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hier zur Welt: ein Junges mit einem Kopf und zwei Augen, aber vier Ohren, acht Füßen und zwei Schwänzen, so daß es vom Halse an eigentlich zwei mit den Bäuchen zusammengewachsene Tierchen sind. Während die übrigen dreizehn Jungen gesund und munter sind, kam die Mißgeburt tot zur Welt.
ss Vaihingen a. E>, 1. Sept. Der im hiesigen Bezirkskrankenhaus untergebrachte Typhuskranke Karl Heilig von Hochdorf ist vergangene Nacht gestorben.
ss Besigheim, 1. Sept. Der StandderWeinberge ist hier und in den Bezirksorten ein guter. Doch sollte noch längere Zeit günstige Witterung eintreten, damit ein durchaus befriedigendes Resultat erhofft werden kann.
sj Freudental, OA. Besigheim, 1. Sept. Einen Beweis von der großen Masse Wespen auf hiesiger Markung liefert die Tatsache, daß von zwei hiesigen Männern innerhalb 10 Tagen 150 Pfund gut bevölkerter Wespen- und Hornissen-Waben an die Gemeindepstege abgeliefert wurden, von welcher per Pfund 60 Pfennig aus der Gemeindekasse dafür bezahlt werden. Trotz dem gefährlichen Geschäft ein netter Verdienst.
js Lauffen a. N., 1. Sept. Gestern nachmittag stürzte an einem Neubau des Zementwerks der Zimmerlehrling Bechstein, von Leonbronn gebürtig, vom Gerüst und war sofort tot.
ss Niederstetten, 1. Sept. Während der Kaisermanöver wird hier der Schiedsrichterstab seinen Sitz haben.
ss Geislingen a. St., 1. Sept. In Ueberkingen ist im Holzstall der achtjährige Knabe des Maurers Necker erhängt aufgefunsen worden. Augenscheinlich ist das Kind dadurch verunglückt, daß es eine Schaukel anknüpfen wollte, in die Schlinge geriet und erstickte.
ss Riedlingen, 1. Sept. In Reutlingendorf ist ein Stromer in das Rathaus eingestiegen und hat dort zwei Stempel für das Grundbuchamt und vier für den Gebrauch der Ortsbehörde für Arbeiterversicherung bestimmte Stempel sowie eine Anzahl Quittungskartenformulare gestohlen. Dringend verdächtig ist ein angeblicher Kaufmann Julius Schwarz von Breslau, der am Tag zuvor nach Verbüßung einer Haftstrafe beim hiesigen Oberamt entlassen wqrden ist und hernach in Reutlingendorf gebettelt hat.
' Friedrichshafen, 1. Septbr. Es sind 229 Mitglieder des Reichstags vom Reichstagspräsidenten heute in Friedrichshafen zum Besuch am 4. September fest angemelcet worden. Mit den Mitgliedern des Bundesrats und den Ehren- und sonstigen Gästen rechnet man aus eine Gesamtzahl von etwa 270 Personen.
* Aus Baden, 1. Septbr. Die Vereinfachung in der Verwaltung macht Fortschritte. Wie amtlich mitgeteilt wird, werden mit Wirkung ab 1. November ds. Js., in der Bezirksforstverwaltung die Forstämter Kippenheim, Durmersheim (Sitz Karlsruhe und St. Leon) und im Gebiete der Finanzverwaltung, mit Wirkung ab 1 Januar 1910, die Finanzämter Breisach und Buchen, sowie das Domänenamt Wiesloch aufgehoben.
ff München, 1. Sept. Der 29jährige Schriftsetzer Max Hackradt, der am 27. August in Neubornim bei Potsdam die 78jährige Josephine Rudolphi in räuberischer Absicht ermordete, ist heute Vormittag in Moosach bei München verhaftet worden. Hackradt ist geständig.
* Regensburg, 31. August. Einen Hauptanziehungspunkt bei der im nächsten Jahre stattfindenden Oberpfälzischen Kreisausstellung für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft wird wohl die groß vorbereitete Sonderausstellung für christliche Kunst bilden. In dem für diese Ausstellung eigens hergerichteten massiven Gebäude werden den Besuchern die Werke der neueren angesehensten Künstler vor Augen geführt in einer Auswahl, wie solche seither in keiner
süddeutschen Stadt zu sehen war. Nicht minder interessant wird die Ausstellung alter christlicher Kunst werden, die unter anderen Sehenswürdigkeiten auch den berühmten Regensburger Domschatz bergen wird. Die alte Donaustadt Regensburg mit ihren vielen mittelalterlichen Bauten und Sehenswürdigkeiten und der herrlichen Umgebung, berühmt durch die Bauten König Ludwigs I. „Walhalla" und „Befreiungshalle", bildet jahraus, jahrein einen gern besuchten und leicht erreichbaren Aufenthaltsort. Im nächsten Jahre dürfte aber der Besuch der alten Ratisbona besonders hohe Befriedigung gewähren.
* Berlin, 1. Sept. Heute fand die Herbstparade des Gardekorps statt. Der Kaiser führte der Kaiserin und den Fürstlichkeiten das erste Garde-Dragoner-Regiment, der Großherzog von Oldenburg das erste Garde-Regiment bei beiden Vorbeimärschen vor. Nach der Kritik um 12 Uhr setzte sich der Kaiser an die Spitze der Fahnen und Standarten und führte die Feldzeichen nach dem Schlosse zurück.
ff Berlin, 1. Sepi. Das Militär Wochenblatt meldet: Dem komm. General des 7. Armeekorps von Bern- hardi ist der Abschied bewilligt worden; v. Einem, General der Kavallerie, ist zum kommandierenden General des 7. Armeekorps ernannt worden; v. Boehn, Kommandeur der 18. Division und v. Linsingen, dieser unter Ernennung zum kommandierenden General des 2. Armeekorps, wurden zu Generalen der Infanterie befördert.
* Berlin, 1. Sept. Prinz Eitel Friedrich wurde zum Chef der Leibeskadron des Leibgardehusaren-Reaiments ernannt.
ff Kiel, 1. Sept. Aus dem für die Aufbewahrung von Akten in der großen Werftunterschleifsache im Landgericht besonders eingerichteten Zimmer sind durch einen bisher unaufgeklärten Einbruch viele Schriftstücke und Briefe entwendet worden, die sich in den Akten befinden und belastendes Material gegen mehrere Angeklagte enthalten.
„ 3 . 3 ".
* Bülzig, 1. Sept. In der vergangenen Nacht schien eine Katastrophe trotz aller Vorsichtsmaßregeln unausbleiblich. Der Sturm wuchs gegen Mitternacht zu einer Stärke von über 20 Dieter an. Man holte die leitenden Ingenieure und auch Graf Zeppelin jr. erschien auf dem Platze. Der Sturm fing sich in der großen Fläche des Luftschiffs und riß es trotz der enormen Belastung hin und her. Der Koloß ächzte und krachte in , llen Fugen. Die Alu- miniumteile klirrten. An allen Verankerungen riß der Ballon und drohte unter der Gemalt des Sturmes bei dem Windstoß loszureißen. Aber die Verankerung hielt Stand und auch die Soldaten hielten tapfer aus. Erst gegen 3 Uhr legte sich die Gewalt des Sturmes. Der Himmel klärte sich auf und der Vollmond schien friedlich auf den Landungsplatz. Gegen 300 Mann des dritten Bataillons des Infanterieregiments aus Wittenberg mußten das Luftschiff zeitweilig halten. An der Spitze waren 120 Mann postiert, die an den langen Tauen, mit denen das Luftschiff verankert ist, seitliche Taue befestigt hatten. Diese Taue mußten sie 'ich um den Leib schlingen, damit sie mit aller Kraft den Ballon halten konnlen. An anderen Tauen waren seitlich Holzstreben angebracht, die gleichfalls von Mannschaften festgehalten wurden. In der Hinteren Gondel saßen 30 Mann und etwa 30—40 Mann hielten die Gondel hernieder. Trotzdem ereignete es sich, daß die Mannschaften oft mehrere Meter in der Luft hingen.
War die Gefahr einerseits darin zu sehen, daß das Luftschiff weggetrieben werden konnte, so bestand andererseits eine erhebliche Gefährdung auch darin, daß die Böen das Luftschiff zeitweilig zur Erde herniederdrückten und die Gondel und Verstängung zu verbiegen oder zu zerbrechen drohten. Um dies zu verhindern, wurden unter die vordere Gondel, die in dieser Hinsichl am meisten zu leiden hatte, etwa 30
Mann beordert, auf deren breiten Rücken die Gondel ruhte Sie hatte auf diese Weise sozusagen eine lebende Federung und wurde vor einem Unfall durch Ausstößen auf den Boden behütet. Die Haltemannschaft mußte stündlich abgelöft werden. Die Abgelüsten krochen dann frierend in die Zelte um nach einer Stunde wieder herausgerufen zu werden. FZ war bitter kalt. Die Ingenieure und Monteure arbeiteten bis gegen 12 Uhr. Als dann der Sturm einsetzte, mußte mit der Arbeit innegehalten werden. Die Leute gönnten sich etwas Ruhe und legten sich in der Nähe des Luftschiffes auf Holzwolle, in die die Ersatzteile eingepackt gewesen waren zum Schlafen nieder. Kaum aber stieg das Frührot im Osten herauf, als auch die Arbeit wieder ausgenommen ivurde.
jf Landungsstelle des Z. 3 bei Bülzig, 1. Sept. Ungefähr um 3 Uhr nachmittags wurde der neumontierte rechte vordere Propeller angelassen. Zur Feststellung seiner Fahrtüchtigkeit wurde er einige Stunden lang ausprobiert. Dü letzten Wetternachrichten sind wiederum ungünstig. Auf dem Anschlußgeleise der Herbig'schen Ziegelei steht eine Lokomotive mit einem Wagen unter Dampf. Der Wagen enthält Ersatzteile und wird das Luftschiff auf seiner Fahrt begleiten, damit, falls infolge eines Defekts eine Landung nötig sein sollte, eine Reparatur umgehend vorgenommen werden kann.
jf Landungsstelle des „Z. 3" bei Bülzig, 1. Sept., abends 6 Uhr. Das Luftschiff ist fahrbereit und wird abfahren, sobald es das Wetter gestattet. Um 5 Uhr setzte eine heftige Gewitterbö ein, die es notwendig machte, daß die Bewachungsmannschaften und auch die gerade anwesenden Annaburger Unteroffizierschüler zur Hilfe herangezogen werden mußten. Das Luftschiff bestand auch diese Probe gut. Es wurde im Laufe des Nachmittags eine leichte Gasnachfüllung vorgenommen.
jf Bülzig, 1. Sept. (abends Hs8 Uhr). Der rechte des Dreislügelpropellers aus Köln wurde im Laufe des Nachmittags wieder abmontiert und durch einen zweiflügeligen Propeller aus Friedrichshafen ersetzt. Auch der noch fehlende 4. Propeller ist von innen her anmontiert worden. Die Hülle ist gleichfalls vollkommen wiederhergestellt. — Auf der Landungsstelle hat sich ein schwerer Unfall zugetragen. Ein lljähriges und ein 4 Monate altes Kind wurden durch die Explosion eines Spirituskochers schwer verbrannt und in einem sofort zur Verfügung gestellten Automobil in die elterliche Wohnung nach Zahna geschafft.
Bülzig, 1. Sept. (Telegr.) „Z. 3" ist heute abend etwas vor 11 Uhr wieder aufgestiegen.
Leipzig, 2. Sept. (Telegr.) Das gestern abend 10.58 Uhr in Bülzig wieder aufgestiegene Luftschiff ist heute früh 4.20 Uhr hier durchgekommen und langsam nach Süden weitergefahren.
„Z. 3" wurde um 6.20 Uhr in Pegau und 6.55 Uhr in Zeitz gesichtet.
* Zahna, 1. September. Der Z. 3 fährt zunächst nur bis Nürnberg, wo eine Zwischenlandung vorgesehen ist. Dorthin sind auch die Spezialwagen aus Friedrichshafeu beordert worden.
' Landungsstätte des „Z. 3" bei Bülzig, 1. Septbr. Nach einer Mitteilung, die Direktor Colsmann an die Luft- schiffbaugesellschaft in Friedrichshafen gelangen ließ, befindet sich das Luftschiff in gutem Zustand. Bei der Abfahrt hatte der Wind eine Stärke von 8 Sekundenmetern. Bei günstigem Wind rechnet man auf eine Fahrtdauer von 15 Stunden, bei Gegenwind auf längere Zeit.
* Berlin, 1. September. Graf Zeppelin jun. erklärte dem Gewährsmann des Preßtelegraph, daß der Besuch der Bundesratsmitglieder und der Beamten der obersten Reichsbehörde zusammen mit den Mitgliedern des Reichstags nunmehr am Montag den 6. September definitiv stattfinder.
Denn die Menschen, sie sind gut, würden besser bleiben, sollte nicht, wie's einer tut, auch der andere treiben.
Goethe.
In schwerem Verdacht.
Kriminalroman.
Nachdruck verboten.
5. Kapitel.
Am andern Morgen erstattete der Kriminalkommissar seinem Vorgesetzten Bericht. Der Polizeidirektor hörte ihn mit größtem Interesse an. Hin und wieder ging ein Leuchten freudiger Ueberraschung über sein Gesicht. Als der Kommissar zu Ende war, klopfte ihm der Chef wohlwollend ans die Schulter. -
„Bravo, Hirt!" sagte er in bester Laune. „Das haben Sie vorzüglich gemacht. Der Eifer und die Geschicklichkeit, die Sie diesmal an den Tag gelegt haben, verdient das höchste Lob. Allem Anschein nach haben Sie wirklich den Rechten erwischt. . . . Denken Sie mal! Innerhalb vierundzwanzig Stunden den Mordbuben verhärtet und das ganze Verbrechen so ziemlich amgeklärt. Das nenne ich prompt arbeiten. Ich beglückwünsche Sie von Herzen, lieber Hirt/' Der Polizeichef schüttelte seinem Untergebenen berzlich die Hand.
„Was haben Sie nun zunächst vor, lieber Hirt?" fragte er weiter.
»Ich habe verschiedene Zeugen für morgen vormittag oorgeladen. Es gilt zunächst, den Versuch Kraßnicks, sich ein falsches Alibi zurechtzulegen, zu schänden zu machen."
„Schön!" Der Direktor nickte zufrieden und sann ein paar Sekunden nach. „Ja, richtig — den Anzug, den der mutmaßliche Täter während der Tat getragen hat, haben Sie den?"
„Jawohl, Herr Direktor."
„Keine Blutspuren entdeckt, Hirt?"
Der Kommissar unterdrückte eine Miene der Enttäuschung und antwortete ausweichend: „Ich habe bis jetzt erst oberflächlich nachgesehen. Ich will nun erst einmal alles genauer untersuchen."
„Gut. Und wie steht es mit der Mordwaffe?"
Der Kommissar zuckte mit den Schultern.
„Leider war dieselbe bisher noch nicht aufzufinden, trotzdem ich heute noch einmal tn aller Frühe eine zweite gründliche Haussuchung in der Kraßnickschen Wohnung abgehalten habe."
„Schade! . . . Na, der Kerl wird dieses Hauptbeweisstück eben rechtzeitig beiseite gebracht habem . . . Wie der Kerl nur zu dem Stilett gekommen sein mag?"
„Das ist eines der Rätsel, Herr Direktor, das vielleicht nie wird aufgeklärt werden. Aber ich hoffe, daß es mir gelingen wird, den Täter auch ohnedies zu überführen."
Der Polizeichef stimmte lebhaft zu.
„Das hoffe auch ich. Ein gutes Stück Arbeit haben Sie ja schon getan. Und ich will Sie nun nicht länger aufhalten, denn Sie haben noch viel Arbeit vor sich. Viel Glück, lieber Hirt!" . . .
Am andern Vormittag hatte Kommissar Hirt die Freude, . zu sehen, daß sich alles Programmäßig abwickelte, wie er es vorausgesehen hatte. Der Zigarrenhändler aus dem Hause Kurzestraße 9, aus den sich Kraßnick zuerst berufen, bestätigte, daß er den Arbeiter habe fortgehen sehen, aber
es war nicht neun Uhr, wie Kraßnick angegeben hatte, sondern acht Uhr gewesen.
Im Einklang mit der Aussage des Zigarrenhändlers stand die Mitteilung des Maurerpoliers von dem Neubau in der Landwehrstraße. Der Mann erinnerte sich, daß zwischen acht und neun Uhr ein Arbeiter von dem ungefähren Aussehen Kraßnicks bei ihm um Arbeit angefragt, aber abschlägig beschieden worden sei. Desgleichen bestätigte der Arbeiter Fritz Müller, daß er seinem Freund Karl Kraßnick in der Landwehrstraße begegnet sei. Kraßnick Hab« ihm sein Leid geklagt, daß er keine Arbeit finden könne, Dieses Gespräch habe gegen dreiviertel neun Uhr stattgefunden, das wisse er ganz genau, denn er habe kurz danach nach der Kirchturmuhr auf dem „großen Markt" gesehen. Dies sei fünf Minuten vor neun gewesen. Schlag neun Uhr sei er auf dem Rathaus gewesen, um einen SteuerrÄ- stand zu begleichen.
Nach diesen Vernehmungen kam Frau Eckert, die Haushälterin, an die Reihe. Ihr wurde der Verhaftete in seiner Arbeitskleidung vorgeführt, die er am Morgen des Mordtages getragen hatte.
„Jawohl, das ist er!" rief die Frau lebhaft aus, nachdem sie den ihr Vorgeführten von der Seite betrachtet batte. Und in ihren Mienen spiegelten sich deutlich die Ernpfindungen des Abscheus und des Haffes, die sie gegen den des feigen Raubmordes Verdächtigen erfüllten.
Vor größter Wichtigkeit aber war, daß der Kommissar inzwischen durch Einblick in die Geschäftsbücher des ermordeten Pfandleihers festgestellt hatte, daß Kraßnick im Laufs des letzten Jahres zu verschiedenenmalen Pfandgegen stände verseht und ausgelöst hatte. Gegenüber dieser Tatsache war die Angabe des Verhafteten, daß er das Schess- lersche Gcschaftslokal nie betreten und Scheffler nie gesehen habe, außerordentlich belastend. Noch kompromittierender