Ermordung eines Deutschen in Paraguay.

Wie die HalbmonatsschriftSüd- und Mittel­amerika" in ihrer neuesten Nummer berichtet, ist in Paraguay ein junger Deutscher, Edmund Weißleder aus Leopoldshall, der als Offizier in die Paraguayer Marine eingetreten war, auf schändlichste Weise ein Opfer seines Pflichtgefühls geworden. Während die europäischen Offiziere, die als Instrukteure in der Paraguayer Armee dienten, von dem Vorbehalt ihrer Kontrakte Gebrauch machten und eine aktive Teil­nahme am Bürgerkrieg ablehnten wofür man sie als Deserteure zu brandmarken suchte, blieb Weiß­leder weiter im Dienst der Regierung. Er muß sich wohl in jeder Weise hervorragend bewährt haben, denn man vertraute dem jungen, zweiundzwanzig- jährigen Manne, der aus der deutschen Marine als Fähnrich z. S. geschieden war, das Kommando des AvisosTriunfo" an. Die Revolutionäre versuchten alsbald, ihn durch eine große Geldsumme für ihre Sache zu gewinnen. Weißleder hatte die Zumutung eines Verrats entschieden zurückgewiesen. Mehr Glück hatten die Aufständischen bei einem Teil der Mannschaft und dem Maschinisten des Schiffes. Die­ser forderte eines Nachts von Weißleder mit der Pistole in der Hand die Uebergabe des Avisos. Als der deutsche Kapitän sich wiederum weigerte, wurde er niedergeschossen und sein Körper über Bord geworfen. Das Schiff ging dann zu den Revolutionären über. Weißleder war Anfang vorigen Jahres nach Paraguay gekommen und hatte sich durch seine Frische und Liebenswürdigkeit die allgemeine Sympathie der deutschen Kolonie er­worben.

Stadt und Bezirk.

Calw, den 29. Februar 1912.

X Schulausflüge ohne Alkohol. Im Anschluß an einen Erlaß für die höheren Schulen ist auf Anregung des Kultusministeriums für Schulausflüge mit Schülern der Volksschule verfügt worden, daß alkoholische Getränke (einschließlich Obstmost) in keinerlei Weise zugelassen werden dürfen. Dasselbe gilt für Schul- und Kinderfeste.

X Keine Ueberschwemmungsgefahr. Der starke Regen der letzten Tage hat glücklich nachgelassen. Die hochangeschwollenen Schwarzwaldflüsse sind ge­fallen und die Ueberschwemmungsgefahr kann als beseitigt angesehen werden. Die Schneereste, die noch in den Waldungen lagerten, sind in der Haupt­sache verschwunden.

X Keine Schußprämien mehr. Nach einer im Wochenblatt für Landwirtschaft veröffentlichten Be­kanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirt­schaft werden mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern für Fischotter und Fischreiher, welche nach dem 31. März 1912 erlegt werden, Prämien aus der Staatskasse nicht mehr gewährt.

Hirsau, 29. Februar. (Eingesandt.) Auf An­regung eines auswärtigen Redners bildete sich in hiesiger Gemeinde während der letzten Wochen ein Zweigverein des Evangelischen Bun­

des. Etwa 50 Eemeindeglieder erklärten sofort am Abend des Vortrags ihren Beitritt,' weitere An­meldungen folgten nach, so daß ohne jede Agitation sich die Mitgliederzahl bereits auf etwa 70 erhöht hat, wobei von mehreren Einwohnern das Bedauern ausgesprochen wurde, daß sie von dem am 21. Januar veranstalteten Eemeindeabend keine Kunde erhalten haben. Es ist sehr erfreulich, daß sich herausgestellt hat, daß es auch in Hirsau nicht an vielen evangeli­schen Christen fehlt, die sich ihres Bekenntnisses nicht schämen, und es ist zu hoffen, daß die auf den evan­gelischen Landesbußtag geplante religiöse Feier, hin­sichtlich der auf die in diesem Blatte sich findende Einladung hingewiesen wird, aufs neue beweisen wird, daß unser evangelisches Volk in seinen besten Gliedern gesonnen ist, in Treue sich um das Banner des Evangeliums zu scharen.

Liebenzell, 28. Febr. Wie uns mitgeteilt wird, hat Herr Musikdirektor Wohlgemuth unserem König auf dessen Geburtstag eine Münnerchor- komposition gewidmet, wofür Herrn Wohlgemuth ein Dankschreiben aus dem Kabinett des Königs zuging.

Nagolv, 27. Febr. Ihrem mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens ausgezeichneten Rektor Dieterle brachten die Zöglinge des Seminars unter A. Schäffers Leitung ein wohlgelungenes Ständchen. Nach dem Vortrag verschiedener Lieder hielt ein Zögling der ältesten Klasse eine warm empfundene Ansprache, in der er den verehrten Rektor als Per­sönlichkeit, Lehrer und Erzieher feierte und ihm ein Hoch ausbrachte. Der Geehrte dankte für die er­wiesene Aufmerksamkeit, pries die Befriedigung, die im Arbeiten und Dienen liegt, und schloß mit einem Hoch auf den König und das württ. Heimnrland. Darauf folgte noch ein Schlußgesang.

Altensteig, 28. Febr. Gestern vormittag 1411 Uhr hat sich Stationsverwalter Baier hier anläßlich einer Revision erschossen. Die Kasse wies einen ver­hältnismäßig kleinen Abmangel auf. Baier war ein allgemein beliebter Beamter

Neuenbürg, 27. Febr. Das auf der Heimfahrt begriffene Automobil des Herrn Johannes Kepler von Oberlengenhardt geriet aus bis jetzt unaufge­klärter Ursache in Brand und wurde vollständig zerstört. Die Insassen des Fahrzeug: konnten sich noch rechtzeitig retten.

Württemberg.

Aus den Kommissionen.

Stuttgart, 28. Februar.

Der Finanzausschuß beendigte heute die Be­ratung derVereinfachun genimDeparte- ment der Finanzen, er erklärte sich einver­standen mit den Vorschlägen der Denkschrift zur Zollverwaltung, sowie zum Kassen- und Rechnungs­wesen. Bei letzterem wurde dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß der nach amtlicher Auskunft längst ausgearbeitete Gesetzentwurf über Schaffung eines Etatsgesetzes und eines Rechnungshofes mit dem nächsten Etat den Ständen vorgelegt werden möchte, zumal Vereinfachungen auf diesem Gebiete erst mit

der gesetzgeberischen Regelung dieser Materie im wesentlichen möglich sind. Es wurde die tunlichste Ausdehnung der Zulassung des Bankschecks- und Ueberweisungsverkehrs, sowie des Postüberweisungs­und Postscheckverkehrs für die sämtlichen staatlichen Kassenftellen angeregt. Auf Anfragen aus der Mitte des Ausschusses stellte der Finanzminister weitgehende Berücksichtigung in Aussicht. Zur Zeit sei eine wesentliche Aenderung nicht wohl möglich, auch eine weitgehende Rücksichtnahme auf das vorhandene aka­demische Personal notwendig; grundsätzlich sei er für eine Üebertragung der Rechnungsführung an den mittleren Dienst anstatt des akademischen; ferner werden zur Zeit praktische Versuche mit Holzverkäufen ohne Beiziehung eines Kameralbeamten gemacht, auch einer Verlegung des künftigen Rechnungshofes außerhalb Stuttgarts stehe er an sich sympathisch gegenüber, doch könne eine Entschließung in dieser Frage erst nach Schaffung des Rechnungshofes er­folgen. Bei der Organisation des Bezirksdienstes brachte der Berichterstatter v. Balz Klaaen des mittleren Dienstes, zumal der Oberkontrolleure, über dienstliche Zurücksetzung vor. Er beantragte, die Regierung um Erwägung-zu ersuchen, ob künftig bei den Kameralämtern die Zahl der Stellen des höheren Dienstes noch weiter eingeschränkt werden kann, und ob im Dienstbetrieb der Kameralämter nicht eine Vereinfachung dadurch zu erreichen ist, daß den Be­amten des mittleren Dienstes Dienstgeschäfte zu selb­ständiger Erledigung übertragen werden. Der An­trag wurde einstimmig angenommen. In der Frage der Aufhebung bezw. Zusammenlegung von Kame- ralümtern wurde der Ausschußbeschluß bezüglich der Oberämter von der Mehrheit als vräjudizierend er­klärt, da die Verhältnisse sowie die Gründe für und wider in dieser Frage im wesentlichen gleich liegen bei den Kameralämtern wie bei den Oberämtern. Der Referent beantragte, die Regierung zu ersuchen, im Hinblick auf den wegen der Zusammenleoung von Bezirksämtern im Departement des Innern gefaßten Beschluß von der in Aussicht genommenen Aufhebung von Kameralämtern abzusehen. Die Redner der Konservativen und der Sozialdemokratie sprachen sich gegen die präjudizierende Wirkung des früheren Beschlusses aus, und der Antrag v. Balz wurde mit 8 Ja gegen 4 Nein (3 Soz., Frhr. Pergler v. Perglas) und 3 Enthaltungen (Walter, Wieland, Kraut) an­genommen. Morgen: Kultdepartement.

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Stuttgart-Ostheim, 28. Februar. Ein junger Schreiner Namens Becker, der mit einem Dienstmäd­chen verlobt war, hat sich vor einiger Zeit hier eine Werkstatt gemietet und war dort mit der Anfertigung der Möbel für den künftigen gemeinschaftlichen Haus­stand beschäftigt. Er erhielt am Sonntag mittag den Besuch des Dienstmädchens. Das Mädchen unter­nahm ob mit oder ohne seine Beihilfe, ist noch nicht festgestellt und wird sich auch schwerlich feststellen lassen einen Abtreibungsversuch mit einer offen­bar zu starken Sublimatlösung. Die ätzende Wir­kung war nach Angabe Beckers derart, daß das Mäd­chen plötzlich tot vom Stuhle sank. Das Ergebnis

Die Dame im Pelz.

SS) Kriminalroman von G. W. Apple ton.

(Fortsetzung.)

Als ich noch nicht lang wieder in meiner Zelle saß und über mein grausames Schicksal nachgrübelte, schloß ein Wärter meine Tür auf und sagte in barschem Ton:

Stecken Sie Ihre Nummer an und kommen Sie mit. Es will Sie jemand sprechen.

Ich nahm hastig meine Marke Nr. B. 107 und ging klopfenden Herzens hinter ihm her. Wer mochte der Besucher sein, und was mochte er bringen? Aber meine Erregung war bald geschwunden. Als wir eine Treppe tiefer in ein kleines gewölbtes Zimmer traten, sprang mir Mortimer entgegen und ergriff mit beiden Händen meine Hand.

Lieber alter Junge, sagte er, wie gehts dir denn?

Wie du siehst, erwiderte ich, auf das Täfelchen in meinem Knopfloch deutend, bin ich nur noch eine Nummer. Doch das ist das geringste. Was macht Marcella?

Er zögerte einen Moment, was mich beunruhigte.

Du scheinst mir schlimme Nachricht zu bringen, fragte ich ungeduldig weiter.

Das gerade nicht, erwiderte er nun zaudernd, aber sie hat sichs etwas gar zu sehr zu Herzen ge­nommen. Es war eine schreckliche Szene. Sie klagte sich an, an all deinem Unglück schuld zu sein. Sie war untröstlich, selbst Helen vermochte sie nicht zu beruhigen. Sie blieb dabei, daß sie vom ersten Augenblick, wo sie deine Schwelle überschritten habe, ein Fluch für dich gewesen sei. Helen und Lucy mußten die ganze Nacht bei ihr Wache halten, weil man nicht wissen konnte, was sie in ihrer Verzweif­lung tun würde.

Arme Marcella, stammelte ich, armes Kind!

Heute ist sie ruhiger, fuhr Mortimer fort, be­deutend ruhiger. Wir haben sie endlich überzeugt, daß sie sich deinetwegen solchem Kummer nicht länger ergeben dürfe; daß du für sie kämpfst und es des­halb ihre Pflicht ist, dich zu ermutigen und zu unter­stützen. Lucy hat uns redlich geholfen und wahre Wunder bei ihr gewirkt. Sie ist ein prächtiges Mädchen.

Es dauerte ein paar Sekunden, ehe ich sprechen konnte; dann sagte ich:

Ein klein wenig haben mich deine Erklärungen zwar beruhigt, aber meine Befürchtungen sind noch lange nicht verscheucht. Ich bitte dich um alles in der Welt, paß gut auf Marcella auf. Unsere Feinde werden jetzt vor nichts mehr zurückschrecken.

In dieser Beziehung kannst du ohne Sorge sein, antwortete Mortimer. Es ist keine Vorsichtsmaßregel außer acht gelassen. Ich habe zwei Privatdetektivs engagiert, die Tag und Nacht die Wohnung bewachen. Am meisten bin ich jetzt deiner selbst wegen be­unruhigt. Die Verdachtsmomente gegen dich haben sich stark vermehrt. Die merkwürdigsten Umstände treffen zusammen. Selbst Gregory hat einen schweren Fehler begangen. Der arme Kerl ist ganz außer sich darüber. Er kann sich diese Dummheit nie verzeihen.

Ich verstehe dich nicht, Mortimer. Inwiefern könnte Gregory ungünstig gegen mich aussagen, selbst wenn er mir übel gesonnen wäre?

Nun, die Sache ist die: Während meiner Ab­wesenheit gestern, und ehe er noch von deiner Verhaftung wußte, hat ihn ein Kriminalbeamter aufgesucht und über dein Tun am Abend vorher ausgefragt. Und ohne zu wissen, was er damit anrichtete, hatte der biedere, ehrliche Gregory aus­geplaudert, daß du vor dem Weggehen wegen des Aconits mit ihm gesprochen und dich sogar nach der tödlichen Dosis dieses Giftes erkundigt hättest.

Was soll denn dabei sein? fragte ich harmlos. Diese Unterhaltung war dcch ganz unschuldig, wahr­haftig!

In deinen Augen, ja; aber was soll ein Ge­richtshof davon halten? Du bittest deinen Assistenten, das Aconitfläschchen zu füllen, du fragst ihn, wieviel nötig ist, einen Menschen zu töten. Dann gehst du weg. Das verhängnisvolle Glas wird am selben Abend in der Wohnung deiner Tante gefunden. Es ist leer, und deine Tante, die dich beschuldigt, ihre Arzneiflasche in der Hand gehabt zu haben, stirbt an Aconitvergiftung. Was wird ein hoher britischer Gerichtshof dazu sagen? Und wie willst du diese gravierenden Umstände, die durch Gregorys Dumm­heit nun bekannt sind, erklären und entkräften?

Ferner hat sich unter den Sachen, die dir gestern im Polizeigewahrsam abgenommen worden sind, ein Brief von Barton befunden, worin er dir mitteilt, daß deine Tante das dich enterbende Testament noch nicht unterzeichnet habe, also für dich die Gelegenheit günstig sei, und du ein großer Tor sein würdest, wenn du sie nicht sofort benutztest. Ich brauche dir wohl nicht auseinanderzusetzen, wie dieser Brief, den du gerade am Tage der Ermordung bekommen haben mutzt, ausgelegt worden ist. Barton ist furchtbar aufgeregt deshalb, weil er ihn als Mitschuldigen an dem Verbrechen erscheinen lassen würde, falls es gelingen sollte, es auf dich zu bringen. Natürlich hat er den Glauben an dich keineswegs verloren, und ich habe ihm die Augen über vieles geöffnet, was ihm bislang unbekannt war. Aber er ist angesichts des gravierenden Materials, das sich von allen Seiten gegen dich auftürmt, trotzdem sehr besorgt. Alles in allem genommen, ist es eine höchst unerquickliche und ernste Sache, und es wird viel Mühe kosten, dich aus der Affäre herauszuziehen.

(Fortsetzung folgt.)