich als Erfinder betätigt hat. Die Lüftschiffkonstrukteure schießen in diesen Tagen wie Pilze aus der Erde.
* Berlin, l. Okt. Nachdem die Unruhen .in Moabit gestern abend unterblieben sind, ist zu hoffen, daß sie sich nicht wiederholen werden. Der Stadtteil machte heute im Laufe des Tages und in den Abendstunden den Eindruck vollständiger Ruhe. Es war nichts außergewöhnliches mehr zu bemerken und wenn auch die Polizei natürlich noch auf der Hut ist, so ist doch ihr Aufgebot 'stark vermindert und in ihren Vorbereitungen alles Aufsehenerregende nach Möglichkeit vermieden.
* Berlin, l. Okt. Die von Schutzleuten attak- kierten ausländischen Journalisten hatten sich an den Polizeipräsidenten mit einer Beschwerde gewandt. Darauf hat Polizeipräsident v. Jagow mit folgendem Schreiben geantwortet: „Ew. Hocb- wohlgeboren und Ihre Berufsgenossen haben sich mutig, aber ordnungswidrig in eine zusammengerottete Menschenmenge «Paragraph 1 23 Re'chsstraf- gesetzbuch « begeben. Ich bedaure lebhaft die Ihnen dadurch entstandene Unannehmlichkeit und wünsche dem verletzten Herrn Lawrence bald'ge Besserung. Der Dienst der Schutzmannschaft war in diesen Tagen ein außerordentlich schwieriger. Wie ich mich selbst überzeugt habe, hat die gesamte Polizeimannschaft mit höchst lobenswerter Energie und Kaltblütigkeit ihren Dienst versehen. Im fraglichen Augenblick war größte Schnelligkeit geboten. Das
gaben der Sladtväter hin das an dörfliche Niederlassungen ' erinnernde „Groß" vor ihrem Namen streichen dürfen, obwohl die sehr starke Zahl der Landwirtschaft treibenden Bürger, der Oetonomen, und die offenkundigen Zeichen ihres Betriebes eigentlich mehr an einen ländlichen Flecken, wie an ein emporstrebendes städtisches Gemeinwesen erinnerten. Auf den Aeckern waren da und dort noch Männer und Frauen tätig; die Kartoffeln waren erst zum Teil eingebracht, und die Rübenernle sollte noch beginnen. Verschiedentlich fuhr auch ein Wagen mit letztem Grummet von fern her durch die Waldwiesen.
Am Staßeurand, den Rücken an den Stamm einer mächtigen Kastanie gelehnt, saß ein einsamer Mann; die Landleute hatten ihn beim Vorübergehen flüchtig angesehen und waren sofort mit ihrem Urteil fertig: „Ein Stromer!" Als ob sie von der Art noch nicht genug im Lande hätten! Der ältere der beiden Arbeiter, die jetzt herankamen, blieb aber stehen. „Potz Tausend nochmal," meinte er halblaut zu dem jüngeren, „das ist ja ein französischer Infanterie- Mantel. Wer steckt denn darin? Der muß weit herge- wandert sein, bis er in unsere Kartoffel-Gegend kam."
„Laß ihn doch, Vater," versetzte der Jüngere gleichgiltig. „Woll n lieber machen, daß wir nach Hanse kommen. Du weißt, die Rose schilt. Sie kanns nicht leiden, wenn die Kartoffel und die Speckslippe kalt werden."
„Ach was, laß Du Deine Rose," brummte der Aeltere, der auf den schönen Namen Anton Wuddicke hörte, mährend sein Sohn, der Mann der Schwiegertochter Rose, den Vornamen Karl führte; „wenn Du Dich Haft unter den Pantoffel kriegen lassen, schön, ich bin kein Waschlappen. Mit dem Mantelmann muß ich ein paar Worte sprechen. Sollte mir leid tun, wenn den der Gendarm packte. 1870 71 haben wir uns mit ihnen herumgeschlagen, aber die schlech
dabei erfolgte Versehen ist durch die Gesamtsituation immerhin erklärlich, sodaß ich ablehnen muß, gegen die beteiligten Beamten vorzugehen."
st Berlin, 2. Okt. Der Verein der Ausländischen Presse hielt heute eine außerordentliche Generalversammlung ab, worin einstimmig eine Resolution angenommen wurde, in der es zum Schluß heißt: Die Generalversammlung, die sich mit englischen und ameriLinischen Kollegen vollkommen solidarisch erklärt, legt gegen den vom Polizeipräsidenten vertretenen Standpunkt entschieden Verwahrung ein.
Ueberlandflug Trier-Metz,
Metz, l. Okt. Kapitän Engelhardt ist kurz vor > 2 Uhr auf dem hiesigen Flugplatz im Automobil eingetroffen. Er erklärte, die Franzoien hätten ihn ganz außerordentlich liebenswürdig behandelt und gestern abend sofort wieder in Freiheit gesetzt.
* Metz, !. Okt. Der Aviatiker Haas, der um 4 Uhr 59 Min. in Trier ohne Passagier zum Flug nach Metz starrte, ist bei Wellen a. d. Mosel gestürzt. Haas ist tot, sein Apparat zerbrochen.
* Metz, !. Okt. Jannin hat den ersten Preis in Höhe von 20 000 Mark für den Fernflug gewonnen.
Ausländisches.
st Wien, 2. Okt. Heute fand vor dem Rathaus eine von der sozialdemokratischen Partei veranstaltete Demonstration gegen die Fleischteuerung und die Zölle ans Lebensmittel sowie für Aufhebung des Fleischeinfuhrverbots statt, an der etwa 80 000 Personen teilnahmen. Die Versammlung ist durchaus ruhig verlaufen.
* Wien, l. Okt. Das Ministerium des Aeu- ßern veröffentlicht folgendes Communique: „Graf Aehrenthal, dem die Ehre zu teil wurde, vom König von Italien in Racconigi empfangen zu werden, hat bei diesem Anlaß ein eigenhändiges Schreiben, des Kaisers Franz Josef übergeben. Die von den Ministern des Aeußern Italiens und Oesterreich-Ungarns in Turin gepflogenen Besprechungen bildeten die natürliche Fortsetzung jener, die in Salzburg und Ischl stattfanden, ohne daß sich in der Zwischenzeit neue, die internationale Lage verändernde Tatsachen ergeben haben. Die beiden Staatsmänner haben neuerlich konstatiert, daß sie im Verein mit dem Berliner Kabinett unentwegt und aufrichtig im Sinne der friedlichen Ziele des Dreibundes tätig sind.
st Turin, 2. Okt. Graf Aehrenthal hat von Pontabba aus an Marchese di San Giuliano folgende Depesche gesandt: Bevor ich Italien verlasse, drängt es mich. Ihnen herzlich für den würdigen Empfang zu danken, den Sie mir zu bereiten die Güte hatten. Es war mir besonders angenehm, unsere Unterredung wieder aufnehmen zu können, die uns gestattete, die Uebereinstimmung unserer Ansichten betreffend die Fragen, tue uns beschäftigen, feststellen zu können. Aufrichtige und freundschaftliche Grüße. Marchese di San Giuliano antwortete mit folgendem Telegramm: Ich danke herzlich für Ihre liebenswürdige Depesche. Meinerseits drängt es mich, Ihnen die Versicherung zu
testen Kerle waren's nicht. Holla, Freundchen, von soir, oamsraäs, woher deS Wegs und wohin?"
Ein Helles Leuchten flog über das gebräunte, magere Gesicht des Fremden, als er sich auf der Landstraße so freundschaftlich angeredet sah. Die Begrüßungsworte, die er von den Landleuten vernommen hatte, waren alles andere wie liebenswürdig gewesen, er schien, nach seinem abgerissenen Aenßeren zu urteilen, überhaupt wenig Teilnahme unterwegs gefunden zu haben.
Die Antwort war ein kräftig klingendes „Guten Abend, Kamerad! Vielen Dank für den Willkomm. Woher ich komme? Aus Afrika. Wohin es geht? Der Nase nach. Wo mich Jemand haben will. Bisher hat sich aber noch keiner um mich gekümmert."
„Von Afrika her?" sagte Anton Wuddicke bedächtig, während fein Sohn mit offenem Munde dem Gespräch lauschte. „Ein schönes.Ende. Das merkt man auch. Na, wie wärs mit 'ner kleinen Herzstärkung vor dem Weitermarsch ?"
„Die nehm' ich an," sagte der Mann in dem Franzosen- mantel dankend. „Prost, Kamerad!" Er nahm einen tüchtigen Zug, gab die Flasche zurück und schüttelte dem biederen Wuddicke kräftig die Hand, der nun seinerseits trank, worauf sein Sohn den letzten Tropfen leerte.
Der Franzose hob ein kleines Bündelchen, welches neben der Kastanie am Boden gelegen hatte, auf, gab sich einen Ruck und sagte: „Na, dann also vorwärts. Und guten Abend und nochmals vielen Dank!"
Aber der alle Wuddicke hielt die sehnige Hand fest, die ihm nochmals dargeboten war. „In Nacht und Nebel willst Du reinlaufen, Freundchen?" duzte er den Fremden sofort nach Klein-Leute-Art. „Nee, das hat doch wohl keinen Zweck mehr. Seh' ja schon, daß Du eine deutsche, ehrliche