nehmer der tarifmäßige Zuschlag berechnet. Die Er­mäßigung ist von dem Verein bei der Abgangs­station schriftlich, unter Angabe des Reisetages und -Zieles, der zu benützenden Züge und der Teilnehmer­zahl 2 Tage, bei 200 oder mehr Teilnehmern 5 Tage vorher zu beantragen. Mit dem Antrag find vor- Stelle der Organisation, d) daß der Antragstellende zulegen a) eine Bescheinigung der zuständigen Verein einer staatlich geförderten Organisation für Jugendpflege angehört, c ) daß es sich um einen Aus­flug im Interesse.der Jugendpflege handelt und die im Kalenderjahr zulässige Höchstzahl von Aus­flügen noch nicht erreicht ist; 6) eine Bescheinigung des Leiters darüber, 1. wieviel Aufsichtspersonen und wieviel jugendliche Personen an dem Ausfluge teilnehmen, 2. daß die jugendlichen Personen zur Teilnahme an dem Ausfluge berechtigt sind, und keine von ihnen das 20. Lebensjahr überschritten hat. Die Bescheinigungen müssen mit dem Stempel oder Siegel der Organisation oder einer staatlichen Behörde versehen sein.

-<> b. Mutmaßliches Wetter. Der Hochdruck hat sich weiter verstärkt. Die neue Depression im Westen erlangt zunächst keinen Einfluß. Für Mittwoch und Donnerstag ist warmes Sommerwetter zu erwarten.

Bondorf OA. Herrenberg, 1b. Juli. Bei dem gestrigen Feuerwehrfest kam es abends zu Streitig-, ketten, wobei der Festdamenordner Mast von hier durch einen Metzinger Burschen in die Herzgegend gestochen wurde. Mast sprang ca. 20 Schritte, rief Ich bin gestochen!" und brach tot zusammen.

Württemberg.

Die württembergischen Wander­arbeitsstätten.

Im Winterhalbjahr 1908/09, als noch keine Wan­derarbeitsstätten in Württemberg bestanden, betrug die Zahl der Anzeigen wegen Bettels und Land­streicherei 13 973. Sie ist nach Einführung der Wan­derarbeitsstätten im Winterhalbjahr 1909/10 auf 5234, 1910/11 auf 2300 und 1911/12 noch weiter auf Z194, das heißt um 11 779 oder 84,2 Prozent gegen­über dem Winterhalbjahr 1908/09 zurückgegangen. Die Haftvollstreckungskosten bei den beteiligten 36 Oberämtern der Oberamtsbezirk Wangen hat zwei Wanderarbeitsstätten in Wangen und Jsny haben im Winterhalbjahr 1908/09 108 474 Mk. betragen, sind im Winterhalbjahr 1909/10 auf 64 370 Mk., 1910/11 auf 33 915 Mk., und im abge­laufenen Winterhalbjahr noch weiter auf 33157 Mk., also um 75 317 Mk. oder 69 Prozent gegenüber dem Winterhalbjahr 1908/09 gesunken. In Ober­schwaben war die Wirkung der Wanderarbeitsstätten im abgelaufenen Winterhalbjahr besonders gut. Es ist dies umso erfreulicher, als gerade in Oberschwaben eine Zunahme des Bettels infolge der Einführung der Wanderarbeitsstätten befürchtet worden war. Was die Gefangenentransportkosten anlangt, so ist bei diesen gegenüber dem Winterhalbjahr 1910/11 mit 7723 Mk. eine Steigerung von 370 Mk. einge­treten. Sie haben im abgelaufenen Winterhalbjahr sich auf 8093 Mk. belaufen. Die 37 Obdachlosen­heime sind von 17 467 Personen mit 42 490 Ver- pslegungstagen in Anspruch genommen worden. Im Winterhalbjahr 1910/11 betrug die Zahl der Obdach­losen 8269 mit 18154 Verpflegungstagen. Die Zu­nahme um 9198 ist einmal aus dem größeren Wan­derverkehr im letzten Winter zu erklären, zum an­dern dürfte auch der Umstand dazu beigetragen

haben, daß in einzelnen Heimen von den Obdach­losen vielfach keine ernstliche und zwei volle Tage dauernde Arbeit verlangt worden ist.

Horb, 15. Juli. Die Fahnenweihe des Militür- Veteranenvereins fand gester nhier unter großer Beteiligung statt. Auch Major v. Berger war an­wesend und 40 Nachbarvereine hatten Vertretungen entsandt. Am Vorabend war Bankett im Gasthof zum Bären, Sonntag morgen Tagwache mit Böller­schüssen, um 9 Uhr feierlicher Kirchgang und Fest- gredigt des Stadtpfarrers Stahl, sodann Frühschop­pen in der Wirtschaft zum Sternen. Der Festzug bewegte sich um 2 Uhr mittags durch die ganze Stadt auf den Festplatz, wo an Stelle des durch Krankheit verhinderten Vorstands Mauz Tanzlehrer Stahl die Festrede hielt. Die Fahne wurde durch Festjung­frauen dem Verein übergeben. Im Hotel Lindenhof wurde die Feier durch ein Tanzkränzchen beendet. Es mögen wohl 3000 Personen hier gewesen sein.

Mengen, 15. Juli. Die Badaufseherin Witwe Kreszentia Lander ist beim Grasausziehen aus dem Badebassin in der Mädchenbadeanstalt vermutlich infolge eines Schlaganfalls in diese gefallen und er­trunken.

Vlaubeuren, 15. Juli, Eine Abordnung der Deutschen Partei aus dem hiesigen Bezirk war gestern nachmittag in Schmiechen, um unserem seit­herigen, verdienten Abgeordneten Maier das Man­dat für die kommende Landtagswahl anzutragen. Maier hat angenommen.

Ulm, 14. Juli. Die Neuformationen der Armee werden unserer Garnison zwei Einrichtungen brin­gen, die sie seither entbehren mußte. Die Fußartil­lerie wird eine Bespannungsabteilung erhalten. Bei den Pionieren wird ein Scheinwerferzug mit 2 Offi­zieren. 38 Unteroffizieren und Mannschaften und 25 Dienstpferden errichtet.

Friedrichshafen, 15. Juli. Bei dem bereits ge­meldeten Bootsunfall sind im ganzen 11 Personen ertrunken, darunter die Tochter des bekannten Welt­meisterschützen Stählt von St. Gallen. Die Verun­glückten sind meist junge Leute im Alter von 20 Jahren: Lydia Stählt, Fräulein Lina und Anna Probst, Frl. Holzer, Karl Hierling, sämtlich aus St. Gallen; ferner Heinrich Zeller und Marie und Anna Schmid von Rorschach. Vone inem Herrn und zwei Damen konnten die Namen noch nicht festgestellt werden. Gerettet wurden Hans Müller-Belinzona und Emil Nägeli-Goldach. Unter den ertrunkenen Personen befinden sich drei Schwesternpaare. Wie es heißt, hat ein nach Lindau abfahrender Dampfer keinen Versuch gemacht, die Verunglückten zr retten.

Aus Welt und Zeit.

Bericht der Auswanderermission in Bremen über das Jahr 1911.

ep. Die Gesamtzahl der im Berichtsjahr über Bremen in fremde Länder gereiste Personen betrug nach den Mitteilungen des bremischen statistischen Amts 139 605. Aus Deutschland kamen 12199 Auswanderer, während fremde Länder, obenan Rußland, Oesterreich und Ungarn, 102 845 Aus­wanderer stellten. Unter den Auswanderern aus Oesterreich und Ungarn bildeten die Deutschen wieder einen erheblichen Prozentsatz. Mit den Auswande­rern wurden 123 Gottesdienste und 26 Abendmahls­feiern gehalten; eine Weihnachtsfeier in den großen Auswandererhallen, bei der jeder Teilnehmer u. a.

ein Neues Testament und Gebetbuch, sowie Weih­nachtsschriften und -Predigt erhält, vereinte etwa 200 Auswanderer. Getauft wurden 2 Kinder deutsch-russischer Eltern, 10 Kinder ebensolcher Eltern fanden ein kirchliches Begräbnis. Im schriftlichen Verkehr mit Auswanderern von ihrer Abreise und mit Ausgewanderten wurden 2676 Postsendungen erledigt. Außerdem kamen noch etwa 7000 Kreuz­bandsendungen mit Aufklärungen über das Äus- wandererwesen zum Versand. Von Auswandetern oder Ausgewanderten wurden zur Weiterbeförderung übergeben bezw. zugeschickt 121922 Mk.

Deutsches Bundes- und Goldenes Jubiläumsschießen.

Frankfurt a. M., 15. Juli. Oberbürgermeister Dr. Adickes gab in seiner Erwiderung auf die Rede des Prinzen Heinrich von Preußen seiner Freude darüber Ausdruck, daß der Bruder unseres Kaisers der Protektor dieses Festes habe werden wollen. Ueberall, wo es gelte, die Nation zur Mannheit auf­zurufen, zur Hebung der Tatkraft, der Willenskraft, des Sports, der Eroberung der Luft, überall stehe Prinz Heinrich an der Spitze. Der Redner schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Prinzen Hein­rich. Oberschützenmeister Jung verlas hierauf ein Glückwunschtelegramm des Herzogs Karl Eduard von Sachsen-Koburg-Eotha und brachte ein dreifaches Hoch auf den deutschen Schützenbund aus. Sodann ergriff der Bürgermeister von Wien, Neumayer, das Wort und führte etwa folgendes aus: Dieses Fest klang immer in eine Huldigung des deutschen Volks­gedankens aus, der keinen Unterschied kennt unter den deutschen Brüdern der Welt. Wir Oesterreicher wollen Deutsche sein und bleiben. Wir werden eben­so treu die deutsche Grenzwacht halten, wie unsere Vorfahren es getan haben. Der Bund, der uns zufammenhält, wird nicht fallen, solange sich Deutsche ihrer hehren Ziele bewußt sind. Ich erhebe mein Glas auf die Wohlfahrt des deutschen Volkes, auf die ewige Treue zum Landesfürsten und auf die stetige Einigkeit zwischen Fürst und Volk. Nach einer Reihe weiterer Reden begaben sich die Teilnehmer in das Schießhaus, wo das Schießen begann.

Von Württembergern befanden sich unter den 1. Preisträgern: Standscheibe: 7. Wusterhausen- Stuttgart, Feldscheibe: 1. W. Ebel-Cannstatt, 14. Menzel-Stuttgart.

Gerichtssaal.

Stuttgart, 14. Juli. Ein interessanter und lehr­reicher Versicherungsprozeß. Am 9. September vo­rigen Jahres erlitt der Gastwirt und Landwirt Erhard in Poppeltal im Schwarzwald dadurch einen Unfall, daß er auf dem Weg nach Wildbad unter die Räder seines Wagens kam, wodurch ihm der Oberschenkel abgedrückt wurde. In der Nacht vom 9. zum 10. September ist Erhard seinen Verletzun­gen erlegen. Erhard war bei der Internationalen Unfallversicherungsgesellschaft in Wien, Direktion für Süddeutschland in Stuttgart, Stiftstraße 7, ver­sichert. Die Versicherung ging bis zur Höhe von 5000 Mk. und lief seit dem 16. Februar 1910. Er­hard, der auch nebenher einen Holzhandel betrieb, hatte in dem Versicherungsantrag auf die Frage, ob er sein Fuhrwerk selbst lenke, geantwortet, das könne Vorkommen, aber selten, und dazu erklärt, wenn er gerade keinen Knecht habe, müsse er eben selber fahren. Tatsächlich ist Erhard, der kein Fuhrwerker

Jas IMlein mr> Scuderi.

Erzählung aus dem Zeitalter Ludwigs XIV. 20) Von E. T. A. Hoffmann.

Um nun endlich etwas zu tun, schrieb die Scuderi an la Regnie einen langen Brief, worin sie ihm sagte, daß Olivier Brusson ihr auf die glaubwürdigste Weise seine völlige Unschuld an Cardillacs Tode dar­getan habe, und daß nur der heldenmütige Entschluß, ein Geheimnis in das Grab zu nehmen, dessen Ent­hüllung die Unschuld und Tugend selbst verderben würde, ihn zurückhalte, dem Gericht ein Geständnis abzulegen, das ihn von dem entsetzlichen Perdacht nickst allein, daß er Cardillac ermordet, sondern daß er auch zur Bande verruchter Mörder gehöre, be­freien müsse. Alles was glühender Eifer, was geist­volle Beredtsamkeit vermag, hatte die Scuderi auf- geboten, la Regnies hartes Herz zu erweichen. Nach wenigen Stunden antwortete la Regnie, wie es ihn herzlich freue, wenn Brusson sich bei seiner würdi­gen Gönnerin gänzlich gerechtfertigt habe. Was Oli- viers heldenmütigen Entschluß betreffe, ein Geheim­nis, das sich auf die Tat beziehe, mit ins Grab nehmen zu wollen, so tue es ihm leid, daß die <'lir,r>0>i-6 »räertte dergleichen Heldenmut nicht ehren könne, denselben vielmehr durch die kräftigsten Mittel zu brechen suchen müsse. Nach drei Tagen hoffe er

im Besitz des seltsamen Geheimnisses zu sein, das wahrscheinlich geschehene Wunder an denTag bringen werde.

Nur zu gut wußte die Scuderi, was der fürchter­liche la Regnie mit jenen Mitteln, die Brussons Heldenmut brechen sollten, meinte. Nun war es ganz gewiß, daß die Tortur über den Unglücklichen verhängt war. In der Todesangst fiel der Scuderi endlich ein, daß, um nur Aufschub zu erlangen, der Rat eines Rechtsverständigen dienlich sein könne. Pierre Arnaud d'Andilly war damals der berühm­teste Advokat in Paris. Seiner tiefen Wissenschaft, seinem umfassenden Verstände war seine Recht­schaffenheit, seine Tugend gleich. Zu dem begab sich die Scuderi und sagte ihm alles, so weit es möglich war, ohne Brussons Geheimnis zu verletzen. Sie glaubte, daß d'Andilly mit Eifer sich des Unschuldigen annehmen werde, ihre Hoffnung wurde aber auf das bitterste getäuscht. D'Andilly hatte ruhig alles an­gehört und erwiderte dann lächelnd mit Boilsaus Worten: l>6 vi-ui povt yuebpiot'"^ n'öti'6 vi'sil ^c-mbbibl«? (das Wahre kann manchmal unwahrschein­lich sein. Er bewies der Scuderi, daß die auf­fallendsten Verdachtsgründe wider Brusson sprächen, daß la Regnies Verfahren keineswegs grausam und übereilt zu nennen, vielmehr ganz gesetzlich sei, ja, daß er nicht anders handeln könne, ohne die Pflich­ten des Richters zu verletzen. Er, d'Andilly selbst, getraute sich nicht durch die geschickteste Verteidigung Ärusson von der Tortur zu retten. Nur Brusson

selbst könne das entweder durch aufrichtiges Ge­ständnis oder wenigstens durch die genaueste Er­zählung der Umstände bei dem Morde Cardillacs, die dann vielleicht erst zu neuen Ausmittelungen Anlaß geben würden.So werfe ich mich dem Kö­nige zu Füßen und flehe um Gnade," sprach die Scuderi ganz außer sich mit von Tränen halb er­stickter Stimme.Tut das," rief d'Andilly,tut das um des Himmels willen nicht, mein Fräulein! Spart Euch dieses letzte Hilfsmittel auf, das, schlug es einmal fehl, Euch für immer verloren ist. Der König wird nimmer einen Verbrecher der Art be­gnadigen, der bitterste Vorwurf des gefährdeten Volkes würde ihn treffen. Möglich ist es, daß Brusson durch Entdeckung seines Geheimnisses oder sonst Mittel findet, den wider ihn streitenden Ver­dacht aufzuheben. Dann ist es Zeit, des Königs Gnade zu erflehen, der nicht darnach fragen, was vor Gericht bewiesen ist oder nicht, sondern seine innere Ueberzeugung zu Rate ziehen wird." Die Scuderi mußte dem tief erfahrenen d'Andilly notgedrungen beipflichten. In tiefem Kummer versenkt, sinnend und sinnend, was um der Jungfrau und aller Heili­gen willen sie nun anfangen solle, um den unglück­lichen Brusson zu retten, saß sie am späten Abend in ihrem Gemach, als die Martiniöre eintrat und den Grafen von Miossens, Obristen von der Garde des Königs, meldete, der dringend wünsche, das Fräulein zu sprechen.

(Fortsetzung folgt.)