stehen, wie schon vor längerer Zeit gemeldet, gegen Ende des Jahres, etwa im November, bevor.

Stadt und Bezirk.

Calw. 22. Mai 1912.

xo. Die Jungdeutschlands-Ortsgruppe Calw ver­anstaltete letzten Sonntag ihren ersten Ausmarsch. Eine über Erwarten große Zahl der Jungmannschaft fand sich mittags in der Turnhalle ein, wo Professor Beurlen in einer .Begrüßungsansprache die Zwecke und Ziele des Jungdeutschlandbundes seinen jungen Zuhörern vor Augen führte. Darauf begann der Ausmarsch von ungefähr 170 angemeldeten und eingeschriebenen jungen Leuten. Unter den Musik­klängen der Jugendkapelle ging es nach Zavelstein, wo im geräumigen Burghof der Ruine Oberstleut­nant Voehringer eine kernige Ansprache an Jungdeutschland richtete unter Heranziehung von historischen Erinnerungen aus der Vergangenheit Zavelsteins. Vor dem Aufbruch wurde die Ko­lonne in vier Gruppen geteilt und auf verschiedenen Wegen der Heimmarsch angetreten. Vor Calw fan­den sich dann alle wieder zusammen, und in geschlos­senem Zug wurde auf den Marktplatz marschiert, wo nach einem kurzen Schlußwort des VorsitzendenEs braust ein Ruf wie Donnerhall" angestimmt wurde. Die Veranstaltung zeigte, daß die Gründung sich als lebensfähig erweist, auch in unseren Mauern, und bis zum nächsten Ausmarsch in 14 Tagen werden wohl noch manche junge Leute ihren Beitritt er­klären, besonders auch Lehrlinge, die dann wissen, wo und wie sie ihre Sonntage zubringen können. Zum Schluß möge auch auf die Hauskollekte, die in dieser Woche in Umlauf gesetzt wird, hingewiesen werden.

r. Das diesjährige Kinderfest findet nach einem Beschluß des Ausschusses am Montag, den 3. Juni in üblicher Weise statt. Zur Deckung der Kosten wird in den nächsten Tagen wieder eine Haussammlung veranstaltet. Möge diese viele freundliche und willige Geber finden.

0. Pfingstsonderzüge. Am Pfingstsonntag werden von Stuttgart nach Calw und Pforzheim, sowie nach Freudenstadt um 5 Uhr früh sehr be­schleunigte Sonderzüge abgefertigt, die auch 4. Kl. führen. Ebenso gehen am Pfingstmontag abend von Freudenstadt nach Stuttgart sehr beschleunigte Sonderzüge, die gleichfalls 4. Klasse führen. Außer den nach Freudenstadt und Calw an den Pfingstfeiertagen verkehrenden Sonderzügen werden auch solche auf der neuen Schurwaldbahn zwischen Schorndorf und Welzheim, sowie auf der Tälesbahn Zwischen Geislingen und Bad Ueberkingen ausge­führt. Das Nähere ist an den Stationen ange­schlagen.

scb. Mutmaßliches Wetter. Der Hochdruck behauptet sich über dem Festland, aber immer stärker macht sich die Einwirkung der atlantischen

Tyrann Ehre.

47) Roman von K. Lubowski.

(Fortsetzung.)

Ist das denn auch ganz sicher," fragt eine junge Leutnantsfrau, die erst seit wenigen Monaten Trau­tenberger Pflaster tritt, mit Heller Stimme dazwi­schen.

Natürlich, Liebste, oder meinen Sie, daß ich bloße Vermutungen mit solcher Bestimmtheit aus­sprechen würde?" entgegnet Frau von Tettau mit einer Zurechtweisung im Ton.

Verzeihung, gnädige Frau, ich verstand, daß Ihr Kinderfräulein"

Allerdings mein Kindefräulein. Aber für die verbürge ich mich. Sie ist treu wie Gold und sagt nur das, was sie verantworten kann."

Und was sagt sie denn nun eigentlich, liebste Frau von Tettau?" fragt die schrille Stimme der Majorin Enders in das allgemeine Atemhalten hin­ein.

Der Damenkreis schiebt sich enger zusammen. Die Hände liegen im Schoß und die Augen brennen voller Neugier.

Aber vollste Diskretion, meine Damen."

Natürlich! Selbstverständlich!" haucht und flü­stert es rings umher.

Und nun hört Adda dieselbe Geschichte noch ein­mal. Noch weiter ausgesponnen, mit Einzelheiten gespickt, klar und einfach, so recht zum Glauben mundgerecht gemacht. Sie kann sich nicht mehr auf­recht erhalten. Sie wird zusammenbrechen. Davor hat sie brennende Angst. Das muß auf jeden Fall vermieden werden. Keine darf merken, wie es um sie steht. Die Stricknadel fährt tief in das zarte Handgelenk. An dem Schmerz wird sie sich aufrecht erhalten.

Depression bemerkbar, die jetzt über Irland steht. Für Donnerstag und Freitag ist deshalb veränder­liches, strichweise regnerisches und etwas kühleres Wetter zu erwarten.

st. Aushebung. Die Vorstellung der Militär­pflichtigen zur Aushebung im Jahre 1912 findet im Aushebungsbezirk Calw am 1. und 3. Juni statt, im Äushebungsbezirk Nagold am 4. und 5. Juni, in Neuenbürg am 29., 30. und 31. Mai.

8. Das Feuerschutzmerkblatt, das zur Zeit in den Schulen des Landes verteilt wird, betont die Pflicht für jedermann, mit Feuer und Licht äußerst vorsichtig umzugehen. Es verbrennen jährlich noch durchschnitt­lich 500 Menschen, 5000 werden durch Feuer Krüppel und Sieche und der Brandschaden beträgt 250 Millionen jährlich. Ein wichtiges Ziel für die ganze Nation ist, daß dieser Riesenschaden bedeutend herabgemindert werde. Das Feuerschutzblatt bringt Vorsichtsmaßregeln im Umgehen mit Erdöl, Benzin, Spiritus, Leuchtgas, Elektrizität, Kerzenbeleuchtung, Feuerung. Zündhölzern, Zigarren und Zigaretten, gibt Verhaltungsrichtschnur an bei Bränden im Hause, Selbstentzündungen. Blitz­schlag beim Löschen von feuergefährlichen Flüssigkeiten, bei Rettung von brennenden Personen, weist auf die und Zuchthausstrafen hin bei grob­fahrlässiger oder vorsätzlicher Brandstiftung und fordert eindringlich zur Mobiliarversicherung auf Das F-euer- schutzmerkblatt wurde ausgegeben von Reallehrer Mang in Heidelberg und Molitor, Hauptlehrer und Kom­mandant der Freiwilligen Feuerwehr in Mannheim. Das praktische Volkswohlfahrtsmittel ist es wert, in großen Massen über das Land gratis verteilt zu werden.

8. Eigene Jagd. Die Ausübung der Jagd ist den Grundeigentümern gesetzlich gestattet auf zusammen­hängendem Grundbesitz von mehr als 50 Morgen, wobei jedoch Wege, Flüsse, Bäche oder Markungs­grenzen als den Zusammenhang nicht unterbrechend angesehen werden sollen. Aus diesem letzten Satz des Art. 2 des Jagdgesetzes von 1855 wird von den Hofgutsbesitzern nicht selten gefolgert, daß das Maß der Wege, Flüsse, Bäche oder Grenzen zum Hofgut zu rechnen sei. Wenn z. B. ein Hofgut 49 Morgen hat und die Wege und Bäche, die durch das Hofgut ziehen, I^Morgen zusammen ausmachen, dann habe der Hofbesitzer das Jagdrecht, da der Hof mehr als 50 Morgen zusammenhängenden Grundbesitz habe. Diese Ansicht ist jedoch irrig. Der Meßgehalt der öffentlichen Wege und Bäche gehört nicht zum Hof­besitz gerechnet und es hat der Gutsbesitzer von 49 zusamenhängenden Morgen kein Jagdrecht auf sei­nem Hofgut. Nur dann, wenn die Wege Eigentum des Gutsbesitzers sind, er die Unterhaltungskosten derselben ausschließlich hat und ihr Meßgehalt zu­sammen mit dem Meßgehalt der Aecker, Wiesen, Gärten, Weiden, überhaupt de^Hofguts, mehr als 50 Morgen zusammenhängendst? Grundbesitz aus­machen, dann ist das Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden vorhanden. Um das Maß von Bächen und Flüssen kann es sich bezüglich der Zurechnung zum Grundbesitz nie handeln, denn die ständig flie­

Eine wird aber trotzdem ihren Schmerz gewahr. Die junge Leutnantsfrau mit der Hellen Stimme. Sie möchte aufspringen und den Geschwätzigen den Mund zuhalten, ihnen in Zorn und Ingrimm ent­gegenrufen :

Seht ihr denn gar nicht, was ihr anrichtet? Wie ihr das Mädchen mit euren Pfeilen martert und quält!"

Und ich glaube es doch nicht," sagte sie aus der menschlichen Barmherzigkeit heraus, ganz laut und fest,denn Leutnant von Tarenberg ist ein Ehren­mann."

Die anderen werfen ihr bitterböse Blicke zu.

Sollte das nicht ein etwas starker Ausdruck sein, Liebste?" sagt die Tettau, und ihre Stimme zittert ein wenig dabei.Sollte Ihnen vielleicht noch die Empfindung für die Größe des öffentlichen Ärger­nisses, das er hierdurch unstreitig verursacht, ab­gehen? Und damit das Bewußtsein von der Wich­tigkeit der Standesehre? Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich verurteile nicht etwa, was er tut. Ich verurteile nur, wo er es tut. Nämlich hier, unter unseren Augen, so daß unsere Töchter davon hören und darüber erröten müssen. Warum verlegt er den Schauplatz seiner Liebestaten nicht in eine Welt­stadt, fernab von seiner Garnison? Dann würde ihm niemand übelnehmen, was er getan hat, selbst wenn man davon erführe."

Die kluge, gesund denkende Frau, der diese lange Rede gegolten hat, wenn sie auch an die Allgemein­heit gerichtet zu sein scheint, versteht die darin dar­getane Moral nicht. Ihre Keuschheit rebelliert gegen die Anschauung der Aelteren. Aber der Respekt vor der Frau des Mannes, der sich völlig von ihren Anti- und Sympathien leiten läßt, heißt sie ruhig bleiben. Sie richtet sich nur ein wenig empor und fragt be­scheiden:

Ich bitte um Verzeihung, wenn ich mir eine grü­

ßenden Gewässer sind, da in natürlichem oder künst­lichem Bett fließend, immer öffentliche, nie private Gewässer.

st. Nagold, 21. Mai. Die Eisenbahnassistenten­prüfung haben bestanden Hugo Setzer von hier und Karl Kallfaß aus Gompelscheuer, hies. Oberamts.

Württemberg.

Zur süddeutschen Metallarbeiter­aussperrung.

Im Stuttgarter Hauptvorstande des Metallarbeiter­verbandes besteht Neigung, die sogenannte Bömelburg- sche Taktik, wie sie in ähnlicher Weise bei der Bau­arbeiteraussperrung im Jahre 1910 angewendet wurde, bei der in Aussicht stehenden Metallarbeiteraussperrung anzuwenden, um die 40 A der in der Arbeit stehen Blei­benden mit höheren Beträgen zur Kassenstärkung heran­zuziehen. Zur Zeit haben auch die Mitglieder des Ver­bandes sich schon stellenweise mit diesem Gedanken ange­freundet. Auch stehen die Kassenverhältnisse des Metall- arbeiterverbandes nicht besonders günstig. DieMetall­arbeiter-Zeitung" selbst schrieb bei der letzten veröffent­lichten Abrechnung:Von den vom Hauptvorstande für nötig befundenen 20 Millionen als Reservefonds fehlen zur Zeit noch 15." Nicht mitausgesperrt werden in Stutt­gart sicherem Vernehmen nach die Bosch'schen Arbeiter, die Schmiedemeistergesellen und die Bauschlosser, sowie viele nicht in Großbetrieben Arbeitende; die Fein­mechaniker und Uhrmacher vieler Betriebe sind an der Bewegung nicht beteiligt. Man hält das Ganze für einen Versuch der Schwereisenindustrie, zu sehen, inwie­weit der Metallarbeiterverband bei einer allgemeinen Aussperrung standhalten würde. Für die Bauschlosser in Stuttgart besteht ein eigener Tarif, gültig bis zum 1. April 1918.

Stuttgart, 21. Mai. Eine wllrttembergische Landes-Missions-Konferenz soll in der Pfingstwoche in Stuttgart ins Leben gerufen werden. Zwar bestanden schon bisher verschiedene Missions- Konferenzen in Württemberg, so in Stuttgart, Heilbronn, Ulm, Hall; sind jedoch mehr oder weniger Veranstaltungen der Basler Missions Gesellschaft. Ohne in ihre besondere Tätigkeit einzugreifen, will sich die Landes-Missions-Konferenz allgemeinere Ziele stecken: Weckung und Pflege des heimatlichen Missions - Lebens durch regelmäßige Abhaltung von Missionskursen, Schaffung von Jahrbüchern, Pflege des Wissenschaft!. Studiums, Missionsstudien­reisen ins Ausland u. a. Der Gründungsversamm­lung, die auf den 29. Mai nachm. 3 Uhr aus­geschrieben ist, geht ein Vortrag von Prof. Dr. Mirbt Güttingen über:Stand und Aufgaben der ev. Mission in den deutschen Kolonien" voraus.

Von den Fildern, 21. Mai. Die Filderkraut- setzlinge sind Heuer so geraten, daß sie zu fabelhaft billigen Preisen verkauft, ja geradezu verschenkt werden, während im vorigen Jahr bis zu 6 Mk. per Hundert bezahlt wurden. Die Aussichten auf ein gutes Obstjahr sind weit besser, als man

tige Belehrung erbitte. Was hat die Standesehre mit einem Verdacht zu tun, den Köchinnen und Kinderfräuleins auf den Markt werfen, und der ge­eignet ist, Ehre und Glück für alle Zeit zu zer­brechen?"

Ich pflege mich nicht mit den genannten Dienst­boten zu unterhalten, Frau Leutnant von Triziuc."

Aber gnädige Frau sagten doch"

Allerdings sagte ich aber ich hätte nichts ge­sagt, wenn nicht noch ein anderer über allen Zwei­feln stehender Bürge im Hintergrung stände. Näm­lich mein Mann. Genügt Ihnen das vielleicht?"

Adda von Wachenhusen wankt auf ihrem Stuhl. Sie kann nicht mehr aufrecht sitzen. In wildem Taumel fliegt das Zimmer mit all seinen Gegen­ständen und Menschen vor ihren Augen. Nun gibt es kein Auflehnen, kein Verteidigen mehr aus vorbei.

Die junge, tapfere Leutnantsfrau hat sie bis an die väterliche Villa geleitet. Sie ist die Einzige, die von Addas Liebe weiß. Sie hat die Blicke gesehen und das Strahlen des Glücks, das auf ihren Ge­sichtern lag, so oft sich ihre Augen begegneten. Dar­um weiß sie auch, was man dem bebenden, toten­blassen Mädchen an ihrer Seite heute angetan hat. Sie möchte sie ans Herz nehmen und trösten, aber sie ist sich nicht sicher, ob jener das nicht noch weher tun würde.

Vor dem gußeisernen Tor, das von dem Wachen- husenschen Wappen, die Schlange mit dem Löwen im Kampf, gekrönt wird, verabschiedet sie sich. Adda schleppt sich mit müden Füßen in das Haus. Nun kann sie nicht weiter. Ihre Kraft ist verbraucht und ihr Stolz matt. Ohnmächtig bricht sie auf dem Flur zusammen, gerade als Jürgen, der in das Kasino gehen will, die Treppe hinunterkommt.

(Fortsetzung folgt.)