der Wasserliesch, der gefingerte Hundszahn (einziger Standort in Württemberg), der eisenhutblättrige Ranunkel und die Schuppemeuz der Bodenverän­derung (Entwässerung, Neuanlage von Wiesen, Wegen, Bahn- und Waldanlagen) erlegen sind.

Pforzheim, 3. Mai. Die anderweitige Besetz­ung der hiesigenTheaterdirektorsstelle für die nächste Spielzeit und die Kündigung des Theaterdirektors Reuß haben vielfach Widerspruch gefunden. Der Stadtrat beantragte, Herrn Reuß in Anerkennung seiner bisherigen Verdienste um das Theaterwesen in Pforzheim eine einmalige, aus dem Theaterfonds zu entnehmende Dotation von 5000-K zu bewilligen.

? Pforzheim, 6. Mai. Hier sind einige Fälle von Pocken festgestellt worden. Es wurden aber von den zuständigen Behörden die erforderlichen Maßregeln getroffen, sodaß sämtliche Fälle unter Kontrolle gestellt werden konnten. Die Kranken wurden in besonderen Räumen im Krankenhaus untergebracht. Ein Weiterverbreiten ist auch da­durch ausgeschlossen, daß die Angehörigen der von den Pocken Befallenen sofort unter Kontrolle ge­nommen wurden.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Mai 1912. Landesversammlung des Bundes der Landwirte in Württemberg.

Heute nachmittag fand im Festsaal der Lieder­halle, der vollständig besetzt war, die Landesver­sammlung des Bundes der Landwirte statt. Der Vorsitzende Oek.-Rat S ch m i d - Platzhof begrüßte die aus allen Landesteilen erschienenen Mitglieder und besonders herzlich den Bundesvorsitzenden Dr. Rösicke. Bei den letzten Wahlkampagnen hätten die Gegner mit vielen Schlagworten operiert und das Gespenst des schwarzblauen Blocks an die Wand gemalt. Die Bündler habe man als viel gefährlicher wie die Sozialdemokraten hingestellt. Gegenüber solchen Machenschaften sei eine Presseorganisation notwendig. Nur Mißgeleitete und Trottel könnten in solchen Zeiten abseits stehen. Nachdem der Vor­sitzende noch mit ehrenden Worten der Toten gedacht hatte, schloß er seine Ansprache mit einem begeistert aufgenommenem dreifachen Hoch auf Kaiser und König. Hierauf erstattete der Landtagsabg. Kör­ner den Geschäftsbericht. Im Anschluß daran ge­dachte der Redner noch besonders der bahnbrechen­den Organisationsarbeit Schrempfs, dessen Gesund­heitszustand noch größtmöglichste Schonung erheische. Bei den Landtags wählen werde der Bund gemeinsam mit den Konserva­tiven überall eigene Kandidaten aufstellen. Besonders müsse man vor der fort­schrittlichen Volkspartei auf der Hut sein. Es sei gleichgültig, ob die Landwirtschaft durch die Demo­kratie oder die Sozialdemokratie ruiniert würde.

Bei den Reichstagswahlen hätten Nationalliberale Demokraten und Sozialdemokraten die Bündler mit dem gleichen Haße bekämpft. (Lebhafter Beifall.) Dann sprach Bundesvorsitzender Dr. Rösicke

über die politische Lage nach den Reichstagswahlen. Einleitend betonte Redner die Einigkeit von Nord und Süd. Was werde heutzutage nicht alles getan, um die Bauernbündler auseinanderzubringen? Das erkenne man am besten an der Haltung der fort­schrittlichen Volkspartei und ihres Angehörigen, des Professors v. Schulze-Gävernitz. Der Freisinn wolle ausländisches Vieh einführen. Für die Landwirte ist die Hauptsache, daß wir durch die Viehhaltung unsere Produkte verwerten können. Sinkt der Ee- treidepreis, dann fallen auch' die Viehpreise. Lassen wir die Einfuhr von billigem Getreide aus dem Auslande zu, dann brauchen wir kein Getreide mehr zu bauen, dafür entwickelt sich dann eine Industrie, die Viehhaltung betreibt und die Bauern können sehen, wo sie bleiben. Das Viehgesetz ist mit Hilfe der gesamten deutschen Landwirtschaft zustandege­kommen, und es wird weiter dafür gesorgt werden, daß die Mängel beim Weinbau beseitigt werden. Die Gegner kämpfen immer nur mit Redensarten. Auch die Redensart von Junkern ist nur einePhrase. Da müsse man an die Worte Hiebers erinnern, die er in Goslar gesprochen hat: Ein Liberalismus, der, wo von deutscher Landwirtschaft die Rede ist, alsbald Junkertum und Großgrundbesitz unterschiebt und jede Wahrung der Interessen des deutschen Bauern­tums als Junkertum und Ostelbiertum verdächtigt, ein solcher Liberalismus hat kein Recht, über seine Bedeutungslosigkeit Krokodilstränen zu weinen, denn er hat es verdient, was seine Taten wert sind. Diese Weisheit rufe ich an gegen die anderer Pro­fessoren. Auch der Sozialdemokrat Calwer hat an­ders geurteilt über die Landwirtschaft, wie die üb­rigen Sozialdemokraten. Die fortschr. Volkspartei müsse man an ihre widerspruchsvolle Haltung in der Kolonialpolitik erinnern. Diese Partei müsse man überhaupt pathologisch nehmen. Redner ging dann eingehend auf die Art der Bekämpfung des Bauern­bundes ein und wies auf die Gegnerschaft des Libe­ralismus gegen Bismarcks Wirtschaftssystem hin. Durch die Zollpolitik hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Reichs glänzend entwickelt. Den Arbeitern hat man reichlich Arbeitsgelegenheit ge­schaffen. Wir wollen das gesamte Deutschland, alle Erwerbsstände, fördern. Soll dann aber die Land­wirtschaft zurückgesetzt werden? Rösicke warf sodann den Nationalliberalen und ihrem Führer Vassermann vor, sich in Widersprüche verwickelt zu haben. Basiermann habe das Gegenteil von dem behauptet, was Hieber in Goslar erklärte. Mal so, mal so, wie's trifft! Vergessen wir die Vorgänge bei der Präsidentenwahl nicht. Wir find nicht sicher

vor den Versprechungen der Nationalliberalen, an der alten Wirtschaftspolitik festzuhalten. Bei Be­sprechung der Wehr- und Deckungsvorlage bezeich- nete Redner die Aufhebung des Kontingents a^ einen gewaltigen Fehler, durch den die landwirt­schaftlichen Brennereien ruiniert, die gewerblichen begünstigt werden. Man spreche soviel von konser­vativem Einfluß. Wo sind denn die konservativen Minister in den Einzelstaaten, die konservativen Staatssekretäre im Reich? Mit Heydebrand verkehre der Kaiser nicht, wohl aber mit Bellin, James Si­mon, Räthenau, Friedländer, Fuld u.A. Im Reichs­tag ist der Einfluß der Linken maßgebend, orienta­lische Anschauungen vorherrschend. Wir wollen das Offizierkorps erhalten wissen in dem Geiste Kaiser Wilhelms I und tragen Bedenken dagegen, daß andere Grundsätze maßgebend werden, als sie es unter Kaiser Wilhelm I waren. Das Interesse der Arbeiter ist es, daß an unserem Heer nicht gerüttelt wird. Demokratie und Sozialdemokratie erstreben die Herrschaft. Die Aenderung der Geschäftsordnung des Reichstages sei der erste Schritt zum Parlamentarismus. Wenn die Majorität entscheidend wird, müsse der bundesstaatliche Cha­rakter des Reichs schwinden. Der gesunde Partiku­larismus wird beseitigt, wir kommen zum Einheits­staat. Gegenüber den Machtansprüchen des orienta­lischen Konzernes fordern wir die Erhaltung der Autorität im Staate, denn darauf beruht auch unsre eigene Autorität in Haus, Familie undBetrieb. Wir fordern weiter die Erhaltung der christlichen Reli­gion und wollen zusammenstehen im Kampf gegen die feindlichen Gewalten. (Stürmischer Beifall.)

Vizepräsident v. Kraut überbrachte zum Schluß die Grüße der Konservativen und der gesam­ten Landtagsfraktion. Die Partei könne wohl Schlappen erleiden, aber trotzdem gebe die Sache vorwärts. Bei den kommenden Landtagswahlen würden sich wohl wieder die bürgerlichen Parteien gegenseitig die Köpfe einschlagen. Seine Fraktion sehe den kommenden Wahlen mit Gelassenheit ent­gegen. Sie werde sich nach allen Seiten hin wehren. Der Kampf gebe die Gewähr für denSieg. (Beifall.)

Stuttgart, 2. Mai. Zum Euguformstreit. Das Profesiorenkollegium der Tierärztlichen Hochschule hat folgende Erklärung beschlossen:In seiner SchriftBekämpfung der Maul- und Klauenseuche durch Heilung der kranken Tiere" vertritt Professor Hoffmann nach wie vor den Standpunkt, daß bei der Bekämpfung dieser Seuche die Mehrzahl der Tierärzte deshalb versagt haben, weil sie in einsei­tiger Wertung der polizeilichen Maßregeln, an deren Aufrechterhaltung sie außerdem materiell interessiert erscheine, die Heilung vernachlässigt habe und daß die Ausrottung der Seuche nur auf dem Wege der von ihm vorgeschlagenen Heilung der

Tyrann Ehre.

36) Roman von K. Luboivski.

(Fortsetzung.)

Es war heute ein sehr schwerer, unerquicklicher Tag gewesen. Tarenberg hatte zuerst die Reitstunde der Unteroffiziere und die der alten Fahrer geleitet. Das Schlimmste aber waren Leutnant Merlitts Re­kruten. Die Kerle hingen wie die Backpflaumen auf den Sätteln. Zusammengeduckt und verängstigt hiel­ten sie mit den Beinen krampfhaft ihren Gaul um­klammert. Es war zum Gotterbarmen! Keinen Schluß, keine Haltung, keinen Mut. Mit dem Schritt­reiten und der Volte ging es einigermaßen. Da be­haupteten sie wenigstens noch ihren Sitz. Beim Traben fings an. Bautz, flog einer ab bautz, strampelte der andere auf dem losen, sandiaen Boden der Reitbahn. Beim Galopp erreichte ihr Elend den Höhepunkt. Sie lagen zappelnd und pustend neben einander, als wenn Stümecke, der zur heißen Som­merszeit in seines Leutnants Wohnung auf die Flie­gen erfolgreiche Jagd machte, zum Menschenklappen kommandiert gewesen wäre.

Für Tarenberg konnte darin doch eigentlich kein Grund zur schlechten Laune liegen. Es war auch mehr eine leichte Traurigkeit, die sich bei ihm geltend machte. Nach sieben Wochen durften die Rekruten nicht mehr in solchem Zustande sein. Der kleine Merlitt nahm es eben nicht ernst mit seiner Auf­gabe. Er betrachtete den Dienst lediglich als eine unangenehme Unterbrechung seiner Mußestunden und die Ausbildung der Rekruten als eine gym­nastische Uebung seiner Lungen. Er vertiefte sich in seine Aufgabe, studierte die Eigentümlichkeiten der einzelnen Leute nicht, sondern schor sie alle von dem athletischen Bauernsohn an bis herunter zu dem schmalbrüstigen, in der Uniform hängenden Schnei­dersgesellen über einen Kamm. Herrgott noch ein­mal! Das ihm übergebene Material war nicht wert­loser, wie das der verflossenen Jahgänge, nur der

Mann, der es abschleifen und zu einer straffenMacht herausschälen sollte, taugte nichts zu dieser Arbeit.

Tarenberg saß an seinem Schreibtisch und wog den Federhalter unschlüssig in der Hand hin und her. Bei demGemütlichen" im Kasino hatte er sich mit mehr Arbeit entschuldigen lassen. Es war auch wirk­lich keine leere Ausrede gewesen. Er hatte viel durch sein Fernsein versäumt und benötigte dieser stillen Abendstunden vollauf, um nachzukommen.

Aber nun konnte er nicht arbeiten. Seine Ge­danken irrten umher und ließen sich nicht auf einen Punkt festnageln. Der Wind heulte sein eintöniges Lied durch die Straßen und schwere Regentrovfen klatschten gegen die Fensterscheiben. Es war ein fin­sterer, unheimlicher Abend für Einsame und für solche, die heimatlos umherirren-mußt en.

Tarenberg öffnete die oberen Knöpfe der Litewka. Es preßte und engte ihn alles ein. Dann horchte er plötzlich aufmerksam hinaus. Es war ihm gewesen, als wenn sich schwerfällige Tritte die Treppe hinauf­schleppten. Aber er hatte sich natürlich geirrt. Das gleichmäßige Tropfen des Regens verursachte das tappende Geräusch. Wer sollte auch wohl an dem un­heimlichen Abend freiwillig das Zimmer verlassen? Stümecke hatte Urlaub, die Kameraden saßen, soweit sie nicht auf ihrer Bude bei Grog und Kognak ihre Influenza ausschwitzten, im Kasino und die Stunde, die den Briefträger herbeiführen konnte, war lärmst vorüber. Mit schnellem Entschluß tauchte Taren­berg die Feder von neuem ein, um sich gewaltsam zu ernstem Nachdenken zu zwingen. Damit würde er die aus Nichtstun und Unzufriedenheit geborenen Sinnestäuschungen am besten verscheuchen.

Aber ermußte sie doch wieder aus der Hand le­gen. Ein leiser Ton, als wenn jemand mit kraft­losen Händen den Knopf der elektrischen Klingel be­rührt habe, zitterte durch das Zimmer. Wer konnte um diese Stunde zu ihm kommen?

Ein heißes, unerklärliches Angstgefühl stieg in ihm hoch, ähnlich dem, das damals in ihm gewesen war, als der Bote das Telegramm aus Hohen-Litzen

gebracht hatte, das ihn an das Sterbelager seiner Mutter rief. Er zündete die Kerze an und ging hinaus. Es war, als ob seine Hand beim Oeffnen der Flurtür bebte.

Eine dunkle, schmale Gestalt stand draußen. Ein Mädchen.

Er konnte ihr Gesicht in dem durch den scharfen Luftzug hin- und herirrenden Schein der Flämmchen nicht erkennen. Sie stand regungslos und hielt das Haupt tief gesenkt.

Darf ich fragen, was Sie zu mir führt?" fragte er höflich,oder sollten Sie sich in der Hausnummer geirrt haben?"

Da klang ihm ein Ton entgegen, der ihn bis ins Innerste traf.

Hans Weddo, vergib mir, ich konnte nicht anders."

Der Leuchter entglitt seiner Hand und die Kerze erlosch. Es war ganz dunkel um sie her. Aber er bedurfte des Lichtes auch nicht mehr. An der hilf­los jammernden Stimme erkannte er sie.

Nora," sagte er leise,liebe kleine Schwester, was haben sie dir getan?"

Sie schluchzte wild auf und schlang die Arme um seinen Hals.

Schick mich nicht wieder fort, Hans Weddo," flehte sie,tu's nicht. Die Nacht ist so kalt und dunkel, und ich fürchte mich so sehr."

Sei ganz ruhig, Kind! Du bleibst bei mir. Komm herein, Du sollst mir erzählen, was Dich fort­getrieben hat. Danach wollen wir gemeinsam über­legen, was weiter zu tun ist."

Voller Freude will sie ihm folgen. Aber die Füße gehorchen ihr nicht mehr. Die Aufregung der letzten Tage war zu gewaltig für das zarte Mädchen. Sie taumelt gegen die Wand und bricht haltlos zu­sammen. Da nimt sie Tarenberg auf die Arme und trägt sie in den Lehnstuhl am Kaminfeuer, der früher in Hohen-Litzen an dem Fenster der Turm­stube gestanden hat, in der die viele Sonne war.

(Fortsetzung folgt.)