mar, auch selten gefahren. Die Versicherung übergab, wie üblich, bei der Aufnahme dem Erhard ihre Versicherungsbedingungen. Darin steht u. a. folgende Bestimmung: „Die Prämien sind jeweils am Verfalltag zu bezahlen. Unterbleibt die Zahlung, so ist der Versicherungsteilnehmer auf seine Kosten unter Hinweis auf die Folgen dauernden Verzugs durch einen an seine letztbekannte Adresse gerichteten eingeschriebenen Brief zur Zahlung innerhalb einer Frist von zwei Wochen aufzufordern. Tritt der Versicherungsfall nach dem Ablauf dieser Frist ein und ist der Versicherungsnehmer zur Zeit des Eintritts mit der Zahlung der Prämie oder der Kosten im Verzug, so ist die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Leistung frei. Nach dem Ablauf der Frist ist die Gesellschaft berechtigt, wenn der Versicherungsnehmer mit der Zahlung im Verzug ist, das Versicherungsverhältnis ohne Einhaltung' einer Kiindiaunasfrist zu lösen oder, solange noch nicht sechs Monate seit Eintritt des Verzugs verstrichen sind, die rückständige Prämie nebst Kosten gerichtlich einzuziehen." Eine derartige Mahnung ist nicht erfolgt. Auch ist die Versicherungsgesellschaft bis zum Eintritt des Unglücksfalls nicht von dem Vertrag zurückgetreten, obwohl die Prämie noch nicht bezahlt war. Kurze Zeit nach dem Unglücksfall, der für die Ehefrau des Verstorbenen ein furchtbarer und aufregender Schlag war, kam ein Beamter der Versicherung und erklärte der Frau, er bringe ihr von der Versicherung 500 Mk. als Geschenk, sie müsse aber, damit sie dieses Geschenk erhalte, einen gedruckten Revers unterzeichnen, worin sie bestätige, daß sie d'e freiwillig gewährte Summe von 500 Mk. von der Versicherung erhalten habe und daß mit dieser Zahlung allen und jeden Ansprüchen gegen die Gesellschaft, ihre Bevollmächtigten oder Agenten genügt worden sei und daß sie keine weiteren Ansprüche mehr erheben könne und werde. Ter Beamte redete ihr vor, daß sie absolut keine Ansprüche gegen die Versicherung habe, weil ihr Mann die Prämie nicht bezahlt, ferner weil er fasche Angaben im Versicherungsantrag gemacht und den Unfall selbst verschuldet habe. Die arme Frau bestritt dies und gab trotz ihrer Bedrängnis nur zu. daß die Prämie nicht rechtzeitig bezahlt worden sei. Schließlich aber, als der Beamte immer wieder behauptete, die 500 Mk. seien nur ein Gnadengeschenk, das ihr die Versicherungsgesellschaft aus Mitleid mit ihrer Armut gebe, und daß sie überhaupt keinen Anspruch habe, Unterzeichnete die Frau in ihrer Not die geforderte Erklärung. Diese Erklärung hat sie später, als sie von ihrem Anwalt. Rechtsanwalt Dr. Zürndorfer in Stuttgart, aufgeklärt worden war, wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefcchten. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß der Mann keine unrichtigen Angaben im Versicherungsvertrag gemacht hat. Das Landgericht Stuttgart hat den Irrtum der Frau Erhard für vorliegend und genügend erachtet zur Anfechtung und Verzichtserklärung und hat die Internationale Versicherungsgesellschaft in Wien. Direktion für Süddeutschland in Stuttgart, Stiftstraße 7. verurteilt, an die Ehefrau 4500 Mk. zu zahlen. Der Fall zeigt aufs neue, wie vorsichtig man mit der H ergäbe von Unterschriften sein muß; im übrigen kann jeder selbst eine Lehre daraus ziehen.
Landwirtschaft und Märkte.
Bekämpfung von Getreidebrand. Unserer Landwirtschaft erwächst alljährlich durch Steinbrand bei Weizen und Spelz und Flugbrand bei Hafer, ungeheuerer Schaden. Gegen diese Krankheiten gibt es ein ausgezeichnetes Mittel: das Beizen mit Formalin. Das geschieht auf folgende Art:
V o r b e r e it u n g: Man verwendet zum Beizen nur das 40prozentige Formalin, eine wasserhelle Flüssigkeit, die stechend riecht und die Haut ätzt. Das Formalin wird in gut verschlossenen Elasflaschen
aufbewahrt, die man, um Verwechslungen zu vermeiden, mit der entsprechenden Aufschrift versieht. Man richtet einen großen hölzernen Bottich, ähnlich wie zum Mosten her, so daß man mittels eines Zapfens die Flüssigkeit ablassen kann. Den Bottich füllt man ungefähr zur Hälfte mit Wasser. Auf 100 Liter Wasser gießt man genau ein Viertelliter! Formalin unter Umrühren zu. — Das Beizen: Weizen. In die zubereitete Beizflüssigkeit schüttet man den Weizen, achtet aber darauf, daß die Flüssigkeit noch handhoch Uber der Frucht steht. Mit einem Stock rührt man die Frucht mehrmals um und schöpft die leichten Körner, die oben schwimmen, ab und verbrennt sie. Genau nach einer halben Stunde wird die Beizflüssigkeit abgelassen und die Frucht zum Trocknen gebracht. Dinkel. Die Saatfrucht wird im Bottich mit einem Sieb oder Senkboden beschwert und bleibt zwei Stunden in der Veizflüssig- keit. Dann trocknen! Hafer. Man schüttet den Hafer in die Beizflüssigkeit, rührt gut um und läßt nach einer Viertelstunde ab. Oder man bewegt die mit Frucht halb vollgefüllten Säcke in der Beizflüssigkeit während einer Viertelstunde hin und her. In beiden Fällen nach der abgelaufenen Zeit trocknen. — Das Trocknen: Der Boden, auf dem die gebeizte Frucht getrocknet werden soll, wird am Tag vorher gut ausgewaschen. Zum Trocknen wird die nasse Frucht höchstens handhoch aufgeschüttet: durch öfteres Umschaufeln und Lüften sorgt man für recht rasches Trocknen. Die Säcke, in die die getrocknete Frucht gefüllt wird, müssen vorher durch Waschen in der Beizflüssigkeit oder in heißem Wasser gut gereinigt werden.
Die Entbrandung des Saatguts ohne Schädigung der Keimfähigkeit erreicht man mit der Formalinbeize, aber nur bei genauester Einhaltung der Anweisung. Das Beizen wirkt gegen Steinbrand bei Weizen und Dinkel und gegen Flugbrand bei Hafer, dagegen nicht gegen Flugbrand bei Weizen und Gerste. Es ist zweckmäßig, an warmen Tagen im Herbst auch gleich die nötige Menge Sommerfrucht zu beizen, damit die Frücht schnell getrocknet werden kann. Da das Formalin beim Trocknen vollständig verdunstet, kann die beim Säen übrig bleibende Frucht zu jedem andern Zwecke Verwendung finden. 100 Liter Beizflüssigkeit reichen aus, um 2—3 Zentner Saatfrucht auf einmal zu beizen: die einmal bereitete Veizflüssigkeit kann jedoch am gleichen Tage mehrmals verwendet werden.
(!) Deckenpfronn, 15. Juli. Bei der in Horb abgehaltenen staatlichen Pferdeprämiierung erhielt Eutspächter Mößner vom Hof Haselstall zwei Preise, nämlich einen mit 150 Mk. für eine Stute samt Fohlen und einen mit 100 Mk. für eine dreijährige Stute. Melchior Friedrich Dongus von hier erhielt 100 Mk. für eine vom Pferdezuchtverein im Frühjahr in Osfenhausen erkaufte und seinerzeit von ihm gezüchtete dreijährige Fuchsstute. — Unsere Getreidefelder, sowohl Sommer- als Winterfrüchte, stehen prächtig, ebenso sämtliche Hackfrüchte. Die Futterernte ist quantitativ wie qualitativ vorzüglich ausgefallen. Die Obstansätze sind in Kern- und Steinobst über alles Erwarten gut, sodaß der Landmann mit frohem und freudigem Gefühl den Ernten entgegensieht.
ü- Weilderstadt, 15. Juli. Zugeführt auf den heutigen Viehmarkt wurden: 52 Ochsen, Preis 460—630 Mk., 94 Stiere, Preis 280—430 Mk., 182 St. Nutz- und Melkvieh, Preis 480—652 Mk., 184 Kalbinnen und Einstellvieh, Preis 162—426 Mk,. 34 Läufer, 410 Milchschweine. Milchschweine kosteten 6—7 Wochen alt 45—60 Mk. Zu Beginn des Marktes war der Handel sehr lebhaft, nachher schleppend . Ein Preisabschlag war zwar nicht wahrzunehmen. Man glaubt, daß, wenn das trockene Wetter eine Zeitlang anhält, am nächsten Markt vielleicht billiger gekauft werden kann.
Stuttgart, 15. Juli. Landesproduktenbörse. Das trockene, warme Wetter, das die ganze Berichtswoche änhielt, war für den Saatenstand überaus günstig und hat in einigen Gegenden bereits zum Roggenschnitt geführt. Trotzdem gestaltete sich die Stimmung auf dem Getreidemarkt letzter Tage etwas fester, da die Abladungen von Argentinien wieder wesentlich kleiner waren und auch die amerikanischen Märkte höhere Notierungen meldeten. Greifbare Ware blieb gesucht und teuer, für spätere Lieferungen verhaften sich die Käufer noch zurückhaltend und warten den Ausfall der Ernte ab. Auch heute wurden nur vereinzelte Käufe abgeschlossen. Wir notieren:
Weizen, württ.
24.76
bis
25.25
„ fränk.
24.76
„
25.25
„
„ Rumänier
25.—
„
25.50
„
„ Ulka
26 —
„
25.50
„
„ Saxonska
25.—
„
25.50
„
„ Azima
25 —
„
25.50
„
Nowrostsk-Azima
23.—
„
24.—
„
Weizen Laplata
24.—
„
25.—
„
Kernen,
24.75
„
25.25
Roggen, nom.
21.—
„
22 —
„
Futtergerste, russ.
18.—
„
18.50
„
Hafer, württ.
22.25
„
22.75
„
„ Laplata
19 —
„
19.50
„
Mais, Laplata
16.75
17.50
„
Tafelgries
34 —
„
34.50
Mehl 0
34 —
„
34.50
„
1
33.—
„
33.50
2
32 —
32.50
3
30.50
31.-
4
27.-
27.50
Kleie
11.—
„
12.—
„
Letzte Nachrichten und Telegramme.
Dornstetten OA. Freudenstadt,16. Juli. (Teleph.) Gestern nachmittag gegen 12 Uhr brach im benachbarten Diederweiler in dem Wohn- und Oekonomie- gebäude des Jakob Wolf Feuer aus und legte das ganze Anwesen in Asche. Die bedrohten Gemeindegebäude, Kirche und Schule, konnten von der Ortsfeuerwehr gerettet werden. Der Gebäudeschaden beträgt etwa 10 000 Mk., der Mobiliarschaden 5000 Mk. Brandstiftung wird vermutet.
Waldsee, 16. Juli. (Telegr.) Drei aus der Zwangserziehungsanftalt Ludwigsburg entwichene 16—18 jährige Burschen, die steckbrieflich verfolgt wurden und schon seit acht Tagen drunten im Herdle Unterschlupf fanden und von dort aus ihre Raubzüge unternahmen, wurden hier verhaftet und ins Amtsgericht eingeliefert.
Fulgenstadt OA. Saulgau, 16. Juli. (Telegr.) Sontag nacht gegen 10 Uhr kamen 2 Gesellschaftsauto der Rottweiler Aktiengesellschaft auf dem Wege nach Schramberg hier durch und hielten vor dem Gasthaus zum Hasen. Während der Chauffer einige Minuten sich in der Gaststube befand, muß jemand die Bremse des einen Autos gelöst haben, denn es lief plötzlich davon und rannte die Böschung gegen Fulgenstadt zu hinab, wobei an der Maschine einige Teile verbogen wurden. Der andere Wagen zog das Auto wieder auf die Straße herauf, dann konnte die Fahrt nach Schramberg wieder fortgesetzt werden. Von den Insassen wurden zwei Personen verletzt.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.
Standesamt Calw.
Getraute.
13. Juli. Hans Richard Moritz Rubensdörffer, Stadtschultheißenamtssekretär in Geislingen a. St. und Emilie Marie Schwämmle von hier.
Reklameteil.
ällbewsknls r^slik'ung
§üttttin.<jek7 uttäXLS n Ke
Amtliche Md Privalaureigeu.
K. Forstamt Liebenzell.
Schichtderbholz-
Verkauf.
Am Dienstag, den 23. Juli, nachm. 2'/s Uhr, in der Sonne in Liebenzell Scheidholz aus Staatswaldungen derHutLiebcnzell: Nm.: 2 Laubholz- und 326 Nadelholz- Anbruch.
Bad Liebenzell.
Der in Nr. 163 dieses Blattes ausgeschriebene
Zwangsverkauf
findet vorerst nicht statt. Ohngemach» Gerichtsvollzieher beim Kgl. Amtsgericht Calw.
Bad Liebenzell, 15. Juli 1912.
Tostes-Änzeige.
Freunden und Bekannten geben wir die traurige Nachricht, daß heute früh unser lieber Vater, Schwiegervater und Großvater
Johann Lembolk»,
^ Bahnwärter a. D.,
nach kurzem Leiden im Alter von 76 Jahren sanft entschlafen ist.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Familie RembM.
Beerdigung Mittwoch nachmittag 3 Uhr.
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