die Güterhändler außerordentlich große Gewinne erzielen, deren Höhe in gar keinen: Ver­hältnis zu der durch das Geschäft verursachten Muhe und zu dem damit verbundenen Risiko steht. Auch im Jahr >608, und zwar in fünf Fällen, haben sich Darlehenskassenvereine bei der Verdrängung gewerbsmäßiger Güterhändler erfolgreich beteiligt. Der Grund für die Einleitung der Zertrümmerung war teils Ueberschuldung (in 37 Fällen), Wegzug aus der Gemeinde (56), Ableben des Besitzers (38), hohes Alter oder Kränklichkeit (47- und sonstige Ur­sachen, darunter auch Mangel an Arbeitskräften (49>.

,, Stuttgart, 12. Okt. Der am Samstag ver­storbene Dekan und Oberkirchenrat Schneiderhat noch an seinem Todestag eine ganz besondere Ehrung von allerhöchster Seite aus erfahren, die ihn leider nicht mehr lebend antras. Anläßlich ferner erbetenen Enthebung vom Dekanatamt wurde ihm nämlich noch das Ehrenkreuz des württembergischen Kronordens verliehen, mit welchem der persönliche Adel verbunden ist. Der König hat anläßlich des Ablebens des Oberkirchenrats und päpstlichen Hausprälateu Schneider, Dekan und Stadtpsarrer in Stuttgart den Hinterbliebenen seine Teilnahme aussprechen lassen. Die Leiche ist heute vormittag in feierlichem Kondukt vom Sterbehaus auf den Bahnhof verbracht worden, um zur Beisetzung nach Hiltensweiler bei Tettnang überführt zu werden.

st Stuttgart, 12. Okt. Zum Einbruch beim Ju­welier Kaufmann erfährt der Schwäbische Merkur, daß es den Nachforschungen der Kriminalpolizei ge­lungen ist, den angeblich über Karlsruhe nach Basel expedierten Rohrplattenkoffer ausfindig zu machen. In Gablenberg wurde er bei einem gewissen Thomas S., dem Bruder des der Mittäterschaft und Hehlerei dringend verdächtigen, stellenlosen Kaufmanns Georg S., ausgefunden. Der Koffer wurde geöffnet und man fand außer einer Menge silberner Bestecke erne Anzahl Uhren, Schmucksachen, Seidenzeuge usw., ferner eine umfangreiche Korrespondenz verdächtigen Inhalts, aus der hervorgeht, daß die flüchtigen Ein­brecher Rode und Valenta (alias Schilling mcht nur mit hiesigen, sondern auch mit auswärtigen Verbrechern in Verbindung standen. Die Krimi­nalpolizei konnte Nachweisen, daß Roda und Valenta seit dem Tag ihrer Ankunft in Stuttgart von An fang September bis Anfang Oktober fortgesetzt Ein­brüche verübten. Rode und Valenta gehören einer Bande von Einbrechern an, die ihre Tätigkeit auch auf Hannover, Breslau, Prag, Wien usw. ausdehnte. Die Kriminalpolizei setzt ihre Bemühungen in dieser Angelegenheit energisch fort.

ss Holzheim, OA. Göppingen, 12. Okt. In seiner Wohnung im Bette liegend hat sich gestern mittag der 32jährige Fabrikarbeiter Joh. Schwenk erschos­sen. Er scheint sich aus allgemeinem Lebensüber­druß den tödlichen Schuß beigebracht zu haben. Er hinterläßt eine Frau und drei Kinder.

st Gmünd, 12. Okt. Heute vormittag halb 1l Uhr wurde der verheiratete Pflästerer Ahl in seiner Wohnung in der Sebaldstraße erhängt an der Tür­klinke aufgefunden. Ahl hatte kürzlich seine Frau wieder schwer mißhandelt, so daß diese von ihm ging. Auch soll er sich der Polizei gegenüber wegen Beleidigung und Skandal zu verantworten gehabt haben.

ss Ellwcmgen, 12. Okt. Das Schwurgericht hat den in Dettingen, Oberamts Heidenheim, wohn­haften verwitweten Landwirt Johannes Schlump- berger wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tod zu drei Jahren Gefängnis, auf die drei Mo­nate Untersuchungshaft angerechnet werden, verur­teilt. Er hatte am 3. Juli bei einer Auseinander­setzung mit seiner Fran und seinen Kindern erstere durch einen Messerstich in die linke Brustseite so schwer verletzt, daß sie daran verblutete. Die Ge­schworenen hatten die Frage nach mildernden Um­ständen verneint.

!! Münsingen, 12. Okt. Am Sonntag früh um ein Uhr brach in dem in der Nähe der Kirche ge­legenen Wohn- und Oekonomiegebäude des Nagel­schmieds Bopp Feuer aus, das in der mit Garben und anderen leicht brennbaren Gegenständen ge­füllten Scheuer seinen Anfang nahm. Das Feuer wurde auf seinen Herd beschränkt.

st Von der oberen Donau, 12. Okt. Die meisten der hierzulande als Kreuzottern getöteten Tiere sind keine Ottern, sondern glatte Nattern, die aller­dings jenen sehr ähnlich sehen, aber durchaus un­gefährlich sind. Ein sehr bekannter, vor etwa 10 Jahren verstorbener Professor am Sigmaringer Gymnasium, der auf dem Gebiete der Naturkunde wohl als Autorität gelten kann, behauptete, er habe bei seinem vielen Umherstreisen in unseren Wäldern nicht eine einzige wirkliche Kreuzotter gefunden. Wir kennen eine Gemeinde, in der vor zwei Jahren annähernd 25 Stück angebliche Kreuzottern gefangen und abgeliefert wurden. Als man nun ein Kreuz­otter-Präparat anschaffte, stellte es sich heraus, daß es durchweg und ohne Ausnahme glatte Nattern waren, die abgeliefert wurden. Und so mag es in andern Gemeinden auch gewesen sein. Die Stati­stik lehrt, daß in ganz Deutschland etwa 2 Menschen jährlich am Bisse der Kreuzotter sterben und etwa 40 durch Schlangenbisse ernstere oder geringere Krankheiten davontragen, während doch das Ver­hältnis ein bedeutend ungünstigeres sein müßte, wenn die Kreuzottern wirklich so häufig vorkämen, wie man annimmt.

ss Friedrichshafen, 12. Okt. In einem Wagen zweiter Klasse des um 5.58 Uhr von Ulm hier ein­treffenden Eilzuges hat sich ein besser gekleideter Herr im Alter von etwa 25 Jahren, vermutlich zwischen Aulendors und Ravensburg, erschossen. Die Leiche des Unbekannten wurde hier in das Leichenhaus gebracht.

ss Friedrichshafen, 12. Okt. Das Luftschiff Z. 3 machte heute wieder eine nahezu siebenstündige Uebungsfahrt.

* Von der badischen Grenze, 1l. Okt. Aus Furcht vor dem Militär versuchte sich in Neuzingen der 23jährige Hafner Stärk, der in den nächsten Tagen einrücken sollte, zu erschießen. Er brachte sich mehrere Schüsse bei und liegt nun hoffnungslos darnieder.

st Pforzheim, 12. Okt. Eine barbarische Rohheit ließ sich der hiesige Kartoffelhündler Karl Weißert zuschulden kommen. Er hatte in Oeschel- bronn einen Hund gekauft und band ihn beim Heim­fahren mit der Kette an den Wagen. Dann fuhr er angetrunken im Trab fort, den Hund auf allen vieren nachschleifend. Als Passanten den Weißert aufforderten, das Tier loszubinden, ging er mit

der Peitsche auf die Leute los, nannte sie Vaga­bunden und sagte,er habe den Hund bezahlt". Dann schlug er das Tier mit der Peitsche und jagte davon. Als man ihn schließlich doch anhielt, war der Hund verendet. Das Schöffengericht diktierte dem Tierquäler dafür vierzehn Tage Haft zu. Viel zu wenig!

ss Pforzheim, 12. Okt. Aus der Goldwarenin- dustrie wird gemeldet: Die Hanauer Goldarbeiter streiken nicht. Die gestern unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters in Hanau stattgefundenen Verhandlungen zwischen Vertretern des Arbeitgeberverbands und der Arbeitnehmer endigten mit der Annahme einer Arbeitsordnung mit 3jähriger Dauer und vierteljähriger Kündigung. Damit ist der Streik bei­gelegt, was im Interesse des Friedens in der Hanauer, Pforzheimer und Gmünder Goldwarenindustrie zu begrüßen ist.

* Mannheim, 12. Okt. Hier hat eine Masfenkün- d i g u n g von Arbeitern der MannheimerTabak- induftrie slaltgefunden. Gestern sind insgesamt 1800 Arbeiter vorübergehend entlassen worden.

ss Hamburg, 12. Okt. Auf der Werft von Blohm L Voß ist Heine nachmittag das neue SchulschiffPrinzeß Eitel Friedrich" des deustchen Schulschiffsvereins glücklich vom Stapel gelaufen. Anwesend waren der Großherzog und der Erbgroßherzog von Oldenburg, Prinz und Prinzessin Eitel Friedrich, die Bürgermeister Dr. Burchard und Oswald, die Mitglieder des Senats mit ihren Damen, sowie die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden. Prinz Eitel Friedrich hielt die Taufrede, worauf Prinzessin Eitel Friedrich das Schiff auf den NamenPrinzeß Eitel Friedrich" taufte.

ss Berlin, 12. Okt. Tie aus gestern abend festgesetzte Fernfahrt des Militärlusischiffes Groß 2 nach Metz ist ver­schoben worden, da der Wind eine Stärke von 7 Sekunden­meiern zeigte und diese Windstärke eine gute Fahrt nicht verbürgen konnte.

' Berlin, 12. Okr. Fürst Bülow wird, wie der Hannoversche Courier" aus Berlin erfährt, zum Geburts­tag der Kaiserin am 22. Oktober nach Berlin kommen. Um unzutreffenden Kommentaren im voraus zu begegnen, fügt das Blatt hinzu, daß die Einladung schon aus den Tagen der Entlassung stammt.

Einsturz eines Neubaues in Stratzburg.

* Stratzburg, 12. Okt. Heute vormittag durch­eilte die Nachricht von einer entsetzlichen Baukata­strophe die Stadt und versetzte die Einwohner in eine große Aufregung. Zwischen 10 und 11 Uhr stürzte in der Schinterstraße, hinter der katho­lischen Garnisonskirche, ein fünf Stock hoher Neubau unter donnerartigem Getöse in sich zusammen. Die an dem Bau beschäf­tigten Arbeiter wurden unter den Trüm­mern begraben. Auf die Nachricht von dem Unglück organisierte die Straßburger Polizei sofort einen umfassenden Rettungsdienst. Die Feuerwehr eilte mit sämtlichen verfügbaren Leitern und Kran­kenwagen zur Unglücksstelle. Auch die Sanitäts­kolonne setzte ihre Spitalwagen in Bewegung. Als die Staubwolken, die aus dem Trümmerhaufen auf- stiegen, einigermaßen sich verzogen hatten, gingen beherzte Männer in das Chaos der Balken und Trümmer hinein, um noch zu retten, was zu retten war. Bereits eine halbe Stunde nach dem Einsturz waren zehn Verunglückte geborgen, unter ihnen vier Tote. Eine ungeheure Menschenmenge war nach der Unglückstätte geeilt, worunter Angehörige der bei dem Bau beschäftigten Arbeiter. Herzzerreißende Szenen spielten sich bei der Bergung der Verun-

Willst du die Weisheit dir erjagen, lerne Wahrheit erst ertragen.

Sprichwort.

Verschiedene Pole.

Novelle von Dr. L- Lange.

Nachdruck verboten.

Komm mit nach Afrika, Fred!"

Was soll ich dort?"

Dich erholen von deiner ewigen Bücherhockerei und Mikroskopiererei und von noch etwas anderem! Hier wirst du immer schmaler und blasser! Was nützt dir alle Be­rühmtheit, wenn du darüber zugrunde gehst!"

Ich,werde mir die Sache überlegen!"

Aergerlich ging ich weg. War ich doch fest überzeugt, daß mein Rat der beste sei, der ihm erteilt werden konnte. Wie alt war denn Fred? Als wir, Kinder noch, zusammen gespielt hatten, war er immer einen Kopf kleiner gewesen wie ich. Also etwa zwei Jahre jünger, Anfang der dreißiger. Er sah noch jünger aus. Tie schlanke Gestalt, etwas ge­beugt von dem stätigen Sitzen am Schreibtisch, die blasse Gesichtsfarbe, das feine, durchgeistigte Gesicht mit dem kurzen, blonden Bollbart, das alles, im Verein mit seinen lässigen, etwas ungeschickten Bewegungen, ließ ihn als etwa Ende der Zwanziger stehend erscheinen. Nur wenn er bei Vor­trägen in seiner Lieblingswissenscha't, der Physiologie in Eifer kam, röteten sich seine blassen Wangen und hinter der goldenen Brille hervor schauten seine sonst leicht verschleierten blauen Augen seine Hörer so scharf und durchdringend an, sein ganzes Wesen war so erfüllt von seinem Thema, daß,

er in lichtvollster, oft ganz neue Bahnen aufdeckcndcr Weise zu behandeln wußte, so klar und anschaulich wurde dann mit einem Male seine sonst etwas unbeholfene Darstellungs­weise, daß man wohl erkannte, warum von allen Professoren der medizinischen Fakultät kein anderer ein auch nur an­nähernd so zahlreiches Auditorium hatte, als er, der jüngste von ihnen, warum die Studenten mit einer geradezu schwärmerischen Liebe au ihm hingen.

Das hatte ihn glücklich gemacht; früher, vor 3 Jahren noch, als ich zum ersten Mal mich auf die Reise nach dem dunklen Erdteil" machte, bestrebt, zur Aufhellung desselben auch mein sehr bescheidenes Teilchen beizulragen. Aber als ich wiederkam, fand ich ihn recht verändert. Wo war seine herzliche Berufsfreudigkeit geblieben? Nicht etwa, daß er in seinen Studien nachgelassen hätte, im Gegenteil! Aber er machte mir den Eindruck, als suche er sich durch dieselben zu betäuben, als arbeite er deswegen den ganzen Tag und die halbe Nacht, um nicht an etwas anderes denken zu müssen.

Was mochte das wohl sein?

Ekoi-otwr lL'tom uv! Wenn dieses Wort wirklich von Jakob dem Ersten herstammt, so ist es der Ausdruck des gescheitesten Gedankens gewesen, den dieser sonst durch das Gegenteil glänzender Geistesgabeu ausgezeichnete König je­mals gehabt hat. Otwrvboz la lomwo! Weil brauchte ich nicht nach ihr zu suchen, und daß ich auf der richtigen Führte war, bestätigte mir Freds Schwester, die seinen Haus­halt führte.Alles war gut," klagte sie,bis Frau von Rettberg herkam. Sie, die mit ihrer Koketterie alle Welt bezaubert, hat es auch unserem armen Fred angetan. Er, dem ich sonst immer sagen mußte: Fred, du mußt dir einen neuen Anzug kaufen! oder: Fred, binde dir nicht zu dem blauen Rock einen gründen Schlips um, das paßt gar nicht zusammen! Er fing mit einem Male an, Sorgfalt für seine Kleidung an den Tag zu legen! Er kaufte sich sogar , Helle Glacehandschuhe, ohne mich vorher gefragt zu haben!

Da mußte ich, was die Glocke geschlagen hatte! Hätte er sich nun in die jüngere Tochter des Majors verliebt, in die stille, sanfte Elisabeth, so würde ich mich van Herzen darüber gefreut haben, denn Elisabeth Hütte prächtig zu ihm gepaßt, aber diese Franziska! Entsetzlich! Wissen Sie nicht mehr, daß sie als Kind schon immer Majors wilde Hummel hieß? Als sie sich damals verheiratete, gla bte man, sie würde nun endlich vernünftig werden. Aber weit gefehlt! Sie soll mit ihrem Mann um die Wette geritten sein, über hohe Hecken und breite Gräben hinweg, die Erste bei den Schnitzel­jagden und wie diese abscheulichen Veranstaltungen alle heißen! Und als dann Rittmeister von Rettberg einer Lungenentzündung erlegen war, die er sich jedenfalls auf einem seiner tollen Ritte geholt hatte und sie hierher zurück­kam, in das Haus ihres Vaters, hat sie sich da benommen, wie es einer Witwe geziemt? Während des Trauerjahres wohl, ja, das muß man ihr lassen, aber als dieses noch nicht lange vorbei war, besuchte sie alle Gesellschaften, und bald war sie überall die Erste, die Tonangeberin! Und ihre Toiletten manchmal sollten Sie gesehen haben! Zu einer Soiree bei dem Landesgerichtspräsidenten erschien sie in einem Rock von meergrüner Seide, mit einer dekolletierten Taille von rotem Sammet! Wie auffallend! Allen Männern verdrehte sie die Köpfe mit ihrem degagierten Wesen! Und alle hätte ich ihr gegönnt, nur meinen armen Fred nicht!"

Daß bei dieser Schilderung ein guter Teil schwesterliche Eifersucht mit im Spiele war, sah man ja auf den ersten Blick. Dazu kam noch die natürliche Abneigung der Klein­städterin gegen alles das, was mit ihren engbegrenzten Be­griffen von Etikette nicht in Einklang zu bringen war wer weiß, ob dieser Teufel so schwarz mar, als sie ihn malte!

Jedenfalls aber war es interessant genug, um den Ver­such zu machen, mit ihm bekannt zu werden. Das ließ sich ohne große Schwierigkeiten bewerkstelligen. In einer Stadt, in der man das Gymnasium besucht hat, kann man nach zwanzig