Landesnachrichten.

Ueber die Gauversammlung der Lehrer in balw

geht uns nachträglich noch folgender Bericht mit der Bitte nm Aufnahme zu:

Eine stattliche Zahl von Lehrern war am 25. Juli im Badischen Hof in Calw zu einer Gauversammlung zusammen­getreten. Auch die politischen Parteien Calws waren dabei vertreten. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschte alles den Ausführungen des Referenten, Herrn Oberlehrer Wacker- Böblingen. Er führte aus, daß es sich nicht um einseitige Standesforderungen der Lehrerschaft handle, sondern um Kulturfragen von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Denn da unser Vaterland keinen Reichtum an Bodenschätzen hat, so muß es seine Rohmaterialien vom Ausland beziehen und ihnen durch industrielle Verarbeitung höhere Werte verleihen. Eine solche Veredlungsindustrie aber erfordert in Anbetracht des erbitterten Wirtschaftskampfes für die arbeiten- ten Klassen eine intensivere Schulung, die den Bedürfnissen des praktischen Lebens mehr Rechnung tragen muß. Die Schulorganisation ist dementsprechend einzurichten (keine über­füllten Klassen, keine konfessionellen Zwergschulen, allgemeine Volksschule, einheitliche Oberschulbehörde). Die Schulaufsicht ist so zu gestalten, daß der Lehrerstand seine ganze Kraft der eigentlichen pädagogischen Arbeit widmen kann. Der Lehrerstand soll so vorgebildet werden, daß er dem arbeitenden Volke ein Helfer und Berater zu sein vermag.

In der Debatte wurde besonders das Gespenst derEnt- christlichung" der Volksschule kritisch beleuchtet. Herr Oberreal­lehrer Dr. Müller-Calw führte aus: Da die Kirche auf die Be­aufsichtigung des notwendig konfessionellen Religionsunterrichts nicht verzichten könne und andererseits der Kirche ein Aus­sichtsrecht über den Unterricht des Lehrers nicht zugestanden werden könne, so sei es die einfachste Lösung aller Schwierig­keiten, wenn nach dem Vorbild der höheren Schulen der Religionsunterricht ganz dem Geistlichen übertragen werde. Einstimmig, auch von den zahlreich erschienenen Mitgliedern desEv. Lehrervereins", wurde das Vorgehen dieses Vereins in der Presse als unnobel und taktlos verurteilt. Zum Schluß gelangte folgende Resolution zur Annahme:Da­mit die Lehrerschaft nach langem Kampfe um die berufliche Selbständigkeit ihrer eigentlichen pädagogischen Aufgabe un­geteilt sich hingeben kann, und damit ein gedeihliches Zu­sammenarbeiten mit den Volkserziehern aus dem geistlichen Stande ermöglicht werde, hält die Gauversammlung die Beseitigung der Aufsichtsbefugnisse des Ortsgeistlichen und ihre Uebertragung an den Bezirksschulinspektor für notwendig. Die zweckmäßigste Ordnung der Bezirksschulaufsicht besteht in der Besetzung der Aemter mit den bewährtesten und tüchtigsten Kräften des Lehrerstandes. Außerdem erklärt die Versammlung, daß sie ganz auf dem Boden des vom Gesamtausschuß aus­gegebenen Programms steht."

* Oberlengenhardt, 28. Juli. Vermißt wird der 13 Jahre alte Christian Schaible von Schömberg. Er begab sich am Sonntag früh mit einem Vesper ausgerüstet nach den umliegenden Waldungen, um Beeren zu sammeln. Was ihm da zugestoßen sein mag, läßtJich nicht vermuten. Aus der Markung Oberreichenbach fand man den Korb und Hafen, welchen der vermißte Knabe mitgenommen hatte. Es ist dies die erste Spur und es wurde die Landjägermannschast von Neuenbürg und Calw beauftragt, Streifen zu unter­nehmen und diesbezüglich nachzuforschen.

In Holzbronn findet am kommenden Sonntag den 2. August die Einweihung der neuen Kirche statt. Der Festzug geht um firlO Uhr von der alten Kirche ab.

Neuenbürg, 29. Juli. Im Walde bei Herrenalb wurde eine männliche Leiche mit Verletzungen gefunden; es ist noch nicht bekannt, ob ein Unglücksfall oder ein Ver­brechen vorliegt.

js Spaichingen, 20. Juli. Einen kühnen Sprung gleich dem Ritter Harras machte vorgestern Nachmittag in Hofen ein etwa vierjähriges Bübchen, indem es zwei Stock hoch in den mit Kies belegten Hof heraussprang und merkwürdiger­weise ganz unversehrt unten ankam. Das Kind war einge­schlossen gewesen und hat in seinem Freiheitsdrange auf diesem ungewöhnlichen Wege das Weite gesucht. Von elter­licher Seite wurde das Kunststück allerdings nicht in erfreu­licher Weise gewürdigt.

! Stuttgart, 29. Juli. Herzog Philipp von Württem­berg, der Vater der Herzoge Albrecht, Robert und Ulrich, feiert morgen seinen 70. Geburtstag. Als Sohn des Herzogs Alexander von Württemberg ist Herzog Philipp am 30. Juli 1838 zu Neuill in Frankreich geboren. Er vermählte sich 1865 zu Wien mit der Erzherzogin Maria Theresia, der Tochter des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich. Die Familie des Herzogs ist* zurzeit vollzählig in Gmunden versammelt.

! Stuttgart, 29. Juli. Erbprinz von Hohenlohe-Langen- burg erläßt einen Aufruf an die Mitglieder des ivürtt. Landesverbandes des deutschen Flottenvereins, worin er seinen Dank für das ihm bewiesene Vertrauen ausspricht. In dem Schreiben heißt es:In der Ueberzeugung, daß ein nationalpolitischer Verein nur dann erfolgreich für die großen Ideen des deutschen Vaterlandes wirken könne, wenn er als einheitliche Körperschaft den Willen des Volkes in seiner Gesamtheit darstelle, erachte es der Erbprinz für eine der vornehmsten Ausgaben des württ. Landesverbandes, darauf hinzuarbeiten, daß das neue Präsidium, welches versprochen habe, in voller Unabhängigkeit für die Stärkung unserer Wehrkraft zur See einzutreten, in diesem seinem Bestreben eine loyale und vorurteilsfreie Unterstützung finde."

! Stuttgart, 29. Juli. Durch dieSchlachtenbummler" werden nach einer Meldung des K. Generalkommandos an das Ministerium des Innern bei den größeren Truppen­übungen vielfach Flurbeschädigungen verübt, die im letzten Jahr sehr zugenommen haben. Das Ministerium sieht sich deshalb veranlaßt, die Oberämter darauf aufmerksam zu machen, die zu den Truppenübungen kommandierten Land­jäger zu verpflichten, bei solchen Flurbeschädigungen künftig gegen die Zuschauer aus der Civilbevölkerung mit Nachdruck ein­zuschreiten und Zuwiderhandelnde zur Anzeige zu bringen. Zur tunlichsten Verhütung derartiger Flurschäden soll künftig, so oft ein Bezirk durch größere Truppenübungen berührt wird, durch rechtzeitige wiederholte Bekanntmachung im Be­zirksamtsblatt die Bevölkerung auf die Folgen von Gesetzes­übertretungen dieser Art aufmerksam gemacht werden mit dem Hinweis, daß gegebenenfalls nicht nur die Bestrafung der llebertreter, sondern auch deren Heranziehung zum Schaden­ersatz in Frage kommt.

js Stuttgart, 29. Juli. Mit dem Bau der neuen Tra- gonerkaserne aus der Staig geht es rüstig vorwärts. Ter Bau umfaßt ein Mannschafts- ein Wirtschafts- ein Stab- und ein Wachtgebäude, drei Familiengebäude, Offiziersspeise­anstalt, fünf Eskadrons- und zwei Krankenställe, drei Reit­bahnen, Beschlagschmiede- und Büchsemnacherwerkstatt, Pa­tronenhaus, Fahrzeug-Krümper und Handwagenschuppen und die erforderlichen Nebcnanlagen. Tie Offiziersspeiseanstalt besteht aus einem Speisesaal, zwei Neben- und einem Bücher­zimmer, sowie den üblichen Wirtschaftsräumen.

js Stuttgart, 27. Juli. Heute früh 4 Uhr geriet in dem hochgelegenen Depot der Straßenbahn zwischen Schwab­und Reuchlinstrciße ein unbeaufsichtigter Motorwagen in Bewegung und jagte die Reuchlin- und Rothebühlftraße hinunter zum alten Postplatz, wo er an der scharfen Kurve der Ecke von Post- und Calwerstraße aus dem Gleis und gegen das Eckhaus sprang. Der Anprall war fürchterlich und im ganzen Stadtteil vernehmbar. Der schwere Wagen ist völlig zertrümmert; auch das Haus hat Beschädigungen erlitten. Menschen wurden nicht verletzt. Wäre der zweite Kurswagen der Linie Gablenberg pünktlich 4^ Uhr abge-

' fahren, so hätte ihn der Durchgänger unterwegs eingeholt. Eine Verspätung von 2 Minuten hat Schaffner und Führer und Insassen dieses Wagens gerettet. Auch ein Bataillon des Grenadierregiments Königin Olga entging einer großen Gefahr nur dadurch, daß es erst wenige Sekunden, nachdem der Wagen vorbeigerast war, ausmarschierte. Einige Se­kunden vorher wäre ein Unglück unvermeidlich gewesen da der Wagen blitzschnell auftauchte und auf der menschen­leeren Straße keine Warnungsrufe ertönten. Der gleiche

Fall hat sich übrigens schon einmal unter ähnlichen Umständen

und an derselben Stelle ereignet.

! Stuttgart, 29. Juli. Die Mietpreise nehmen in Stutt­gart allmählich eine beängstigende Höhe an. In den neuesten Veröffentlichungen des Städt. Wohnungsamts be­findet sich eine lange Reihe von 2 Zimmerwohnungen, deren jährlicher Mietpreis nicht weniger als 500 Mk. beträgt.

Als Mieter für solche Wohnungen dürften namentlich Ar­beiter, niedere Beamte und Unterbeamte in Frage kommen.

In diesen Bevölkerungsschichten haben Viele nicht einmal ein Einkommen von 1500 Mk. jährlich, sodaß man also in diesen Kreisen vielfach mehr als ein Drittel des gesamten ! Einkommens für die Wohnungsmiete aufwenden muß. In den eingemeindeten Vororten ist man eifrig bemüht, in dem ! Höherschreiten" auf diesem Gebiet mit der Altstadt Schritt ! zu halten. Als vor etwa 10 Jahren die Mietpreise des kleinen Mannes" ein Viertel seines durchschnittlichen > Einkommens erreicht hatten, wurde schon darauf hingewiesen, j daß eine solche Ausgabe allein für die Wohnung höchst un- ! gesunde Verhältnisse in der Lebenshaltung der unteren Schichten zeitigen müsse. Damals hatte man in diesen Schichten drei Monate im Jahr allein für die Wohnungs- miete zu arbeiten, heute sind es 4 Monate und ein Ende dieser Preissteigerung ist nicht abzusehen.

js Stuttgart, 28. Juli. Ueber den Ernteertrag Württem­bergs im verflossenen Jahr liegen nunmehr genaue Angaben vor, die zugleich eine Vergleichung mit dem Ertrag früherer Jahre ermöglichen. Von einem Hektar bebautem Lande wurden geerntet Doppelzentner:

im Jahr 1907 1906 1905 1904 1903 1902 1901

Roggen 14,9 13,5 14,8 13,9 14,8 14,1 12,9

Weizen 17,7 15,0 15,7 14,8 16,3 16,1 13,7

Winterspelz 13,5 l2,1 12,4 12,5 13,2 13,6 11,8

Sommergerste 16,2 14,1 14,9 14,2 16,8 16,2 15,3

Kartoffeln 138,8 86,9 122,1 113,4 116,7 125,9 118,0

Hafer 15,4 15,4 12,3 13,5 15,3 15,0 13,0

Wiesenheu 49,2 54,0 47,4 48,1 49,8 51,8 43,5

Tie Tabelle zeigt, daß der Ernteertag von Roggen, Weizen, Kartoffeln und Hafer im letzten Jahr der beste seit sieben Jahren gewesen ist, auch Winterspelz und Sommergerste stehen hinter den Erträgnissen früherer Jahre wenig zurück, nur die Heuernte steht erst an vierter Stelle, doch entspricht der gewonnene Ertrag immer noch dem Durchschnitt, der als mittlere Ernte angenommen wird.

jj Heilbronn, 29. Juli. Bei der Einbiegung nach der Neckarbrücke zu kam heute morgen ein Metzgergeselle unter einen Straßenbahnwagen, der ihm die Hirnschale vollständig zertrümmerte, den Arm zweimal brach und den Unterleib aufschlitzte. Der Verunglückte wurde nach einem Spital gebracht, wo er bald darauf verstorben ist.

jj Assumstadt OA. Neckarsulm, 29. Juli. Der 25. d. Mts. scheint ein wahrer Unglückstag gewesen zu sein. An diesem Tage wurde der Waldhüter Stauch vom Schlage getroffen. Die Frau des Landwirts Josef Hammel fuhr auf einem mit Garben beladenen Wagen nach Hause; der Wagen fiel um und die Frau brach Arm und Fuß. Das dritte Unglück an diesem Tage begegnete der Tochter des hiesigen Landwirts Alois Hügel. Sie fiel aus der Stiege und kugelte sich den Oberarm aus.

* Gaildorf, 28. Juli. In Anbetracht des in letzter Zeit seitens einzelner Händler des Bezirks ziemlich stark be­

leb spiele vor dem Schlafengehen gern noch ein Stündchen Bakkarat."

Auch diese letzten drei Partien wurden zugunsten des Bankiers entschieden, und Lind Holm hatte, als sie sich erhoben, mehrere hundert Mark an ihn verloren. Aber es war ihm nicht der geringste Verdruß über die hartnäckige Ungunst der Glücks­göttin anzumerken, und er ließ sich an dem Bakkarattisch mit ebenso heiterer Miene nieder, als er sic vorhin an der blnmen- oeschmücklen Tafel gezeigt hatte.

Willy Brandshöfer beteiligte sich nicht weiter am Spiel; doch er blieb hinter dem Stuhl des Bildhauers stehen und flüsterte ihm, aufmerksam den Fall der Karten verfolgend, hier und da eine Bemerkung zu. Freilich konnten seine Ratschläge nicht verhindern, daß Lindholm auch jetzt beharrlich im Verlust blieb und daß er den Klubdiener mit ziemlich bedeutenden Summen zur Kasse schicken mußte, weil sein Vorrat an Spiel­marken erschöpft war. Gegen zwei Uhr morgens, als er aber­mals die letzte Marke verausgabt hatte, stand er auf und rief mit einer drollig pathetischen Gebärde zu dem Bankhalter hin­über:

»Du hasts erreicht, Oktavio! Hier steh ich, ein entlaubter Stamm! Ich habe nichts mehr zu verlieren, meine Herren, und ich wünsche Ihnen varum leichten Herzens einen guten Morgen."

Und leichten Herzens schien er in der Tat trotz keiner groben Verluste die Klubräume zu verlassen; denn er summte das heitere Trinklied aus einer unlängst beliebt gewordenen Over vor sich hin, während er sich in der Garderobe von einem Diener den weiten Künstlermantel um die Schultern legen ließ. Auf der Treppe hörte er sich bei seinem Namen rufen und sab, um- schanend in das schnurrbärtige Antlitz Willy Brandshöfers, der in dieser Nacht nun einmal entschlossen schien, nicht von seiner Seite zu weichen.

»Darf ich Sie in meinen; Wagen nach Hause fahren, Herr Lindholm?" fragte er dienstbereit.Es ist ein abscheuliches

Regenwctter. und wer weiß, ob zu dieser Stunde sogleich eine Droschke aufzutreiben wäre."

»Ich nehme Ihr Anerbieten dankbar an schon dem Humor »uliebe. der in der Tatsache liegt, daß sich ein Mann, der nicht fünfzig Pfennig in der Tasche hat, auf den Wagenpolstern eines Millionärs breitmacht. Noch kein Selbstmordkandidat in Monaco ist so vollständig ausaeplündert gewesen, als ich es an diesem Abend bin."

Er nahm die von Brandshöfer dargebotene Zigarre an und lehnte sich behaglich in den Fond der Equipage zurück.

Sie müssen in der Tat noch ein wenig bei mir in die Schule geben", plauderte er weiter,denn ich habe es Ihnen wohl angemerkt, daß Sie kein Interesse an unserm Spiel hatten und nur ans Höflichkeit gegen mich so lange mittaten. Das bat mir um Ihretwillen leid getan. Ein Mann, der nicht mit wirk­lichem Vergnügen spielt, geht eine der gesundesten Anregungen verlustig, welche wir unserm Nervensystem zuteil werden lassen können. Was da am grünen Tische innerhalb eines Zeit­raumes von wenig Stunden vor sich geht, ist im Grunde ja dasselbe aufregende Wechselspiel, das unser ganzes Dasein aus­füllt, dem wir alle irdischen Freuden, und in letzter Linie auch alle Großtaten des menschlichen Geistes zu danken haben. Ein Stückchen Schicksalswalten im engsten Kreise und ohne allzu diniere Tragik das ist das Hazardspiel. und gerade darin liegt für uns Menschen sein unwiderstehlicher, geheimnisvoller Reiz. Wir belauschen den Zufall gewissermaßen bei seiner Arbeit, und wir lernen erkennen, wie unsinnig es wäre, zu behaupten, daß nichts Planmäßiges und Methodisches darin sei. Das träfe beim Spiel so wenig zu als im Leben. Hier wie dort gibt es Sonntagskinder, welche nur die Hand ansznstrecken brauchen, nm die Früchte zu brechen, die ihnen entgegenwachsen und hier wie dort gibt es Pechvögel, die ganz sicher sein können, daß sich immer etwas zwischen sie und- das Glück stellen wird, wie greif­bar nabe sie sich ihm auch bereits wähnen mochten. Ich bin mir noch nicht recht klar geworden, in welche Kategorie ich mich

eigentlich zu zählen habe; aber lch fürchte mitunter doch, den Pechvögeln näher verwandt zu sein, als den Sonntagskindern, wie gerne ich mir anch um meiner Seelenruhe willen das Gegen­teil einreden möchte."

Sie sind beute zum Scherzen amgelegt, Herr Lindholml Ein Mann von Ihrer Berühmtheit und von Ihren Er­folgen!"

Nun ja, ich habe einige Erfolge gehabt. Sie können meinen Namen im Konversationslexikon finden, und wenn der Vater mit dem Sohne nach fünfzig oder hundert Jahren an einem der von mir modellierten Monumente vorübergeht, wird er tm günstige» Falle vielleicht sagen: »Der Verfertiger hieß Lindholm oder so ähnlich."" Aber was frommt mir dieser papierne Ruhm? Was fange ich mit der sogenannten Unsterblichkeit an, deren An­nehmlichkeiten erst nach meinem Tode ihren Anfang nehmen sollen? ^st nicht der namenlose Spekulant, der an einem Börsen­mittage mühelos Tausende erwirbt, hundertmal besser daran als ich? Er hat keinen Anspruch auf Nachruhm, und es ist sehr fraglich, ob noch seine eigenen Enkel sich seiner erinnern; aber das Ansehen, welches ihm sein Reichtum verschafft, solange er im Lichte atmet, ist wahrhaftig nicht schlechter, als der Ruf eines vielgenannten Künstlers, und er hat überdies alle Annehmlich­keiten des Daseins vor ihm voraus. Glauben Sie es mir immer­hin, daß ich in diesem Augenblick lieber in Ihrer Haut oder in derjenigen irgend eines erfolgreichen Börsenjobbers stecken möchte, als in der meinigen!"

Es ist sehr lustig, Jlmen zuznhören; denn ich bin selbst­verständlich nicht so töricht, das, was Sie da sagen, für den Ausdruck Ihrer wirklichen Meinung zu nehmen. Wer so Herr­liches zu schaffen vermag, wie Sie, dem muß das Schaffen selbst eine Befriedigung gewähren, mit der sich nichts anderes ver­gleichen läßt."

(Fortsetzung folgt.)