zur Ausübung einer grausamen Rache benutzt hatte. „Ja, meine Handlungsweise war brutal/ sprach er halblaut zu sich selbst, „denn einem Weibe gegenüber hätte ich mich auf eine solche Art niemals rächen dürfen. Und wie schön war sie in jenem Moment, wie treu und wirklich aufrichtig blickten ihre Augen mich an! Wäre es nicht besser und vernünftiger von mir gehandelt gewesen, wenn ich verziehen hätte, anstatt daß ich so schroff die Reuige von mir stieß und dabei aus wahnsinnigem Trotz um die Dienerin anhielt! Und wenn nun erst gar die letztere beim Wort mich nähme, wenn sie mit einem Male vor mich träte und sagte: Du hast mich zu Deinem Weibe begehrt, ich willige ein. Hier bin ich, um Dir für immer anzugehören!"
„Karamba!" rief Alfred, als er soweit in seinen Betrachtungen gekommen war, aus, „es wäre schrecklich, denn ich würde mein Wort halten, müßte ich auch hierüber zugrunde gehen. Ich kann das wackere, braune Mädchen ja aufrichtig gern leiden, aber mein ganzes Leben mit ihm zuzubringen, mich vor der Welt mit ihm als meiner Gattin zu zeigen, der Gedanke kommt mir doch ungeheuer und ganz unerträglich vor. Mein Herz gehört für immer einer anderen, jetzt, wo ich sie wiedergesehen habe, fühle ich dies nur zu deutlich."
Um seine quälenden Gedanken los zu werden, begab er sich nach dem Gastzimmer, wo er bereits den Tisch für die um 6 Uhr stattfindende Hauptmahlzeit gedeckt fand. Er setzte sich vor demselben nieder, doch das Essen, obwohl vorzüglich zubereitet, schmeckte ihm nicht. Desto mehr genoß er dafür von dem starken Weine, und unter dem Einflüsse desselben wurde seine Stimmung eine immer aufgeregtere. Er fühlte sich tief unglücklich, mut- und haltlos in seinem Innern bis zum Verzweifeln. Den treuen Hektor, der ihm bis dahin nicht von der Seite gewichen, beachtete er gar nicht. Als derselbe aber mit einem Male seinen großen Kopf auf seines Herrn Knie legte und ihn dabei mit seinen klugen Augen teilnehmend anblickte, jagte er ihn zornig von sich.
Das Essen war schon längst vorüber, aber noch immer saß Alfred auf seineni Platze und brütete in eine immer düstere Stimmung sich hinein. Mit einem Male klopfte ihm jemand auf die Schulter und eine bekannte Stimme sagte: „Nun, mein werter Herr, die Zeit ist Ihnen wohl recht lang geworden, wenigstens drückt Ihr Gesicht einen hohen Grad von Mißmut aus.
Ich bin etwas lange ausgeblieben, aber hieran waren eigentümliche Umstände schuld, die ich Ihnen gleich erzählen werde."
Alfred war bei diesen Worten des Arztes — denn dieser war der Sprecher — aus seinem Nachdenken aufgefahren und drückte nun demselben in seiner Erregung so kräftig die Hand, daß dieser einen lauten Schmerzensschrei ausstieß. „Karamba", sprach er dann etwas gezwungen lachend, während er sich .an den Tisch setzte, „Sie haben ja eine Faust wie ein Bär, und um ein Haar hätten Sie mir ein paar Finger entzwei gedrückt.
Doch vor allem muß ich ein Glas Wein zu mir nehmen, denn ich leide an einem entsetzlichen Durst. Hunger fühle ich nicht, ich habe mich auf der Estanzia Durazno durch ein vorzügliches Mal gut gestärkt. Nach Erledigung unserer Angelegenheiten auf der Estanzia wäre ich ohne Verzug wahrscheinlich wieder zurückgekehrt, wenn nicht ein Bote von der Herrin derselben zu uns gekommen
wäre, der uns einlud, dort einen kleinen Imbiß zu uns zu nehmen. Dieser Imbiß war ungemein reichhaltig, und wie ich Ihnen soeben sagte, ganz vorzüglich. Wir bedauerten nur, daß wir keine Gelegenheit hatten, der schönen Donna Maria persönlich unseren tiefgefühlten Dank für die vortreffliche Bewirtung auszusprechen. Sie hatte sich nämlich bei uns entschuldigen lassen mit dem Bemerken, daß die Vorgänge des heutigen Tages sie stark angegriffen hätten, und daß sie sich etwas unwohl fühle."
„Nun, wir tranken wacker auf die baldige Wiederherstellung ihrer Gesundheit und rüsteten uns schon zum Aufbruche, als ich mit einem Male herausgerufen wurde. Draußen erwartete mich das große braune Weib, welches stets um die Herrin ist. Dasselbe sagte mir, die Krankheit ihrer Herrin flöße ihr große Besorgnis ein, weshalb ich mich doch einmal zu ihr begeben möchte.
„Die Indianerin führte mich darauf in das Zimmer Donna Marias. Dieselbe lag im Bette, und schon der erste Blick überzeugte mich, daß ein heftiges Fieber im Anzuge sei, wahrscheinlich ein Nervenfieber. Ein irrer Ausdruck lag in ihren Augen uno bereits entströmten allerlei verworrene und unzusammenhängende Worte, unter denen ich mehrere Male deutlich den Namen Alfreds unterschied, ihren Lippen. Nachdem ich etwa eine Viertelstunde in dem Krankenzimmer mich aufgehalten, bestand über die Natur der Krankheit bei mir kein Zweifel mehr. Es ist in der Tat ein Nervenfieber, von welchem die Herrin befallen wurde. Schade wäre es um sie, wenn das Fieber einen ernsteren Verlauf nähme. So jung und schön zu sein und dabei schon hinab in die kühle Erde zu müssen, das wäre fürwahr sehr hart.
„Vor der Hand konnte ich dort nichts weiter tun. Ich kehrte so schnell wie möglich hierher zurück, und jetzt muß ich mich nach einem zuverlässigen Manne umsehen, der die von mir verordnete Medizin diesen Abend noch nach der
Schwarzwälder Tonutagsblatt.
Estanzia bringt. Davon, daß sie dieselbe recht bald erhält, hängt vielleicht das Leben der Herrin ab."
Bis dahin hatte Alfred während der Erzählung des Arztes kein Wort gesprochen. Seine Augen hingen förmlich an dessen Munde, als wollte er die hervorströmenden Worte von demselben ablesen, sein Gesicht war immer blasser geworden, und nur mit großer Mühe vermochte er die gewaltige Aufregung, welche sich seiner bemächtigt hatte, einigermaßen zu bemeistern. Kaum aber hatte der andere geendet, als er aufsprang und in fieberhafter Erregung ausrief: „Wo ist die Medizin, Herr? Ich selbst werde sie auf der Stelle nach der Estanzia bringen."
Erstaunt blickte der Arzt auf, dann aber zog es wie ein leises Lächeln über sein Antlitz. „Sie selbst also wollen die Arznei für die Kranke besorgen", meinte er, jedes seiner Worte eigentümlich betonend. „Hm, hm, na, es wird vielleicht das Beste und Sicherste sein, was geschehen kann. Und am Ende ist es gut, wenn jemand um die Gnädige ist, der ... . Heißen Sie vielleicht Alfred mit Vornamen?"
„Herr was soll diese Frage?" brauste der letztere, dessen Gesicht sich mit einem Male purpurrot gefärbt hatte, auf, doch gelassen erwiderte der Arzt: „Nur nicht gleich hitzig werden, junger Herr, ich wollte Sie gewiß nicht beleidigen. Ein Arzt darf und muß sogar alles fragen, was zu wissen er im Interesse seiner Patientin für nötig hält. Da Ihnen indessen jenes Thema nicht angenehm zu sein scheint, so will ich dasselbe nicht weiter berühren. Reiten Sie daher nur nach der Estanzia und die Madonna sei mit Ihnen. Sorgen Sie dafür, daß man ihr Pferd sattelt; die Medizin ist bestellt und wird in wenigen Minuten hier sein."
Die letzten Worte hörte Alfred kaum noch. Er ivar bereits hiuausgeeilt, um dem Hausknechte den Auftrag zu geben, daß er sein Pferd aufzäume und es vor die Türe des Hotels bringe. Dann kehrte er ins Gastzimmer zurück, ivo er zunächst seine Zeche bezahlte und dann wieder zu
dem Arzte sich wandte, nachdem er vorher den Wirt ersucht hatte, den Hund bis zu seiner Rückkehr bei sich zu behalten.
„Hier ist die Arznei", sagte der Arzt, indem er auf eine auf dem Tische stehende Flasche wies, „stecken Sie dieselbe zu sich und geben Sie nur acht, daß das Glas nicht zerbricht. Ich wünsche Ihnen glückliche Reise, und wenn Sie vielleicht bis morgen Mittag dort bleiben, so hoffe ich, daß wir uns daselbst Wiedersehen. Denn ich reite morgen früh ebenfalls nach Durazno, um von dem Befinden meiner Patientin mich zu überzeugen."
Alfred nahm sich kaum die Zeit, dem wackeren Herrn zum Abschiede die Hand zu drücken, ja, er vergaß sogar seine Waffe mitzunehmen, ohne welche er sonst bei Nacht niemals über den Kamp ritt. Mit nervöser Hast stürzte er aus dem Zimmer, um sich auf das von einem Knecht gehaltene Pferd zu schwingen, um dann in tollem Galopp in der Richtung nach der Estanzia davonzusprengen.
Zum Glück war die Nacht hell und klar, sodaß er seinem Pferd völlig freien Lauf lassen konnte. Aber obwohl der feurige Renner seine Kräfte aufs äußerste anspannte, und schnell wie der Wind über die Ebene dahineilte, schien es Alfred, als bewege er sich langsam wie eine Schnecke vorwärts. Die Zeit, die zu seiner Reise notwendig war, dünkte ihm eine Ewigkeit, mit jeder Minute, die er früher anlangte, glaubte er das Leben der ihm wieder überaus teuer gewordenen Herrin retten zu können, und so wie das Pferd einigermaßen in seinem raschen Laufe Nachlassen wollte, fielen sofort die Peitschenhiebe hageldicht auf es hernieder.
Endlich, endlich wurden die erleuchteten Fenster der Estanzia in der Ferne sichtbar, und wenige Minuten später hielt er im Hof derselben vor der Tür des Hauptgebäudes an. Sofort sprang er aus dem Sattel und überzeugte sich zunächst, daß die kostbare Flasche unversehrt sei. Daß sein Pferd sich vor Müdigkeit sofort auf die Erde fallen ließ, beachtete er in seiner fieberhaften Aufregung überhaupt nicht; ohne einen Blick auf das müde Tier zu werfen, schritt er rasch und entschlossen der weit offenstehenden Haustür zu.
In dem matt erleuchteten Hausflure stand ein Knecht,
der offenbar beauftragt war, hier Wache zu halten, da er sonst jedenfalls herausgeeilt sein würde, um das Pferd des Ankömmlings in Empfang zu nehmen. „Guten Abend", flüsterte Alfred hastig, wie geht es der Herrin? Befindet sie sich etwas besser?"
„Ah, Sie find es, Herr Rehardt", erwiderte der Knecht, „ich hätte nie gedacht, daß wir Sie sobald Wiedersehen würden. Sie scheinen sehr rasch geritten zu sein, denn Sie sind ja ganz aufgeregt und ihr Pferd —"
„Karamba", stieß der erstere zornig hervor, „Sie sollen mir auf meine Frage antworten, wie es mit der Herrin steht? Das werden Sie wohl wissen, oder halt, gehen Sie sofort zu ihr und überbringen Sie ihr diese Medizin, die mir der Arzt in Rosario mitgegeben hat."
„Ich will die Arznei in Emfang nehmen, Don Alfreds" sprach in diesem Moment dicht neben diesem eine ihm bekannte Stimme.
Ueberrascht kehrte Alfred sich um und schaute in das bronzene Gesicht der Namun. Ernst und gemessen wie auch sonst waren diese Züge, aber doch lag ein Ausdruck in ihnen, so voll geheimen Kummers und gewaltsam unterdrückter Sorge daß der junge Mann von einer schrecklichen Ahnung befallen wurde.
„Namun", rief er aus, indem er ihre beiden Hände erfaßte und sie krampfhaft in den seinigen drückte, „Namun ich beschwöre sie, sagen Sie mir, was ist geschehen! Besteht noch Hoffnung für die Herrin oder ist das Schlimmste zu befürchten? Reden Sie, sprechen Sie nur ein einziges Wort! Ich bin gefaßt, auch das Aergste zu hören, nur machen Sie um des Himmelswillen meiner qualvollen Ungeduld ein Ende."
Wie ein schmerzliches Lächeln flog es bei diesen leidenschaftlichen Worten über das ernste Gesicht der Indianerin, dann aber erwiderte sie: „Aengstigen Sie sich nicht, Don Alfredo, nach meiner Ansicht geht es besser mit der Herrin."
„Gott sei gedankt!" jubelte Alfred, „ich bin also nicht zu spät gekommen. Hier ist die Arznei gute Namun, und nun eilen Sie zu ihr und sorgen Sie, daß sie dieselbe auf der Stelle nimmt. Dann ist vielleicht morgen schon alle Gefahr geschwunden.
„Die Herrin schläft in diesem Augenblicke, Don Alfredo, und es wäre im höchsten Grade schädlich, sie in ihrer Ruhe zu stören. Die Arznei werde ich in das Zimmer der Herrin tragen, und dann bitte ich Sie um eine kurze Unterredung, Don Alfredo. Es ahnte mir, daß Sie kommen würden, ich wartete schon seit einer Stunde sehnsüchtig Ihrer Ankunft, um mit Ihnen einmal offen sprechen zu können über dasjenige, was uns beiden am Herzen liegt."
Diese Worte, welche Alfred an die Vorgänge des heutigen Morgens erinnerten, versetzten ihn in nicht geringe Bestürzung und Unruhe, und in verlegenem Tone erwiderte er: „In dieser Stunde wo Ihre Herrin noch keineswegs außer jeder Gefahr, da fände ich es doch zum wenigsten seltsam oder selbst unschicklich, wenn wir von Angelegenheiten reden wollten, welche besser ..."
„Seien Sie außer Sorge", unterbrach sie, „dasjenige, worüber wir sprechen wollten, liegt im Interesse der Herrin selbst und wird vielleicht die vollständige Genesung ihres Körpers sowohl wie ihrer Seele herbeiführen. Ist Ihnen hieran wirklich etwas gelegen, so dürfen sie meine Bitte mir nicht abschlagen. Und nun warten sie hier einen Moment. In einer Minute bin ich wieder bei Ihnen."
Schnellen Schrittes entfernte sie sich, um gleich darauf zu ihm zurückzukehren und ihn aufzufordern, sie durch das Haus nach dem Garten zu begleiten.
Noch immer nicht ganz beruhigt über die Absichten der Indianerin folgte ihr Alfred, bis sie an derselben Bank angelangt waren, auf der er damals die Namun bei seinem späten Spaziergange angetroffen hatte.
(Schluß folgt.)
Humoristische Ecke.
Meggendorfer Blätter.
Passen zusammen. Fräulein: „Ich würde sofort den Herrn, den Sie mir da empfehlen, nehmen, nur verstehe ich nichts vom Kochen!" Heiratsvermittler: ,O, da passen Sie glänzend zusammen, der versteht nichts vom Essen!"
Aus der Schule. Lehrer: „Kannst Du mir ein Streichinstrument nennen, Moritz?" Der kleine Moritz: „E' Pinsel, Herr Lehrer!"
Betrachtung. Bettler (eine versalzene Suppe essend): „Das nennen sie nun eine milde Gabe!"
Verdächtig. — „Wann wünschen Herr Baron, daß ich die Rechnung bringe?" — „Ganz gleich, nur Montags nicht, da hat mein Diener Ausgang!"
Ein „strenger Winter". Pantoffelheld: „Heut ist der dritte März, da hat sie mir wieder 'mal den Hausschlüssel gegeben, den ich seit Oktober nicht mehr hatte; aus einen so strengen Winter kann ich mich schon lange nicht mehr erinnern!"
Maliziös. — „Schauen Sie nur der Lustspieldichter hält seinen Kops an den Ofen." — „Jedenfalls wärmt er alte Gedanken auf."
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