Schwarzwälder Sonntagsblatt.

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Schnell ist, was man erworben hat, zerronnen,

Die Ehre selbst, mißlingt ein kühner Plan;

Und nur ein töricht Glückspiel setzt verwegen,

Unsicherm Wenig sicheres Viel entgegen.

(Tafso.)

Adel.

Erzählung von Ludwig Habicht.

Nachdruck verboten.

Das junge Mädchen hätte gerne noch viel gefragt, sie hätte besonders zu erfahren gewünscht, welche Veranlassung die Freunde io entzweit, daß sie einander mit der löblichen Schuß­waffe gegenübergetreten waren, aber eine unüberwindliche Scheu hielt sie davon zurück und der sonst so mitteilsame Onkel sah auch lehr zugeknöpft aus.

Er schloß seine Mitteilungen denn auch mit den Worten: ^Za. die Geschichte ist recht traurig. Forsche nicht weiter darnach.

Ist ist für Deine Ohren wenig geeignet: nur so viel kannst Du glauben, es ist nicht Dein Vater, der an dem schweren Zer­würfnis die Schuld trägt. Nun aber, Kind"

Er wurde durch ein Klopsen an der Tür unterbrochen und sagte: .Da ist schon der Verwalter, den ich um diese Stunde herbestellt habe. Des Mannes Zeit ist kostbar, ich darf ihn nicht warten lassen. Also auf Wiedersehen, liebe Angelina und kein Wort über Tannhausen gegen Deinen Vater, es ist für ihn am »esten, wenn er den Namen nicht hört." Er nickte ihr zu und verschwand durch die in sein Arbeitszimmer führende Tür.

Angelina stand wie auf dm Fleck gebannt und schaute ihm nach.

Eine unsägliche Traurigkeit batte sich ihrer bemächtigt: jetzt wußte ne, was zwischen ihr und Bernhard Tannbausen lag: Ereignisse, an denen sie beide ganz unschuldig waren, die siatt- gehabt, vielleicht ehe sie und er das Licht der Welt erblickt nno di« sich doch wie schwarze Nachtgespenster zwischen sie stellten, ihre düsteren Schatten auf ihre junge Liebe, auf ihr lachendes Glück warfen. Zum erstenmal empfand sie, was das Wort .Entsagen" bedeute.

Die Stunde, zu welcher sie mit ihrem Vater zu frühstücken pflegte, hatte noch nicht geschlagen, denn Graf Werdenberg iah sich durch seinen Gesundheitszustand gezwungen, am Morgen lange im Belle liegen zu bleiben und so lenkte sie ihre Schritte hinunter in den Park. Es war ein köstlicher Morgen. Die Sonne schien durch einen ganz leichten, durchsichtigen Nebel« schleier und ließ Millionen Tautropfen auf Gräsern. Blumm und Blättern wie Diamanten funkeln: ein würziger Lauch er­füllte die Lust. Vogelgezwitscher ertönte von dm Bäumen und in den Hecken.

Sie sangen Angelina wieder Trost und Hoffnung ins Herz.

In ruhiger Haltung kehrte sie ins Schloß zurück und wartete im Frühsrücksrimmer auf des Vaters Erscheinen.

Achtes Kapitel.

Das ist ein herrliches, süßes Geschöpf, sie und keine andere muß meine Frau werden!" rief Leutnant Edgar von Mannbof.

Die Familie des Generals halte ihren Gegenbesuch beim Grasen Werdcnberg gemacht: die Eltern und die beiden Töchter waren im Landauer gefahren, während der Sohn den Weg zu Pferde zurückgelegt hatte und so fand er erst jetzt, wo man sich im Gariensaal zum Abendessen versammelte. Gelegenheit, seinem übervollen Herzen Luft zu machen, ohne Rücksicht darauf, daß er

Wer früh erwirbt, lernt früh den hohen Wert Der holden Güter dieses Lebens schätzen;

Wer früh genießt, entbehrt in seinem Leben Mit Willen nicht, was er einmal besaß,

Und wer besitzt, der muß gerüstet sein,

Und wer sich rüsten will, muß eine Kraft Im Busen fühlen, die ihm nie versagt.

Göche.

Die Fuchshochzeit.

Ein zoologisches Märchen von L. Ewald.

l Nachdruck verboten.)

Es war einmal ein Füchslein! Eigentlich konnte man es nicht ein Füchslein nennen, es war schon Urgroßvater! Wer kann das aber einem Fuchse ansehen, besonders wenn er so rüstig ist wie dieser! Außerdem ist ja bei den Füchsen zur Erlangung dieser Familienwürde kein besonders hohes Alter nötig, dieweil diese superklugen Vierfüßler überhaupt höchstens siebzehn Jahre alt werden. Unser Füchslein hatte dies seltene Fuchsalter erreicht, da er allen Fährlichkeiten des Fuchsdaseins entronnen war.

Tie Menschen hatten ihn aus seinem Bau wederaus­gegraben" nochausgeräuchert." Auf dem Anstand wie die Füchslein sagen: aus dem Hinterhalt hatte ihn keine Kugel getroffen, auch auf den Treibjagden war ihm kein mörderisches Blei in die Glieder gefahren. Den Fanginstru­menten: Tellereisen und Schwanenhals, war er in seiner überfuchslichen Schlauheit stets in so angemessener Entfernung aus dem Wege gegangen, daß sie ihm ungefährlich geblieben waren und er deren Leistungsfähigkeit nur vom Hörensagen kannte. Tie Tollwut hatte ihn auch nicht befallen, und zeitweise verrückt wie das manchen Füchsen so ab und

mir den Eltern und Geschwistern nicht allein war. Frau Oberst von Stürmer war während der Abwesenheit der Herrschaften gekommen, batte sie, wie das herkömmlich war. erwartet und nahm nun selbstverständlich am Abendessen teil.

Nun. nun. so scharf schießen die Preußen nicht!" lachte der General am aelaum.Hütte ich jedes Mädchen beiraten wollen, das ich in meiner Jugend ein herrliches, süßes Geschöpf nannte, ich hätte einen Harem anlegen müssen. Wäre übrigens garnicht so übel gewesen l"

verweisend ein .Aber Hugo!" zu und wandte sich dann an Frau von Stürmer mit der Frage: »Ist Graf Werdenberg reich?" Sie vermochte ihren praktischen Sinn niemals zu verleugnen.

»Na, gerade reich! so schlimm wird es nicht sein", bemerkte der General, noch ehe Frau von Stürmer zu antworten ver­mochte, und er nahm vergnüglich von der Schüssel, die der Diener soeben gereich:, eine prächtige Forelle auf seinen Teller. Die Besitzung ist »ich: sehr grob und soviel ich höre, muß sein Schwager alles ängstlich Zusammenhalten."

Frau von Stürmer bestätigte das.Das Privatvermögen Werdenbergs ist nicht bedeutend, seine Frau hat ihm fast gar- nichts zugebracht und verstünde Breitbach nicht so sehr gut zu wirtschaften, würden der Gras und seine Tochier in dem teuren Italien nicht so lange leben können."

Ach, da soll es ja doch fabelhaft billig sein!" rief Edgar

sorglos.

Er mußte sich jedoch von seiner Mutter die Abfertigung gefallen lassen:Unsinn, damit ist es jetzt längst vorbei."

Sie gab dem Diener einen Wink, die Schüssel mit den Forellen nicht zum zweitenmal herumzureichen, sondern das Fleischgericht herbeizuholen und Aletta bemerkte:Auch ich habe gehört, daß Werdenberg nicht sehr reich sein soll und es ging ja auch knapp genug her."

Ja", stimmte der alte Baron bei und machte in der Er­innerung an die ihm gereichte Erfrischung noch jetzt ein miß­vergnügtes Gesicht,der Wein, der uns vorgesetzt wurde, war kaum trinkbar."

Graf Werdenberg selbst darf ja keinen Wein stinken", sagte Leonie entschuldigend.

Deshalb könnte er doch einen guten Keller führen", ent­gegnest der General,ich muß mir wirtlich den Geschmack aus der Kehle spülen!" Trotz der abmahnenden Blicke seiner Gemahlin befahl er dem Diener, eine Flasche Rauenthaler zu

bringen.

Der Sohn nickte ihm freudig zu und warf dann bin: »Na. der Wein ist auch noch kein Probierstein für den Reichtum. An dem Reichtum des Grafen Tannhausen ist nicht zu zweifeln und der Wein, den man dort zu trinken bekommt, ist auch nicht viel besser."

Ach, Graf Tannhausen ist krank und kümmert sich nicht um seinen Weinkeller", erwiderte Aletta, der eine Verkleinerung der Werdenbergs Wasser auf die Mühle war, «aber Du mußt doch zugeben, daß dort alles einen großen Zuschnitt bat. Er-ist ja bekanntlich der reichste Majoratsherr in der ganzen Umgegend."

Und Bernhard sein einziger Erbe, der das Majorat vielleicht recht bald antreten wird. Du kannst Dich glücklich preisen. Aletta, Du wirst dorr ein beneidenswertes Leben führen", bemerkte der Bruder und die Schwester rief, den Kopf in den Nacken werfend, übermütig aus:So muß ich es auch haben!"

Wenn Dir nur Bernhard keinen Strich durch die Rechnung macht, falls er sich der überlegenen Leitung seines Vaters sehr bald ledig sehen sollte. Du hast allen Grund, für die baldige Genesung des alten Grafen zu beten", flüsterte ihr der Bruder zu.

zu passieren soll war er auch nie gewesen! Die Strych­ninbrocken, die die schlauen Jägersleute legen, damit die Füchslein unter Körperqualen enden, hatte er nur mit ver­achtungsvollem Augenblinzeln beaugenscheinigt.

Er wohnte in einem bergigen Laubwalde. Dort hatte er sich eine Behausung angelegt, die die klugen Menschen sogar mit dem schmeichelhaften NamenHauptbau" zu be­legen pflegen. Sw war nämlich im Umkreis ungefähr fünfzig Fuß groß, bestand aus vielen Kammern und einem weiten Kessel. (Kessel nennt man die größte Kammer.) Dieser Kessel ward, wie es in allen Fuchswohnungen üblich ist, als Wohnraum benutzt, weil die Füchse zur Gründung eines gemütlichen Heims keiner sogenannten guten Stube bedürfen. Zu dieser Fuchsfeste führten viele röhrenartige Gänge. Außer dem soeben beschriebenen Wohnort besaß unser Fuchs noch in einiger Entfernung vom Hauptbau Notbaue oder Fluchtröhen, in die er sich zurückziehen konnte, wenn die Herren Jäger ein Attentat auf ihn beabsichtigten.

Es war so etwas von der Natur eines Buschkleppers in ihm! Er besaß ein außerordentliches Selbstbewußtsein und eine entschlossene Energie. Seine Geistesgegenwart, sowie seine Frechheit waren geradezu verblüffend.

Seine Gestalt war schlank, sein Fang (Schnauze) spitz und seine Lunte (Schwanz) weißspitzig. Seine Pupillen zogen sich wie bei allen Füchsen im Tageslicht zu einem senkrechten Spalt zusammen, was ihm aber ein vor­nehm nachlässiges Aussehen gab und wodurch die Listigkeit des Blickes nicht beeinträchtigt ivurde. Seine Sinne waren scharf ausgebildet, und seine Stimme war für einen Fuchs entschieden bewunderungswürdig. Kein anderer Fuchs ver­stand so fein, bei Kälte zu bellen, in der Gefahr zu knurren (keckern). Seine Bewegungen waren schnell und geschmeidig.

Viele Jahre hatte er mit seiner Frau Füchsin (Fähe) in glücklicher Ehe gelebt. Sie hatte es wohl verstanden für ihren Fuchsgemahl (Rüde) zu sorgen und hatte ihre vielen Kinderlein so erzogen, daß verständige Füchslein daraus ge­

Aber siegesgewitz entgegnest sie: »Beunruhige Dich nicht: Bernhard Tönnhausen ist mir sicher, sobald ich ihn nur ernstlich haben will."

Frau von Stürmer machst eine Miene, als ob sie diesen Worten wenig Vertrauen entaegenbringe. Man erhob sich auf sen Wink der Baronin soeben von der Tafel und begab sich auf die Terrasse, denn der Abend war warm und still und den Arm vec Freundin ergreifend, fragte sie neugierig:Was hat mau denn in Werdenberg zu der Ermordung des alten Grafen Tann- Hamen gesagt?"

Garnichts l" rief der General, der dabei war. cs sich in einem Lehnstuhl bei seinem Rauenthaler, den er mit binans- genommen hatte, beauem zu machen, und der sich nun erst be­haglich fühlte.

Sie haben garnicht davon gesprochen? Man muß doch in Äerdenberg auch von der Geschichte gehört haben? Die ganze Umgegend ist ja voll davon."

Man weiß davon", entgegnet« der General, »und auch, daß es ein Kunstreiter gewesen sein soll, den der junge Gras als Reitknecht gemietet und den der alte Graf sogleich wieder aus dem Dienst geschickt hat. Major von Breitbach raunte mir das sogleich bei unserer Ankunft zu und bat mich, zu verhindern, daß von der Geschichte in Gegenwart seines Schwagers geredet werde. Man müsse ihn vor jeder Aufregung hüten und der Name Tann­hausen sei schon hinreichend, ihn aufzubringen."

Was sind das nur alles für wunderliche Dingel" sagst Leutnant von Mannbof kopfschüttelnd. Graf Tannhausen bat eine wunderliche Abneigung gegen alle Italiener, di« doch ein so imeressantes Volk sind und Graf Werdenberg wird krank, wenn vor seinen Obren nur der Name seines nächsten Gutsnachbars. des Grafen Tannhausen genannt wird."

Sie haben beide vollen Grund dazu", entgegnest Frau von Stürmer und nahm eine geheimnisvolle Miene an.

Sie wissen etwas von der Geschichte, ich merkst es schon an dem Sonntag, als Werdenberg und Bernhard von Tann- Hamen hier waren", finstene die Baronin ihr zu, «können Sie uns nichts erzählen?"

Frau von Stürmer winkle mit den Augen nach dem Leutnant und Aletta. die sich an einem zweiten Tisch niedergelaffen und beim Schein einer durch eine sinnreiche Vorrichtung gegen de» Wind geschützten Lampe eine Partie Halma begonnen hatten, während Leonie dem Spiele znsad, und die Generalin wußte sogleich Rat. Unter dem Vorgebeu. es sei im Freien für ältere Leute doch zu kühl, kehrte sie mit dem Gemahl und dem Gast ins Haus zurück und alle drei nahmen in einem neben dem Gartensaal belesenen kleineren Zimmer Plag, um dessen Wände ringsum mit goldgelber Seide überzogene Polsterbänke liefen. Eine von der Decke herabhängende dreiarmige Ampel verbreitest durch mattgeschliffene Gläser ein mildes Licht.

Hier sind wir ganz ungestört, nun erzählen Sie", bat die Baronin, führte Frau von Stürmer zu einem Polster, schob ihr ein Kiffe» in den Rücken und eins unter die Füße und nahm neben ihr Platz. Der General rollte für sich einen Sessel heran und sagte dabei neckend:Schießen Sie los. gnädigste Frau, meine liebe Ehehälfte kann es garnicht mehr erwarten, die inter­essante Erzählung zu hören."

Als ob es Dir um ein Haar bester ginge!" wehrt« dst Baronin den Angriff ab,es,paßt Dir nur. Deine Neugier Himer der meinigen zu verstecken. Und nun bitte, erzählen Sie", wandte sie sich an Frau von Stürmer, die die Hand über die Augen gelegt hatte und nachsinnend saß. Erst nach einigen Minuten begann sie:Die Ereignisse, von de w.i ich Ihnen be­richten soll, sind sehr lange her. Ich war zu jener Zeit c n ganz

worden waren. Sie war eine selten kluge Füchsin gewesen, und unser Fuchs war deshalb auch Witwer geblieben. Er lebte seit dem Tode seiner Frau zuerst mit seinem Sohn zu­sammen, und als auch dieser gestorben war, mit dessen jüngstem Sohn. Dieser Enkel sollte auch dereinst Erbe des Haupt­baues werden. Besagter Enkel hatte das Glück, ein lieb­reizendes Töchterchen zu besitzen. Zu diesem hatte sich ein stattlicher Freier gefunden, und das Pärchen sollte im Monat Februar wie das so bei den Füchsen Sitte ist Hoch­zeit halten.

Der Urgroßpapa wünschte nun diese recht feierlich zu begehen, weil er wohl fühlte, daß seines Daseins letzte Stunde herannahte. Eigentlich lieben die Füchse keine großen Zu­sammenkünfte. Sie fühlen sich in der engen Familie am wohlsten, da sie etwas streitsüchtig veranlagt sind. Daher war der Hochzeitsvater auch anfangs nicht recht damit ein­verstanden, doch die Gegenrede blieb ihm bei dem aben­teuerlichen Vorschlag des Fuchsveteranen in der Kehle stecken!Wir entsenden," so sagte der,Botschafter in alle Länder der Erde und entbieten von allen Fuchsraffen ein Pärlein zum Hochzeitsschmause!"

Wie erdacht, so gemacht! Die Botschafter wurden entsendet, und in dem noch unbelaubten Laubwalde begann ein reges Fuchsrennen. Man mußte Vorräte herbeischaffen zum Verwandtentage.

Der festgesetzte Tag nahte heran! Die lieben Ver­wandten hatten wirklich nicht die Reisefährniffe gescheut. Sie erschienen vollzählig.

War das ein Leben vor und im Hauptbau! Wenn das die Pelzhändler, Jäger und Jagdhunde geahnt hätten?

(Schluß folgt.)

Auflösung des Rätsels aus voriger Nummer:

Base, Hase, Nase, Vase.