Landrsnachrichtrn.
ff Herrenöerg, 21. S.ept. Zu dem bereits ge meldeten Brande in Uhsitss rjettingen hat die elektrische Ueberlandzentrale mit einem Automo bil einen ihrer Monteure nach dem Brandplatze geschickt, da in dem abgebrannten Hause elektrisches Licht eingerichtet war. Als nun der Monteur wieder nacii Hause fahren wollte, kam auf der schlüpfrigen Straße das Automobil ins Gleiten und fuhr mit voller Wucht gegen einen Baum. Die Insassen, der Monteur und der hiesige Amtmann, erlitten dabei nur unwesentliche Quetschungen, während der vordere Teil des Automobils z erstell mm ert wurde.
* Herrenalb, 21. Sept. Die Einweihung der aus der Teufelsmühle erstellten Schutz Hütte mit Nussichts Platte mußte auf kommenden Sonntag, den 25. ds. verschoben werden. Die Einweihungsfeierlichkeit mit Ansprachen der Vertreter des Württ. und Bad. Schwarzwaldvereins :st auf 1 2einhalb Uhr festgesetzt.
si Tübingen, 21. Sept. Vermutlich durch Selbstentzündung des Oehmdes brach in der Scheuer des Händlers Martin Stumpp Feuer aus, das rasch auf das Nachbargebäude des Fuhrmanns Paul Löfs ler Übergriff. Beide Häuser brannten vollständig nieder. ,
sj Stuttgart, 21. Sept. Im Hinblick auf den Mangel an verfügbare^ evangelischen Predigtamtskandidaten ist mit Ermächtigung des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens von dem evangelischen Konsistorium der Schluß der 1. theolo- giscben Dienstprüfung des Frühjahrs 1911 auf Mitte Februar festgesetzt worden; die Meldungen sind daher schon bis 28. Dezember 1910 einzureichen.
s! Stuttgart, 21. Sept. Zur Beratung der Fleischteuerung tritt der w ü r t 1 e m be r g i s ch e Städtrtag übermorgen im Rathaus zusammen.
u Stuttgart, 21. Sept. Eine Konferenz der Obermeister der württembergischen Fleischerinnungen findet am 12. Oktober hier statt. Es soll die Fleischteuerung besprochen werden. Voraussichtlich wird um eine Audienz beim Minister des Innern seitens des Landesverbandes nachgesucht werden.
si Stuttgart, 21. Sept. Wie die Württ. Kriegerzeitung bekannt gibt, muß die Zahl der Teilnehmer an der Einweihung des Württem- berger-Denkmals bei Champigny auf eine Abordnung von 30 Veteranen eingeschränkt werden. Die Mitglieder, die an der Einweihungsfeier teilnehmen können, sind aus der Zahl der Veteranen, die sich für den Sonderzug angemeldet hatten, durch das Los bestimmt worden und erhalten einen Ausweis zugestellt. Das Präsidium sieht sich des weiteren veranlaßt, schon heute zu erklären, daß Kameraden, die etwa gedächten, unerwartet in Paris aufzutreten, ohne zur Teilnahme aufgefordert und im Besitz des Ausweises zu sein und sich der Hoffnung hingeben, auch ohne solchen an den Veranstaltungen teilnehmen zu können, das Präsidium in die peinliche Lage versetzen würden, sie unbedingt zurückweisen zu müssen.
!s Zuffenhausen, 21. Sept. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein! So hieß es am Samstag um halb fünf Uhr nachmittags nächst der Friedrichswahl. Dort zog ein Latrinenbauer mit
So lang die Toren nicht aus dieser Welt verschinden, Wird unter ihnen stets sein Brot ein Kluger finden.
Aus Vorposten vor Paris.
Persönliche Erinnerungen von Georg Buß.
(Schluß.) Nachdruck verboten.
Wochen vergingen, die Blätter fielen von den Bäumen, kalte Nebel stiegen auf — und wir standen noch immer auf Vorposten. Am 7. Oktober zogen hoch über unsere Stellungen Luftballons, nach denen eifrig geschaut und ohne Resultat geschossen wurde. Lautlos und schnell verschwanden die kühnen Segler im grauen Gewogs der Wolken. Die Ebene vor uns war zum Teil unter Wasser gesetzt und glich einem großen See — der Feind hatte die Ueberschwemmung kunstgerecht durch Sperren verschiedener Bäche bewirkt. Unheimlich lagen hinter der blinkenden Wasserfläche die Werke von Fort De l'Est. Von Zeit zu Zeit blitzte es von den Wällen feurig auf — ein Rauschen und Sausen in der Luft, ein Donner- gekrach vom Einschlagen der Granate, und dann Stille.
In den von Einwohnern verlassenen Quartierdörfern hatte man sich so bequem als möglich eingerichtet. Es galt ja nach den vierundzwanzigstündigen Anstrengungen des Vorpostendienstes einen oder zwei Tage „behaglich' zu rasten, bis die Pflicht aufs neue hinausrief. Man spielte Skat, putzte Gewehr, Koppel, Knöpfe und Stiefel, trat zur Stiefelparade oder zur ärztlichen Untersuchung an, exerzierte fleißig, schoß nach Scheibe, fegte die Straße, holte Proviant und
beladenem Wagen seine Straße, als ein ca. 15' Jahre alter Knabe dem Fuhrmann einen Streich spielen wollte, indem er den Patentverschluß umstellte, um den Inhalt zu entleeren, worauf er dann mit freudiger Miene davongesprungen wäre und zu dem Schaden des Fuhrmanns gelacht hätte. Aber es ging nicht so fröhlich zu, wie der Knabe, geglaubt hatte. Denn beim Oeffnen des Hah-nens kam ihm eine solch starke Bescheerung auf den Kop> und Leib, daß er in seinem Sammetanzügle bis zur Unkenntlichkeit verunziert und zetermordio schreiend dastand. Die Zuschauer indessen Hattert ihre Freude dabei, denn selbstverständlich sah sich niemand veranlaßt, den Knaben, dem so schnell der Lohn für seinen. Streich geworden war, näher zu besichtigen, viel weniger ihm Hilfe zu teil werden zu lassen. Auch der Fuhrmann freute sich der kräftigen, geschmackvollen Wirkung seiner Ladung, schloß mit freudigem Gesicht den Hahnen und fuhr ruhig weiter. Die Eltern des Knaben aber werden gewiß über den Vorfall weniger gelacht haben. Ob's nicht nachher geheißen hat: Das Büb- lein hat getropfet, der Vater hat's geklopfet ?
st Schorndorf, 21. Sept. Die Landesversammlung des Württ. Hauptvereins des Evang. Bundes findet hier am Sonntag den 2. Oktober statt.
st Brackenhcim, 21. Sept. Der aus Schwaigern gebürtige Matthäus Eutinger biß. dem Hilfspolizeidiener Schneidermeister Pfäffle in Gemmin- gen, als dieser ihn wegen Ruhestörung fsstnehmen wollte, den Zeigfinger der rechten Hand glatt ab. Auch zerriß er ihm die Uniform vollständig. Den abgebissenen Finger hat Eutinger anscheinend verschluckt. Nach der Tat versteckte sich Eutinger in einer Scheuer, die die Nacht über von Bürgern um stellt wurde, um seine Flucht zu verhindern. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den „Feinschmek- ker" zu verhaften.
st Hcilbrorm, 21. Sept. Der vorjährige Wein spielte heute vor Gericht eine Rolle in der Verhandlung, welche vor der Strafkammer Rottweil als erste in dem neuen Landgerichtsgebäude stattfand. Von einer Stuttgarter Weinhandtung hatte ein Hotelier von Horb im Oktober vorigen Jahres 600 Liter neuen Schuaiter bezogen. Den Ladenschein von Schnait hatte er sich auZbeduugen. Nachts kam der Wein in die Stuttgarter Küferei, wo er umgeschlaucht und andern Tags in einem anderen Faß zum Transport gebracht wurde. Dem Weinhändler, der ihn versuchte, kam er „etwas gering" vor, wie eben die letztjährigen Weine gewesen seien. Als der Wein aber in Horb ankam, erschien er dem Ortssteuerbeamten als „nicht ganz recht", dem Besteller als „leer" und „fad" und auf Anraten des Ortssteuerbeamten hilft der Wirt dem Weine nach durch Zugießen von ca. 6 Liter Zuckerwasser auf 100 Liter Wein, außerdem durch Beimischung von 40 Liter Stetteuer, den er als sogenannten „Kirchweihwein" von der gleichen Firma bezogen hatte. Er wollte dem Wein mehr Leben, Alkoholgehalt geben und ihn mundgerechter machen. Als aber der Wein amtlich untersucht wurde, war er übermäßig „gestreckt"; auf 70 Liter Wein waren 30 Liter Zuckerwasser zugesetzt, also ca. 50 Prozent, ein Maß, das das gesetzliche weit überschritt. Der Wein war ungehener säurearm, und der Säuregehalt eben durch das Zuckerwasser noch mehr vermindert; der Wein war als „Naturwein" aus der Faktura bezeichnet, die noch die Bemerkung
kochte, briet und schmorte, so gut es anging. Mit Freuden wurde die erste Erbswurst begrüßt — sie ergab beim Kochen einen steifen Brei, in dem der Löffel senkrecht stehen blieb. Doch Erfahrung macht klug — und so senkte man nicht mehr die ganze Wurst ins kochende Wasser des Kochgeschirrs, sondern nur ein kleines Fragment. Das Resultat war, solange die Erbswurst frisch und nicht ranzig schmeckte, eine Suppe, die trefflich mundete. Auch Kaffeebohnen gab es. In Ermangelung einer Kaffeemühle wurden sie in einem Säckchen klein „gekloppt". Jede sparsame Hausfrau würde in Entsetzen geraten sein über den Bohnen-Chimboraffo, den Mann für Mann zur Bereitung einiger Taffen des braunen Trankes Arabiens für absolut notwendig hielt. Ja, der Kaffee war nicht schlecht, aber um so miserabler waren die Zigarren, euphemistisch „Liebesgaben" genannt. Diese Glimmstengel, an Odeur die chinesischen Stinkbomben übertreffend, veranlaßlen den Magen zu ... . Schwamm drüber! Galt sei Dank, fehlte es nicht an Rotspon und Kognak. Ebenso nicht an Trauben, Obst, Gemüse und Kartoffeln — Keller, Felder und Gärten gaben, da kein Besitzer zu sehen war, ihre Schätze willig her. Zudem wurde von unserer Intendantur, die Großartiges geleistet hat, Brot, Hammelfleisch, Speck, Reis und Salz in achtungswerter Quantität und Qualität geliefert, während der Marketender alle „feineren" Genüsse, wie Schokalade, Zucker, Häringe, Käse, Wurst und Schinken, beide sehr wahrscheinlich von Rössern, spendete, allerdings nur gegen riesige Summen. Wenn so ein halber Hammel für die Korporalschaft herangeschleppt war, wurde er je nach der Zahl der aus drei oder vier Mann bestehenden Kochgemeinschaften in sechs, sieben oder acht Teile zerlegt. Dann kommandierte der Herr Unteroffizier mit feierlicher Miene: „Sie, Müller, drehen Sie sich 'mal zur Wand um!" Und Müller wandte sein freundlich grinsendes Gesicht der Wand zu. „Wer soll das Teil haben?"
enthielt, daß der nicht als Natnrwein bezeichnte Wein gemäß Artikel 3 des Weingesetzes gezuckert st. Der Staatsanwalt hielt die Klage aufrecht, der Verteidiger verwies auf alle andere Möglichkeiten selbst während des Transportes zur Zeit des „Neuen", die die Lebensschicksale des Weines verändert haben könnten. Das nahm auch das Gericht an und sprach den Angeklagten frei. Nachgewiesen sei zwar, daß der Wein weit über das gesetzliche Maß gewässert sei, aber nicht -erwiesen, daß dies dem Angeklagten zur Last gelegt werden könne. Auch fahrlässig habe er nicht gehandelt, da er auf Anraten nur Erlaubtes getan zu haben glaubte.
st Gerabronn, 21. Sept. Als der Landwirt Ziegler auf dem Felde mit der Sämaschine beschäftigt war, scheuten Plötzlich die Pferde. Ziegler geriet unter die Maschine und wurde mehrere 100 Meter weit geschleift, bis die Maschine endlich umkippte, wodurch er freikam. Er hat jedoch so schwere Verletzungen im Gesicht und am Oberkörper erlitten, daß er kaum mit dem Leben davonkommen dürfte. Außerdem hat er beide Arme und mehrere Rippen gebrochen.
st Seibranz, OA. Leutkirch, 21. Sept. Vorgestern abend brachten Sturmläuten und Feuersignale die hiesige Einwohnerschaft in große Aufregung. Eine gewaltige Rauchwolke hüllte (von hier aus gesehen) das Wohn- und Oekonomiegebäude des Bauern Grotz in Starkenhofen ein. Als nach kurzer Zeit die Feuerwehrmannschast mit der Feuerspritze auf der Höhe vor Starkenhofen anlangte, erkannte sie, daß der Rauch von einem auf dem Felde brennenden Hausen Kartoffelkraut herrührte. Da lohnte sich das Spritzen nicht.
st Vom Bodeirsec, 21. Sept. In Konstanz wurde aus der Güterverwaltung schon wieder ein Saccharin s ch m u g g l e r verhaftet, als er eine 36 Kilo schwere Kiste mit Saccharin zur Beförderung aufgeben wollte. Der Verhaftete scheint sein Handwerk schon längere Zeit getrieben zu haben.
Vom Manöver.
* Horb, 20. Sept. Heut? war es kein fröhliches Kriegsühren im Korpsmanöver. Das Wetter hat umgeschlagen; heute früh setzte der Regen so kräftig ein, daß die Truppen bald bis auf die Haut durchnäßt waren. In Horb gab es gestern bis in die Nacht hinein noch einen zähen Kampf. Ebenso hartnäckig als Blau die im Laufe des Nachmittags besetzten Neckarübergange in Horb und in Mühlen zu halten sich bemühte, versuchte Rot sie zu gewinnen, was aber mißlang. Heute demonstrierte Blau in der Linie Horb Egelstal mit schwachen Kräften und ging mit den Hauptkräften in der Linie Egelstal -Bahnhof Eyach über den Neckar in der Absicht, Rot aus der Linie Nordstetten Mührin- gen anzugreifen. Demgegenüber hatte sich Rot mit dem schwächeren Teil seiner Kräfte bei Nordstetten und Taberwasen und mit den Hauptkräften bei Dom- melsberg bereit gestellt, um Blau beim Aufstieg aus dem Neckartal durch -einen Vorstoß zurückzuwerfen. Nach langem Hin- und Herwogen des Kampfes bei Nordstetten suchte sich Rot, das unter der Wirkung der überlegenen feindlichen Artillerie beträchtliche Verluste hatte, auf Renfrizhausen -Mühlheim zurückzuziehen und ging hinter dem Mühlbachabschnitt zur Ruhe über. Blau folgte bis in die Llni? Dettenhausen—Wiesenstetten—Weildors. Morgen wird Blau den Auftrag erhalten, ein Einwirken
Bedächtig antwortete Müller: „Die dritte Kochgemeinschaft!' „Und wer das?" „Die fünfte Kochgemeinschaft!" In dieser Weise ging die Geschichte in Wahrung höchster Gerechtigkeit weiter, bis der halbe Hammel verteilt war. Nur merkwürdig, daß dabei auf die Kochgemeinschast des „Häuptlings" stets die prächtige Hinterkeule fiel. Oh, es gab Kniffe, über die sich mit Ausnahme des Häuptlings und seiner Kochkollegen, der beiden „Jnnjährigen", die ganze übrige Korporalschast fast den Kopf zerbrach. Doch man ließ sich über solchen Kniffen die Lust am Braten und Kochen nicht verdrießen, bis es — einen fürchterlichen Krach gab und die einschlagende Granate im Handumdrehen unter Brechen, Splittern und Bersten einen Lichtschacht vom Dach bis zum Keller schuf. Na, der Staatsbesuch war noch gut abgelaufen — es wurde weiter geschmort und gebraten.
Sie schossen nicht schlecht, diese Artilleristen der französischen Forts. Unsere Vorpostendörfer waren von den Granaten wie durchsiebt. Le Bourget, Pierrefitte, Stains, Montmagni) — wie sahen sie aus! Und auch den Quartier- dörfern wurde von den riesigen Klötzen, den Zuckerhüten unaufhörlich übel mitgespielt — bald flog ein Torpfeiler, bald ein Dach, bald ein ganzes Haus ineinander. Die schöne englische Villa in Pierrefitte war mit ihrer reichen Gemäldesammlung Ruine geworden, „vätruit pur un obns tranqais" hatten wir an die noch ragende Frontmauer geschrieben. Und ein Homerkundiger und Prophet hatte nahebei an der Gartenmauer griechisch zitiert: „Einst wird kommen der Tag, da das heilige Ilion hinsinkt." Leider dauerte es noch sehr lange, ehe der erhoffte Tag kam.
Aus dem Herbst wurde der Winter. Schnee wirbelte sachte hernieder und deckte leise das Land zu. Auf der Höhe bei Montmagny standen wir auf Vorposten und schauten > ernst und still auf das weiße Leichentuch. Rechts von un- ! ragte der Kirchturm von Villetaneuse. Das Zifferblatt seiner