lautet: Um unsere neuen Spezial-Uhrenmarken in den weitesten Kreisen bekannt und so schnell wie möglich zur Einführung zu bringen, haben wir uns entschlossen, die oben bezeichnte Anzahl Uhren zu verschenken, lediglich gegen die Vergütung des Arbeitslohnes, zu den unten bezeichneten Bedingungen. Schließlich wird dem vertrauensseligen Leser zugemutet, für eine der 5000 Gratis-Uhren 8 Mk. zu zahlen, die aber keinen Wert von 3 Mk. hat, nach ein paar Monaten nicht mehr geht und überhaupt nicht mehr reparaturfähig ist. Hinter dem vielsagenden Uhrenhaus „Chronos" in manchen Zeitungen auch .Delta" benannt, steckt eine Wiener Firma, die ähnliche Schwindelinserate unter anderer Flagge losläßt. Deshalb: lasse sich niemand auf den Leim führen.
' Stuttgart, 25. Mai. Das Kultusministerium hat den Schulvorständen ein Schreiben zugehen lassen, in dem sie aufgefordert werden, Erfahrungen zu sammeln, inwieweit die Schundliteratur unter der Schuljugend Verbreitung findet.
jf Ludivigsburg, 25. Mai. In der Persönlichkeit des privatisierenden Orgelbaumeisters, der ein Alter von nahezu 99 Jahre erreichte, ist der älteste Einwohner von Ludwigsburg gestorben.
(-) Eislingen, 25. Mai. In der hier schwebenden Massenbrandstiftungsaffäre, in der bekanntlich vor einigen Wochen der Arbeiter Link von Klein-Eislingen als stark verdächtig verhaftet wurde, dauert die Untersuchung fort. Wie man hört, hat das bisherige Ergebnis den Verdacht, daß der Verhaftete als der Täter in Betracht kommt, gestärkt. Der Verhaftete selbst soll seine Schuld nach wie -vor in Abrede stellen. Angesichts des umfangreichen Un- -kersuchungsmaterials ist kaum anzunehmen, daß der Verhaftete noch vor das nächste Ulmer Schwurgericht gestellt werden wird. Es darf noch erwähnt werden, daß feit der Verhaftung Links in der ganzen Gegend eine Brandstiftung nicht mehr vorgekommen ist, obwohl es früher alle paar Wochen gebrannt hat.
(-) Heikfeld i. Baden, 25. Mai. Ein gräßliches Unglück passierte am gestrigen Sonntag. Ein Maurer hob nach Rückgauerfcher Methode ein Haus, wobei aber, tvie mau hört, das exakte Arbeiten außer acht gelassen wurde. Durch zu starkes Drehen der Hebegeschirre brach das Haus in sich zusammen und begrub die Bedienenden «ater sich, 4 davon wurden getötet, ,7 schwer verletzt.. Kxr Maurermeister wurde verhaftet,
(-) Rheinau bei Mannheim, 25. Mai. Drei Mädchen im Alter von ca. 15 Jahren, die in einer hiesigen Fabrik beschäftigt waren, haben ihre Eltern verlassen mit drm Bemerken, daß sie den Tod im Wasser suchen würden.
jf Aus Bayern, 25. Mai. Unter dem Vorsitz des Kommerzienrates Semlinger-Bamberg wurde in einen: Saale der Augsburger Börse die erste zahlreich besuchte Delegiertenversammlung des Süddeutschen Betriebskranke n- kassen-Sckutzverbandes abgehalten. Diese, dem Verbände zur Wahrung der Interessen der deutschen Betriebs- Krankenkassen (Essener Verband) angeschlossen, im Januar 1908 gegründete Vereinigung von süddeutschen Betriebskrankenkassen hat seit der kurzen Zeit ihres Bestehens eine ganz außerordentliche Entwicklung erfahren. Sie umfaßt heute in 21 Orts- und Bezirksgruppen über 400 süddeutsche Betriebskrankenkafsen mit mehr als 200 000 Versicherten. Die Tagung beschäftigte sich mit dem weiteren Ausbau der Organisation des Verbandes und mit einer Anzahl praktischer Fragen,. die der Verband im Zusammenwirken mit der Essener Zentrale einer den Interessen der Betriebskrankenkassen entsprechenden Lösung zuzuführen sucht.
München, 25. Mai. In der Ausstellung hatte eine Dame ihr Geldtäschchen mit einigen hundert Mark Inhalt verloren. Ein Arbeiter, der es fand, wollte es eben nach den: Fundbureau bringen, als sich ihm ein gutgekleideter Herr näherte, der erklärte, er sei Zivilschutzmann und werde die Tasche in Verwahrung nehmen. Der Fremde notierte sich dann auch den Namen des ehrlichen Finders wegen der zu beanspruchenden Belohnung. — Aus diese dürfte aber dieser wohl ebenso warten, wie die Dance auf ihr Geldtäschchen. Von dem Gauner fehlt noch jede Spur.
* München, 25. Mai. Einen verwegenen Ausbruch unternahmen gestern aus dem neu gebauten Untersuchungsgefängnis am Neudeck zwei Untersuchungsgefangene, indem sie mittelst einer Papierscheere allmählich aus der 45 Zentimeter starken Mauer die Steine ausbrachen und so ein Loch herstellten, durch das sie sich an einem Seil von dem zweiten Stockwerk in den Hof herabließen. Von dem Gefängnishof aus überstiegen sie eine Mauer und flüchteten in benachbarte Straßen. Der Ausbruch wurde von Passanten und Gefangenen beobachtet und den Aufsichtsbeamten gemeldet. Diese machten sich im Verein mit der Polizei sofort auf die Verfolgung und konnten die beiden Flüchtlinge alsbald wieder verhaften und in das Gefängnis zurückbringen.
ff Berlin, 25. Mai. Wie die Nordd. Allg. Ztg. meldet, einpfing der Reichskanzler heute die hier noch anwesenden Vorstandsmitglieder der internattonalen Vereinigung für Krebsforschung.
* Berlin, 25. Mai. Wie die Voss. Ztg. aus bester Quelle hört, ist der Bundesrat dahin schlüssig geworden, daß der vom Reichstag angenommene Gesetzentwurf betreffend Aenderung des Z 63 des Handelsgesetzbuches abzulehnen sei. (Es handelt sich um den Beschluß, daß den Handlungsgehilfen bei Erkrankungsfällen, unbeschadet des Krankengeldes, das volle Gehalt 6 Wochen zu zahlen sei.)
js Berlin, 25. Mai. In der heutigen Sitzung der städtischen Deputation für Kanalisationswerke und Rieselfelder stellte der Direktor der städtischen Güter fest, daß durch das Unwetter am 23. Mai auf den Gütern Berlins mehrere 100 000 Mk. Schaden verursacht seien. Ein großer Teil der Obstkultur ist total vernichtet.
* Berlin, 25. Mai. Die Ortsgruppe Mülheim (Rhein) des Deutschen Flottenvereins, die über 1300 Mitglieder zählt, beabsichtigt, wie eine am Sonntag gefaßte Resolution besagt, aus dem Deutschen Flottenverein auszutreten, wenn in Danzig nicht das alte Präsidium wi ed er g e w ä h lt und der Verein zu einem nationalpolitischen Verein erklärt wird. Wie die Tägl. Rundschau hört, werden noch andere Ortsgruppen, ja sogar ganze Verbände, ähnliche Beschlüsse fassen.
* Berlin, 25. Mai. Der Hauptmann von Köpemk, alias Schuhmacher Wilhelm Voigt, verlangt in einem aus dem Tegeler Gefängnis vom 17. Mai datierten Briefe von dem „Tageblatt" in Königshütte (Oberschlesien) 25 700Mk. Schadenersatz für den Nachdruck seiner in der Untersuchungshaft verfaßten Autobiographie. Die Biographie war zuerst in der Wiener „Neuen Freien Presse" veröffentlicht worden. Voigt bedauert, daß eine Strafverfolgung wegen Nachdrucks infolge Verjährung unmöglich sei.
Heute früh begaben sich 130 Geistliche aus allen Teilen Deutschlands über Bremen nach London. Am Samstag werden sie von König Eduard empfangen. , . . .
* Hamburg, 25. Mai. An Bord' sieZ aus Südwestafrika eingetroffenen Dampfers Neko wurden pestverdächtige Ratten gefunden. Das Schiff wird der Ausgasung mit dem Rattentötungsapparat unterworfen. Die Weiterlöschung der Ladung ist unter den üblichen Vorsichtsmaßregeln gestattet. Menschen sind nicht erkrankt.
* Freiberg i. S., 25. Mai. Der bei dem Einbruch in die königliche Muldenhütte gestohlene Platinkessel wurde gestern abend in einer Schleuse in der Nähe der Einbruchsstelle durch einen Schüler aufgefunden. Arbeiter vom Hüttenwerk wurden herbeigeholt und brachten das gestohlene Gut in Sicherheit.
* Geestemünde, 25. Mai. Am Samstag abend wurde in Geestemünde ein löjähriger Lehrling der
Leher' MnkMschlagen aüfgesund'en. Er war nachmittags mit 6000 Mark zur Reichsbank geschickt worden. 2000 Mark bar hat der Mörder zu sich genommen, 4000 Mk. in Scheinen liegen lassen. Bereits in der Nacht vom Sonntag zum Montag gelang es, den Mörder in der Person eines 20jährigen Arbeiters aus Bremerhaven auf dem Kahnhof in Geestemünde zu verhaften, als er mit seiner Braut von einem Ausflug zurückkehrte. Er hat das Verbrechen sofort eingestanden.
Adorf L'Arronge
Konstanz» 25. Mai.
Heute früh ist Professor Adolf L'A rrongeim Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen bei Konstanz gestorben. — Eine Trauerkunde, die allenthalben herzliche Anteilnahme erregen wird! Ist es doch erst wenige Woch«r her, daß ganz Deutschland dem liebenswürdigen Bühnendichter, dem freundlichen Schöpfer von „Dr. Klaus", „Hasemanns Töchter", „Mein Leopold" zu seinem 70, Geburtstag gehuldigt hat. Mancherlei Ehren haben sich an jenem 8. März auf dem Haupt des gemütvollen Hunw- risten gehäuft. Der Kaiser verlieh ihm den Professortitel, vom König von Württemberg erhielt er das Ehrenkreuz des Kronordens und alle Zeitungen sangen das Lob des Jubilars, dem es in seinen guten Jahren gelungen ist, sich zu einem der volkstümlichsten der neueren deutschen Bühnendichter zu machen. Er war es, der — wie man zu sagen Pflegte - - den Menschen erst recht das Lachen gelernt hat. Damals in jenen glückbewegten Tagen, als Ehrungen über Ehrungen ihm zuteil wurden, hat wohl niemand geahnt, daß die freudigen Augen, die so klar in die Welt schauten, sich schon so bald für immer schließen sollten. Adolf L'Ärronges herzerfreuendes Schaffen wird wohl noch bei mancher Generation in Ehren und freundlichem Andenken bleiben. ^
Ausländisches.
js Bern, 25. Mai. Das gestern eingetretene Schneetreiben hat die ganze schweizerische Hochebene nördlich der Alpen heimgesucht. Es begann mittags in der Westschweiz, wo Wein- und Obstbau schwer geschädigt wurden, rückte dann ostwärts vor und erreichte abends 8 Uhr den Züricher See. Der Schaden ist überall außerordentlich groß. Der Schneefall, der fast 12 Stunden andauerte, bedeutet für die Landwirtschaft und denWeinbau derSchweiz eine äußerst schwere Katastrophe. Ein großer Teil der Ernte ist zerstört. Der Telegraphen- und Telephonverkehr ist größtenteils unterbrochen. Der Eisenbahnverkehr ist stellenweise gestört. Auch einzelne Unfälle von Menschen sind vorgekommen.
* Paris, 23. Mai. Der Marineminister richtete an den aus Marokko scheidenden Admiral Philibert ein Schreiben, in dem er dem Admiral und der Marine für die in Marokko geleisteten hervorragenden Dienste dankt und dem Admiral insbesondere auch deswegen beglückwünscht, daß er in vollem Einvernehmen mit dem General das Expeditionskorps, sowie den französischen und auswärtigen diplomatischen Vertretern eblieben sei.
M A « f « f r u ctz t. M
O weh der Lüge! Sie befreiet nicht,
wie jedes andre wahr gesprochne Wort,
die Brust; sie macht uns nicht getrost, sie ängstet
den, der sie heimlich schmiedet, und sie kehrt,
ein losgedrückter Pfeil, von einem Gotte
gewendet und versagend, sich zurück
und trifft den Schützen. Goethe.
In treuer Hut.
Von C. Borges.
Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Du brauchst doch nicht zu reisen, Thilo, Du_
„Ich muH, Mutter,' unterbrach schnell der Sohn, „veöenke, Herr Burckharöl tvar der Freund meines Vo ters; wir erfüllen nur eine Pflicht, die er versprochen hat.
Die Augen der Mutter füllten sich mit Tränen; sie beugte sich über den Brief in ihrer Hand um dem Sohne ihre Rührung zu verbergen. )Du bist ein guter soyn. flüsterten leise ihr- zuckenden Lippen, „Dein Vater konnte stolz auf Dich sein.'
Es war ein heiterer Juuitag. Die heißen Sonne: strahlen fielen fast senkrecht aus die lieblichen Hügel un grünen Täler, auf prunkvolle Villen, Weingärten un stattlichen Anlage«, die Florenz von allen Seiten umgc ben. Der Himmel war so hoch und azurblau, wie rna ihn nur in Fialen bewundern kann und der Duft v, kostbaren exotischem Pflanzen wirkte fast betäubend a irden Fremden.
In unmittelbarer Nähe der Stadt, am Fuß ein« größeren Hügels stand Billa Rtenzi. die Residenz bi
Herrin Buirckhairdt. Von seiner Terrasse her überschaue «au leicht die gekräuselten Fluten des Arno und in dev Ferne erhoben sich die von der Sonne vergoldeten Spitzen der umliegenden Berge. Hier konnte man träumen von der Vergangenheit, von langst verflossenen Tagen eines Dante und Mtchel Angelo, deren Füße hier gewandert, und die die Stadt mit ihrem Ruhm für alle Zeit überstrahlen.
Vor dem von hohen Marmorsäulen getragenen Portal der Villa Rienzi stand an diesem heißen Juntmorgen ein junger Mann und wartete auf Einlaß. Gleich daraus erschien ein Diener, doch aus äde Frage des Fremden: „Kann ich Herrn Burckhardt sprechen?" erschrak er sichtlich.
„Herr BuTckhavdt — — ist gestorben, gestern Abend war die Beerdigmig,' versetzte er in gebrochenem Deutsch, obgleich die Frage in mangelhaftem Italienisch gestellt war.
„Er ist tot? Unmöglich! Noch vor wenigen Tagen erhielt ich einen Brief von ihm: und er bat mich hierher zu kommen und ich folgte sein Aufforderung.'
„Ah, so sind Sie der erwartete Herr aus Deutschland, Herr von Warneck?" fragt« der alte Diener, dessen ehrliches Antlitz sich bet diesen Worten des Fremden sichtlich erhellte. „Mein Herr sprach in seinen letzten Tagen beständig von Ihnen, er wünschte so sehnlichst, Sie vor seinem Emde zu sehen. Ihre Depesche hat er erhalten und er sagte mir, Sie würden kommen, um sich der kleinen Asta anzunehmen, und sie nach Deutschland zu holen. Bitte, treten Sie ein, Herr von Warneck: der Arzt und Signorina Bavnellt können Ihnen von den letzten Stunden des Verstorbenen und von seinen Wünschen erzählen.'
Der Diener schritt voran durch das weite Vestibül aus weißem Marmor mit seinen goldverzierten Säulen und scharlachroten Teppichen und hielt am äußersten Ende «t»or einer Tür. die er nach leisem Pochen sofort öffnete«
Hem von Warneck befand sich in einem kleine«, achv «cklgen Gemach, die Wände glänzten in Azur und Silber, große Blumenvasen mit duftenden Gewächsen standen in jeder Nische. An den Münden hingen prachtvolle Gemälde in breiten Goldrahmen, Kunstwerke von der Hand berühmter Meister, aber vor allem fesselte ein einziges Bild die Ausmettsamkeit des Beschauers. Es stellte ein Kind dar, ein liebliches rosiges Engelsgestchtchen, und die kleinen Händchen wanden aus Rosen und Narzissen einen Kranz. Die Fenster waren weit geöffnet, so daß der süße Duft von Rosen und Orangeblüten Eingang fand.
In einer Fensternische faßen eine junge Dame und ein Herr. Als erstere sich schnell erhob und dem Eintre- tcnden einige Schritte entgegen ging, konnte Herr von Warneck nur mit Mühe einen Ausruf der Ueberraschung und Bewunderung unterdrücken. Carola BarneM stand vor ihm so anmutig schön in lieblicher Befangenheit, daß der junge Mann glaubte, noch niemals eine Dame von dieser berückenden Schönheit geseheu zu haben. Ihr zarter weißer Teint trat durch die tiefe schwarze Trauerkleidung nur noch mehr hervor, das üppige hellblonde Haar war in einem zierlichen griechischen Knoten geordnet, die tiefblauen Augen waren von langen schwarzen Wimpern beschattet, der Ausdruck ihres fein geschnittenen Antlitzes, war fast ein kindlicher, als sie mit sanfter, melodischer Stimme fragte: „Sie sind also der Herr, den Herr Burckhardt so sehnlichst erwartete.' —
„Ja: ich Hütte soeben die Trauernachricht,' versetzte Herr von Warneck. „Es tut mir so leid, ich hoffte, ihn noch am Leben zu finden; ich soll mich der kleinen Waise annehwen, wie Ihnen wohl bekannt ist.'
Die junge Dame nickte bejahend. „Herr Burckhardt sprach oft von Ihnen und so weiß ich, daß Sie der erwartete Vormund sind, ich bin Carola Barnelli, die Gvu- tmrante des Kindes!'
Fortsetzung folgt).