5 Pfg. Zuschlag pro Stunde, für Arbeiten außerhalb 2,50 Mark Zuschlag pro Tag gezahlt werden. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden.
(Geislingen a. St., 20. Sept. Der national- liberale Reichstagsabgeordnete Dr. Osann-Darm- ftadt wird auf der H e r b st w a n d e r v e r sa m m- lung der Deutschen Partei am 9. Oktober über Reichspolitik sprechen.
!j Unterdrackenstein, OA. Geislingen, 20. Sept. Ein „Münzsund" macht hier von sich reden: Ein Hausbesitzer läßt nämlich gegenwärtig einen Keller graben. Da nun das Besitztum desselben hart am Schloßberg liegt, auf dem bor Jahrhunderten die Ritter von Westerstetten hausten, so mußte der Stollen Hineingetrieben werden. Das war nun eine, harte Arbeit und die Arbeiter verschnauften sich des öfteren, sodaß das Geschäft nur langsam von statten ging. Da plötzlich kam Feuer unter die Grabenden, sie hieben und stachen und schaufelten darauf los, daß es eine Freude war und schmunzelnd sah der Meister dem raschen Fortschritt der Arbeit zu. Kaum die Feierstunde wurde ausgesetzt und gleich wieder eiligen Tempos begonnen: eine nie gekannte Arbeitslust hatte die Mannen ergriffen und kein Auge wurde von dem Grabfeld abgewendet. Was hatte es nur den Arbeitsleuten angetan ? Glänzende Münzen hatten sich schon mehrfach im Grunde gezeigt und wiesen auf einen verborgenen Schatz der weiland gewesenen Ritter, die wohl in bedrängter Zeit ihren Mammon im Stiche gelassen hatten. Die- Münzen waren allerdings nicht von hohem Alter, denn der witzige Meister hatte sie heimlich eingestreut, um seine Mannschaft anzufeuern und ihnen Kurzweil zu bereiten.
st Aufhausen, OA. Heidenheim, 20. Sept. Die Nachricht zu der hiesigen Mordaffäre, daß nun neben ihrem 16jährigen Sohn auch die Gutsbesitzers- Witwe Fezer und deren Verwalter verhaftet worden seien und daß, weil man eine Lynchjustiz befürchtete, die Verhaftung unter Aufgebot von 8 Gendarmen erfolgt sei, ist nicht richtig und eine weitere Verhaftung seit der Entdeckung der Mordtat nicht erfolgt.
p Vom Oberland, 20. Sept. Einem Oekonomen in Langenargen wurden einige Säcke Obst, die er in seinem Garten hinter dem Hause in der Nacht stehen ließ, gestohlen. Nach Ausschellen der Sache hat der Dieb der Bitte, doch die leeren Säcke wenigstens wieder zu bringen, auf geheimem Wege entsprochen, jedenfalls zur Beruhigung seines Gewissens.
!i Mengen, 20. Sept. Das 2einhalbjähr:ige Kind des Erdarbeiters Luigi Miglioranzi fiel beim Spielen in die Ablach. Als man bald darauf das Kind vermißte, war es leider schon ertrunken.
st Beuron, 20. Sept. Die letzten Tage hatte der kommandierende General des 14. Armeekorps, General v. Huene, im Hotel „Waldeck" Quartier. Er machte dem Herrn Erzabt einen Besuch, den der Erzabt erwiderte. Der Manöverabschluß am Freitag brachte sehr viele Offiziere hierher, die unter Führung des Paters Sebastian von Oer, eines ehemaligen Offiziers, das Kloster besichtigten.
p Vom Federsee, 20. Sept. Einer, der's Gras wachsen hört, berichtet dem „Schwäb. Merkur" von der demnächstigen Eröffnung eines regelmäßigen Dampfverkehrs auf dem Federsee und knüpft daran phantasievolle Betrachtungen über die Zu
kunft dieses „lieblichen Binnengewässers." Wir können hierzu Mitteilen, daß von einem Dampf schiffverkehr selbstverständlich gar nicht die Rede ist, daß aber von interessierter Seite die Einrichtung einer Motorbootverbindung zwischen den Uferorten schon seit längerer Zeit erwogen worden ist. Der Ankauf eines Motorboots ist jetzt erfolgt und die Probefahrten werden voraussichtlich noch im Laufe dieses Monats beginnen. (Buchauer Zeitung.)
Vom Manöver.
st Horb, 20. Sept. Heute nahmen die Manöver des 13. Armeekorps ihren Anfang. Die rote 27. Division brach morgens von Rottweil aus, nachdem sie ihre von Artillerie begleitete Kavallerie- brigade auf Altheim und Hochdorf vorgeschickt hatte, und marschierte gegen Renfritzhauseu-Emfingen. Sie hatte Auftrag, sich in den Besitz der NeckarüLerp gänge ber Horb zu setzen. Die blaue 26. Division; ging in zwei Kolonnen von Wildberg und Alten- stcig auf Bollmaringen und Eutingen an den Nektar vor, um die Neckarübergüuge zu halten und womöglich das Südufer zu gewinnen. Die Vorhut von Blau konnte durch überraschendes Artilleriefeuer von Bildechingen aus die rote Kavalteriebri- gade zum Riickzug nötigen und sich in den Besitz von Horb setzen. Das Regiment 121, das bis Nord stetten vorgegaugen war, wurde von Rot wieder in den Grund hinabgeworfen. Doch wurde Horb von Blau gehalten. Morgen wird um den Besitz der Neckarübergänge ein heftiger Kampf entbrennen.
st Karlsruhe, 20. Sept. Nach der Familieu- tafel unternahm das Großherzogspaar heute nach mittag trotz des regnerischen Wetters eine Rund fahrt durch einen Teil der Stadt, von der Bevölkerung allenthalben lebhaft begrüßt. Abends sechs Uhr fand im Residenzschloß Galatafek statt, bei der Prinz Adalbert von Preußen einen Triukspruch auf das Großherzogspaar ausbrachte.
st Pforzheim, 20. Sept. Gestern nachmittag vier Uhr entstand in dein großen Oftöckigsn Eckhaus des Metzgers Kraus in der Karl-Friedrichftraße ein Brand, der den ganzen Dachstock zerstörte. Der Schaden beträgt ungefähr 15 000 Mark.
* Köln, 20. Sept. Vor wenigen Tagen ist der letzte Rest der alten „festen Brücke" abgetragen worden und das charakteristische, halbhundertjährige Bild von Köln mit der unschönen Gitteriastenbrücke gehört endgültig der Vergangenheit an. Heute wurde die neue Brücke, die schon einige Wochen dem Verkehr übergeben ist, feierlich eingeweiht und gleichzeitig das Denkmal Wilhelms II. enthüllt.
st Berlin, 20. Sept. Diebe erbrachen heute nacht das Pelzwarengeschäft S. Hoest und raubten Pelzwaren im Werte von 36 000 Mark.
Berlin, 20. Sept. Die Kommissionen des Reichstags für die Reichsversicherungsordnuug und die Justizkommission haben heute ihre Beratungen wieder ausgenommen.
* Breslau, 19. Sept. Der in Breslau tagende Verband deutscher Schuhwarenhändler bewilligte 3000 Mark zur Errichtung einer Fachschule für Angestellte des Schuhwarenhandels zunächst in Berlin, und ersucht Reichstag und Bundesrat um ein Verbot des Gewerbebetriebs im Wanderlager, eventuell um Abhängigmachung von der Bejahung der Bedürsüsfrage.
* Der Friedberger Bo in benattentäter Werner wurde in Barmen verhaftet. Mit größter Genugtuung hat man die Kunde von der Verhaftung vernommen. Der andere Attentäter, Otto Winges, ist bekanntlich bald nach dem Verbrechen der Polizei in die Hände gefallen. Werner, Sohn geachteter Eltern, ist ein völlig aus dem Gleis Geratener. Er war begabt, hat die Schule bis zur Unterprima durchgemacht, wurde dann aber wegen seiner vielen dummen Streiche von den Eltern von der Schule genommen und in Schlosser-Lehre gebracht, damit er später in der Mafchinenfabrikatio« Carriere machen könne. Werner verbummelte nur noch mehr. Von der Verschlagenheit des Burschen zeugt, daß er den Plan, das Friedberger Rathaus auszurauben, durch sorgfältige chemische Studien zwecks Bombenfabrikation einleitete. So waren denn in der Tat seine Bomben so vorzüglich hergestellt, wie sie kein russischer Nihilist besser fertig bekommen hätte. Nach dem mißglückten Anschlag hat sich Werner lange in Belgien und Frankreich herurn- getrieben; da es ihm hier sehr schlecht ging, wollte er quer durch Deutschland nach Rußland. In Barmen wurde er in einem Automatenrestaurant von zwei seiner früheren Schulkollegen, die mit ihm' zusammen das Gymnasium besucht hatten, erkannt.
Ter sozialdemokratische Parteitag in Magdeburg.
Der alte Bebel ist da; er sieht infolge seines körperlichen Leidens angegriffen aus, in seinen Augen aber glüht das alte Feuer. -Und er wird dem ganzen Parteitage das Gepräge geben. Denn gegen August Bebel sind die mehr als '450 Anwesenden doch nur Herde. Bon Bebels Willen wird es äbhängen. ob es der Badenser wegen zum Bruch! in der Partei kommt oder nicht. Daß sich die Karlsruher Delegierten löblich unterwerfen sollten, ist nicht auzunehmen. Singer fehlt auf dem Parteitage, dessen ständiger Präsident er bisher war, zum ersten Male. Krankheit fesselt ihn ans Haus. An seiner Stelle leitet der Reichstagsabgeordnete Dietz - Stuttgart die Verhandlungen. Der Auseinandersetzung nur den Badensern halber wurde ein Süddeutscher zum Vorsitzenden gewählt. Da Bebel die Angelegenheit führt, spielt es keine Rolle, wer die Verhandlungen leitet. Wie üblich, waren deni Parteitage wieder aus aller Herren Länder Begrüßungen zugegangen, von denen die der Mainzer Genossen: „Seid sachlich und bewahrt die Würde!" den größten Anspruch auf Beachtung hat. Nach Beendigung der Begrüßungs-Ansprachen erstattete Delegierter Pfannkuch den Geschäftsbericht des Parteivorstandes. In der Vorversammlnrig sprach Ledebour in dem ihm eignen und wider Erwarten der badische Sozialistenführer Frank-Mannheim im Ledebvurstchen Geiste. Was er iiber die jüngsten Reden des Kaisers und des deutschen Kronprinzen sagte, war gesucht scharf. Er wollte sich und die übrigen Badenser damit trotz der verübten Budgetbewillignng augenscheinlich als waschechten Genossen hinstellen, auf welchen dis Gesamtpartei stolz sein könnte, und die uni keinen Preis „fliegen" dürften. Pfannkuch sagte im Geschäftsbericht, die Partei werde die völlige Abstinenz der Genossen begrüßen. Während der 14 Reichstagsnachwahlen erzielte die Sozialdemokratie einen Zuwachs von 20 000 Stimmen. Die Parteikasse hatte eine Einnahme von 935 409, eine Ausgabe von 815 557 Mark.
Jeder Tag gibt dir zu denken.
Dir zu fühlen jeder Tag;
Jeder hat was, was dich kränken, Etwas, was dich freuen mag. Darum, laß die Zeit nur kommen, Laß verrauschen nur die Zeil, Gleichermaßen wird dir frommen Leid im Glück und Glück im Leid.
Auf Vorposten vor Paris.
Persönliche Erinnerungen von Georg Buß.
(Nachdruck verboten.)
Der Herbst ist der größte aller Maler — als wir im September 1870 von den blmgedrängien Gefilden Sedans in ziemlich gerader Linie siegesftolz gegen Paris marschierten, hatte er schon hundertfache gelbe, braune, violette und rote Töne in Flur, Wald und Gärten gesetzt. Gegen solches Kolorit mit feinen und feinsten Reizen erscheint das der vielgerühmten Landschaften eines Rousseau, Coignet, Daubigny und Corost des Zaubers entkleidet. Gelb, Braun, Violett und Rot lagen mn dem Grün in einem erbitterten Kampfe, in dem dieses mählich fierbensmüde verging. Und zur Verschönerung des herbstlichen Bildes hingen zwischen den welkenden Blättern der Obstbäume und Spaliere reife Früchte und lugten zwischen dem Laub der Rebstöcke m lockender Fülle schon volle Trauben.
Aber für landschaftliche Stimmungsbilder harten die braven Soldaten der Maasarmee und der dritten Armee wenig Sinn, höchstens für die Gaben der verehrungswürdigen Göttin Pomona. „Vorwärts" lautete die Parole, „vorwärts" gegen Frankreichs Hauptstadt, „vorwärts", um den Gegner mitten ins Herz zu treffen. Und so wurde, trotzdem die Tornister schmählich drückten und die barbarischen Kommißstiefel talergroße Blasen an den Fersen und eisenharte Hühneraugen an den Zehen erzeugten, niit einem Elan marschiert, als ob der Weg geradezu ins Paradies führe.
Bekanntlich so^l der Weg zum paradiesischen Bezirk sehr eng und beschwerlich sein. Der unserige war nicht besser, denn je mehr Kilometer unsere Beine zurücklegten, um so zahlreicher wurden die gefällten, fürsorglich über die Chaussee gelegten Bäume, um so feindseliger blickten die Pisangs, wollte sagen pavsans, und um so leerer und öder wurden die Dörfer, Schlösser und Villen, bis schließlich überhaupt kein Mensch mehr zu sehen war ; denn die tapferen Bewohner hatten sich aus Grauen vor den wilden Völkerschaften, so man Ulans, Prussientz und Bavarsis nennt, unter Anführung von Maire und Curs schleunigst rückwärts konzentriert. Aus Ehrenpforten, weiß gekleidete Jungfrauen und einen Bürgermeister in Frack und weißer Weste, der höflich gesagt hätte: „8ozsss 1v bion-vsuu!" hatten wir zwar nicht gerechnet, aber daß die schäbige Gesellschaft nicht einmal ein Atom von Kuh, Kalb, Schwein, Gans und Huhn zurückgelaffen hatte, war höchst unnobel, und um so mehr, als eines Kriegers Magen an Ueberfüllung nie zu leiden pflegt. Unnobel war auch das mit liebevollem Fleiß durchgeführte Belegen der Chaussee auf vier- bis fünfhundert Schritte mit Glasscherben — nicht nur unnobel, sondern auch töricht, denn beiderseits dieses Polterabendscherzes besaß der Acker
genügend Breite, um uns das Umgehen des Hindernisses bequem zu gestatten. Ebenso töricht erschien, daß die Herrschaften zahlreiche Getreidemieten abgebrannt hatten, während die Frucht in den Scheunen zurückgeblieben war.
Der von allen klassischen Sekundanern mit Fleiß und Schweiß studierte .4enophon und seine Griechen riesen, als sie nach langen Märschen endlich das ersehnte Meer erblickten, in maßlosem Entzücken: „Tlsilaffa! Thölaffa!" Wir, die wir zur Avantgarde des Gardekorps gehörten, wären glücklich gewesen, als wir am frühen Morgen des 19. September aus dem Straßenknotenpunkte La Patte d'oie anlangten, in Begeisterung rufen zu können: „Paris! Paris!" Aber es ging beim besten Willen nicht, denn von Paris waren irgendwelche Spuren kaum zu sehen, nur einige von Dunst und Nebel halb verschleierte Maulwurfshügel, die indessen Kenner für den Arc du Triomphe und die Kuppel des Jnvaliden- domes erklärten.
Nichtsdestoweniger schaute man von La Patte d'oie mit und ohne Glas gespannt in die Ferne, besonders nach Süden hin, von wo dumpf und schwer Kanonendonner herüberdrang; — das 5. Korps, im Anmarsch auf Versailles, schlug mit Unterstützung einer Brigade des 2. bayerischen Korvs vor Petit-Bicstre einen Angriff zurück. Dann, nach, kurzem Schwelgen, wiederum viele Stunden lang dumpfes Kanonengedröhn, gemischt mit rollendem Salvenfeuer; — die braven Bayern, von den Franzosen gewöhnlich als „Araväs dur- turres" bezeichnet, vertrieben den Feind vom Rande des Plateaus zwischen Plessis-Piquet und Chatillion und eroberten die Schanze bei Moulin de la Tour, wo sie zu ihrer Freude sieben verwaiste Zwölfpfünder vorfanden. Auch das 6. Korps hatte seine Feldgeschütze und Zündnadeln tüchtig zu nutzen, ehe es sich dauernd in der Linie Chevilly-Choisi le Roi-Boneuil festsetzen konnte. Nur wir und unser rechter