Schwarz Wälder Goxxtazsblatt.

ZU unseren Bildern.

Das Achilleion auf Korfu.

Im Achilleion auf Korfu, dem malerischen Meeresschlofse, das der deutsche Kaiser im vorigen Jahre käuflich erwarb, find gegenwärtig viele Arbeiter beschäftigt, um den herrlichen Palast für den Besuch des Monarchen im März vorzubereiten. Die gesamte neue Inneneinrichtung kam am 10. Januar mit dem Dampfer .Pergamon" von Hamburg in Korfu an. Im Schlosse werden etwa 15 Zimmer für das Kaiserpaar und die Prinzessin Viktoria Luise hergerichtet. Für das Gefolge des Kaisers ist ein Kavalierhaus angebaut worden, in dem etwa 20 Herren wohnen können. Außerdem sind Räume für die aus 60 Köpfen bestehende Dienerschaft vorgesehen. Von besonderer Pracht in dem jetzt dort herrschenden Früh­jahr ist der herrliche Park und Garten, der das Schloß um­gibt. Er erstreckt sich bis zu dem Gestade des wild an die Felsen von Korfu brandenden Meeres, und die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, die schöne, unglückliche ehemalige Besitzerin des Achilleions, pflegte sich hier oft stundenlang einsam zu ergehen, um ihren Träumen ungestört nachhängen zu können. Hier ließ sie ihrem Lieblingsdichter Heinrich Heine ein Denkmal errichten, hier ließ sie auch den »Ster­benden Achill" von Professor Herter aus­stellen, der dem Ganzen den Namen gegeben hat. Das Achilleion ist eines der schönsten Schlösser im weiten Mittelmeer, von der Natur und von Menschenhand mit wahrhaft verschwen­derischer Pracht ausgestattet, wohl würdig, einem Herrscher znm Wohnsitze zu dienen.

Reichsschatzsekretär Sydow.

Wirkt, Geb, Rat Reinhold Sydow, Unter­staatssekretär im Reichspostamt, der neu er­nannte Staatssekretär des Reichsschatzamtes, wurde am 14. Januar 1851 geboren. Er studierte in Berlin und Heidelberg Jura, wurde 1870 Referendar in Münster und nach fünf Jahren Assessor. Seine erste An­stellung fand er 1876 als Kreisrichter in Halle a. S., wo er nach drei Jahren ans Landgericht kam. 1882 erfolgte seine Ver­setzung an das Landgericht I in Berlin, im April des folgenden Jahres schied er aber aus dem Justizdienst aus und wurde als Oberpostrat ständiger Hilfsarbeiter beim Reichspostamt. 1889 zum Geheimen Postrat .ernannt, übernahm er dort nach Ausscheiden des Direktors Scheffler die von diesem ge­leitete It. Abteilung. Im Reichstag ist Sydow vielfach mit Erfolg als Vertreter des Staats­sekretärs aufgetreten. Ans juristischem Gebiet hat er sich als Schriftsteller einen Namen er­worben. 1901 wurde er Unterstaatssekretär 1905 Wirkl. Geh. Rat mit dem Prädikat Exzellenz.

ZurVermählung desFürstenFerdinand von Bulgarien mit Prinzessin Eleonore

von Reust-Köstritz.

Am 1. März findet auf Schloß Osterstein bei Gera, der Residenz der Fürsten Reuß j. L., die Vermählung des Fürsten Ferdinand von Bulgarien mit der Prinzessin Eleonore von Reuß-Köstritz statt. Das Schloß liegt im herrlichen Elstertale auf dem Hainberg bei Gera: erbaut wurde es um 1230 durch die Vögte von Gera. Nach mannigfachen Umbauten hat das Schloß seine jetzige Gestalt in den 1860er Jahren erhalten. Der Aus­blick von den Fenstern des Schlosses ist be­sonders schön. Prinzessin Eleonore ist am 20. August 1860 zu Trebschen bei Züllichau geboren; sie ist die älteste Schwester des Fürsten Heinrich XXIV. von Reuß-Köstritz.

Fürst Ferdinand von Bulgarien, bekanntlich dem Hause Sachsen-Koburg angehörig, ist am 26. Februar 1861 in Wien geboren; er herrscht seit 1887 über Bulgarien; seine erste Gattin Marie Luise Prinzessin von Bourbon-Parma starb am 19. Januar 1899 bei der Geburt ihres vierten Kindes.

Bahnprojekte auf dem Balkan.

Zur Wahrnehmung der Interessen seines Levante­handels wünscht Oesterreich den Bau der Sandschackbahn, die Uvac mit Mitrovica verbinden soll. Die Strecke ist nur 120 km lang, würde aber in Uvac mit der von Sera- jewo kommenden und in Mitrovica mit der nach Saloniki führenden Bahn Anschluß haben und so einen 1000 km langen Schienenweg von Wien zum Mittelmeer Herstellen. Das Projekt hat das Mißfallen von Rußland und England hervorgerufen, eine starke politische Spannung verursacht, und Rußland will nun seinerseits ebenfalls eine Bahn bauen. Der alte Plan des Königs Milan, die Donau mit der Adria zu verbinden, soll wieder aufleben. Die Bahnlinie würde von Turnu-Severin in Rumänien nach Kladoo führen, längs der serbisch-bulgarischen Grenze nach Nisch und schließ­lich bis Prischting. Dann quer durch die Rossowo-Ebene bis an das Adriatische Meer bis Medua, das zum Hafen­platz ausgebaut werden müßte. Von Griechenland geht ebenfalls ein Bahnprojekt aus. Es handelt sich um die Linie SalonikiLarissa, die insofern eine Konkurrenz für

die italienischen Bahnen bilden würde, als die Beförderung der indischen Post, die jetzt über Brindisi und Neapel er­folgt, später über Athen geleitet werden müßte. Würden die Projekte, ohne weitere Krisen heraufzubeschwören, alle ausgeführt, so würde man durch diese Eisenbahnbauten den Kulturbestrebungen auf dem Balkan die denkbar beste Unter­stützung zu teil werden lassen.

Die Frau als Vormund.

(Nachdruck verboten.)

Es ist etwa ein Menschenalter her, daß in Deutsch­land die letzten Reste der sogenannten Geschlechtsvormund- schast verschwanden. Darunter versteht man die Vormund­schaft über die Frau als solche, also auch die über die unverheiratete volljährige Frau. Und noch bis zum 1. Jan. 1900 finden wir im Gebiet des Bayrischen Landrechtes das uns heute unglaublich anmutende Züchtigungsrecht des Ehe­manns seiner Frau gegenüber. Der Mann konnte seine Frau erziehen und hierzuangemessene Zuchtmittel" an­wenden.

Unser Bürgerliches Gesetzbuch ist so weit von dem Gedanken einer rechtlichen Minderwertigkeit der Frau ent­

fernt, daß es vielmehr die Frau als Vormund kennt. Aller­dings bringt das Amt des Vormundes einen so umfang­reichen und tiefgreifenden Pflichtenkreis mit sich, daß es bezüglich der verheirateten Frau angemessen erscheinen mußte, die Interessen ihres häuslichen und mütterlichen Wirkungs­kreises in Betracht zu ziehen. Deshalb bestimmt das Gesetz, daß eine solche Frau nur mit Zustimmung ihres Mannes zum Vormunde bestellt werden soll. Würde das Vormund- schastsgericht sie ohne Zustimmung ihres Mannes zum Vor­munde bestellen, so würde allerdings dennoch die Bestellung gültig sein.

Das Vormundschaftsgericht kann ferner eine Frau, die zum Vormunde bestellt war, entlassen, wenn sie sich ver­heiratet, selbst wenn ihr Mann mit der Vormundschaft einverstanden ist. Es muß die Frau entlassen, wenn der Mann dies verlangt, selbst wenn er früher zugestimmt hatte.

Ob dieses willkürliche Bestimmungsrecht des Mannes gesetzgeberisch glücklich ist, darüber läßt sich streiten. Es wäre vielleicht besser gewesen, auch hier den Gedanken, den unser Gesetzbuch sonst bei Ehegatten verfolgt, durchzuführen, daß nämlich die Bestimmung des Mannes dann rechtlich wirkungslos ist, wenn sie sich als Mißbrauch des ehemänn­

lichen Rechtes zeigt. Hier sehen wir noch ein wenig die Eierschalen des früheren Rechtszustandes, der der Frau überhaupt die Vormundschaft verschließt.

Auf der anderen Seite sehen wir ein Vorrecht der Frau im 8 1786. Unser Recht kennt im allgemeinen soge­nannte weibliche Rechtswohltaten nicht mehr. Das sind Ver­günstigungen, die die Frau mit Rücksicht auf ihre weibliche Schwäche genießt. Denn unser Recht hält sie ja eben für dem Manne ebenbürtig. ES weiß nichts von weiblicher Schwäche. So erscheint uns die Vergünstigung des 8 1786 als eine nicht vollkommen konsequente Artigkeit des Gesetz­gebers. Wenn nämlich jeder andere Deutsche durch Ord­nungsstrafen bis zu 300 Mark, die wiederholt werden können, zur Führung der Vormundschaft gezwungen werden kann (wenn er nicht gewisse Ablehnungsgründe hat), darf eine Frau, gleichviel ob sie verheiratet oder unverheiratet ist, die Führung einer Vormundschaft ohne Angabe von Gründen ablehnen.

Die Führung einer Vormundschaft durch eine Frau erscheint unserem Empfinden als erheblicher Fortschritt im Rechtsleben. Insbesondere wird hflr der kinderlosen Frau ein reiches und dankbares Gebiet zur Betätigung ihrer mütter­lichen Instinkte erschlossen. Verargen wir daher dem Gesetz­geber nicht allzusehr, wenn er aus seiner neuen Bahn sich noch etwas zaghaft und linkisch zeigt! Danken wir ihm vielmehr, daß er überhaupt diese neue Bahn zu betreten wagte!

Deutsche Frauen insbesondere können diesen Dank nicht schöner betätigen, als indem sie jede sich bietende Gelegenheit zur Führung einer Vormundschaft erg.cisen und die Pflichten eines Vormundes mit>> Gewissenhaftigkeit er­füllen. Or. zur. X . . . ä.

Kann der moderne Mensch noch ein Christ sein?

lieber dieses wichtige und zeitgemäße Themä sprach auf Veranlassung des Christlichen Ver­eins Junger Männer Pastor Le Seur aus Berlin vor einer sehr zahlreich erschienenen Zu­hörerschaft in Stuttgart. Der Redner beant­wortete zunächst die Frage: Was ist der moderne Mensch? Nietzsche, Tolstoi, Wagner und Häckel, alles moderne Menschen und doch welch große Gegensätze! Zu allen Zeiten gab es moderne Menschen, aufstrebende Generationen, die mit den Vertretern einer abgelebten Zeit, zwischen Jungem und Altem im Kampf standen. Durch die Fortschritte der Wissenschaft, besonders der Naturwissen­schaft und der Technik, wurde eine Spannung verursacht, welche ihre Spitze gegen die christ­liche Religion, gegen die Kirche, die Ver­treterin derselben richtet. Viele haben dadurch Schaden genommen und als Massen­erscheinung tritt der Unglaube aus. Jedoch es sind Winterstürme vor dem nahenden Früh­ling, dem Frühling, der Auflösung und Leben bringt. Ein Fragen nach Gott geht wieder durch die Reihen. Lebt ein Gott, zu dem der Mensch in persönliches Verhältnis treten kann? Diese Frage ist ernst und wird in unseren Tagen von vielen bewegt. Geben wir eine verneinende Antwort, was hat dann das Leben für einen Sinn? Dann ist es Unsinn! die ganze Menschheitsgeschichte! Die Männer des alten Testaments, bis zu Johannes dem Täufer, ja Jesus selbst, sie alle sind blinde Blindenleiter! Alle Sittlichkeit fiele dahin das Recht des Stärkeren, das Ueber- menschentum wäre Sittlichkeit! Wer über den Glauben an den lebendigen Gott ober­flächlich zur Tagesordnung übergeht, begeht ein Verbrechen an sich und der Menschheit. Wer will aber die Frage nach Gott beantworten? Der Naturforscher? Nein! Er fragt nicht nach dem Zweck, sondern nach der Ursache, nicht wozu, sondern woher! Oder der Philosoph? Kant hat bekannt: zweierlei zwingt mich an Gott zu glauben: der gestirnte Himmel über mir und die Stimme des Gewissens in mir. So geben die meisten Philosophen zu, daß es einen Gott gibt. Er kann freilich nicht bewiesen, sondern nur bezeugt werden von denen, die ihn in ihrem Leben erfahren haben. Der Glaube an Gott wird aus der tiefsten Tiefe der mensch­lichen Seele herausgeboren und nicht aus mühsamem Studium. Wo er ist, da ist Licht, da ist Liebe!

Eine im allgemeinen verständnisvoll verlaufene Diskussion schloß sich den Ausführungen des Referenten an. Herr Wilhelm Schuhmacher, Vertreter der Sozialdemokratie, machte dem Christentum zum Vorwurf, daß es für die Menschheit nichts Posi­tives geleistet habe und verbreitete sich über dogmengeschichtliche Entwicklung. Zum Schluß meinte er, daß das Leben kein Kampf ums Dasein hätte werden sollen. Pastor Le Seur erwiderte hierauf, daß zur sozialen Hebung der Menschheit das Christentum alles getan habe, es habe die unwürdige Stellung der Frau umgestaltet, die Sklavenketten gesprengt und tausende von Liebeswerken der inneren Mission geschaffen. -

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50 400 -150km

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