aus Anlage zur Krankheit, nicht wenige schaffen durch ausschweifendes Leben für die Schwindsucht günstigen Boden. Meist aber ist die Ursache in dumpfen, schlechtgelüfteten Arbeitslokalen und mehr noch in engen Wohnräumen, die des Sonnenlichtes entbehren, zu suchen. Deshalb fordert diese Krankheit ihre Opfer hauptsächlich auch unter der Arbeiterbevölkerung. Die Schwindsucht gehört zu den ansteckenden Krankheiten. Der Ansteckungsstoff (Stäbchen- Bazillus) ist im Auswurf der Kranken enthalten und wird in trockenem Zustand von jedem Lüftchen aufgewirbelt. Auch ist er sehr langlebig. Da die Schwindsucht zu den schmerzlosen Krankheiten gehöre, so komme der Erkrankte oft zu spät zum Arzt; aber es sei nicht richtig, wenn man diese Krankheit als unheilbar bezeichne, und speziell die Homöopathie besitze nicht wenige Mittel, die bei Bekämpfung der Krankheit sich als wirksam erwiesen haben. Nach Schluß des Vortrags wurde noch ein Modell, das 2 an Schwindsucht erkrankte Lungenflügel in sehr guter Nachbildung darstellte, vorgezeigt und erklärt. Aus der anschließenden Debatte möge noch angeführt werden: Für die lungenkranken Arbeiter ist durch Errichtung von Heilstätten besser gesorgt als für den kleinen Handwerker. Wenn aber diese Heilstätten nicht erfüllen, was man von ihnen erwartete, so ist der Hauptgrund der, daß der aus der Heilstätte als genesen Entlassene sofort wieder in seine frühere Arbeitsstätte und Werkstatt zu derselben strengen Arbeit zurückkehrt, die Lunge ist noch nicht widerstandsfähig genug und neue Ansteckung findet statt. Deshalb sollte der Genesene zuerst längere Zeit leichtere Arbeit verrichten, ehe er zu seiner früheren Beschäftigung zurückkehrt. Reichlicher Beifall belohnte den Redner am Schluß seines 1'/sstündigen Vortrags für seine Mühe. Der Vorsitzende der Versammlung, Schullehrer Kächele, sprach dann im Namen der Anwesenden seinen Dank aus, dem sich die Versammlung durch Erheben von den Sitzen anschloß.
ss Calw, 9. Nov. Das Gericht ordnete die Sektion des neugeborenen Kindes eines Mädchens an, da der Verdacht der vorsätzlichen oder fahrlässigen Tötung oorliegt. Das Mädchen liegt krank darnieder.
ss Calw, 9. Nov. In der Wirtschaft zum Adler machten zivei Arbeiter Skandal, schlugen den Wirt und warfen Senftöpfe und Zündholzsteine nach ihm. Nachdem die Polizei die Burschen endlich gefesselt hatte, widersetzten sie sich der Verbringung in den Arrest. Einer zerschlug im Arrest das Inventar und zerriß seine Kleider vollständig. Am Morgen präsentierte er sich dem Gefängniswärter in Adamskostüm.
* Calw, 9. Nov. Am Samstag wurde Frau Schultheiß Hansel mann von Liebelsberg aus dem Weg nach Calw von einen: Radfahrer umgeworfen, wobei sie einen Armbruch erlitt.
* Horb, 9. Nov. Gegen die vom hiesigen Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Rottweil und auf Grund eines Gutachtens des Vorstandes der Heilanstalt Weinsberg, Medizinalrat Dr. Kemmler, beschlossenene Entmündigung des Frhrn Oskar v. Münch auf Hohenmühringen hat der letztere die Anfechtungsklage beim Landgericht Rottweil erhoben.
js Tuttlingen, 9. Nov. Diesen Sommer über war ein Trupp polnischer Arbeiter bei der Gräflich Douglas'schen Gutsverwaltung beschäftigt. Als die Arbeiter nun am Samstag abreisen wollten, wurde ein bei ihnen befindliches, etwa 19 Jahre altes Mädchen, die ein wohlverpacktes zivei Monate altes totes Kind bei sich hatte, auf dem Bahnhof polizeilich zurückbehalten, da die Todesursache nicht festgestellt werden konnte.
js Stuttgart, 8. Nov. Zwischen den: Verband deutscher Tricotagefabrikanten und seinen Abnehmern ist ein Zwist ausgebrochen. Die Abnehmerverbände haben ihre Mitglieder neuerdings angewiesen, nur von solchen Fabrikanten und Grossisten zu kaufen, die die Einheitskonditionen annehmen.
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Ein jeglicher kann fehlen; wie er aber des Fehlers Folge trägt, das unterscheidet den edlen Geist von dem gemeinen Geiste. Raupach.
Erkämpftes Glück.
Roman von H. Deuts chm ann.
Fortsetzung. Nachdruck verboten.
10. Kapitel.
Es war eine finstere Sommernacht. Drückend schwül und heiß war die Luft. Die Wolken zogen über den Nach: Himmel hin. Dazwischen durch glitzerten Sterne, die sich verirrt hatten, lieber das Wasser zog ein leiser fächelnder Wind. Die Wellen kräuselten sich und plätscherten mit ko- senden: Murmeln dahin. Die Ufer des Mains entlang dehnten sich die flackernden Lichter der Gaslampen. Silhouetten gleich ragten ans der Frankfurter Seite die Kup peln und Türme empor. Aus dem Wasser selbst tauchten die Maste und die Rumpfe der Schleppschiffe auf. lieber allem lag die schwüle Sommerlust. Bei der oberen Mainbrücke stand in: Schatten der Bäume, die die Anlagen der Brücke bildeten, ein Mann, der immer auf und niederging und offenbar jemand erwartete. Seine Augen suchten narb rechts und links. Dann kehrte er an daS Ufer zurück Dort stand ein Kahn bereit. Eben wollte er wieder zurück kehren, da erkannte er, wie sich aus den schwarzen Schal ten der Nackt eine Gestalt loslöste. Es war ein Weib. Sie ging auf den Einsamen zu. Dieser aber hatte sie so- fort erkannt, denn er eilte ihr entgegen, ergriff ihre Hände und flüsterte: .Du bist es, Kläre! Endlich! Ich glaubte schon, es wäre dir unmöglich zu kommen."
.Tn weißt nicht, unter welchen Schwierigkeiten es mir ermöglicht war."
js Stuttgart, 9. Novbr. Die Volksschulkommission der Zweiten Kammer setzte am Samstag vormittag die Beratung des Artikels XII der Volksschulnovelle fort. In der Sitzung wurde eine Reihe weiterer Anträge gestellt. Die Beratung des Art. Xli wird am Dienstag fortgesetzt.
js Leonberg, 9. Nov. Gestern abend ist mit dem um 10.12 Uhr hier abfahrenden Zug der in Ditzingen wohnhafte Rudolf Nast verunglückt. Er wollte, wie es scheint, während der Fahrt sich aus dem Wagen begeben, stürzte ab und geriet unter die Räder. In der Nähe des Bahnhofs wurde er von dem die Strecke revidierenden Wärter zermalmt und tot aufgefunden.
jj Vaihingen a. E-, 9. Nov. Der 5jährige Knabe des Steinwerksarbeiters Dallenwe ist gestern vormittag vsn dem Fuhrwerk des Metzgers Meinhardt aus Eberdingen überfahren und so schwer verletzt worden, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Den Fuhrmann soll keine Schuld treffen.
jj Mönsheim O.-A. Vaihingen, 9. Nov. Der Ochsenwirt Hettich in Perous erhielt bei der Treibjagd eine Ladung Schrot ins Gesicht, die an einem Sicherheitsstein anprallten. Ein Auge gilt als verloren. Der Schwerverletzte wurde in eine Augenklinik nach Stuttgart gebracht. Der Schuß wurde von einem als Gast eingeladenen hiesigen Waidmann abgegeben.
jj Straßdorf OA. Gmünd, 9. Nov. Von einen: Wagen der hiesigen Ziegelei wurde Samstag abend ein 6jähriger Knabe, der sich auf den Wagen gesetzt hatte, überfahren und ihm der Brustkorb eingedrückt, sodaß der Tod-sofort eintrat. Den Fuhrmann trifft keine Schuld.
jj Niederstetten, 9. Nov. Zwei Todesfälle von großer Tragik finden hier tiefgehendste Teilnahme. Vor einigen Wochen erkrankte Metzger Seligmann Kahn an Blutvergiftung und starb bereits nach zwei Tagen. Er hinterließ eine Witive und drei unversorgte Kinder. Gestern starb unter fast genau denselben Umständen Metzger und Ankerwirt Metzler. Auch er hinterläßt eine Wilwe und vier unversorgte Kinder.
Graf Zeppelin und sein Luftschiff.
Zeppelins Luftschiff vom Reich abgenvmmen.
" Friedrichshafen, 9. Nov. Nach einer bisher unerreichten Folge von 8 glänzend verlaufenen Fahrten ist der „Z. 1" heute auf Empfehlung des Reichskommissars vom Kriegsnrinistcr abgenommen worden. Major Groß von: Luftschifferbaraillon trifft morgen mittag 12 Uhr hier ein, um, wie es scheint, den: in: Laufe des Nachmittags von Donaueschingen anlangenden Kaiser Bericht zu erstatten und eventuell Vorbereitungen für die Ueberführung einer L n fts ch i f f er ab t e i l u n g nach Manzell oder Friedrichshofen zu treffen. Der Kaiser selbst benachrichtigte den Grasen Zeppelin durch folgendes aus .Donaueschingen datiertes Telegramm von der Abnahme des „Z, 1": .Kriegsminister v. Einen: meldet soeben, daß er der A bnahme Ihres Luftschiffes auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen-Kommissars zu ge stimmt habe. Gratuliere Ew. Erzellenz von ganzen: Herzen. Wilhelm !. k." " ' Mp.
Aufstieg des Kaisers?
jj Friedrichshafen, 10. Nov. Vorbehaltlich etwaiger durch das Wetter gebotener Dispositionsänderungen verlautet, daß d.r Kaiser heute mittag ein Uhr im Sonderzug auf der Station Seemoos eintreffen und sich von da nach Manzell zur Besichtigung der Zeppelin schen Anlagen begeben wird. Der Aufstieg mit den: Kaiser an Bord dürste um 2 Uhr erfolgen. Nachdem die Fahrt beendigt ist, wird der Kaiser auf einem bereitstehenden Dampfer nach dem Hafen fahren und sich jedenfalls zu Fuß nach dem Stadtbahnhof begeben, von wo
John Smiles war cs, der hier Kläre Martin erwartet hatte, die nun auch eingetroffen war.
„Weshalb war es dir nicht möglich?"
„Oh! Ich konnte nicht fort. Da nahm ich Zuflucht zu einer List. Ich wußte, Papa mußte zu einer wichtigen Besprechung. Da wollte ich in das Theater. Das gelang mir. Ich wurde dorthin begleitet. Nun bin ich aber fort und zu dir!"
„Kläre! Das alles tatst du mir zu Liebe!"
Smiles drückte sie an sich und küßte sie. Sie nickte und sagte: „Aber ich muß um zehn Uhr wieder im Theater sein, denn dort werde ich wieder abgeholt!"
„Aber gewiß, Klärchen. Wenn wir auch nur eine Stunde für uns gewonnen haben."
Er führte sie hin zum Kahn und half ihr den Kahn besteigen.
„Hier sind wir sicher!" flüsterte er. „Auf dem Wasser ist es finster und dunkel und wenn uns wirklich welche begegnen, die auch eine nächtliche Kahnfahrt machen, so kann uns doch niemand erkennen."
Sie saßen im Kahn und Smiles stieß von: Ufer ab plätschernd trieb das Schiff in die Wogen hinaus. Smiles legte die Ruder an und mit gleichmäßigem, gedämpftem Ruderschlag brachte er das Boot stromaufwärts, dem eisernen Steg und der alten Mainbrücke zu. Die Lichter der > Laternen glitzerten weithin im Wasser. Hier ließ Smiles das Boot von den Wellen treiben.
„Kläre!" redete sie nunmehr Smiles an. „WaS hast du mir zu sagen?"
„Ach, Liebster! Ich bin so ohne jede Hoffnung. Vater ist unerbittlich. Heut« drohte er mir mit seinem Fluche. Sein Haus muß ich verlassen, wen« ich noch länger seinem Willen widerstehe!"
„Verzage nicht!" tröstete sie Smiles. „Ich lasse nicht von dir. Nur wenige Tag« noch harre aus. FÄge scheinbar seinem Wunsche. Es wird sich nichts ereicMn "
die Rückfahrt nach Donaueschingen wieder in: Ertrazug erfolgt. Der Ballon ist vom alten Gas entleert worden, die Neufüllung dürste gestern gegen Abend beendet worden sein.
Der Kaiser fährt mit.
Friedrichshafen, 10. Nov. (Telegr.) Das Luftschiff mit dem deutsche« Kaiser und dem Grafen Zeppelin ist um 1 Uhr 50 Min. glatt aufgestiegen.
Friedrichshafen, 10. Nov. (Telegr.) Um 3 Uhr ist das Luftschiff wieder glücklich gelandet.
js Pforzheim, 9. November. An: Samstag wurde hier wieder ein Golddiebstahl entdeckt. In einer Fabrik der Bleichstraße wurden Gold- und Doublewaren vermißt. Der Verdacht fiel auf die Ausläuferin, welche allein in dem Lokal gewesen war. Sie wurde verhaftet, ebenso ihr Mann. Sie legte ein teilweises Geständnis ab. Die veruntreuten Beträge find ziemlich groß.
sj Flensburg, 9. Nov. Die Eisenbahn-Katastrophe bei Groß-Tarup vom 9. August, bei der neun Personen getötet und 18 mehr oder weniger schwer verletzt worden sind, bildete heute den Gegenstand einer Verhandlung vor der hiesigen Strafkammer. Die Angeklagten, Lokomotivführer Strecker und Zugführer Flogt, wurden freigesprochen. Das Gericht stellte fest, daß zwar eine Vergeßlichkeit vorliege, für die jedoch die Angeklagten strafrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden könnten.
Der Casablanca-Zwischenfall.
' Berlin, 9. Nov. Die amtliche Darstellung der französischen Regierung über d n Casablanca- Zwischenfall ist der deutschen Regierung laut „N. A. Z." nunmehr übermittelt worden. Nach der französischen Darstellung hätten die Deutschen mit den Gewalttätigkeiten begonnen. Die beiderseitigen Darstellungen des Zwischenfalles stimmen demnach so wenig überein, daß der tatsächliche Hergang weiterer Aufklärung bedarf durch erneute Erhebungen, sei es der beiderseitigen Behörden, sei es eines Schiedsgerichts.
Deutschland gibt nach.
jf Köln a. Rh., 9. Nov. Ein Berliner Telegramm der „Köln. Ztg." bemerkt zu der französischen Darstellung des Zwischenfalls in Casablanca: Da die amtliche französische Darstellung erst jetzt zur Kenntnis der deutschen Regierung gelangt ist, konnte sie auch bisher nicht berücksichtigt werden. Aus dem Vergleich der deutschen und französischen Berichte ergeben sich die stä r k st e n W i d er s p r ü ch e und es ist den Franzosen das Recht z u z u g e st e h en, daß sie bis zum Beweis des Gegenteils die Angaben ihrer Leute für richtig halten, ebenso wie wir das bei uns tun. Nach der bisherigen hiesigen Auffassung war man wohl auf widersprechende Rechtsanschauungen gefaßt, nicht aber, oder doch nicht in solchem Maße, auf völliges Abiveichen der Berichte über die Tatfrage. Sobald auch diese in so hohem Grade strittig wird, daß auch über sie eine Einigung durch weitere französisch - deutsche Vernehmungen nicht,zu erwarten ist, so wird auch die deutsche Regierung den bisher eingenommenen Standpunkt nicht weiter verfolgen und es ist anzunehmen, daß sie bei dieser geänderten Lage keine Bedenken tragen wird, den ganzen Handel nicht nur in Bezug auf die Rechts-, sondern auch in Bezug auf die Tatfrage, einem Schiedsgericht zu überweisen.
Eine Einigung.
Berlin, 10. Nov. (Telegr.) Zwischen Deutschland und Frankreich ist ein Uebereinkommen unterzeichnet worden.
„Du tröstet mich immer. Aber sag mir, WaS geschehen wird. Du bist so seltsam, so geheimnisvoll. Wie damals an: Abend. Gestern! Was war es? Weshalb erschrakst du s», als du das Bild von dem Daumenabdruck Stauffens sahst!"
„Ich darf jetzt nicht davon sprechen. Ich bitte dich. Hab« Geduld mit mir und Vertrauen. Es wird nichts geschehen, WaS ich nicht schon seit langem geplant und begonnen habe. Aber Geduld!"
„Immer wieder Geduld! Wie lange noch! Ich vergehe fast in Angst und Sorge!"
„Märe!"
Seine Stimm« klang bittend und zärtlich, daß sie nicht widerstehen konnte.
„Ich will nnch ja gerne gedulden. Aber bisher so ohne Hoffnung."
SmileS wagte es nicht, ihr von de« Besuche ihres Vaters in seinem Bureau z« berichten: er hätte ihr ja die letzte Hoffnung, das Vertrauen nehmen muffen.
Das Boot trieb am rechten Mainufer, an den Zollhallen entlang. Sie kamen eben an einer Reihe von Schleppschiffen vorüber, die mit Ziegeln, Holz und dergleichen täglich zu Dutzenden am Main entlang fahren.
„Es wird sich alles zum Besten wenden!" versicherte Smiles zärtlich. „Dein Vater kann nicht das Glück seines einzigen Kindes vernichten wollen!"
„Und doch will er es! Oh! Du hättest ihn hören sollen. Wenn du seine harte Stimme gehört hättest, dann würdest auch du mutlos sein!"
Sie ahnte ja nicht, daß er an demselben Morgen de« Besuch ihres Vaters empfangen hatte; er hörte selbst in seinen Ohren noch den Widerhall dieser metallenen Stimme. Aber trotzdem. Er verzagte nicht. Und er sagte zn ihr: „Wkw ist unser Hindernis? Nur dieser von Gtauffen. Wenn Hein Vater weiß, wer dieser von Stauffen ist, dann wird erMiir dankbar sein, daß ich ibn vor diesem gerettet habe!"