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Kr. 222

I Verlag u. Druck der W. Rieker'schen j Buchdruckerei (L. Laut), Altenfteig.

Born sozialdemokratischen Parteitag

' Am Dienstag war der große Tag, wo

die Badener vor dem Parteigericht

, sich zu verantworten hatten. Ueber die Budget­bewilligung der Badener führte Bebel u. a. aus: - Bereits in Dresden 1003 hatten wir uns aufs ! schärfste gegen die Budgetbewilligung ausgespro­chen und damals hatten fast alle Süddeutschen, dar- l unter Frank, Kolb, Vollmar und Lindemann dem ! Beschluß zugeftimmt. Die jetzige Budgetbewilligung ! in Baden ist unter diesen Umständen ein schwerer j Disziplinbruch, aber sie ist mehr: sie ist ein Bruch grundsätzlicher Festlegungen, die auf drei Par­teitagen getroffen worden sind. Ohne Sichfügen unter die Beschlüsse der Partei ist aber kein Partei­leben möglich. Man kann auf die Aufhebung der Beschlüsse hinarbeiten; ^so lanLe sie aber bestehen, muß man sich ihnen unterwerfen, und wenn die : badischen Genossen es aus besonderen Gründen mit ^ ihrem Gewissen nicht hätten vereinbaren können, i dem Beschluß zu folgen, dann hätten sie höch­stens den Saal verlassen und sich der Abstimmung über das Budget enthalten dürfen. Nun berufen sich die Badener auf die Erklärung der 66 Süd- , deutschen, die nach der Nürnberger Debatte abge-

! geben wurde, und in der sie sagen, es sei Sache

' der Landesorganisationen, über solche Fragen zu entscheiden. Aber diese Erklärung war nur eine ^ Deklaration von Ansichten; solange sie nicht Folgen ' hatte, hatten wir kein Recht, nns damit zu be-

> fassen. David meint, man dürfe in der Partei kei-

> nen Kadavergehorsam verlangen. Na, wenn in der ! Armee solch einKadavergehorsam" herrschte, wie ! in unserer Partei, dann würden gewisse Herren aus ! der Haut fahren von ihrem Standpunkte aus

mit Recht. Die Budgetverweigerung soll großen ! Scbaden anrichten, aber selbst d-e bürgerlichen Par : teien haben das Mittel der Budgetverweigernng an- : gewandt, wenn sie in scharfer Opposition standen, j Wie sollten wir also Bedenken tragen, das gleiche ' zu tun, während wir in der s chärfsten Opposition zum herrschenden Regime stehen? Was har nns denn groß gemacht, wenn nicht unsere Jahrzehnte alte Taktik der schärfsten Opposition? (Lebhafter ! Beifall.) Die Badener sprechen von den großen

. Erfolgen, die sie mit Hilfe des Blockes erzielt

I ' hätten. Nun, Erfolge, die mit Hilfe der National- ^ liberalen erreicht werden, sind nicht so weit her. Und deswegen habt ihr euch in die Abhängigkeit von den Nationalliberalen begeben! Wenn

wir mit bürgerlichen Parteien Zusammen­gehen, so ist tausend gegen eins zu wetten,

daß wir dabei die Verlierenden sind. Es ist sozu-

^ sagen ein Naturgesetz, daß bei einem Zusammengehen von links und rechts die Rechte den Vorteil hat. Solch ein Zusammengehen lähmt die Kritik und legt zwingende Rücksichten auf. Einen" Block von Bas - z sermann bis Bebel lehnt Bassermann ab. Ich ^ will eben so wenig von ihm wissen. Als Nänmänn die ParoleBon Bebel bis Bassermann" ausgab, tras ich am folgenden Tage den Abgeordneten Bas­sermann im Reichstag und sägte zu ihm :Na, ver­ehrter Blockbruder, wie steht's denn?" Darauf ant lvortete Bassermann:Ach was, Blödsinn", wor- s auf ich erklärte:Einverstanden". (Große Heiter­keit und Beifall.- Auf die Dauer kann sich keine Partei gefallen lassen, daß solche Vorkommnisse wie in Baden passieren. Wenn das den Abgeordneten gestattet sein sollte, dann müßte man das gleiche Recht jedem Genossen geben. Weyn aber ein ge­wöhnlicher Genosse so etwas tut, so fliegt er raus. Daher jetzt auch die A u s s ch l u ß a n tr ä g e gegen die Badener. Auch ich habe weiter überlegt, ob , ich einen solchen Antrag einbringen soll. Wir haben , darüber beraten, und da hat man mir Gründe an­gegeben, die mich davon abgebracht haben. Wenn ! dasselbe aber noch einmal passieren sollte, dann, gibt es keine Gnade. Es muß ja zugestanden werden, daß die badischen Fraktionsmitglieder glauben konnten, ihre Landespartei hinter sich zu haben. Man kann daher nicht sagen:Die badischen Abge-

DonnerStag, ds« 22. Ssptember.

Amtsblatt für Pfalzgrafe»wetler.

rsw.

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ferner frei von allen Vertuschungen. Auch in der Debatte haben die Süddeutschen sich mit größter Offenheit zu ihren Ansichten bekannt. Das ist ein Zeichen der veränderten Zeitläufte. Der Revisio­nismus versteckt sich nicht mehr. Er kämpft mit dem extremen Radikalismus als Macht gegen Macht.

* Magdeburg, 2l. Sepj. In der Nachmittags- sitzung des sozialdemokratischen Parteitages ist die Debatte über die Budgetbewilligung zu Ende ge­führt worden.

Tagespolitik.

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ordneten haben Verrat geübt." Wenn sie Verrat geübt hätten, dann tonnte es keine Rücksicht ge­ben. Aber ein Beweis dafür, daß hier Verrat ge­übt sei, liegt nicht vor. Verrat nenne ich es, wenn ein Genosse bewußt die Partei schädigt oder wenn cr Vorteile für sich erringen will, etwa wenn er Geheimrat werden möchteß^E>a das nicht vorliegt, sind Parteivorstand uno I^ntrollkommission gegen die vorliegenden Ausschlußanträge und bitten drin­gend, sie zurnckzuzieyen. Aber es darf nicht noch einmal gegen Parteibeschlüsse gehandelt wer­den. Der Parteitag ist die oberste Instanz der Partei. Als solcher hat er das Recht, in al­len Parteiangelegenheiten endgültig zu entscheiden. Es gibt kein Kollegium und keine Person, die sich dieser Entscheidung entziehen könnte. Es ergibt sich daraus, daß wir eine einheitliche Partei mit ein­heitlicher Organisation und einheitlichem Pro­gramm sind. Ihr Süddeutschen habt zu viel Gemüt. Ihr seid zu weich, wir aber brauchen feste und harte Männer. (Großer Beifall. Auf den Hofgang habt Ihr ja verzichtet. Ich freue mich, daß heute die Genossen, die dazu auserjehen waren, bei Hofe zu erscheinen, bei uns weilen. Heiterkeit? Ebenso wie ich mich freue, daß die Badener 24 Stunden das Budget ablehnen wollten Heiterkeit.: Damit habt Ihr alle Argumente für die Budgetbewilli­gung über den Haufen geworfen. Hier muß endlich Klarheit geschaffen werden. Wer leinen eigenen Weg gehen will, der mag es tun. Die Partei wird es ohne Spaltung überstehen. Wir müssen geschlossen marschieren, nicht nach rückwärts, sondern vorwärts durch und drauf. (Stürmischer Beifall?

Nachdem sich der minutenlange stürmische Bei fallsstnrm gelegt hatte, ergriff der badische Land­tagsabgeordnete Frank das Wort, der Redner der Badenser und Revisionisten. In eineinhalbstündiger Rede Bebel hatte 2 Stunden gesprochen - suchte er in geschickter und wirkungsvoller Weise das Ver halten der badischen Genossen zu rechtfertigen, in­dem er zunächst Bebel dankte, daß dieser im Ge­gensatz zu Stadthagen u. Gen. die gute Absicht, der Badenser anerkannt hatte, und darauf darlegte, daß es unter Umständen nicht nur kein Diszip­linbruch, sondern eine Pflicht der Parteigenossen sei, Parteitags-Beschlüssen zuwiderzuhandeln. Weder Bebel noch Frank berührten die Frage des tat tischen Zusammengehens mit der bürgerlichen Lin­ken bei den nächsten Reichstagswahlem Nachdem sich noch Genosse Pens gegen persönliche Bemerkungen Bebels zur Wehr gesetzt hatte, folgte die Mittags­pause und nach dieser die teilweise sehr erregte Dis­kussion gegen die badischen Budgetbewilliger.

Franks Korreferat war glänzend in der Form und inhaltlich von überschäumender Kraft. Es war

Die Heeresverwaltung und Zeppeli n. DieBerl. N. N." lassen sich schreiben:Obgleich die letzten Unfälle, die die Zeppelinballons betrof­fen haben, das Vertrauen auf die Verwendbarkeit dieser Ballons im Kriegsfälle nicht erschüttern konn­ten, neigt man doch in militärischen Kreisen der Auffassung zu, daß es ratsamer sei, sich nach französischem Muster der Flugzeuge zu bedienen. Man ist darin einig, daß durch diese Unfälle un-, ter keinen Umständen das starre System verurteilt werden darf. Indessen tzürfte schon aus dem Grunde militärischerseits der Ankauf eines weiteren Zep­pelinluftschiffes unterbleiben, als die Kosten für die Erwerbung einer Anzahl solcher Ballons zu hoch würden. Für den Kriegsfall müßte aber eine große Anzahl bereit gestellt sein, da man mit Vernich- tung'eines Teiles dieser Ballons rechnen muß, die nur eine Höhe von 6 700 Meter erreichen dürfen,

uni in: Kriegsfall ihrer Aufgabe noch gewachsen zu sein!"

Dem Landtagsabgeordneten und Geschäftsfüh­rer des Bundes der Landwirte, Theodor Kör­ner, wurde nachgesagt, er habe vor einigen Jah­ren erklärt: Zahle ihm die nationallibera'le Partei >000 Mark mehr als der Bund der Landwirte, so arbeite er auch für die nationalliberale Partei. Kör­ner verklagte daraufhin den Oberförster LeiMitz in Schorndorf als den Urheber dieser Behauptung mit dem Erfolg, daß in der Verhandlung, wie der Beobachter" berichtet, zeugeneidlich die Aussage des Oberförsters bestätigt wurde. Körner wurde vom Schöffengericht Schorndorf mit s einer Klage kosten­pflichtig abgewiesen. Da Körner auch denBe­obachter" verklagt hat, wird die Verhandlung die­ser Klage, die auf nächsten Samstag angesetzt ist, feststellen, ob der Angeklagte Körner tatsächlich den Ausspruch getan hat.

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Präsident Fallieres Manövertag wird in der französischen Presse recht boshaft be­spottet. In der Tat war es auch ein recht selt­samer Manöverbesuch. DieSchlacht" mußte auf Befehl von oben so geschlagen werden, daß die Fronten der beiden Heere schließlich parallel mit einer Chaussee liefen, die das Oberhaupt der Repu­blik im Auto auf und ab fuhr! Dann donnerten die Geschütze, knatterten die Lebet und Maschinen­gewehre, dasen avant!" schallte über das Feld, wor­aus die Linien vvrstürmten und die Reiterkolonnen sich in sausenden Galopp setzten! klnd Monsieur Fal- lieres genoß das Schauspiel mit Würde und Pri­vatvergnügen! Mit seiner sch warzen'Ar­mee, die Frankreich in den nvrdafrikanischen Ko lonien errichten will, scheint es Unglück haben zu sollen. In den bis jetzt stehenden Regimentern herrscht als furchtbarer Feind die Lungenschwind sucht. Die Aerzte erklären, daß die schwarzen Sol­daten lange nicht so widerstandsfähig seien wie die weißen.