vier und von den Vertretern zwei aus der Amtsversammlung gewählt werden und daß nicht mehr als vier ordentliche Mitglieder und zwei Stellvertreter Ortsvorsteher sein dürfen, hat sich in der Kommission Stimmengleichheit ergeben. Der Berichterstatter Liesching tritt lebhaft für eine Beschränkung der Zahl der Ortsvorsteher im Bezuks- rat ein. Eine Degradierung der Ortsvorsteher liege in einer solchen Einschränkung nicht, ebensowenig eine Einschränkung der Wablfreiheit. Wohl aber liege eine Beschränkung der Wahlfreiheit darin, daß die Amtsversammlung nicht direkt gewählt werde. Der Bezirksrat sei nicht ein bloßer Ausschuß der Amtsversammlung, sondern eine aus Laien zusammengesetzte Staatsbehörde. Es seien Kautelen dagegen notwendig, daß nicht die zum größten Teil aus Ortsvorstehern bestehende Amtsversammlung ausschließlich diese staatliche Behörde mit Ortsvorstehern besetze. Der Mitberichterstatter Sommer (Ztr.) steht in einer solchen Festsetzung einer bestimmten Zahl eine Einschränkung des Wahlrechts und beantragt Annahme des Regierungsentwurfes. Abg. Hausmann-Balingen beantragt, nicht mehr als drei ordentliche Mitglieder des Bezirksrats und zwei Stellvertreter aus Ortsvorstehern bestehen zu lassen. Man solle nicht an den Erfahrungen, welche man im Verwaltungs- leben gemacht habe, achtlos vorübergehen.
' Die Beratung wird aldann auf morgen vertagt.
Stuttgart, 19. Jan.
* Nachdem die Debatte über die Zusammensetzung des Bezirksrats noch eine Zeitlang fortgesetzt war, ohne daß neue Gesichtspunkte hervortraten, wurde schließlich gestern ein von den Zentrumsabgeordneten von Kiene und Rem- bold gestellter Vermittlungsantrag angenommen, wonach nicht mehr als drei Mitglieder des Bezirksrats aus der Amtsversammlung entnommen werden dürfen und die übrigen Mitglieder aus den sonstigen Bezirksangehörigen gewählt werden müssen. Im übrigen wurde der Art. 36 nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. Die folgenden Artikel über den Geschäftskreis und Geschäftgang des Bezirksrats, über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bezirkskollegien, sowie der Beamten und Unterbeamten der Amtskörperschaften wurden nach den Anträgen der Kommission ohne Debatte erledigt.
K Me «steig, 20. Jan. Die gestern Abend abgehaltene Generalversammlung der Museumsgesellschaft war stark besucht. Der von Herrn Finanzamtmann Clauß erstattete Geschäfts- und Rechenschaftsbericht wurde sehr beifällig ausgenommen, da trotz der vielen Veranstaltungen noch ein von der Versammlung auf 38 Mk. aufgerundeter Betrag in der Kasse liegt. Die Wahlen zeigten, daß das Ehrenamt eines Ausschußmitgliedes nicht stark begehrt ist, und daß Einer den Andern an Bescheidenheit übertreffen wollte. Der Einfachheit des vom Vorstand Herrn Kam.- Verw. Köhler Ungeschlagenen Wahlverfahrens verdankte mau es aber, daß doch ziemlich schmerzlos die Wahlen vor sich gingen. Auch im kommenden Jahr hat das Museum viel vor. Zunächst soll für den Humor gesorgt werden, womöglich durch Beizug eines Komikers und dann wird auf Antrag des Herrn Finanzamtmanos Clauß an der Fastnacht der „grüne See bei Alte »steig im Jahre 1 9 2 5" eröffnet werden.
* Wakddorf, 20. Jan. Vor einigen Tagen wurde der
ledige Joh. Wendel von hier im Egenhauser Tal mit er- ' froreoen Füßen aufgefuudev. Wie wir hören, sollen ihm nun im Nagolder Krankenhaus beide Füße abgenommen werden.
* ßatw, 19. Januar. Bei den Wahlen zur hiesigen Handelskammer wurden gewählt: Karl Commerell- Höfen mit 156, Georg Wagner, Fabrikant, Calw mit 160, Otto Wagner, Zigarrenfabrikavt, Calw mit 144, Kommerzienrat Zöppritz, Calw mit 138, C. W. Lutz, Kaufmann, Altensteig mit 132, Eugen Dreiß, Kaufmann, Calw mit 79 Stimmen.
* GAAirrge«, 18. Jan. (Strafkammer.) Bei dem Bau des Erholundshauses „Heim Nagold" in Nagold stürzte kürzlich das Kellergewölbe ein. Dabei wurde der Maurer Gottlieb Kirchherr von Stammheim verschüttet, er kam aber mit Wunden am Kopf und an den Armen davon. Der Maurer Jakob Kußmaul von Mötzingen, Oberamts Herrenberg dagegen erlitt mehrere Knochenbrüche. Kußmaul, der von dem Baumeister Schüttle in Stammheim angestellt war, hat dieses Unglück selbst verschuldet, denn er entfernte eigenmächtig aus dem kaum fertiggestellten Kellergewölbe die Verschalung, bevor das Ankergemäuer eingebracht, die Widerlagsmaueru hochgeführt und die Schildmauern hergestellt waren. Kußmaul stand darum am 16. Januar vor der Tübinger Strafkammer. Er hatte sich wegen eines Vergehens der fahrlässige» Körperverletzung und wegen Zuwiderhandelns gegen die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst zu verantworten. Nach dem Gutachten der Sachverständigen durfte die Ausschalung des Kellergewölbes nicht eher erfolgen, als bis die erwähnten Mauern aufgeführt waren, und es mußte Kußmaul als Maurer mit der sicheren Möglichkeit rechnen, daß eine derartig verfrühte Ausschalung den Einsturz des Gewölbes notwendig zur Folge haben mußte. Kußmaul widersprach dieser Ansicht und bestritt, daß er eigenmächtig gehandelt habe. Der Gerichtshof erachtete den Schuldbeweis eines fahrlässigen Handelns nicht für erbracht und sprach Kußmaul kostenlos frei.
* Stuttgart, 19. Jan. Der König ist von hier abgereist, um sich für einige Wochen nach Cap Martin bei Mentone in Frankreich zu begeben. In Betreff der Besorgung der Staatsgeschäfte wurde verfügt, daß Gegenstände von größerer Wichtigkeit zur Einholung der Entschließung dem König nachgesendet, die übrigen Angelegenheiten aber im Vollmachtsnamen des Königs vom K. Stavtsministerium erledigt werden.
* Stuttgart, 19. Jan. Der in der Thronrede angekündigte, 12 Artikel umfassende Gesetzentwurf betr. die Abänderung einiger Bestimmungen der Gesetze über dasVolks- schulweseu ist erschienen: Die ständigen Lehrer an den Volksschulen erhalten danach neben ausreichender Wohnung oder entsprechender Mietzinsentschädigmig mindestens einen peusionsberechtigten Gehalt, der von 1200 Mk. in 3jährigen Dienstaltersstufen zuerst um je 100 Mk. (bis auf 1700 Mk.), dann um je 1Ä0 Mk. bis auf 2300 Mk. steigen soll. Den größeren Gemeinden soll es zustehen, mit Genehmigung der Oberschulbehörde eine besondere Gehaltsordnung einzuführen, wobei die Anfangsgehalte mindestens 1400 Mk. betragen und bis zu mindestens 1800 Mk. steigen. An Stelle der staatlichen Dirnstalterszulagen wird solchen Gemeinden für jede ständige Stelle ein jährlicher Staatsbeitrag von 450 Mk. gewährt. Die unständigen Lehrer sollen neben einem heizbaren Zimmer mit Mobiliar und Brennholz oder entsprechender Entschädigung in Gemeinden von weniger als 6000 Einwohnern mindestens 850 Mk., in Gemeinden von 6000 und mehr Einwohnern mindestens 1000 Mk. Gehalt beziehen. Außerdem wird ihnen nach Erstehung der zweiten Dienstprüfung eine staatliche Gehaltszulage von 100 Mk. gewährt. Die auf Lebenszeit ange- stellten Lehrerinnen sollen neben einer angemessenen Wohn
ung oder entsprechender Entschädigung mindestens penfions- berechtigte Gehalte von 11—1600 Mk. und in Gemeinden mit eigener Gehaltsordnung von 1200—1900 Mk. erhalten. Die unständigen Lehrerinnen sollen, hinsichtlich des Gehalts, der Dienstwohnung und des Holzbezugs den unständigen Lehrern gleichgestellt sein. Nach Erstehung der zweiten Dienstprüfung wird ihnen eine Gehaltszulage von 50 Mk. gewährt, und sie erhalten sodann Dienstalterszulagen von 100—500 Mk. Weiter wird bestimmt, daß bet denjenigen Schulstellen, mit welchen zur Zeit der Mesnerdienst noch verbunden ist, die Trennung der beiden Dienste auf den 1. April 1905 zu erfolgen hat.
* verschiedenes. Ein Holzmacher von Christofstal fuhr mit seinem 7jährigeu Mädchen auf einem kleinen Schlitten die Steige hinunter. Im sausenden Tempo gings dem Tal zu; der Vater konnte nimmer lenken und der Schlitten prallte an einem Randstein an. Dem Mann zerschmetterte es die Kniescheibe und das Töchtercheu brach den Fuß. — Ja Geislingen geriet beim Schlittschuhfahren der 10 jährige Alfred Gußmann unter ein mit 3 Pferden bespanntes, mit Balken beladenes Fuhrwerk. Dabei erhielt der Knabe von einem der scheuenden Tiere einen Schlag gegen den Hinterkopf, daß er einen schweren Schädelbruch davontrug und sein Zustand ein lebensgefährlicher ist. — In Unterhäuser: hatte der Bauer Jakob Neubrander das Mißgeschick, beim Zurichten des Viehfutters rücklings vom Scheunengebälk zu stürzen. Er zog sich durch diesen Sturz schwere Verletzungen der Wirbelsäule zu, welchen er erlegen ist. — Ein Flaschnerweister von Frikeu- hausen, welcher sich an einem 13 jährigen Mädchen vergangen hat, wurde verhaftet.
* Potsdam, 19. Jan. Als der Kronprinz heute vormittag in seinem mit einem Pferde bespannten Wagen, den er selbst lenkte, die Charlottenburger-Straße beim Bassin- Platze passierte, stürzte das Pferd und fiel. Der Kronprinz und der Kutscher fielen nach vorn aus dem Wagen, indes ohne irgend welchen Schaden zu nehmen. Der Kronprinz erhob sich sofort, das Geschirr wurde in Ordnung gebracht und der Kronprinz setzte die Fahrt fort.
Ausländisches.
* Mer«, 18. Jan. Vom Tesfmer Schwurgericht wurde der katholische Geistliche Biscara wegen Sittlichkeitsverbrechen an Kindern zu 8 Jahren Zuchthaus, 500 Fr. Buße und zur Entschädigung an die Familien der Kinder verurteilt.
ff Maris, 19. Jan. Die Kommission für die Hüller Angelegenheit hielt heute ihre erste öffentliche Sitzung ab, wobei die Darstellung des Sachverhalts zur Verlesung gelangte.
* Laudon, 19. Jan. Auf der Midland-Bahn stießen bei Darhill ein Expreßzug von Schottland und ein von London kommender Postzug zusammen. Bald darauf fuhr ein Grpäckzug auf die Trümmer der beiden anderen Züge. 6 Personen wurden getötet und 20 verletzt.
* Lauda«, 19. Jan. Ueber das Eisenbahnunglück auf der Midland-Eisenbahn fehlen noch bestimmte Angaben. Als der Güterzug in Sie Trümmer der beide« Perfoueuzüge lief, geriet alles in Flamme«. Es kam zu furchtbare« Szene«. Die Verletzten wurden nach Sheffield gebracht.
* Melersöurg, 19. Jan. „Petit Parisien" berichtet von hier: Man stehe in Erwartung ernster Ereignisse. Morgen werden wahrscheinlich 100,000 Arbeiter ausständig sein. Die Behörden haben alle Maßregeln getroffen, die Truppen bleiben konfigniert.
Der Bergarbeiterausstand.
So bedauerlich die schroff ablehnende Haltung der Zechenbesitzer und die Verkündigung des allgemeinen Berg-
M Lef-frircht. A»
Gieb niemand ungebeten Rat,
Er könnte, wenn befolgt, mißglücken, Und dir legt man die Schuld der Tat Als schwere Last dann auf den Rücken.
Fei« grspouue«
Kriminal-Roman v. Lawrence F. Lynch. — Deutsch v. E. Kramer
(Fortsetzung.)
Einundd reißigstes Kapitel.
Es war ein wundervoller Nachmittag im Mai, als Mr.Jermyn mit einer schönen, dunkelhaarigen, in eine duftige Frühjahrstoilette gehüllten Frau aus dem Hotel beraustrat, in dem sie Kenneth Baring und seiner jungen Gattin soeben einen Besuch abgestattet hatten. Sie bestiegen einen eleganten Wagen, der vor der Tür ihrer harrte, und die feurigen Pferde setzten sich sogleich in Bewegung.
„Gefällt Dir Mrs. Baring besser als Renee Brian?" fragte Mr. Jermyu, sich zu seiner Nachbarin hinabbeugend.
„Sie ist ein reizendes Geschöpf," erwiderte diese, „ja, sie gefällt mir." !
„Und doch," bemerkte er mit einem rätselhaften Lächeln, „batest Du sie nicht, wie ich erwartet hatte, mit ihrem Gemahl bei uns zu wohnen."
„Ich mag sie nicht im Hause haben," versetzte sie scharf und kehrte ihm brüsk den Rücken zu. ,
„Wahrhaftig! Du hättest ihnen um Jermynghams willen zuredeu sollen. Er würde sicherlich gern mit seinem alten Freund zusammen sein."
Sie hielt ihr Gesicht abgewandt und antwortete nicht.
In ihrem eleganten Heim angelangt folgte er ihr schweigend die Marmorstufen hinauf und legte dann Plötzlich die Hand auf ihren Arm.
„Mrs Jermyv," sagte er, und seine Stimme klang noch ruhiger und gelassener als sonst, „lassen Sie Ihr Interesse für Ihren wiedergefundenen Bruder nicht zu warm werden; es wäre nicht schwesterlich und — nicht weise."
Eine Blutwelle stieg in ihr Gesicht, sie stieß seine Hand bei Seite, raffte ihre seidenen Gewänder zusammen und eilte in ihr Boudoir.
Inzwischen hatte sich Steinhoff, der Mr. und Mrs. Jermyn unbemerkt nach dem Hotel gefolgt war und dort wartete, bis sie wieder den Heimweg angetretev, bei den Barings melden lassen. Als er ihnen gegenübertrat, hatte er den Eindruck, als ob beide nur mit Mühe eine innere Erregung bekämpften, und während er Renee seine Verbeugung machte, fragte er sich erstaunt, ob ihre Augen Wohl immer so blitzten, ihre Wange immer die rosige Farbe trügen.
Nachdem die ersten Begrüßungen und Glückwünsche ausgetauscht worden waren, drückte Steinhoff Mr. Baring seine Ueberraschung aus. „Ich hörte von Carnow, daß Sie hierher kommen würden," sagte er, „aber in solcher angenehmen Begleitung hatte ich Sie nicht erwartet."
Baring lachte.
. „Ich wollte es Ihnen mitteileu," erwiderte er, „aber i ich fand wirklich keine Zeit dazu."
„Ja, ja, das kann ich mir denken," meinte Steinhoff lächelnd und blickte von dem Einen zu dem Anderen.
Barings Gesicht wurde plötzlich ernst. „Begegneten Sie nicht jemand, Steinhoff, als Sie die Treppe hinauf , kamen? Sahen Sie nicht einen Geist?"
Spuckt cs in Ihrem Hotel, daß hier Gespenster bei Tage umgehen?"
„Ich möchte es fast glauben. Wenn Sie mir erzählen würden, daß die Toten aus ihren Gräbern auferstehen und Besuche abstatten —"
„In Begleitung blonder Herren," schaltete Steinhoff ein.
„Was, Sie haben sie also auch gesehen?"
„Wenn Sie den Herrn und die Dame meinen, die eben wegfuhren, ja."
„Und ist Ihnen nicht die Aehnlichkeit aufgefallen?"
„Augenblicklich."
„Meiner Treu! Setzen Sie sich. Steinhoff. Wir, meine Frau und ich, tauschen gerade unsere Meinung aus, und waren beide etwas aufgeregt, als Sie augemeldet wurden."
Renee warf ihrem Gatten einen vielsagenden Blick zu, den Mr. Steinhoff zufällig auffing, und der ihn zu der Frage veranlaßte:
„Versteht Mrs. Baring unsere Anspielungen?"
„Zum Teil, erwiderte er. „Ich habe Renee von dem was ich in meiner Eigenschaft als Detektiv erlebte, so viel erzählt, wie ich verantworten konnte. Ich tue mir nämlich nicht wenig darauf zu Gute."
Steinhoff lächelte. „Ich versichere Sie, Mr. Baring, der Anfang war nicht übel. Ich würde Ihren Gatten gern weiter verwenden — wenn Sie es gestatten."
„Nein," sagte sie nachdenklich, „ich stelle es mir schrecklich vor. Und glauben Sie, Mr. Steiuhoff, daß ein verheirateter Mann ein guter Detektiv sein kann? Ich wenigstens würde mir von dem weinigen Alles erzählen lassen."
„So wissen Sie also auch, Mrs. Baring, daß Ihr Gatte eine Eatdeckung gemacht hat, die vielleicht der ganzen Sache ein anderes Gesicht geben kann?"
„Davon habe ich nicht gesprochen," sagte Baring. „Es ist ein unangenehmes Thema, und ich fühlte mich auch nicht berechtigt, darüber zu reden."
„Kenneth," erklärte seine Frau, „die Herren haben offenbar etwas zu besprechen, wovon ich nichts hören soll. Keine Widerrede, Mr. Steinhoff! Wenn es Zeit dazu ist, wirst Du mich schon in das Geheimnis einweihen, Kenneth — bis dahin aber will ich die Herren allein lassen. Vielleicht kann ich etwas erlauschen, wenn ich an der Tür horche,