Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich.

Bezugspreis: In der Stadt incl. Trägerlohn Mk. 1.25 viertel­jährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarorts­verkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Anzeigenpreis: 3m Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Re­klamen 25 Pfg.

Schluß für die Inseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

105.

Montag, den 6. Mai 1912.

87. Jahrgang.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung

der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, betr. die Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten von 1912.

Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 17. April 1912 bringen wir zur Kenntnis der Beteilig­ten, daß die Ausstellungsgegenstände in der Zeit vom 7.11. Mai einzusenden sind, soweit nicht die Verferti­ger der Gegenstände bis zum 6. Mai von der Nichtzulas­sung benachrichtigt worden sind. Die Sendungen sind zu richtenAn die Landesausstellung von Lehrlings­arbeiten in Ulm".

Bei der Einsendung sind folgende Vorschriften ge­nau zu beachten:

1. Die Einsendung erfolgt nicht durch jeden Ausstel­ler gesondert, sondern durch die örtlichen gewerblichen Vereinigungen. Nur wenn sich die nächst erreichbare gewerbliche Ver­einigung weigern sollte, eine Arbeit weiterzu­geben, kann diese unmittelbar eingeschickt werden.

2. Die gewerblichen Vereinigungen befördern sämt­liche bei ihnen eingelaufenen Ausstellungsstücke in einer Sammelsendung.

3. Jeder Kiste oder jedem Pack ist ein Verzeichnis der darin enthaltenen Ausstellungsgegegenstände anzu- schl testen, das die Namen der Aussteller und eine Aufführung der sämtlichen, von jedem Aus­steller gefertigten Arbeiten enthält. Vordrucke für diese Verzeichnisse gehen den Vereinigungen, von denen nach den Anmeldungen Arbeiten ein­zusenden sein werden, von hier aus zu.

4. An den Ausstellungsgegenständen sind vor der Absendung die Kärtchen mit der Angabe des Na­mens des betreffenden Lehrlings usw. gut zu be­festigen.

5. Bäcker, Konditoren und Gärtner, die Arbeiten ausstellen, werden je besonders benachrichtigt, an welchem Tage sie die Arbeiten einzusenden haben.

Die Einlieferung dieser Arbeiten erfolgt durch die Aussteller unmittelbar hierher. Im übrigen sind jedoch auch von ihnen die allgemei­nen Vorschriften zu beachten.

6. Die Einlieferung der sämtlichen Ausstellungsge­genstände erfolgt entweder durch die Post (als portopflichtige Dienstsache) oder mit der Bahn un­frankiert. Besondere Fuhrwerke dürfen nur in­soweit verwendet werden, als der hierdurch ver­ursachte Aufwand die Kosten der Beförderung mit der Bahn nicht erheblich übersteigt.

Angesichts der großen Zahl ganz gleichmäßiger Ge­genstände, die bei der Ausstellung Zusammenkommen, ist die genaueste Einhaltung vorstehender Vorschriften unumgänglich notwendig, da sonst Verwechslungen und andere Irrungen nicht zu vermeiden sind.

Ausstellungsstücke, die erst nach dem 11. Mai ein- kommen oder die nicht zuvor für die Teilnahme an der Ausstellung angemeldet worden sind, können nicht an­genommen werden.

Die Eröffnung der Ausstellung wird noch bekannt gemacht werden.

Stuttgart, den 30. April 1912.

_ Mosthaf.

Die Gemeindebehörden

werden mit Bezug auf den imCalwer Tagblatt" Nr. 99 erschienenen Erlaß vom 22. vor. Mts. ersucht, Vorstehendes den Interessenten bekannt zu geben.

Calw, den 3. Mai 1912.

K. Oberamt.

Binder.

Stadt und Bezirk.

c?o Das Frühjahrskonzert des Calwer Lieder­kranzes fand am vergangenen Samstag abend im Badischen Hof statt. Die Direktion führte der neue Dirigent des Vereins, Oberlehrer Beutel. Das Programm umfaßte 12 Nummern und enthielt 4-händige Klavierstücke, Violin- und Violincello- vorträge, Männerchöre und Soli. Der Männerchor trat sechsmal auf und brachte verschiedeneLieder zum Vortrag. Mit feiner Nuancierung, mit Tempera­ment und trefflicher Auffassung entledigten sich die

Sänger ihrer Aufgabe und zielbewußt und umsich­tig, mit Energie und Verständnis führte der Diri­gent den Dirigentenstab. Es war eine Freude, zu sehen, wie die Sänger ihrem Direktor auf die lei­seste Bewegung folgten und wie innig der Zusam­menhang zwischen beiden Faktoren sich gestaltete. Majestätisch und schwungvoll erklang das Lied der Deutschen in Lyon, lieblich und einladend war die Waldesweise von Engelsberg, humorvoll und frisch das Silcher'sche Im Frühjahr und herzerquickend und lebendig der einschmeichelnde Chor Sonnengold von Kühnhold. Alles in allem: Leistungen, die mächtig auf das Gemüt einwirkten und von großem Erfolg begleitet waren. Die Soli hatte Redakteur P. Kirchner übernommen. Er sang mit präck- tiger, ausgiebiger Tenorstimme, mit Reinheit und Schmelz das überaus wirkungsvolle, aber schwierige Preislied aus den Meistersingern von Wagner, das stimmungsvolle Im Abendrot und das sehnsuchts­volle Lied Am Meer von Schubert und errang sich damit den stürmischen Beifall der Zuhörer. Als tüchtige und sichere Klavierspieler erwiesen sich Hauptlehrer Pfrommer und der Dirigent in den KlavierstückenKriegsmarsch aus Athalja" von Mendelssohn und der Ouvertüre zu der Regiments­tochter -von Donizetti. Ebenso flott und stramm kamen zum Vortrag ein Trio Liebesgarten für Vio­line, Cello und Klavier von Schumann und das Finale aus dem Trio in O-ävr von Haydn, gespielt von Kaufmann Georg Pfau, Hauptl. Pfrom­mer und dem Dirigenten. Die Klavierbegleitung zu den Tenorsoli hatte Handelslehrer Kauff- mann übernommen und in bekannt delikater Weise durchgeführt. Sämtlichen Darbietungen schenkten die sehr zahlreich erschienenen Zuhörer rauschenden Beifall. Das Konzert nahm in allen Teilen einen vorzüglichen Verlauf und gestaltete sich zu einer Vertrauenskundgebung für den neuen Dirigenten.

* Erdbeben in Cal«. Von einem Erdbeben, das am letzten Samstag im ganzen Lande nach längerer Zeit wieder zu verspüren war, wurde auch Calw berührt. Etwa um die Zeit von Uhr abends verivürte man, aber ganz schwach, einen Stoß, der eine Erschütterung von 3 Sekunden Dauer verursachte. Das Beben war von keinerlei auffal­lendem Geräusch begleitet. Im Land war das Beben am heftigsten im württembergischen Erdbeben­winkel, in Balingen, bemerkt wurde es auch in Stuttgart, Tübingen, Rottenburg, in den Schön­buchorten, am Donaurand, der Alb, Schaden wurde aber nirgends angerichtet.

Heimatschutz. DerStaatsanzeigor" schreibt: In neuerer Zeit mehren sich die Klagen, daß das Land­schaftsbild unserer Heimat namentlich in der Nähe der Hauptlinien und an besonders auffallenden Stellen durch Reklameschilder in aufdring­licher Weise verunstaltet wird. Demgegenüber mag darauf hingewiesen werden, daß die neue Bauord­nung in Art. 98 Abs. 3 den Gemeinden in weit­gehendem Maße das Recht einräumt, durch Ortsbau­satzung die Anbringung neuer und die Belastung vorhandener derartiger Reklameschilder zu unter­sagen. Auch ergänzt § 87 der Vollzugsverfügung zur Bauordnung diese Bestimmung weiter dahin, daß, soweit solche Ortsbausatzungen nicht bestehen, die Polizeibehörde im einzelnen Falle die Unter­sagung solcher Reklameschiwer von sich aus einzu­leiten und durchzuführen hat. Es liegt also ganz in der Hand der Ortspolizeibehörden, die beklagten Auswüchse zu beseitigen. Immerhin erfordert die Frage, ob eine bezügliche Anordnung veranlaßt ist, im einzelnen Falle eine sorgfältige, auch das ge­werbliche Reklamebedllrfnis ins Auge fastende Prü­fung, bei deren Vornahme ein sachverständiger Rat meistens erwünscht sein wird. Zu diesem Zweck kön­nen sich die Ortsvorsteher, nachdem durch die Mini-

sterialverfügung vom 29. April d. I. auch die Zu­sammensetzung des Denkmalrates bekannt aeaeben worden ist, auch von einzelnen Mitgliedern des Denk­malsrates, die nach H 2 der Ministerialverfügung vom 14. Januar 1912 als staatlich bestellte Kunst­verständige in Angelegenheiten des § 98 der Bau­ordnung gelten, beraten lassen, wenn sie es nicht vorziehen, sich wie bisher, an den württ. Landesaus­schuß oder an den zuständigen Bezirksausschuß für Natur- und Heimatschutz zu wenden.

Hegezeit des Wildes. Durch einen Erlaß des Ministeriums des Innern ist im Interesse der Ee- schäftsvereinfachung die Entscheidung über Gesuche um Befreiung von den Vorschriften über die Hege­zeit des Wildes, für welche seither das Ministerium zuständig war, den Oberämtern übertragen worden. Für diese Befreiungen kommen hauptsächlich die Fälle in Betracht, bei welchen Stücke einer der Hegezeit unterliegenden Wildart verwertet werden wolllen, die verletzt oder infolge einer Verletzung verendet aufgefunden werden.

Frostschaden. Vom nördlichen Schwarzwald wird gemeldet: Die kalten Nächte der ersten Mai­tage haben unendlich geschadet. Die Kirschenbäume, die gegenwärtig in schönster Blüte stehen, haben schwer gelitten. Die frühen Heidelbeeren auf der Sommerseite sind erfroren. Auch die Wiesen haben Schaden genommen .

LOL. Mutmaßliches Wetter. Unter dem Ein­fluß der neuen atlantischen Depression hat die Trok- kenheit ihr Ende erreicht. Für Dienstag und Mitt­woch steht noch vorwiegend trübes und zeitweilig regnerisches, aber wieder aufheiterndes Wetter bevor.

* Hirsau, 5. Mai. Für das unlängst zur Ver­pachtung gelangte Fischwasser der Nagold von der Markungsgrenze Hirsau-Calw ab bis Kleinwildbad sowie im Kollbach wurden 1200 erlöst. Pächter wurde ein Pforzheimer Fabrikant. Das Fischwasser war vorher im Besitz des Bezirksfischereivereins mit einer Pachtsumme von 120 ^l! Durch die nunmehr erfolgte Neuverpachtung ist der Verein ohne Fisch- waster.

Zaoelsteiu, 5. Mai. Kürzlich wurde imSchw. Merk." eine Bitte um gesetzlichen Schutz des Zavel- steiner Krokus ausgesprochen. Die Aufforderung zur Schonung ist gewiß berechtigt. Immerhin ist bei einem Gartenflüchtling wie der Zavelsteiner Kro­kus, ein gesetzlicher Schutz z. Z. nicht so notwendig, wie bei andern heimischen Pflanzen. Obwohl bei Zavelstein hunderttausend Krokuspflanzen alljähr­lich abgepflückt, ausgegraben und zertreten werden, ist doch dort noch keine Lücke zu erblicken» ja die Pflanze scheint eher in weiterer Verbreitung begrif­fen zu sein; auch im Bezirk der umliegenden Orte Teinach, Sommenhardt, Rötenbach, Weltenschwann, Oberkollwangen hat sie sich auf Wiesen angesiedelt. Die Wurzelknollen sterben alle 34 Jahre ab, die Pflanze verbreitet sich viel durch Samen, die zur Zeit der Heuernte reif sind.. Viel zur Erhaltung unserer ursprünglichen heimischen Flora würde ein Verbot beitragen bezüglich des Verkaufes von Feld- und Waldblumen insbesondere der Orchideen Steinröschen, Maiblumen, Schneeglöckchen, Himmel­fahrtsblumen, Trollblumen u. a. mit und ohne Wurzeln auf den Wochenmärkten und in den Häu­sern. Daß nicht das doch immerhin in bescheidenen Grenzen stattfindende Vlumenpflücken durch das Publikum den Hauptschaden ausmacht, beweisen langjährige genaue Beobachtungen in der Nähe von Tübingen, wonach sämtliche hier in dieser Zeit ver­schwundene Pflanzen, so die sibirische Schwertlilie, das blaßgelbe Knabenkraut, der Andorn, die binsen­artige Chondrille, der Alpenpippau, der weiden­blättrige Lattich, das niederliegende Fingerkraut,