Jervsprrcher

W-. 1L

Erscheint Dienstag Donnerst, Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

Bestellprels für das Vierteljahr im Bezirk Rachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb ^ M. 1L5.

Hkr. 174.

ML.

-Mmtzblall für

Von her

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.

sMmML./laöl.

^undMterhaltungzblaNl

- obsnen r7/o.^olä.

Sonntag, 6. Wovenrber

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Gegründet

1877.

Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg, bei mehrmal je 6 Pfg, auswärts je 8 Pfg, die ein­spaltige Zeile oder deren Raum-

Verwendbare Bei­träge sind willkommen

1906 .

Amtliches.

Die Evangelische Gemeinschaft Altensteig ist nach einer Bekanntmachung des K. Amtsgerichts Nagold unter Nr. 5 in das Vereins-Register eingetragen worden.

Im Fernsprechverkehr können von jetzt auzunächst

versuchsweise Gespräche, die sich zwischen denselben Teil­nehmern täglich oder werktäglich zu derselben Zeit wieder­holen sollen, ein für allemal angemeldet werden. Diesen Gesprächen steht ein Vorrang bei der Herstellung der Ver­bindungen gegenüber anderen Gesprächen gleicher Gattung, die vor der angegebenen Zeit angemeldet werden, nicht zu. Die Gespräche können entweder ein für allemal als ge­wöhnliche oder ein für allemal als dringende angemeldet werden. Wünscht der anmeldende Teilnehmer ausnahms­weise statt des gewöhnlichen Gesprächs ein dringendes oder statt des dringenden ein gewöhnliches Gespräch zu führen, so hat er dies an dem betreffende!» Tage dem Amte be­sonders mitzuteilen.

Für den Reichstag.

(Nachdruck verboten.)

Der deutschen Volksvertretung, die, wie bereits be­kannt, am 28. November zur neuen Session sich Im Reichs­tags-Gebäude am Berliner Königsplatze versammeln wird, wird in diesem Winter ein außerordentlich bedeutsames Arbeits-Pensum unterbreitet werden, das demjenigen der vorigen Handelsvertrags-Tagung in keiner Weise uachstehen wird. Reichs-Finanzreform und Befestigung unserer Wehr­kraft zur See werden die Brennpunkte sein, um welche sich die Debatten bewegen werden; mit der elfteren ist unsere gesamte innere, mit der letzteren unsere äußere Politik un­trennbar verknüpft. Und so können wir denn nur wünschen, daß der Reichstag in einer ernsten Debatte, die sich wirklich auf der Höhe der Zeit hält, Gelegenheit nehme, die Welt­lage und diejenige des deutschen Reiches selbst nach innen, wie nach außen zu besprechen.

Der Reichskanzler Fürst Bülow hat sich beim Abschluß ! der neuen Handelsverträge, bei der Vereinbarung des Ma­rokko-Vertrages mit Frankreich und bei anderen Gelegen­heiten als ein glücklicher Schüler Fürst Bismarcks erwiesen, er hat die deutschen Reichs-Interessen mit Geschick und Er­folg wahrzunehmrn verstanden, ohne daß deshalb, wie be­sonders anerkannt werden muß, sich in Frankreich irgend welche neue Empfindlichkeit geltend gemacht hätte. Aber wir wünschen doch, daß Fürst Bülow sich nicht allein die glückliche Hand des ersten deutschen Kanzlers bewahrte, sondern daß er auch Bismarck's berühmte Offenheit da, wo sie angebracht ist, sich zur Richtschnur machte. Wir haben seit geraumer Zeit keine wirklich große Debatte über die Weltlage mehr im Reichstage gehabt und wenn ja einmal die auswärtigen Beziehungen berührt wurden, wie mehrfach zur Zeit des Buren krieges, dann konnten wir hauptsächlich vernehmen, daß dieselben nichts zu wünschen übrig ließen. Diese vom damaligen Grafen Bülow votgetrageoe Tatsache war erfreulich, aber wir können uns doch nicht mehr ver­hehlen, daß der einstige Rosenschimmer internationaler Freundschaft unter manchem Rauhreif in der Politik etwas ius Welken geraten ist. Vielleicht kann man die Dinge nicht so recht fassen, nicht handgreiflich die Beweise dafür vor- sührev, daß nicht Alles, lauge nicht mehr Alles genau stimmt, aber wir merken es doch unzweideutig. Die heitere Ge­schichte vou den englischen Ueberrumpeluugs-Plänen des Nordostsee-Kanals und dem Zuge der hunderttausend Mann nach Schleswig-Holstein ist für eitel Humbug erklärt wor­den, aber das Beifalls-Getrampel nach dieser Kundgebung war schwach. Kein Mensch hat daran geglaubt, daß der einstige französische Minister des Auswärtigen, Delcasfee und fein englischer Kollege Laudsdowue sich nur der eifrigsten Fürsorge für Deutschlaud's Wohlergehen gewidmet haben. Wo Rauch ist, da ist auch Feuer und es schadet gar uichtS, wenn Denen einmal auf die Finger geleuchtet wird, die hier europäische Brandstiftung versucht haben.

Nicht jeder Staatsmann ist ein Bismarck, auch nicht jeder Nachfolger des eisernen Kanzlers hat dessen persön­liches Gewicht bei seinen Worten in die Wagschale zu wer­fen. Aber wir find überzeugt, jeder Kanzler hat, ebenso wie Bismarck, ein Interesse daran, Europa zu zeigen, daß er die deutsche Volksvertretung in allen Fragen internationaler Politik, sobald die deutsche Ehre und unser Recht ins Spiel kommen, hinter sich hat; gegenüber den mitunter geradezu bodenlosen Klatschereien tut es gut, dem Auslande zu zeige», daß die deutsche Reichsregierung und die deutschen Volks­vertreter ganz genau wissen, was sie wollen. Gewiß, keinem Deutschen ist beute onbekannt, daß der erste Träger unserer auswärtigen Politik oft der Kaiser selbst ist, aber es weiß auch Jeder, daß die Auffassungen deS Monarchen und des '

Kanzlers sich vollkommen decken und vor Allem ist der! Letztere der verantwortliche Leiter der gesamten Reichs-Poli­tik. Wir haben nicht den mindesten Anlaß, irgendwie eine Gefahr aus solcher wahrheitsgetreuen Erörterung der Welt­lage zu erwarten, sie kann nur wie ein frischer Luftzug wir­ken, der allen Nebel und Dunst, hinter dem die Jntrigu- auten ihr Spiel treibe», verscheucht. Ganz Europa kann gar nicht genug Klarheit und Wahrheit erhalten und wenn eine Stelle geeignet ist, diese Auseinandersetzung zu ver­nehmen, so ist es gewiß der Reichstag.

Alle unsere Leser

machen wir darauf aufmerksam, daß wir in dem heute bei­gelegten Sonutags-Gast mit der interessanten aus dem Leben gegriffenen Erzählung

Fischer Irnsrn's Kufe

beginnen, die jedem Familiengliede aufs beste empfohlen werden kann.

Ebenso machen wir auf die bereits in vorletzter Nummer unseres BlatteS begonnene hübsche Erzählung

, Irr letzter Stunde"

aufmerksam und bemerken, daß den neuhinzutretenden Abonnenten die Nummer« misonst uachgeliefert werden.

Tagespolitik,

Den Stand und die Aussichten der Ber- fassuugsrevision beurteilt der Referent der Ber- fassungskommisston der Abgeordnetenkammer Friedrich Hauß- mann in der Berliner WochenschriftDie Nation", folgender­maßen: Nachdem die Nachwahlen durchaus entschlossene Anhänger der Verfaffnngsreviston in die Kammer gebracht haben, fragt es sich, wieviele vou den 13 Mitglieder« der Ritterschaft mit dem Zentrum stimmen werden? Wenn mehr als 10 in der Schlußabsttmmnug gegen das Ver- , fassungsgesetz stimmen, so ist es in der zweiten Kammer ge- I fallen. Im anderen Fall geht der Entwurf au die Kammer der Standesherren. Diejenigen Mitglieder der ersten Kam­mer, welche für die Entschließung der Mehrheit maßgebend find, find Mitglieder des Zentrums. Andererseits ist der Wunsch der ersten Kammer nach einer Vermehrung ihrer Arbeitskräfte intensiv. Denjenigen Standesherren und Prin­zen, welche Gegner des Bersaffungsentwurfs find, wäre es angesichts des Revifionswillens, der in der Thronrede des Königs, wie in allen Kundgebungen der öffentlichen Mein­ung hervortrat, vermutlich nicht erwünscht, wenn ihnen das Odium der Ablehnung von den Rittern in der zweiten Kammer abgenommen würde. Nur wenige Standesherren vergegenwärtigen sich, welche Gesinnungen in der Bevölker­ung des Landes die Regierung der nächsten Generation des Königshauses antreffen würde, wenn die Verfassungserneuer- i ung abermals von der Politik des Zentrums Hintertrieben wird. Im November wird das Abgeordnetenhaus die Kom- misfiousanträge beraten. Es liegt in der Natur der Sache, dah, da die Entscheidung von zwei oder drei Persönlich­keiten abhängeu wird, eine Vorhersage des Votums sich verbietet, selbst wenn man zu wissen glaubt, wie es ans- fallen wird. Im Falle der Annahme der Verfaffuugsrevifion werden ruhige parlamentarische Verhandlungen vorwiegend über wirtschaftliche Fragen und ruhige Neuwahlen kommen, ohne daß Leblosigkeit oder Verdrossenheit zu befürchten wäre. Im Fall des Scheiterns wird eine Bewegung durch das Land Württemberg gehen, wie sie diejenigen, die heute im politischen Leben, stehe», noch nicht erlebt haben. Die Frage: Wozu braucht der Adel Vorrechte im zwanzigsten Jahrhundert?, wird ein Kampfruf werden, der mit elemen­tarer Gewalt durch die Städte und Dörfer geht. DaS Ver­langen eines Rückgriffs auf das Gesetz von 1849, mit dem die Fraktion der Volkspartei diesen Sommer allein stand, wird tausende von Anhängern haben, so daß ihm auch eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus künftig nicht fehlen wird. Die Demokratie und der fortschrittliche Liberalismus würden nach dem abermaligen Mißlingen des VerfassnugSversachs, zumal angesichts ihrer ehrlichen Mitarbeit, ein so erschlos­senes Verständnis ihrer politischen Forderungen in der Wählerschaft finden, wie sie nur wünschen können. Was das Parteiinteresse betrifft, so werden sie keinen Grund

haben, die Situation zu beklagen.

* *

In Oesterreich ist über Nacht eine stürmische Wahlrechtsbewegung aasgebrochen. In Wien, Prag und anderen größeren Städten demonstriert die Menge. Ihren Kern machen die organisierten Arbeiterklassen aus. Die Leitung der Bewegung hat die sozialdemokratische Partei in der Hand. Es fehlt aber durchaus nicht an bürgerlichen ! Politikern, die über das Wahlrecht ganz genau so denken.

Der Aufstand auf Kreta, welcher die Bereinig, ung der Insel mit Griechenland bezweckte, gilt als beendigt. Mit der Note, in welcher die drei kretenfischen Führer Be- liselos, Manos und Fnnis den Generalkonsuln der vier kretischen Schutzmächte avzeigten, daß sie bereit seien, die Waffen niederzulegeu, betrachtet man die Insurrektion all­gemein als beendigt.

LandesnachrichLen.

-n. Meustelg, 3. Nov. Durch das K. Ministerium des Kirchen- und Schulwesens wurden in jüngster Zeit 15 württemb. Gewerbelehrerkandidaten, die vorzugsweise dem Kreise der jüngeren Bolksschullehrer entnommen wurden, nach Karlsruhe berufen, um au der dortigen Gewerbelehranstalt, die mit dem Beginn des Winterhalbjahrs weiter ausgebaut und selbständiger organisiert wird, in mehrjährigem Lehr­gang als Gewerbelehrer ansgebildet zu werden, worauf sie sich nach abgelegter Prüfung für den Dienst an den ge­werblichen Fortbildungsschulen unseres Landes zur Ver­fügung zu stellen haben. Den Gewerbelehrerkandidatcn wurde eine angemessene staatliche Unterstützung zugefichert. In Volksschullehererkreiseu wird diese Maßnahme mit Be­friedigung ausgenommen. Denn es wird dadurch manchem jüngeren Lehrer weitere Aussicht, sich eine bessere Stellung im Staate zu erringen, eröffnet. Unter den berufenen Kan­didaten befindet sich auch ein Lehrer, der bisher in unserem Bezirk augestellt war, Schullehrer Haug von Oberschwan­dorf, der am 1. Nov. den Ort seiner bisherigen gesegneten Wirksamkeit verließ, um nach Karlsruhe zu überfiedeln. Wir wünschen dem strebsame» jungen Mann, daß er daS ins Auge gefaßte Ziel glücklich erreichen möge.

* ßakw, 3. Nov. In große Trauer wurde gestern die Familie des Metzgermeisters Köhler durch deu tragischen Tod ihrer in St. Blästen verheirateten, blühenden Tochter l versetzt. Letztere unterzog sich bei dem Arzte des hiesigen Krankenhauses einer Kropfoperation, der sie leider erlag.

ff ßakrv, 3. Nov. Ein heiteres Vorkommnis spielte sich letzthin in einem Hause hier ab, dessen Bewohner nachts durch ein eigentümliches Pfeifen und Heulen im Schlaf gestört wurden. Alle Bemühungen, die Ursache zu entdecken, blieben fruchtlos; schließlich glaubte man, es müsse ein Geist sein Wesen im Hause treiben; zur Baunung desselben wurden einige Männer verschrieben, die durch Gebet helfen sollten, auch der Geistliche wurde ins Vertrauen gezogen alles umsonst I In größter Angst wollten die Bewohner das Schlafzimmer wechseln und stehe, beim Abschlagen der Bettlade fand sich der Geist: Im Strohsack hatte sich eine Ratte eingenistet und so den Schrecken der Bewohner ver­ursacht.

ff Ufulliugeu, 3. Nov. Die Wasserfassuug au der hie­sigen neuen Quelle im Honauer Tal hat bereits 1112 ständige Sekuudenliter ergeben ; trotzdem das ganze Quell- grbiet bet weitem noch nicht erschlossen ist. Die Stadt hat einen 20jährigen Vertrag mit dem Besitzer des hiesigen Elektrizitätswerks über die Stromlteferung abgeschlossen.

ff Stuttgart, 3. November. (Strafkammer.) Unter der Anklage der gefährlichen Körperverletzung, begangen au seinem Lehrling, stand heute der Kaufmann Julius Fink von Winnenden vor der Strafkammer. Wie die Beweis­aufnahme ergab, hat der Angeklagte am 24. Juli seinem 16 Jahre alten Lehrling mit einem Meerrohr 1520 Schläge auf verschiedene Körperteile versetzt und zwar, weil ihn der Lehrling angelogeu hatte. Die körperliche Untersuchung des Lehrlings, die am andern Tage vou einem Arzt vorgeuom- men wurde, ergab eine Blutunterlaufung, 13 große Striemen auf dem Rücken, sowie 3 Hautabschürfungen am Kopf. Der Angeklagte machte geltend, er habe angenommen, es stehe ihm ein Züchtigungsrecht zu, da der Vater des Lehr­lings ihm geboten habe, seinen Sohn streng zu halten. Das Gericht schenkte diesen Angaben Glauben, war jedoch der Ansicht, daß der Angeklagte das von ihm angenommene Züchtigungsrecht in sehr erheblichem Maße überschritten habe und erkannte deshalb unter Verneinung deS Meer­rohrs als gefährliches Werkzeug wegen eines Vergehens der einfachen Körperverletzung auf 30 Mk. Geldstrafe. Von einem weiteren Vergehen der Körperverletzung wurde der Angeklagte freigesproche».

ff Oöppkuge«, 2. Novemb. Ja dem heutigen Gemeinde­rat wurde witgeteilt, daß die Neckarwerke Altbach-Deizisou, denen das hiesige Elektrizitäts-Werk untersteht, auch das hiesige Elektrizitätswerk ia eine Aktiengesellschaft nmwan- deln werden. Nach langer Debatte wurde beschlossen, das Submissionswesen dahin zu regeln, daß die städtischen Arbeiten im Turnus vergeben werden sollen. Die größeren Bauarbeiten sollen dahin geregelt werden, daß sie auf dem Snbmifftousweg vergeben werden sollen.