1s KkSeasvach, 3. Novemb. In der gestrigen Schult- heißeuwahl wurde der Ortssteuerbeamte G. Lander mit 36 Stimmen gewählt.
Is HlavensSurg, 3. Nov. Vorgestern mittag 2 Uhr brach in dem Anwesen des Gemeinde- und Kirchenpflegers Stett in Wilhelmskirch Feuer ans. Sämtliche Bewohner waren in der Kirche, außer einem 12jährigeu Mädchen, das. als es daS Feuer bemerkte, in die Kirche rannte und dort Hilfe holte. Trotzdem die ganze Gemeinde sogleich erschien, brannte das HauS und die Scheuer infolge Wassermangels völlig nieder.
ss Alm, 2. Nov. Die hiesige landwirtschaftliche Wioter- schule, die in den letzten Tagen den Unterricht ausgenommen hat, ist vorerst von 70 Schülern besucht. Da die bisherigen Schulräume für diese große Zahl von Zöglingen nicht aus- reichen, mußte die Stadt noch eia weiteres Zimmer zur Verfügung stellen.
js Mosvach, 3. Nov. Ja HaßmerSheim hantierte ein 14jäyriger Kaabe mit einem geladenen Flobert. Der Schuß giuglosuod traf ein lljährtgeS Mädchen tätlich.
* Billings«, 2. November. Auf wunderbare Weise wurde der Kamiukehrmeister Mayer gestern vor dem Tode bewahrt. Dieser wollte den Bahnübergang vom Friedhof her trotz Warnung noch überschreiten, als eine rangierende Lokomotive daherfuhr, ihn erfaßte uvdzwischeu daS Geleis warf; die Lokomotive fuhr über ihn hinweg, ohne den Verunglückten, der gestreckt zwischen den Geleisen lag, za verletzen, nur der Hut und Mantel wurden beschädigt.
* München. 3. Nov. Die Abgeordnetenkammer hat die Artikel 1, 2 und 3 des Gesetzentwurfes über die Verstaatlichung der Pfalzbahnen angenommen.
jf Hkeiwitz, 3. Nov. Auf dem Ofifeld der Königin Luisengrubrwurden4 Häuerdurch Kohleneiubra ch beim Pfeilerabbau verschüttet, einer tot, zwei schwer und einer leicht verletzt geborgen.
jj Köln, 3. November. Die „Köln. Ztg." erfährt aus Kiel von heute, daß eine Funkevspruchverbinduug von Memel nach Peterhof durch den Kreuzer „Lübeck" und 7 Torpedoboote hergestellt ist. Das Torpedoboot v 7 ankert iu Peterhof. „Lübeck" und Torpedoboot 8120 führea Funken- spruchapparatr.
jj Zierkin, 3. November. Die Abendblätter melden: Nach telegraphischer Meldung aus Windhuk
ist die deutsche Post für Warmbad am 29. Oktober unweit Romausdrift vo« Hottentotte« genommen
worden und in Verlust geraten. Es wird sich dabei um diejenigen Schriftsenduugen handeln, die in Deutschland iu der Zeit vom 1. bis einschließlich 29. September aufgegeben sind.
* KattowiH, 3. Nov. Jeder Eisenbahnverkehr nach Rußland stockt.
AusLändilches.
js Me», 3. Nov. Der Minister des Innern hat die beschleunigte Durchführung der vorgrschriebenen Erhebungen zur Klarlegung der Vorfälle des gestrigen Abends angeordnet. Das Resultat der Erhebungen wird nach deren Abschluß veröffentlicht werden.
js Dir „Boss. Zeitg." meldet aus Arco: In den Trompialbergen auf brescianischem Gebiet fand ein Kampf zwischen 2 Jagdparteieu statt. 2 Personen wurden getötet und 4 verwundet. Dir Jagd- reviergrenze war schon lange strittig.
js Kaag, 3. Nov. Nach amtlicher Meldung haben sich die Aufständischen iu der Landschaft Gowa(Belebes) unterworfen.
js ß-rissia«ia, 3. Nov. Wie „Norsk Tel. Bur." meldet, teilte König Oskar der norwegischen Regierung mit, daß die Mitglieder des Königshauses von ihrem Range und ihrer Würde zurücktreten. die sie bisher in'dem norwegischen Heere und iu der Flotte iunegehabt haben.
js Belgrad, 3. Nov. Blätternachrichteu zufolge beabsichtigt die Regierung, einige höhere Offiziere, die an der Verschwörung am 11. Juni 1903 teilgenommen haben, zu pensionieren.
js London, 3. Nov. Amtlich wird bekannt gegeben, daß der englische Gesandte in Tokio, Claude Mocdonald, zum Botschafter daselbst ernannt worden sei.
js Tanger, 3. November. Die französische Souderge- sandtschaft ist aus Fez hier angekommen.
Deutsch-Ostasrika.
js Merlin, 3. November. Der Kommandant des „Thetis" meldet aus Dar-es-Salaam vom 2. November: Oberleutnant zur See Paasche hat eine kleine Baude Aufständischer auf dem Südufer des Rufidji zerstreut. Aufständische haben sich jetzt im Süden von Mohorro gezeigt und find durch eine zweitägige Expedition von Marine-Infanterie und Schutztruppen verjagt worden. Bei Kibata wurde eine aus 10 Seesoldateu und 5 Askaris bestehende Patrouille hartnäckig angegriffen. Es fand ein Scharmützel statt. Der Feind hatte zahlreiche Verluste. Die Marine-Infanterie in Muansa hat im Sultanat Makongolo die Schutztruppe unterstützt. Der Gegner hatte ungefähr 30 Tote. Hauptmanu von Schlich- ttng bat die Etappe auf dem Tumsoaberge, 90 Kilometer südwestlich von Kilwa, besetzt. Unsererseits wurde niemand verwundet.
Die Lage in Rußland.
js Beterhof, 3. Nov. Pet. Tel.-Ag. Ei« kaiserlicher Mas betr. die Erlassung einer Amnestie ist unterzeichnet.
js Bekersönrg, 3. November. Der heutige Jahrestag der Thronbesteigung des Kaisers verlief durchaus ruhig. Die Straßen nehmen, wenn auch der Straßenbetrieb noch nicht wieder ausgenommen ist, allmählich ihr gewöhnliches Aussehen au. Es find keine Patrouillen und keine Menschenansammlungen mehr zu sehen. Im Ganzen gelangt mehr und mehr Befriedigung über die vom Kaiser gewährten Freiheiten und der Wille, die Bestrebungen Wittes tatkräftig zu unterstützen, zum Ausdruck. Alles sehnt sich nach Rahe und Rückkehr zu normalen Verhältnissen; besonders äußert sich dieser Wunsch in industriellen, kaufmännischen und gewerbetreibenden Kreisen.
js Belersvttrg, 3. Nov. Die letzten Telegramme aus der Provinz berichten von mehr oder weniger ernsten Ruhestörungen am vorgestrigen and gestrigen Tage. In vielen Städten kam es zum Einschreiten des Militärs, wobei es Tote u n d B erwun d ete g ab, so vornehmlich iuKaluga, Grodns, Rybiusk, Twer, Minsk, Kurgau, Baku und Sewastopol. In wenigen Städten ereigneten sich auch Zusammenstöße zwischen Angehörigen verschieden er politischer Parteien. Andere Telegramme berichten über die Fortdauer der gegen die Juden gerichteten Unruhen, so in Njeschi», Witebsk, Romny New, Kilwa, Elisabethgrad und namentlich Odessa, wo unter der großen Zahl der Verwundeten verkleidete Polizisten erkannt wurden. Die Ru Heft ö r un gevfü hrten regelmäßig zurPlün- derung und Inbrandsetzung der jüdischen Läden und zu Gewalttaten gegen die jüdische Bevölkerung, aus der viele getötet oder verwundet wurden. In Saratow wurde die Synagoge augezündet.
js Odessa, 3. November. Die Angriffe auf die
Juden fanden gestern in noch stärkerem Maß« statt als bisher. In allen Stadtteilen wurden erhebliche Verwüstungen augerichtet, besonders in den entlegenen Vierteln. Dev ganzen Tag über fielen Schüsse. Auf einigen Straßen sind Geschütze anfgefahren. Die Stadt gleicht einem Kriegslage r. In den Straßen ist Polizei nicht zu sehen; bewaffnete Studenten sorgen für die Aufrechterhaltung der Ordnung.
* Odessa, 3. November. Wegen der Verhängung des Belagerungszustandes wurde bestimmt, daß nach 7 Uhr abendS sich niemand mehr auf den Straßen sehen lassen darf und daß auf jede Person, die nach dieser Zeit am Fenster oder auf dem Balkon erscheint, geschossen wird. Um 9 Uhr ist daS Licht in den Häusern zu löschen.
js Warschau, 3. Nov. Der Tag ist ruhig verlaufen. Die Läden waren am Vormittag offen, wurden aber nachmittags wieder geschlossen. Der Ausstand dauert fort; eS fanden in den Versammlungen heftige Parteikämpfe statt. In der Erwartung, daß noch heute die Amnestie erfolgen werde, bleibt die Lage gespannt. Die Börse sandte ein Telegramm au den Grafen Witte mit einem Protest gegen die MilitärauSschreitungen.
* Warschau, 3. November. In Radow find in den letzten beiden Tagen 20 Bomben geschleudert worden. DieStraßeu wurden durchDrahthinder- uisse undBarrikaden gesperrt, bei deren gewaltsamer Wegräumnug eS vieleTote und
! Verwundete gab.
! * Boston» a. Do«, 3. November. Seit drei Tagen
§ wüteuhierDemolieruugev, RaubnudBrand- stiftungen. Das Eigen tum der Reichsdeutschen W jedeuSchntzes bar vernichtet worden. Ihr Leben ist gefährdet, die Stadt brennt.
js Boston» a. Do«, 3. November. Nach Feststellung find bei den gestrige« Unrnhe» 34 Personen getötet und ISS schwer verwundet worden.
* Minsk, 3. Nov. Fast stündlich finden hier Beerdigungen von Leuten statt, die den letzten Unruhe» zum Opfer gefallen sind. Die Leichen werden auf Droschken fortgeschafft. Auf dem israelitischen Friedhofe lagen 54 Leichname. Die Arbeiter setzten für die Getöteten eine dreitägige Trauer an. Ja den öffentlichen Anstalten ist die Arbeit eingestellt.
js Sapars«da, 3. Nov. Die russischen Soldaten in Uleaborg haben ohne Widerst and ihre Waffen aus ge liefert. Die russischen Straßenschilder sind übermalt. In Tornea haben sich 150 Freiwillige zur Anfrecht- erhaltung der Ordnung gemeldet. Gestern warde in Tornea, Kennt und Uleaborg mit finnische» Fahnen geflaggt. Abends wurde in allen finnischen Städten illuminiert.
Literarisches.
A. Bekru«. Batiouelker Schnitt aller HSstSavm- sorme», Ufil sich schnitt ««d Weinschuitt mit 150 Abbildungen. Preis broschiert 1 Mk.. gebunden 1.80 Mk. Verlag I. C. Schmidt, Erfurt. Zu beziehen durch die W. Rieker sche Buchhandlung, Altensteig.
Kein Gartenbuch hat jemals solchen Erfolg aufza- weisen gehabt, als das Werk von Pckru», welches innerhalb zweier Jahre iu 20 Tausend Stück verbreitet wurde und von dem jetzt das 20.-30. Gavsend vor uns liegt. Es nimmt die Verbreitung eigentlich nicht Wunder. Das Bach, welches mit der goldene« Medaille Preisgekrönt wurde, ist kurz, sachlich und anschaulich geschrieben.
! Die Bilder Hgäuzen den Text in vorzüglicher Weise.
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W Lef«fruch1. M
Wie schön der Hoffnung Bilder lachen: Sie stellen Truggestalten dar:
Nur die Erinn'rung redet wahr,
Die Hoffnung ist ein Traum im Wachen.
In letzter Stunde.
Roman von Henriette von Meerheim b.
(Fortsetzung).
„Aber Mütterchen!" Helene sah erstaunt iu das erblaßte Gesicht der Sprechenden.
Leo lachte.
„Hat der schöne Horst Königseck unheimliche Augen? Vielleicht gar den bösen Blick?"
„Ich weiß es nicht; ich möchte jedenfalls meine beiden Hände über mein Kind halten, wenn sein Blick sie trifft," sagte Frau v. Brandenfels leidenschaftlich. „Dieser Mephisto I"
„Nun ja, etwas vom Mephisto mag er schon au sich haben," gab Leo zu. „Ein abwechslungsreiches Leben hat er jedenfalls geführt. Ausgewachsen ist er im größten Luxus; sein Vater war eiu toller Verschwender. Als die Mutter, eine bildschöne Uogariu, starb, brach alles zusammen. Die Güter wurden verkauft; Vater und Sohn gingen mit dem Rest des Vermögens auf Reisen. In deu Jahre», iu denen andere strebsame junge Leute vou früh bis spät büffeln, lernte der junge Königseck an der Seite deS flotten Papas alle Genüsse der vornehmen Welt gründlich kenne». Daß er es trotzdem fertig brachte zu studieren, Examen zu machen, spricht nicht nur für seine glänzende Begabung, sondern bekundet auch Neigung zu ernsteren Diugen. Auf einmal sattelte er um, wurde Offizier, Gardekavallerist, der beliebteste Kavalier bei Hof, Priuzesfiuneutäuzer und so weiter. Nach einigen Jahren reichte er seiuru Abschied eiu. DaS
Vermögen war wohl zu Ende, vermutlich auch noch ein größeres MinuS dazu vorhanden. Vielleicht gab es auch noch andere Gründe. Mau brachte seinen Namen mit einer traurigen Geschichte iu Verbindung. Er sollte einer schönen Frau — der Name» ist mir entfallen — sehr gehuldigt haben. Der Ehemann wurde eifersüchtig und forderte ihu, stürzte aber am Tage, an dem das Duell stattfinden sollte, so schwer, daß er ein hilfloser Krüppel geblieben ist. Das Paar verschwand dann ganz von der Bildfläche; die Frau, sagt mau, widmet sich nur noch dem kranke» Gatten."
„Uud was tat Königseck!" fragte Helene gespannt.
„Königseck? Der ist wieder gereist und Hst dann deu chinesisch-japanischen Krieg mitgemacht. Plötzlich tauchteer wieder auf, noch brauner gebrannt, mit zwei kleidsamen Säbelhiebnarben und vielen Orden geziert. Es wird ihm eiu leichtes sei», wieder angestellt zu werden. Freilich zum Gardekavalleristen wird es nicht mehr lauge». Das Geld ist futsch."
„Aber er hat doch toll gelebt, wohl auch gespielt?" warf Frau v. Brandenfels ein: „Wird das kein Hindernis sein?"
„Kaum; er spielte iu der nobelste» Weise: seine Liebesaffären find schließlich seine eigene Sache. Eine gute Karriere ist ihm sicher. Er galt immer für einen sehr gescheiten Kopf und brillanten Reiter."
„Ich begreife nicht, wie nus Hilmar diesen Manu ins Hans bringen konnte," zürnte Frau v. Brandenfels, „Er kennt doch unsere Grundsätze und vor allem Babys wegen—"
Sie stockte, denn Baby kam die Beraudastufen heraufgestürmt. Ueber ihr Weißes Kleid hatte sie einen alten zer- rifseuen Baurrnrock gezogen, ein großes Tuch um den Kopf gebunden, einen Stock schwenkte sie in der Hand.
„Ich bin die Hennen-Dörte," schrie sie atemlos. „Bitte, verratet mich nicht. Ich will Willy ein „Glück ans!" zur Jagd zurufeu, wenn er kommt. Er wird schön schelten."
Die Geschwister lachten. Frau v. Brandenfels tat zwar ihr Willy mit seinem Jägeraberglauben leid; aber Baby konnte sie keinen Spaß verderben.
So warteten sie alle gespannt, bis der junge Offizier im Jazdanzug, das Gewehr über der Schulter, zu ihnen kam, uxr ihnen adieu zu sage», das übliche; „Viel Pech!" uud: «Brich dir Hals und Beiue!" dankend quittierend.
Als er lustig pfeifend die Treppe hinuuterspraug, tauchte das zerlumpte, alte Weibchen gebückt und humpelnd plötzlich vor ihm auf:
„Viel Glück, Herr Leutnant," krächzte eine heisere Stimme.
„Verwünschte alte Hexe!" wetterte der juuge Offizier los. Was stellst du dich mir in den Weg, wenn ich zur Jagd will I Und heute wünschest du gar noch Glück. Scher dich zum Kuckuck, du—"
Das Tuch fiel der Gescholtenen vom Kopf; und Willy sah zu seinem maßlosen Erstaunen das lachende Gesicht Babys, die ihm ihre rosa Zange herausstreckte.
„Racker!" brummte der Gefoppte. „Eiu altes Weib bist du nun freilich nicht uud kannst mir deshalb nicht die Jagd verhexen, aber für den „Glückwunsch" verdienst d«—" Er machte eine leicht verständliche Haudbewegung.
„So eine?" gab Baby zurück, die deu Stock fallen ließ, uud schwapp I hatte der Bruder einen Schlag vou ihrer kleinen Hand weg. „So — und nun mach', daß du fortkommst, Glück auf den Weg!" knixte sie." Uud schneide nicht solch mordsdummes Gesicht, sonst werden alle Rehböcke scheu."
Dabei hüpfte sie ans ihrem Lnmpeuröckchen heraus und kauerte sich auf die Lehne vou der Mutter Stahl, während Willy laut vor sich hiuscheltend, seines Wegs zog, (Fortsetzung folgt.)