zirksschulaufseher." Nach längerer Beratung wurde der Antrag des Berichterstatters Dr. Hieber, auf der von der Zweiten Kammer beschlossenen Fassung zu verharren, mit neun gegen sechs Stimmen angenommen. Fortsetzung heute nachmittag.
Tariferhöhung der 4. Wagenktasse.
ss Stuttgart, 28. Juli. Dem Vernehmen nach wurde in der gestrigen Sitzung der Finanzkommission nach längeren Darlegungen des Ministerpräsidenten Dr. v. Weizsäcker entsprechend einem Antrag des Abgeordneten Kraut beschlossen, den Tarif für die vierte Wagenklasse von 2 auf 2,3 Pfennig pro Kilometer zu erhöhen.
ss Stuttgart, 29. Juli. Ueber die gestrige Sitzung der Finanzkommission,- die beschlossen hat, den Tarif für die 4. Wagenklasse von 2 auf 2,3 Pfennig zu erhöhen, ist, nach dem Staatsanzeiger, noch nachzutragen, daß der Ministerpräsident als Zeitpunkt für die Erhöhung den 1. Januar 1910 genannt und betont hat, daß sich aus der Erhöhung keine Schwierigkeiten im Grenzverkehr ergeben würden. Geplant sei auch noch eine Erhöhung der Preise der Monatskarten und des Expreßguttarifs. Bei dem Satz von 2,3 Pfennig sei für 1909 noch eine Mehreinnahme von 300 000 Mk. und für 1910 eine solche von 1300000 Mk. in Aussicht zu nehmen, wozu infolge der Erhöhung der Monatskarten noch kämen 1909 10 000 Mk., 1910 35 000 Mk. und infolge Erhöhung des Expreßguttarifs 1909 20 000 Mk. und 1910 85 000 Mk. Der entscheidende Grund in der Tarifänderung liege in der gesamten finanziellen Lage des Landes. Unter Hinzurechnung der Verzinsung und der Amortisation stehe die Eisenbahnverwaltung vor einem jährlichen Defizit von 5 bis 6 Millionen.
js Leipzig, 29. Juli. Aus Anlaß des Universitätsjubiläums stiftete die Stadt Leipzig für die Universität ein Kapital von 100 000 Mk., dessen Zinsen zur Errichtung von Freitischen für reichsdeutsche Studenten verwendet werden sollen.
ss Dresden, 29. Juli. Die Verhandlungen zwischen dem nationalliberalen Landesverein, der freisinnigen Volkspartei und dem liberalen Landesverbände haben eine völlige Uebereinstimmung über die Aufstellung von Kandidaten zur sächsischen Landtagswahl ergeben.
* Berlin, 29. Juli. Es bestätigt sich, daß das Militärluftschiff Groß 1l an den diesjährigin K a i s erm a- növern in Württemberg teilnehmen wird. Bei dieser Gelegenheit soll auch die zerlegbare Halle Verwendung finden, die üch bei den Verkehrstruppen befindet. Es sind bereits je ein Offizier, 5 Unteroffiziere und 75 Mann von den Verkehrstruppen und von der 3. Kompagnie des Lustschifferbataillons bestimmt worden, um Uebungen mit der transportablen Halle vorzunehmen, um ihre Aufstellung und ihren Transport kennen zu lernen.
* Berlin, 29. Juli. Gestern abend sind eine Anzahl von Vorstandsmitgliedern der konservativen Vereine Berlins und Umgebung hier zusammengetreten und haben gegen die Haltung der konservativen Reichstagsfraktion zur Reichsfinanzresorm Stellung genommen. Die Versammelten beschlossen die Gründung einer
neuen konservativen Partei auf volkstümlicher Grundlage. Programm und Aufruf zum Beitritt sollen bereits in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.
Ausländisches.
ss London, 29. Juli. Der Kriegsminister hat beschlossen die Territorialarmee durch Bildung einer Reserve
aus drei Klaffen zu erweitern. Der ersten Klasse sollen 100 000 Mann angehören, als Ersatz bei Verlusten im Kriege. Die zweite Klaffe soll eine technische Reserve darstellen. Die dritte Klasse besteht in einer Veteranenreserve aus ausgedienten Offizieren und Mannschaften, um die Behörden in wirksame Beziehungen mit dem militärisch Nichtorganisierten Menschenmaterial zu bringen.
js Petersburg, 29. Juli. An der Cholera sind seit gestern 41 Personen erkrankt und 17 gestorben. Die Gesamtzahl der Erkrankten beträgt 662.
Zur Zarenreiss
' Berlin, 29. Juli. Die Abreise des Zaren aus Kiel ist heute programmäßig verlaufen. Morgen kurz vor 2 Uhr reist Präsident Fallieres mit seinem Gefolge nach Cherbourg, abends 8 Uhr gibt der Präsident zu Ehren des Zarenpaares ein Diner an Bord des Panzerschiffes „Verite" und Sonntag mittag 1 Uhr ein Dejeuner. Das russische Kaiserpaar seinerseits wird den Präsidenten mit Gefolge am Sonntag abends 8 Uhr zum Diner an Bord des „Standart* einladen. Am Montag früh 6 Uhr verläßt die russische Flottille den Hafen von Cherbourg und tritt in Begleitung von vier französischen Panzerkreuzern die Fahrt nach Cowes an. Im Gefolge des Präsidenten werden sich befinden: Der russische Botschafter in Paris, der französische Minister des Aeußern mit seinem Kabinettchef, der neue Kriegsminister und der neue französische Botschafter in Petersburg.
Aufruhr irr Sparrierr.
* London, 29. Juli. Der „Daily Telegraph", der „Daily Expreß" und der „Standard" bringen wichtige, durch Spezialkuriere an die Grenze beförderte Depeschen, denen zufolge ganz Spanien am
Vorabend der Revolution
steht. Das bedenklichste Symptom ist, daß auch der bisher überaus beliebte König Alfons gestern von einer feindseligen Bevölkerung Madrids ausgezischt und auch außerhalb Kataloniens Rufe: „Nieder mit Alfonso", „Nieder mit der Dynastie" häufig hörbar wurden. Daß eine Revolution droht, kann nicht in Abrede gestellt werden. In Barcelona ist sie bereits ausgebrochen, und es scheint, als ob Madrid, Sarra- gossa, Bilbao, Santandee und andere Städte folgen wollten. Es ist in der Tat keine Uebertreibung, zu sagen, daß Barcelona mitten in einer Revolution steht, und das Schlimmste ist, daß die Behörden nicht die Mittel haben, die Revolution zu unterdrücken. Die Garnison ist durch die Entsendung nach Melilla auf 6000 Mann reduziert worden. Die Regierung hat die Absendung von Verstärkungen für Barcelona und Umgebung beschlossen. Weiteren Depeschen zufolge fand gestern in Barcelona ein blutiger Zusammenstoß zwischen Truppen und Meuterern statt, der 12 Tote und einige 50 Verwundete verursachte. Die aus Katalonien stammenden Truppen weigerten sich, auf die Meuterer zu schießen, die die Soldaten mit dem Rufe: „Es lebe die Armee" begrüßten. Eigentümlicherweise sind auch viele Klosterkirchen und andere religiöse Institute von den Revolutionären gestürmt und zum Teil niedergebrannt worden. .Die Revolutionäre sind mit Gewehren, Revolvern und Messern bewaffnet und belagern sogar die Soldaten in ihren Kasernen.
Die Führer der Sozialisten haben der Regierung erklärt, daß, wenn sie darauf besteht, Versammlungen gegen den Krieg zu verbieten, der Generalstreik in ganz Spanien werde erklärt werden, so daß alle Bahnen ruhen müssen und keine Truppen befördert werden können. Sowohl der Gouverneur von Barcelona als der Präsident des dortigen höchsten Gerichtshofes sandten sofort nach der Erklärung des Belagerungszustandes ihr Enllassungsgesuch ein.
Der Hauptgrund der Rebellion der Bauern ist das in Spanien bestehende Stellvertretungssystem, das nur die Arme« zum persönlichen Dienst im Heere zwingt, der Reiche kan« sich loskaufen. In Figueras und Barcelona, in Madrid und morgen vielleicht in ganz Spanien rebelliert man Hauptfach lich gegen dieses Vorrecht der Reichen. Man verlangt allgemeine und gleiche Wehrpflicht, außerdem schonungsvvllne Behandlung für die Reservisten.
js Madrid, 29. Juli. Der Minister des Innern hat dn Presse über die Ereignisse in Katalonien Mitteilung zugehen lassen. In vielen Ortschaften versuchte die Meng, die Truppenzüge aufzuhalten. Die Truppen feuerten. Mehren Personen wurden getötet und verwundet. Die Regierung hat Beweise, daß Agitatoren um jeden Preis eine aufständische Bewegung ausgesprochen revolutionären Charakters i» ganz Spanien Hervorrufen wollen. Nachrichten aus Barer lona zufolge werden die Angriffe auf die offene Gewalt fortgesetzt und die Ordnung mit Waffengewalt wiederhergestM,
ss Cerbere, 29. Juli. Gestern abend hier eingeganM Nachrichten aus Barcelona besagen, daß die Ruhestörungen andauern. Bei einem Zusammenstoß mit der Polizei sind 11 Personen getötet und 50 verwundet worden. Das Militär hat sich geweigert, auf die Menge zu schießen. D« Handelsverkehr ist eingestellt. In ganz Katalonien herrsch Aufruhr. Auch in Portbou ist der allgemeine Ausstand proklamiert worden.
jj Cerbere, 29. Juli. Ein aus Barcelona eingetroffen« Brief besagt, daß dort 3 Klöster und mehrere Häuser in Brand gesteckt wurden. Die Artillerie fährt fort, aus die Barrikaden der Ausständigen zu schießen. Die Zahl der Gefallene« ist bedeutend. 30 zählte man allein an der Barrikade auf der Calle del Pino. Der Frühschnellzug aus Portbou nach Barcelona mußte bei Llanca anhalten, da die neuen Brücken mir Dynamit in die Luft gesprengt waren.
' Madrid, 29. Juli. Die Regierung erwägt Maßnahmen zur Ausweisung der ausländischen Korrespondenten. König Alfons ist dagegen, der Minister des Innern aber sagte: „Ich will der einzige Madrider Korrespondent sein."
* Madrid, 29. Juli. Die Kundgebungen vor dem Palais haben sich wiederholt. Es beteiligten sich daran außer einer Volksmenge die Soldaten, welche riefen: „Nieder mit dem Krieg!" Bürgergardisten treffen abteilungsweise in der Stadt ein.
* Madrid, 29. Juli. Zwei Kreuzer und zwei Torpedobootszerstörer in Ferrol erhielten den Befehl, nach Barcelona abzugehen. Marineinfanterie soll gleichfalls dorthin abgesandt worden sein.
Die Dparrier irr Marokko.
ss Paris, 29. Juli. Aus Mellilla wird unter dem 28. Juli gemeldet: Seit dem Kampf vom 27. Juli ist die Eisenbahn abgeschnitten und damit die Versorgung der spanischen Vorposten mit Munition und Lebensmitteln unmöglich geworden. Ihre Stellungen werden also wahrscheinlich aufgegeben werden müssen. Die Lage in Meli!!» ist ernst. Man kämpft unter den Mauern der Stadt. Außer dem General Pintos sind ein Oberst, zwei Oberleutnants, ein Major, fünf Hauptleute, viele subalterne Offiziere und etwa tausend Mann gefallen. Die Zahl der Verwundeten, unter denen sich viele Offiziere befinden, beträgt 1500 bis 2000. Das Hippodrom ist mit Leichen angefüllt. Ein Gerücht will wissen, daß zwei Generale schwer verwundet seien.
ss Madrid, 29. Juli. Nach einem amtlichen Bericht aus Melilla dauerte der Kampf der beiden spanischen Kolonnen zum Schutze der Wiederherstellungsarbeiten der von den Mauren zerstörten Minenbahn den ganzen Tag. Die Mauren setzten trotz des mörderischen Artilleriefeuers ihre Angriffe fort und hatten außerordentlich große Verluste. Auf spanischer
L « fe fr u oy t. M
Die Hauptsache ist, daß man ein großes Wollen habe und Geschick und Beharrlichkeit besitze, es auszuführen; alles übrige ist gleichgültig.
Gcethe.
Unter dem Gesetze.
Roman von H. v. S ch r e i b e r s h o fe ck.
Nachdruck verboten.
Der alte Freiherr v. Ellern ging neben Alharda im Parke des Hotels Bellevue spazieren und hielt ihre Hand zärtlich in der seinen. Hin und wieder beleuchtete ein Monoenstrahl sein schönes, ehrwürdiges .Gesicht; dann sah Alharda die Bekümmernis darauf und las in seinen Augen die Liebe, die er auch für sie hegte. Im Gebüsche ließ eine Nachtigall einen verspäteten LiebeSgesang hören, hin und wieder ertönte das Läuten einer Kuhglocke, leise, wie verträumt.
„Ich danke Ihnen für diesen Abschiedsbesuch, Sic haben mir eine große Freude dadurch bereitet, mein liebes Kind" Sie standen in der Nähe des Tores. „Ich kann nicht glauben, daß treues Festhalten nicht zuletzt mit Sieg gekrönt werden sollte. Aber alles klm und offen, liebe Alharda, nichts Heimliches. Deshalb kann ich auch meinem armen Jungen kein Wiedersehen wünschen — es müßte sein Herz gar zu sehr betrüben. Er wartet am mich in Thun und morgen wollen wir frühzeitig weiter fahren. Sollte ich Ihren Vater sehen, habe ich mir keinen Vorwurs zu machen."
Der alte Herr drückte einen Kuß aus Alhardas Stir» und gina langsam in das Haus zurück.
„Was? Du hast Ehrhardt gar nicht gesehen?" rief Lina aus, die ibre Schwester draußen vor dem Tore erwartete.
Alharda verschluckte ihre Tränen. „Nein, sein Großvater hat ihn schon nach Thun vorausgeschickt."
„Aus lauter Vorsicht! Sie sind doch alle gleich, die alten Väter," sagte Lina in Heller Entrüstung. „Du weißt aber wenigstens, daß Ehrhardt dir treu bleibt, wie du ihm."
Alharda nickte, sprechen konnte sie nicht. Erst nach einer Weite, als sic sich schon ihrem Hotel näherten, fand sie wieder Worte: „Ich will stets an seinen Ausspruch denken, eS sei unmöglich, daß treues Festhalten nicku --''m erränae "
„Na ja, wenn man es erlebt und nicht zu alt darüber wird!" Lina zog Alhardas Arm unter den ihren „Zum Glück hat Tante ih.en geliebten Seehausen bei sich, da merkt sie nicht, ob wir da sind oder nicht" Linas Ton klang stark gereizt. „Ich hatte mir vorgenommen, mich nicht mehr für dich und Ehrhardt zu interessieren, aber" — sie zuckte die Achseln — „ich dachte, wem zu Gefallen soll ich denn leben, wenn nicht für dick" Sie hatte Tränen in den Augen„und Alharda war durch Linas Uneigennützigkeit tief bewegt.
Zauberhafte Stille breitete sich über Berg und Tal, Wald, Wiesen und See, auf dem ein winziges Boot wie ein schwarzer Punkt in einem glänzenden Lichtmeere schwebte. Schweigend, in ruhiger Majestät hoben sich die Berge von dem leuchtenden Himmel ab. Ganz selten tönte ein Rollen und Krachen dumpf von den Eisfeldern herüber.
„Ihre ErzMungen haben mich tief bewegt und erschüttert. lieber Rudolf. Ich danke Ihnen für die Mitteilungen. Jcb konnte solche düsteren Schatten in Ihrem Leben nicht ahnen Gibt es wohl eine Familie, in
der nicht ähnliches einmal zerstörend eingegriffen hat! Das Leven wird immer komplizierter, der Versuchungen und Fallstricke werden immer mehr — es ist ein Wunder, kommt ein Mensch ungefährdet hindurch.' Fräulein v Bar stand auf und warf noch einen letzten Abschiedsblick über den See, ehe sie durch den Hotelgarten, der sich den Berg hinanzog, dem Hause zuschritt.
„Wenigstens für uns Männer," sagte Gras See- Hausen
„Es ist für unser Geschlecht nicht besser, nur liegen die Versuchungen anders. Ich verstehe aber, daß Sir sich scheuen, Riesberg ganz als Eigentum zu betrachten. obgleich jeder Anspruch verjährt wäre." Die alte Dame sah den Grafen forschend an, fast gespannt
Ec schürte! te den Kopf. Ihr Blick leuchtete aus, unwillkürlich reichic sie ihm die Hand, als er entschieden sagte: „Nicht vor meinem Gewissen. Sollte ich
mein Lebe», hindurch weiter suchen, ich werde auch immer verantwortlich halten — bis jetzt waren meine Nachforschungen vergeblich, aber einmal wird, muß es mir gelingen "
„In solchen Fällen bringt oft ein Zufall einen Fingerzeig — oder vielmehr hilft Gott dem ernst und redlich Suchenden." Fräulein v. Bar warf einen Blick hinaus nach dem Fenster ihrer Pflegebefohlenen; es
war noch alles dunkel.
„DaS traurigstt, schwerste ist mir die fürchterliche Enttäuschung bei dem Einblick in das Gewebe von
Falschheit und Betrug, das Ottos Leichtsinn aufgebaui hatte, gegen unser Fragen, gegen unsere Versuche, Wahrheit und Klarheit zu schaffen. Wie liebte, ja vergötterte ich ihn:" Seehausen seufzte tief auf. „Nicht mehr achter, zu können, wo das Herz lieben möchte. Er stnch sich mii dir Hand über die Stirn. Er war