Kinder, die sich so gern in der sonnigen Frühlings­und Sommerlust da draußen herumtummeln. Nur allzu häufig werden die Kinder draußen von Neu­gier und Unerfahrenheit verleitet, Beeren und son­stige Früchte zu genießen, die ihnen verlockend ent­gegenschimmern, die aber ein böses Gift enthalten. Durch den Genuß giftiger Pflanzen, Nachtschatten, Bilsenkraut, kommen alljährlichUnglücksfälle vor und wir meinen, es muß ernstlich einmal daran gegangen werden, diese Gefahren aus dem Weg zu räumen. Ein preußischer Landrat hat seinerzeit unter Straf­androhung an sämtliche Gemeindevorstände seines Kreises die Aufforderung erlassen,ungesäumt die Ausrottung aller auf den Dorfstraßen und der näch­sten Umgebung bewohnter Gebäude wachsenden Eift- und schädlichen Wucherpflanzen zu veranlassen". Wir wünschen, daß dieses Beispiel überall Nachahmung finden möchte. Ganz ausrotten lassen sich ja die Pflanzengattungen nicht, zumal sie meist unter den ungünstigsten Verhältnissen weiter wuchern, sagt ja doch das SprichwortUnkraut verdirbt nicht", aber das können wir immerhin erzielen, daß sie aus der Nähe menschlicher Wohnungen verdrängt werden. Ebenso wichtig wie die Ausrottung, ist jedoch unserer Meinung nach die Aufklärung der Schuljugend durch den Lehrer über die häufiger vorkommenden Gift­pflanzen.

: Hirsau, 16. Juli. Das auf gestern abend ange­kündigte Kurkonzert fand trotz des zum Regen ge-! stimmten Himmels glücklich um 8 Uhr in den Än-! lagen seinen Anfang. Da jedoch der Himmel kein! Einsehen hatte, sondern einen Regenschauer um den! andern zur Erde sandte, mußten die Teilnehmer des ! Konzerts im Saale des Gasthofs zum Riößle, der be-! reitwilligst zur Verfügung gestellt wurde, Schutz suchen. Das Konzertprogramm wurde von der Calwer Stadtkapelle wie auch nicht anders zu erwarten war sehr gut durchgeführt. Die leider nur in mäßiger Zahl insRößle" mit­gekommenen Zuhörer spendeten der Kapelle lebhaf­ten Beifall und diese dankte durch Zugabe eines flot­ten Walzers. Die tanzlustige Jugend widerstand den lockenden Klängen des Walzers nicht allzulange und so war für sie das verregnete Konzert doch noch zu einem genußreichen Abend geworden.

EineinteressantsUrkundeausHirsau.

In der neuesten Ausgabe des Landw. Wochen­blattes veröffentlicht Landwirtschaftsinspektor Strö- bel-Leonberg das Statut des Ortsviehversicherungs­vereins Hirsau aus dem Jahre 1812, mit dem der Verein hundert Jahre lang, also bis in unsere Tage, arbeitete. Und,obwohl die Urkunde nur 11 Para­graphen aufweist, soll der Verein bis in die neueste Zeit zur Zufriedenheit der Mitglieder gearbeitet haben". Das interessante Schriftstück, das jetzt durch eines mitmodernem Inhalt" ersetzt worden ist, hat folgenden Wortlaut:

Hirßau. Actum, den 17. Junii 1812. Da man schon lang das Vorhaben gehabt, nach dem Beyspiel anderer Orthe, allhier auch diejenige Anordnung zu machen, daß je nachdem ein Jnnwohner in die Nothwendigkeit gesezt würde, von seinem Rind Vieh schlagen lassen zu mügen, in solchem Fall die übri­gen Vieh-Besizern verbunden seyn sollen, vor das verunglückte Vieh einen Beitrag zu etwelcher Ent­schädigung zu geben, so wurde, man, da seit einiger Zeit mehrere Jnnwohner Unglück bey ihrem Vieh gehabt, aufs neue veranlaßt, eine allgemeine Ver­ordnung wegen Entschädigung des verunglückten Viehs äufzustellen, welche dann unter nachfolgenden Bedingungen vestgesezt worden ist. 1. Zum Beytrag solle alles Rind Vieh, als Ochßen, Hagen, Küh, und alles Schmal-Vieh, so 1 Jahr alt ist, in die Berech­nung gezogen werden. 2. Alle halb Jahr wird das vorhandene Vieh frisch ausgenommen, nemlich an Eeorgy und Martini, dießmal wird es von Georgy 1812 an gerechnet. Was also in einem halben Jahr, nemlich än Georgy und Martini an Rind Vieh aus­genommen wird, muß zu einem Beitrag concurriren, er mag in der Zwischen-Zeit davon verkauft haben oder nicht, er darf aber auch nicht mehr concurriren, wenn er in der Zwischen-Zeit noch mehr darzu er­kauft hätte. 3. Ein jeder solle, soballd er neu er­kauftes Vieh hieher bringt, ehe er solches in Stall bringt, dem Viehbeschauer anzaigen, der demselben 2 Kreuzer per Stück bezahlen muß. widrigenfalls er keine Entschädigung erhält. 4. Soballd eine Kuh oder anderes Stück Rind kranck wird, solle der Vesizer, ehe er dem Vieh etwas braucht, es dem Viehschauer anzaigen, welcher alsdann die nöthige Maaß Regien ergreifen wird, wird nichts angezaigt, so hat man keine Entschädigung zu hoffen. 5. Gleich beym Her­einbringen des Viehs solle der Besizer des Viehs dem Viebschauer anzaigen, wie viel das erkaufte Stück Vieh gekostet hat. da dann der Preys des erkauften Viehs auf das Urkund notirt werden solle. 6. Wer kein beglaubtes Urkund vorzaigt, und zwar gleich beym Hereinbringen des Viehs, erhält keine Ent­schädigung. 7. Wann ein Einheimischer von einem

Auswärtigen Vieh erkauft, und solches müßte ge­schlachtet werden, so hat der Käufer, soballd das Vieh kranck wird, es dem auswärtigen Verkäufer anzu- zaigen, und seinen Schadens-Ersaz bey demselben zu fordern, weil in solchem Fall hier nichts bonificirt (vergütet) wird. 8. Wann ein <Aück Vieh geschlagen wird, so muß solches abgewogen werden, das erfun­dene Gewicht wird alsdann auf das ausgeschrieben- erfundene Vieh Verhältnißmäßig repartirt (umge­rechnet), und von dem Viehschauer das ausgehauene Flaisch geschäzt, wie viel vor das Pfund bezahlt werden solle. 9. Wann jemand kein Flaisch von solchem Vieh will, steht es frey; er muß aber den re- partirten Beytrag dennoch bezahlen. 10. Bey einem erfolgenden Unglllcksfall wird denen Viehschauern vor deren sämtliche Bemühung 1h. auf das ausge­hauene Fleisch gelegt. 11. Vorstehendes regulativ solle nächsten Sonntag allhier der Jnnwohnerschast zur künftigen Nachachtung publicirt werden. Die ganze Verhandlung der obbeschriebenen und vestae- sezten Anordnung bezeugen die gu<> Staabs

Amts Verweeßer Emelin. Closters Richter. Gottlob Schiit, Adam Rivinius, Gottlieb Weil, Joh. Jacob Frohnmeyer, I. D. Schnauffer."

-X- Weilderstadt, 19. Juli. Als heute morgen nach 11 Uhr der zwischen Weilderstadt und Heims­heim verkehrende Postwagen in Hausen eine Brücke überfuhr, fiel der Wagen durch Anfahren eines Steines um. Von den darinsitzenden Reisenden erlitt der eine eine größere Stirnwände und ein Versicherungsbeamter von Stuttgart einen Armbruch. In der nahe gelegenen Wirtschaft zum Pflug in Hausen wurde den beiden Verletzten vom Arzt aus Merklingen, der im Auto zur Stelle kam, die erste ärztliche Hilfe zuteil. Die übrigen Mitfahrenden konnten ihre Reise fortsetzen. Der Postillion kam mit dem Schrecken und der Wagen mit zerplitterten Scheiben davon.

Bondorf OA. Herrenberg, 19. Juli. Gestern nachmittag schlug der Blitz in einen mit Heu und Stroh gefüllten großen Feldschuppen. Der Bauer Ehr. Kußmaul,-der gerade mit seinem Pferde in der Scheuer war, um Stroh zu holen, und einige andere Leute, die dort Schutz gesucht hatten, kamen mit dem Schrecken davon. Der Schuppen aber ist niederge­brannt. Gleich darauf fuhr ein Blitzstrahl in den Kamin des Hilfswärters Braun und durchschlug die Decken der Küchen im 2. und 1. Stock, ohne zu zünden. Durch den Sturm wurden zahlreiche Bäume und Zäune niedergerissen und in Wolfenhausen und Er- genzingen hat der Hagel beträchtlichen Schaden an den Feld- und Gartengewächsen verursacht.

Neuenbürg, 19. Juli. Die Kollekte für die Ge­meinden Meßstetten und Eschach hat in den evange­lischen Kirchen des Bezirks vom 7. Juli ds. Js. den Betrag von 237 Mk. 13 Pfg. ergeben.

Württemberg.

Cannstatt, 19. Juli. Bei der Untersuchung der Anna Biedermann hat sich herausgestellt, daß sie nicht nur von 6, sondern von 89 Kugeln getroffen worden ist. Davon gingen eine in den Kopf, 5 in die linke Schulter, eine in die rechte Hand, eine rechts vom Becken und eine in den Rücken. Die Schüsse sind alle ziemlich ungefährlich, bis auf den letzten, der durch die Wirbelsäule in das Rücken­mark ging. Dieses wurde schwer verletzt, so daß das Mädchen an der ganzen unteren Hülste ihres Kör­pers gelähmt ist. Heute vormittag ist die Kugel aus dem Rückenmark entfernt worden. Der Zustand ist im übrigen so, daß für das Leben nichts mehr zu befürchten ist.

Horb, 19. Juli. In Rexingen Hiesigen Oberamts erhielt ein Dienstmädchen von ihrem Herzallerlieb­sten einen Absagebrief, den sie sich so sehr zu Herzen nahm, daß sie aus dem Leben zu gehen beschloß. Sie trank Salzsäure und zog sich damit so schwere Ver­letzungen zu, daß sie sich in ärztliche Behandlung be­geben mußte.

Jgelsberg OA. Freudenstadt, 19, Juli. Während an anderen Orten der Ertrag der Heidelbeerernte gering ist, gibt es in den Waldungen auf unserer Höhe Heidelbeeren in Menge. DasPfund kostet 17 Pfennig und die sammelnden Kinder verdienen ein schönes Stück Geld.

Huelben OA. Urach, 19. Juli. Das Gehalt des hiesiaen Ortsvorstehers sollte auf Grund des Gesetzes vom'll Dezember 1907 eine Regulierung erfahren, doch erklärten sich die Kollegien aber nicht damit ein­verstanden. Ein Prozeß, der alle Instanzen durch­lief und sogar den Verwaltunqsgerichtshof beschäf­tigte, ging für den Ortsvorsteher, den Schultheißen KLchele, günstig aus. Zugleich entstand aber noch ein weiterer Prozeß, der dieser Tage vor dem Land­gericht Tübingen verhandelt werden sollte. Den Be­mühungen des Oberamtmanns Dr. Etzel ist es ge­lungen, eine Einigung herbeizuführen. Nach dem Vergleich wird der Schultheiß seinen ihm gesetzlich

zustehenden Gehalt erhalten, zugleich tritt er aber wegen körperlicher Gebrechen und Krankheit von sei­nen Amte auf 1. August zurück.

Aus Wett und Zeit.

Kaisermanöver 1912.

Das Kaisermanöver wird am 11. September morgens seinen Anfang nehmen. Wie im vorigen Jahr wird den Führern der beiden Heere jeder Spiel­raum gelassen. Keinerlei Vorschriften über die Gegend des Zusammentreffens werden die Kriegs­mäßigkeit der Operationen beeintächtigen. Die rote Armee, das 3. (brandend.) und das 12. (1. säch­sische) Korps wird in der Linie Merseburg-Halle Aufstellung nehmen. Das Gelände ist in den für das Haupttreffen überhaupt in Frage kommenden Bezirken nicht sehr schwierig, interessant aber dürfte es sein, wenn sich eine südliche Umfassung des Geg­ners ergeben sollte, da dann Leipzig mit in den Be­reich des Kampfes gezogen würde . Manöver in der Nähe einer Großstadt können für Militär wie für Bevölkerung nie angenehm sein. Der starke Andrang der Zuschauer, besonders der Wagenverkehr auf den Chausseen, behindert die. Manöverleitung oft in ihren Dispositionen. Artillerie und Wagenpark wird häufig aufgehalten, weil die Wege und Brücken durch Privatfuhrwerke förmlich gesperrt sind. Vor­aussichtlich wird aber in diesem Jahr ein starkes Gendarmerieaufgebot für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen, wenn nicht auch der Wettergott den Manöverbummlern das Vergnügen verleidet. Für die Schiedsrichter wird genau wie im Vorjahr wieder ein Netz von Fernsprschleitungen, das sich über das ganze Manövergelände verteilt, errichtet werden. Die Leitungen werden von Telegraphentruppen be­dient.

Berlin, 19. Juli. In die Kgl. Klinik wurde gestern das Opfer eines schrecklichen Unglücksfalles eingsliefert. Das fünfjährige Söhnchen eines Guts­besitzers aus Altlandsberg war mit zur Ernte hin­ausgefahren. In einem unbewachten Augenblick ver­steckte sich das Kind in dem hohen Korn.. Ahnungs­los arbeitete der Vater mit der Mähmaschine, als ein lauter Aufschrei ertönte. Eine Schneide der Maschine hatte den Kleinen am Bein mit solcher Wucht ge­troffen, daß es völlig abgeschnitten wurde.

Berlin, 19. Juki. Das TorpedobootG. 110" kam gestern abend bei einem Nachtangriff S. M. S. Hessen" zu nahe und wurde in der Höhe des Hinter­turms angerannt. Leider kamen bei der Kollision drei Mann des Torpedobootes ums Leben.

Nüdesheim, 19. Juli. Die Festleitung des gol­denen Jubiläumsschießens in Frankfurt hatte den gestrigen Tag für eine Rheinfahrt und für eine Hul­digung des Nationaldenkmals bestimmt. Der ge­waltige Zug stellte sich vor dem Denkmal auf. Das LiedEs braust ein Ruf wie Donnerhall" scholl zur Germania herauf. Dr. Hiller-Franksurt beleuchtete in einer Rede die Zeit von der Napoleonsherrschaft bis zu den Vefereiungskriegen und bis zum Tage der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches.

Innsbruck, 19. Juli. Der Tübinger Universitäts- Hörer Julius Brand ist bei einer Tour auf den Scheffauer Kaiser von einer Felsscharte abgestürzt und wurde lebensgefährlich verletzt ins Kufsteiner Krankenhaus gebracht.

Rom, 19. Juli. Bei der Regierung ist, wie die Ag. Sief." berichtet, nichts über eine Aktion von italienischen Torpedobooten vor den Dardanellen bekannt. Der Kommandant der Flotte war allerdings darüber informiert, daß türkische Torpedoboote die Dardanellen verlassen hätten, um einzelne italieni­sche Flotteneinheiten anzugreifen. Es ist daher mög­lich, daß italienische Torpedoboote ihnen entgegenge­fahren sind. Da es aber unsinnig wäre, anzuneh­men, 5 Torpedoboote wollten die Dardanellen for­cieren, so ist das Bombardement von seiten der Forts entweder mit der jetzt herrschenden Panik zu er­klären, oder es wurde mit überlegter Absicht ge­handelt, um einen Vorwand für eine erneute Schlie­ßung der Dardanellen zu schaffen.

London, 19. Juli. DieVossische Zeitung" be­richtet, bei der Versicherungsgesellschaft von Lloyds habe das Versicherungsgeschäft wegen Ausbruch eines Krieges einen auffälligen Aufschwung genommen. Beträchtliche Versicherungen seien abgeschlossen wor­den zu 6 Guineas für 100 auf 12 Monate gegen das Risiko eines Krieges zwischen England, Frankreich und Deutschland.

Gerichtssaal.

Heilbronn, 19. Juli. Der 27 Jahre alte Tag­löhner Gustav Oettingee aus Bückingen hatte am 11. Mai ds. Js. eine zweijährige Freiheitsstrafe hinter sich. Als er das in der Strafanstalt ersparte Geld von 58 Mk. verzehrt hatte, nahm er alsbald das unsaubere Handwerk des Diebstahls wieder auf und erbrach mehrere Gartenhäuschen auf hiesiger und