dem wir zusrreben, für wünschenswert hält. Ich speziell weiß mich übrigens einig mit den besten unsrer Vorkämpfer in der Verwerfung eines die Unterschiede nivellierenden Kosmopolitismus. Ebenso weiß ich mich frei von schmäh­lichen und weichlichen Gedanken; wenn wir aber das Panier des Mitleids entfalten über den 10 000 blutigen Opfern nationaler Hartherzigkeit, so sind wir darin unterstützt durch den Größten, den das Menschengeschlecht kennt, durch den, der nicht gekommen ist, der Menschen Seele zu verderben, sondern zu erhalten. O. Umfrid.

Tagespolitik.

Drei Reichstagsersatzwahlen werden nächstens statHnden und zwar in den Kreisen Halle, Koburg und Landsberg-Soldin. Im Reichstagswahlkreise Landsberg- Soldin haben sich die Liberalen und Freisinnigen auf die gemeinsame Kandidatur des Gutsbesitzers Schöppe geeinigt.

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Schon seit zwei Jahren werden zwischen Deutsch­land und der Schweiz Verhandlungen über die Revision des gegenseitigen Niederlassungsvertrages gepflogen und noch ist es nicht gelungen, eine Verständigung zu finden. Allerdings muß man gestehen, daß man in der Schweiz die von Deutschland angebahnte Revision nicht als dring­liche Angelegenheit behandelt. Der geltende Vertrag ist seit 1890 in Kraft; er bestimmt, daß jeder deutsche Bürger, der sich in der Schweiz niederlassen will, mit einem Er­laubnisschein ausgerüstet sei, dem ein Leumundszeugnis zu Grunde liegt. Diese Zeugnisse werden in der Schweiz durch Vermittlung der deutschen Gesandtschaft ausgestellt. Da aber jährlich etwa 125 000 Deutsche sich in der Schweiz nieder­lassen, erwächst der Gesandtschaft daraus eine überaus starke Arbeit. Sie möchte sich gern etwas entlasten und diesen Zweig ihrer Tätigkeit einschränken, aber die schweizerischen Behörden betrachten diese Zeugnisse als eine vorzügliche Garantie für das Land und möchten deshalb nicht so bald davon absehen; sie haben es deshalb nicht so eilig mit einer Aenderung. Nun hat die deutsche Gesandtschaft dem Bundesrat ein Exemplar des zwischen Deutschland und den Niederlanden abgeschlossenen Niederlassungsvertrages unter­breitet mit der Anfrage, ob es nicht möglich wäre, einen ähnlichen Vertrag mit der Schweiz abzuschließen. Der Bundesrat hat von diesem Aktenstück den nördlichen Grenz­kantonen Kenntnis gegeben und sie ersucht, sich darüber aus­zusprechen, aber, wie die Sache liegt, wird wohl eine Aende­rung nicht so bald zu erreichen sein.

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Da die Zustände in Makedonien sich von Tag zu Tag verschlimmern, haben sich die Mächte energisch an die Pforte mit dem Ersuchen gerichtet, für den Schutz der Bevölkerung in Makedonien Sorge zu tragen.

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Der 18. Internationale Friedenskongreß, welcher vom 28. August bis 3. September ds. Js. in Stock­holm stattfinden sollte, ist aufs nächste Jahr verschoben worden.

M L«fef»ucht. M

Nur der wird göttlich, der wird groß, wer erst sein kleines Ich ward los.

Max Bewer.

In schweren: Verdacht.

Krim i n alr o ina n.

Nachdruck verboten.

Der Schutzmann lachte.

Das mag wohl so sein, Herr Kommissar. Na, wenn er wirklich so dumm ist und bier bleibt, werden wir ihn ja bald erwischen."

Die Augen des Kommissars blitzten und seine Züge nahmen den Ausdruck eines fanatischen Menschen an, der ganz von einer Idee beherrscht wird und an nichts ande­res denkt. Stumm schritten die beiden Beamten dahin, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Der Eifer und der Ehrgeiz des Kommissars fühlte sich durch den Fall Scheff ler mächtig angestachelt. Es handelte sich sür ihn nicht nur darum, das verlorene Vertrauen seines Vorgesetzten wiederzugewinnen, seine ganze Existenz als Kriminalkommis sar stand auf dem Spiel. Der Gedanke, auch diesmal dev aus ihn gesetzten Erwartungen nicht zu entsprechen und auS der Kriminalpolizei scheiden und sich mit einem langweili­gen Bureauposten begnügen zu müssen, war ibm schrecklich. Seit er mit dem Zivilversorgungsschein aus der Armee geschieden war, hatte er der Kriminalpolizei angehört. Von der Pike auf hatte er in dem neuen Berufe gedient; sein

Landesnachrichten.

-n. Nagold, 25. August. Unter dem Vorsitz von Schult­heiß D eng ler-Ebhausen versammelten sich gestern 14 Ver­treter der Darlehenskassenvereine des Bezirks in der Brauerei von Burkhardt, um über den gemein­samen Bezug von Mo stobst zu beraten. Als not­wendiger Bedarf sind bis jetzt etwa 30 Waggon in Rechnung genommen. Als Mitglieder der Aufkaufskommission wurden ausgestellt: Stadtpfleger F r a u e r-Wildberg, Schulth. D ü r r- Miudersbach, Schulth. Schuhmacher- Oberschwandorf, Gemeindepfleger Sch ö ttle-Ebhausen und Waldmeister W a l z - Rohrdorf. Im Vorjahr wurden durch Vermittlung der gleichen Kommission ca. 60 Waggon Obst aus dem Be­zirk nach Auswärts verkauft. Heuer ist die Sachlage eine ganz andere.

ss Dornstetten, 24. August. Die Oehmdernte ist beendet und die Getreideernte hat begonnen. Elftere lieferte einen in jeder Hinsicht befriedigenden Ertrag, ist stellenweise sogar dem Heuertrag gleich. Auch die Getreideernte verspricht gut zu werden.

ss Tübingen, 24. August. Dem deutschen Institut für ärztliche Mission ist die staatliche Umsatzsteuer im Betrage von 643 Mk. erlassen worden. Die Ausmauerungsarbeiten im Schloßbergtunnel schreiten rasch vorwärts, man ist schon mit über zwei Drittel der ganzen Strecke fertig. Auch die Arbeiten an der Eisenbahnbrücke über den Neckar sind jetzt im Gange. Dagegen ist mit der Gleislage von Entringen nach dem Westbahnhof noch nicht begonnen worden.

* Leonberg, 24. August. Die Zahl der Typhus­fälle in einzelnen Orten des Strohgäus, hauptsächlich in den an die Strohgäuwasserversorgung angeschlossenen Ge­meinden, beläuft sich bis jetzt auf etwa 50; davon kommen auf Heimerdingen 18, Korntal 13, Weilimdorf und Münch­ingen je 4, Schöckingen 5 und Hemmingen 3. Im hiesigen Bezirkskrankenhaus sind zur Zeit 21 Kranke, im Gemeinde­haus in Heimerdingen 12, in Korntal 3 und in Stuttgart etwa 12 Kranke untergebracht; gestorben sind im Bezirk 2 Personen, in Stuttgart 1. Die Mühle in Weissach, von der man annimmt, daß durch sie die Quelle der Strohgäu­wasserversorgung infiziert worden sei, ist von den beteiligten Gemeinden angekaust worden, um eine Gewähr dafür zu haben, daß die Verunreinigung des Wassers für immer aus­geschlossen ist.

* Stuttgart, 24. August. Die Stationen Cann­statt und 11 n ter t ürk h ei m erhalten ab 1. Oktober 1909 die BezeichnungStuttgart-Cannstatt" und Stutt- gart-llntertürkheim".

ss Asperg OA. Ludwigsburg, 24. August. Die hiesige, schon sehr alte und zeitgemäßen Ansprüchen nicht mehr ge­nügende Kirche soll durch Verlängerung des Schiffs von sechs . Meter vergrößert und gleichzeitig einer gründlichen Erneuer­ung in allen ihren Teilen unterzogen werden.

ss Vaihingen a. E., 24. August. Ueber den in der Nacht vom vorletzten Freitag auf Samstag auf der Bahn­strecke bei Posten 47 vorgekommenen Todesfall des pensio­nierten Bahnwarts Karl Wöhr gehen verschiedene Nachrich­ten durck die Presse, die der Korrektur bedürfen. Zur Auf­klärung des Sachverhalts wird dem Enzboten folgendes geschrieben: Karl Wöhr ging am Freitag abend nach 9 Uhr von der Gemeinde Illingen nach Hause; er bewohnt noch bis 1. Oktober eines der Bahnwärterhäuser auf Posten 47. Wöhr mußte dabei bei seiner Wohnung das Bahngeleise überschreiten und hat ihm, wie derselbe vor seinem Tode aussagte, Schmälzte als diensttuender Bahnwärter schon öfter das Oeffnen des Schlagbaumes verweigert. Dieser Umstand mag zu einem Wortwechsel den Anlaß gegeben haben, wobei sich Schmälzte tief beleidigender Ausdrücke bedient haben soll. Die Frau des Wöhr sprang, als sie den Streit hörte,

Diensteifer und seine Hingabe an seine Pflichten hatten ihn seinen Vorgesetzten empfohlen, und so war er erst zum Kri­minalwachtmeister und vor vier Jahren sogar zum Kom­missar befördert worden. Diesen verhältnismäßig hohen Po­sten zu behalten und sich auf ihm zu bewähren, war sein brennender Wunsch. Ja, sein Ehrgeiz ging noch weiter: ein höherer Orden und der Titel Kriminalinspektor wink­ten ihm als Belohnung erfolgreicher Tätigkeit.

Der Grübelnde fühlte sich plötzlich am Arm gepackt, zugleich wisperte die Stimme des Schutzmanns in sein Ohr:

Herr Kommissar!"

Im nächsten Augenblick zog ihn sein Begleiter am Arm in das Tor des Hauses, vor dem sie eben angelangt wa­ren. Es war das dem Schauplatze des Verbrechens be­nachbarte Haus.

Was gibt's denn?" flüsterte der Kommissar und sah überrascht auf.

Verstohlen deutete der Schutzmann nach der gegenüber­liegenden Seite.

Sehen Sie nur, Herr Kommissar, den Kerl da!"

Auf dem Bürgersteig auf der anderen Seite der Straße stand ein einzelner Mann und schaute nach dem Hause Num­mer elf hinüber. Mit seiner Rechten gestikulierte er, ein paar Worte dabe» murmelnd, die die beiden Lauscher nicht verstehen konnten. Es war ein klarer Oktoberabend. Der Mond schien hell, so daß man die Gestalt deutlich unter­scheiden und jede ihrer Bewegungen beobachten konnte. Jetzt schlug der Mann mit der Hand auf seine Hosentasche, wie jemand, der mit seinem vollen Geldbeutel prahlen möchte, und ließ ein heiseres Lachen hören. '

Die beiden Lauscher folgten jeder Geste mit gespann­tem Interesse. Der Atem des Schutzmanns ging hörbar schnell; sein Gesicht glühte und seine Hände zuckten vor Aufregung.

sofort aus dem Haus heraus, um ihren Mann zum Weiter­gehen zu veranlassen. Wöhr ging auch dem Haus zu und war bereits dort angelangt, während Schmälzte immer noch weiter schimpfte und dabei Wöhr in sehr ehrenrührender Weise heruntersetzte. Dies hat Wöhr scheints dermaßen mö­ge regt, daß er zurückging und dem Schmölzle eine Ohrfeige applizierte. Wöhr kehrte sofort wieder um, wurde aber von Schmölzle verfolgt und angepackt und die beiden Männer kamen direkt hinter der geschlossenen Schranke ins Handge­menge. Die Frau schob sich, um weiters Tätlichkeiten zu verhindern, zwischen die beiden Männer, bekam aber sofort von Schmälzte einen so heftigen Schlag ins Gesicht, daß ihr das Blut herunterlief. Sie sah noch, wie Schmälzle ihren Mann an der Brust packte, mußte dann aber mit ihr« Schürze das Blut aus dem Gesicht wischen und bis sh wieder aussehen konnte, lag ihr Mann mit dem Rücken aus dem Bahnkörper, während Schmälzte von dem letzteren weg wieder hinter den Schlagbaum an der Frau herumlief und weiterschimpfend hinter dem letzteren stehen blieb. Die Frau sprang nun durch den kleinen Personeneingang neben dem Schlagbaum selbst auf den Bahnkörper und suchte ihren Mann, der starr und anscheinend bewußtlos mit dem Kops auf dem rechtsseitigen Schienenstrang lag, zurückzuziehen. Dies gelang ihr nicht und da der Stuttgarter Schnellzug schon heranfuhr, flehte sie um Hilfe. Schmälzle aber regte sich nicht und in der nächsten Sekunde fuhr das rechte Rad der Maschine vor den Augen der Frau und des Schmälzle über derz Kopf des bewußtlos Daliegenden hinweg und schnitt ihn ober der Nasenwurzel entzwei. Ein Zurückziehen von nur 5 Zentimetern hätte genügt, um Wöhr zu retten.

Das offizielle Programm für die Kaisertage.

Der Kaiser und die Kaiserin werden am Mon­tag den 6. September um 2 llhr 50 Min. nachmittags mit Sonderzug in Stuttgart eintreffen.

Zum Empfang wird eine Kompagnie des Grenadier- Regiments König Karl auf dem Bahnsteig, eine solche des Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm am Residenzschloß als Ehrenwache Aufstellung nehmen. Das Geleite vom Bahn­hof dem Königsbau entlang über die Plante zum Residenz­schloß werden zwei Schwadronen, je eine vom Dragoner­regiment König und vom Ulanen-Regiment König Karl geben. Auf dem Wege zum Schlosse bilden die Infanterie-Regi­menter Kaiser Wilhem und Kaiser Friedrich S p a l i e r. Abends findet Galavorstellung im Jnterimtheater statt.

Der Beginn der Kaiserparade bei Cannstatt am Dienstag den 7. September ist auf 10 llhr vormittags fest­gesetzt. Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften mit Gefolge werden sich im Sonderzuge dorthin und auf dem­selben Wege zurückbegeben. Abends findet Paradetasel im Weißen Saale des Residenzschlosses und im Anschluß daran Großer Zapfenstreich im Schloßhofe statt.

Um 11 Uhr abends wird der Kaiser nach Mähren ab reisen, während die Kaiserin sich am 8. September nach Langenburg begeben wird.

Außer dem Kaiser und der Kaiserin werden folgende Fürstlichkeiten erwartet: der König von Sachsen, der Kronprinz des Deutschen Reiches, der Erzherzog Friedrich von Oesterreich, der Prinz Ludwig von Bayern, der Prinz Eitel Friedrich, der Prinz Johann Georg von Sachsen, der Fürst von Hohenzollern, der Fürst zu Fürstenberg, der Fürst zu Hohenlohe-Laugenburg, der Fürst zu Hohenlohe- Bartenstein und Jagstfeld, der Fürst zu Wied.

Zur Aufrechterhaltung der Ordnung bei der Ankunft und Abreise des Kaisers sind folgende Anordnung getroffen: Die Ankunft und Abreise der kaiserlichen Sonder­züge erfolgt ausschließlich aus Bahnsteig 3. Die allerhöchsten und höchsten Herrschaften, sowie die zum Empfang befohlenen

Herr Kommissar," flüsterte er erregt,der Kerl scheint nur höchst verdächtig."

Bscht!" mahnte der Kommissar zur Vorsicht. Auch ihm schlug das Herz höher und das Blut schoß ihm ins Ge­sicht, aber er zwang sich zur Ruhe, um klar beobachten^ können. Der Beschreibung, die Frau Eckert, die Haushab terin des Ermordeten, von der verdächtigen Persönlichen gemacht hatte, entsprach der Mann da drüben gar nicht Er trug einen dunklen Nock, der etwas schlottrig saß, als wenn er ursprünglich nicht für den Träger bestimmt gewe­sen, dazu Helle Beinkleider. Auf dem Kopfe saß ihm m dunkler Filzhut. Das Gesicht schien glatt rasiert. Je? setzte sich der Mann in Bewegung, er torkelte.

Ein Betrunkener," sagte der Kommissar enttäuscht»^ wandte sich ärgerlich ab, entschlossen, sich um den belausch­ten Nachtschwärmer nicht weiter zu kümmern. ' Aber ew Bedenken bewog ihn doch, dem Manne wieder seine M- merksamkeit zuzuwendon. Was hatten die Gestikulationen des Betrunkenen zu bedeuten, die nach den Fenstern d Ermordeten emporgestreckte Hand? Wußte der Unbekannte etwas von der Tat?

Ich gehe dem Manne nach," raunte der KonnnW seinem Untergebenen zu.Bleiben Sie auf Ihrem Posten, bis ich wiederkomme oder Sie ablösen lasse!"

Damit setzte er sich langsam in Bewegung, sich ^ sichtig im Schatten der Häuser haltend, immer den ' ' trunkenen auf der anderen Seite der Straße im Auge^ haltend. Der Mann mußte schon eine gehörige Quann" Alkohol zu sich genommen haben, denn er schien die Hör schaft über seine Gliedmaßen ziemlich verloren zu Habs Sein Weg ging im Zickzack. Bald schleppte er sich um sam vorwärts, ab und zu stehenbleibend, um sich ä» v schnaufen, bald stürzte er wie im Schuß vorwärts, so der Kommissar glaubte, ihn jeden Augenblick zu Boden N zen zu sehen.