Seite wurden mehr als 200 Mann getötet oder verwundet. Unter den Gefallenen befinden sich außer dem General Pintos zwei Bataillonskammandeure.

ff Bayonne, 29. Juli. Nachrichten aus Melilla zeigen Marina in einer außerordentlich kritischen Lage. Der General soll 75 000 Mann Verstärkungen erbeten haben. Die Sol­daten sind demoralisiert und vollständig von Kräften. Die Eingeborenen sind von ihren Erfolgen wie berauscht, greifen die Posten der Vorhut an und drohen, bis an die Tore der Stadt vorzurücken. Die Einwohner der außerhalb der Mauer gelegenen Vorstädte fliehen nach Melilla. Der Feldzug zeigt, daß die Organisation des Vewaltungsdienstes und die der Armee mangelhaft ist.

ff London, 29. Juli. Nicht nur in Barcelona, auch auf dem Kriegsschauplätze verweigern einzelne Truppenkörper den Gehorsam. Eine Batterie weigerte sich, in dem Gefecht vom 2Z. zu kämpfen, fuhr ab und ließ den Obersten im Stich, der schließlich fiel. In einem anderen Gefecht sagte die Mannschaft mehrerer Kompagnien, als sie in die Feuerlinie geschickt wurde, die Offiziere sollten vorausgehen. Die Offi­ziere gingen mit Bravour voran und wurden niedergeschossen.

* Gibraltar, 29. Juli. Sechs spanische Jägerbataillone aus Algeciras und den benachbarten Städten sind heute auf vier Dampfern nach Melilla eingeschifft worden. Die Schiffe gehen heute nachmittag in See.

Vermischtes.

§ Prinz Ludwig von Bayern hat einen sehr bemerkens­werten Ausspruch über die Berechtigung der öffentlichen Kritik getan. Als in einem Kreise von Gutsbesitzern die Frage erörtert wurde, ob gegen den Verfasser eines kritisch gehal­tenen Zeitungartikels Straf-Antrag zu stellen sei, brach der Prinz die Erörterung mit den Worten ab: Ich meine, daß diejenigen Leute, die im öffentlichen Leben stehen, eine öffentliche Kritik sich gefallen lassen müssen und nicht so empfindlich sein dürfen. Auch ich muß eine Kritik gefallen lassen und sie ist manchmal ganz am Platze.

8 Für solche Reichsfinanzreform gibt's keine Orden! soll der Kaiser auf den ersten Antrag um Auszeichnung der um die Reform unmittelbar verdienten Staatsmänner des Reiches und Preußens erwidert, sich aber auf ein er­neutes Gesuch hin zur Verleihung der vor einigen Tagen bekannt gegebenen Orden und Auszeichnungen verstanden haben. Die Angabe bedarf noch dringend der Bestätigung.

Z Der Bleriot-Enthusiasmus treibt in den französischen Blättern stellenweise manche sonderbare Blüte, im allgemeinen aber scheint es, als ob man die Leistung des erfolgreichen Aviatikers auf das richtige Maß ihres Wertes zurückzuführen beginnt. Die deutschen Blätter haben sich in überwiegender Mehrzahl mit einer Registrierung des Vorfalls begnügt. Interessant ist, was der Erste im Reiche der Luftschiffahrt, Graf Zeppelin, auf eine Anfrage, wie er über den Flug über den Kanal denke, an den PariserMatin" schrieb: Ich beglückwünsche Herrn Bleriot auf das wärmste zum glücklichen Bestehen seines kühnen Unternehmens. Im üb­rigen fühle ich mich nicht Fachmann genug, um ein tech­nisches Urteil über die Leistungen der Flieger abzugeben."

-r. Die Honigernte. Ein Schwarm im Jun' gilt ein fettes Huhn, ein Schwarm im Jul' ist kein Federspul! Darum setzt der Imker einen Juli-Schwarm noch ganz gern ein. Aber seine Hauptarbeit ist jetzt: Die Honigernte. Die Linde hat noch gerade zur rechten Zeit ihre Blüten den Bienen geöffnet, da sind die Vorratskammern jetzt gefüllt, und der Bienenvater schreitet bedächtig zu demsüßen" Werke. Er plündert nicht mehr, wie man das früher zu tun pflegte, das Jmmenvolk völlig aus, um es dann gefüllos dem Hungertode anheim zu geben. Nein, er nimmt seinen Immen nur den Ueberfluß an goldenem Honig. Vorsichtig

hebt er Wabe für Wabe aus dem Bienenhause, säubert sie von den zornigen Bienen und legt sie zur Entleerung bereit, bis nach seiner Schätzung noch genug zur Ernährung des Volkes im Winter zurückbleibt. Hat er sich verrechnet, so muß er seine Bienen dann mit Zuckerwasser füttern. Früher kochte man die Honigwaben aus und erhielt einen schwarzen Honigbrei. Jetzt schleudert man den Honig mit Maschinen aus. Man erhält den Honig dann in schönster goldener Klarheit und auch die Waben bleiben unbeschädigt und können wieder in den Bienenstock gehängt werden. Natür­lich müssen vor dem Schleudern die Waben entdeckt werden. Weißmachsiger Wabenhonig ist eine Zierde jeder Tafel. Der Honig ist inzwischen von den Bienen fachgemäß zubereitet worden. Denn ursprünglich ist er wässerig und nicht halt­bar. Die Bienen lassen daher das Wasser erst verdunsten und setzen einen Tropfen Ameisensäure zu. Dann ist er haltbar und heilkräftig und nie durch Kunsthonig zu ersetzen.

Namilienbefrrch auf Schloß Hemmelrnark

Nicht Roß, nicht Reisige . . .

Der Mann, der den Urtext zur preußischen National­hymne gedichtet und am 27. Januar 1790 zum ersten Mal im Flensburger Wochenblatt hat abdrucken lassen, hieß Heinrich Harries und war Schleswig-Holsteiner. Aber wenn er in diesen Tagen Gelegenheit genommen haben sollte, vom Himmel, wo man ihm, da er als Prediger in Brügge bei Kiel gestorben ist, doch wohl vermulen darf, einen Blick auf sein meerumschlungenes engeres Heimatland zu werfen, so dürfte er zum wenigsten die Strophe von der Sicherung der steilen Höhe, auf der die Fürsten stehen, mit aller Ent­schiedenheit widerrufen haben. Denn was sich da in der Bannmeile rings um Schloß Hemmelmark an der Eckern- förder Bucht, dem Sommersitz des Prinzen Heinrich, zu Wasser und zu Lande abgespielt hat, war die blutigste Satire auf jene Romantik unserer Ururgroßväter, die den Fürsten­thron unter Ausschluß der bewaffneten Macht ganz einfach auf die Liebe des freien Manns stützen wollten.

Aus der Durchreise von Kronstadt nach Cherbourg be­liebt es Hwran nalürlich nichts auszusetzen dem Herrscher aller Reußen, mit Frau und Kind seinen Verwandten in ihrer freundlich idyllisch zwischen Wäldern, Wiesen und Feldern am Strande der Ostsee gelegenen Sommerfrische einen nichts weniger als offiziellen Familienbesuch abzustatten. Aber um diese Zusammenkunft zu ermöglichen, muß sich die ländliche Idylle, in der man sonst während des ganzen Jahres kaum eine andere Pickelhaube zu sehen bekommt als diejenige des auf lichtscheue Landstreicher fahndenden Dist­riktsgendarmen, in ein wussenstarrendes Manöverfeld ver­wandeln. Während Husar, n von zwei Regimentern das südliche Vorgelände überschwemmen, um für Väterchens spä­tere Weiterreise die Wasserstraße des Nord-Ostsee-Kanals von jeglichem bombenverdächligen Gesindel zu säubern, rückt auf das Hemmelmarker Gulsseld eine kriegsstarke Kompagnie von 170 Mann des Kieler Seebataillons ein, besetzt das Schloß, stellt seine Feldwachen aus und zieht seine Kordons. Dazu werden aus dem ganzen Lande berittene und unbe­rittene Gendarmen zusammengezogen, rund ein halbes Hundert, natürlich auf Kosten der Sicherheit ferngelegener Landesteile, wo die Spitzbuben inzwischen gute Tagen haben. Säbel und aufgepflanzte Seitengewehre blitzen hinter jedem Baum und Busch; und wenn zwischen den Uniformen hier und da und dort gleichwohl ein Zivilrock auftaucht, so darf man getrost 100 gegen eins wetten, daß ein Kriminalpolizist deutscher oder russischer Abkunft drinsteckt. Militär und Polizei, Polizei und Militär, wohin man blickt.

Nur Roß und Reisige! Von der Liebe des freien Manns keine Spur! Es gibt im ganzen meilenweiten Um­kreis überhaupt keine freien, zum wenigsten keine bewegungs- sreien Männer. Denn der friedliche Bürger und Bauer, der

seine gewohnten Wege wandeln möchte, sieht sich plötzlich einer Patrouille oder einem Gendarmen gegenüber, aus deren knapp gemessener Belehrung er nur immer das Kehrt! marsch! im Gedächtnis behält; und wer sich mit seinem Freiheits­drang aufs Wasser flüchtet, vernimmt das gleiche Kommando von Bord der hinüber und herüber flitzenden Torpedo­boote. Selbst den Vertretern der Presse hat man diesmal den Passierschein versagt. Es ist ja vielleicht auch ein bis­chen genierlich, die weite Welt wissen zu lassen, welch ein Apparat heutzutage in Bewegung gesetzt werden muß, um einem fremden Potentaten den Besuch bei Schwager und Schwägerinnen zu ermöglichen.

Was an Kosten für den Sicherheitsdienst geopfert wird, spart man diesmal an Repräsentation. Ein einMer deutscher Kreuzer liegt auf der Reede, um der in grauer Morgenfrühe bei strömendem Regen einlaufenden russischen Staatsjacht schuldigen Höflichkeitssalut zu feuern. Auch das offizielle Empfangspersonal ist nicht vonnöten, denn der Zar betritt den deutschen Boden sozusagen nur als Privalmann. Nur der Herr Landrat des Kreises glaubt ein übriges an Höflichkeit tun zu sollen. Als galanter Mann möchte er dem Zaren die schuldige deutsche Reverenz, der Zarin eine per­sönliche Aufmerksamkeit erweisen. Mit einem prächtigen Blumen­strauß steht er auf der Landungsbrücke von Borby, des kleinen Badeorts, dessen Name aus der alljährlichen Kieler Woche in der Erinnerung weiterer Kreise lebendig sein dürfte. Natürlich ist die Brücke samt allen Zuwegen seit der ersten Morgenfrühe gesperrt; Roß und Reisige halten das Publikum von der Stätte fern, an welcher der fürstliche Gast zu landen gedenkt. So vermutet man wenigstens; aber was sind Ver­mutungen?! Stunde um Stunde verrinnt; da endlich trifft die Kunde ein, daß der Zar mit den Seinen der Sicherheit wegen den näheren Wasserweg vomStandart" aus gewählt und den deutschen Boden am unscheinbaren Hemmel­marker Landungssteg betreten hat. Und es ist gut, daß die Nachricht eintras, denn sonst stände der Herr Landrat am Ende heute noch mit seinem Blumenstrauß auf der Brücke von Borby.

Und er hat doch höhere Pflichten; denn er ist sür die Zuverlässigkeit seiner Landgendarmen verantwortlich.

BorauSfichtlicher Wetter

am Samstag, den 31. Juli: Ziemlich wolkig, keine erheb­lichen Niederschläge, mäßig warm.

Höchste Zeit

ist es nun, die täglich erscheinde Zeitung:

Aus de« Tauue« -W>

für die Monate

August und September

zu bestellen.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altensteig.

I

,5/ A//,Lw/s/

Kaufe ^Lilien nu>'

unci veeise ßlacsialimungen rurücst!

noch jung, aber schwere Erfahrung hatte ihn gereift, er jan alter aus und fühlte sich weit älter, als er war. Wo find denn Ihre jungen Damen die ganze Zeit über?" fragte er jetzt mit Nachdruck und sah Frcü'lem s. Bar bedeutungsvoll an,

Sic genießen vermutlich die wundervolle Beleuch - tung irgendwo. Es sind keine Murmeltiere, Schlot spielt keine Rolle bei den Kindern," Die alte Dame zupfte das schwarze Spitzentuch, das sie auf dem grauen Haar trug zurech und sah den Grafen etwas ! on der Seite anAußerordentlich selbständige Mädchen, die

sehr gui ohne mich fertig werden könnten, urgesund und hm! Ick, denke, die angegriffenen Nerven Al- hardas und Linas Ruhebedürfnis existieren nur in der Phantasie von Greie Warnitz,"

,L-is find Ihnen aber anvertraut, und ich möchte doch vielleicht ahnen Sie nicht was" Gras Seehause!, stockte vor dem überlegenen Lächeln des al­len Fräuleins.

Sie sind mir weder besonders übergeben, noch wirklich anvertraut, lieber Rudolf. Ich bin gebeten, mit ihnen hieher zu gehen, weil es eben nicht schicklich llß sie allein in die Welt gehen zu lassen. Die Mäd­chen wünschten gerade hieher zu reisen da mir von oen Eitern nichts weiter gesagt ist, brauche ich offen­bar auch nichts weiter zu wissen. Was ich sehe und denke, ist meine Sache, . . . Ah, sieh da, unsere jun­gen Damen, die sich endlich einmal wieder zeigen!"

Man stand sich auf der Straße vor dem Hotel gegenüber, die jungen Mädchen waren augenscheinlich hastig gegangen,

Wir wollten die Herrschaften in ihrer eifrigen Unterhaltung nicht stören," sagte Lina kurz,Wir sahen"

Von hier aus?" Fräulein von Bar sah sich wie erstaunt um,

Nein, von dort aus!" Lina bezeichnte einen an­deren Punkt, begegnete dem ernsten Blick Seehausens, errötete und sagte hastig:Es ist so schön heute abend, wir freuten uns, nicht vermißt zu werden die Herrschaften haben ja immer so viel zusammen zu be­sprechen," , ,

Seehaüsen verbeugte sich leicht, Fräulein von Bar nickte Lina mit einem Lächeln zu, vor dem sie ver­wirrt den Blick senkte. Ein tiefer Seufzer des Grafen ließ sie erschreckt wieder aufsehen. Schmerzlich, betrübt, vorwurfsvoll, anklagend las sie wirklich das alles in seinem Blick, und was wollte er damit sagen?

Bleibt unsere Verabredung für morgen noch be­stehen?" fragte er, ohne eine der Damen besonders an- gureden, doch schien er eine Abänderung des Planes nickst sür unmöglich zu halten,

Aber selbstverständlich!" Lina stieß es hervor, da Sllharda noch immer schwieg, als sei ihr alles gleich­gültig. und Fräulein von Bar schon in das Haus ging.Hernach ich meine nach dem Fußweg vann zu Schiff Sie meinten es doch, nicht wahr?"

Sie haben nur zu bestimmen," sagte der Gras höf­lich und empfahl sich,

Alharda wünschte noch über ihren Kummer mit Lina zu sprechen, sich das betrübte Herz zu erleichtern, doch Linas Teilnahme schien erschöpft. Sie löschte fias Licht aus und verlangte Ruhe.

Ob sie schlief? Vielleicht vielleicht war es ein Traum, der ihr das heimliche Getriebe, das sich hin­ter der Liebe zur Schwester versteckte, als unehrenhaft und verwerflich darstellte. Konnte sie ihrem Vater noch frei ins Auge sehen, und was würde Graf See­hausen sagen? . . .

Langsam zog der Mond seine Bahn, breitete Glanz und Schimmer über die Welt, erhellte viel Dunkles, vertiefte aber auch die wirklichen Schatten gegen das blinkende Leuchten, nach sich stets und überall gleich bleibenden Gesetzen unbeachtet von sehr vielen sehenden Augen eine Warnung und Lehre. Und wie in der Welt des Sichtbaren, so auch in der des Geisti­gen, im Menschen und Menschenleben.

Fortsetzung folgt.

Sprachstudium.

l-e Iralluoteur Ifie IrsnZlalor II Irallultore

drei Halbmonatschriften zum Studium der französischen, eng­lischen, italienischen und deutschen Sprache.

Diese Lehrschriften, welche soeben einen neuen Jahrgang beginnen, machen sich zur Aufgabe, das Studium der fremden Sprachen, wenn Vorkenntnisse schon vorhanden sind, auf interessante und unterhaltende Weise weiterzuführen. Die dem Urtext nebenan gestellte genaue Uebersetzung führt dem Leser in beiden Sprachen den richtig gewählten Ausdruck vor, wodurch der Wortschatz vermehrt und die Genauigkeit in der Wiedergabe des Sinnes erlernt werden kann. Jede Nummer enthält neben einer durchlaufenden größern Erzäh­lung mannigfaltigen Lese- und Lehrstoff, Gespräche, kauf­männische Briefe, Uebersetzungsaufgaben, sowie eine besondere Rubrik für Brief-, Postkarten- und Zeitungs-Austausch. Wer sich mit Sprachstudium befaßt, dem seien diese überall gut eingeführten und bekannten Zeitschriften aufs Wärmste empfohlen.

Probenummern für Französisch, Englisch oder Italienisch kostenlos durch den Verlag des Traducteur in La Chau- , de-Fonds (Schweiz).