Sie beabsichtigen sich deshalb eine» juristische» Beirat zu bestellen. England wird liefern Beispiele folgen. In Be­zug auf das Verlangen Jap." ?, einen beratenden Vertreter zu den Kommisfionsverhandllltigeu zu entsenden, wird sich die Kommission wahrscheinlich zu der Ansicht entschließen, daß sie nicht das Recht hat, Mitteilungen von anderer Seite als von der englischen und der russischen Regierung entgegenzunehmen. Daher wird sich Japan wohl der Ver­mittlung Englands bedienen. *

Der König von Spanien machte am Mittwoch einen Ausflug im Automobil. Unterwegs auf einer mit Bäumen bepflanzten Straße, mußte der Kraftwagen, der mit einer Schnelligkeit von 80 Kilometer in der Stunde dahinsauste, zur Ausbesserung eines Gummireifens plötzlich anhalten. Schon wollte der König wieder einsteigen, als in kurzer Entfernung ein Eisendraht bemerkt wurde, der quer über die Straße gezogen und an den Bäumen befestigt war. Dieser Draht befand sich genau in der Höhe des Kopfes der Auto­mobilin,aßen. Ohne den Unfall am Gummireifen wäre der König, der den Kraftwagen persönlich steuerte, unfehlbar diesem Attentat zum Opfer 'gefallen.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 22. Dezember.

Der Präsident teilt mit, daß der Entwurf des Haupt- finavzetats für die Finauzperiode 1905 6 eingelaufen ist. Die erste Beratung wird nach den Feiertagen stattfiudm. Der Etat wird sofort in Druck gegeben. Die Beratung der Gemeindeordnung wird bei Abschnitt 9, Handhabung der Disziplin gegen Mitglieder der Gemeindekollegien und Gemeindebeamte, fortgesetzt. Nach Art. 210 haben die Mit­glieder der Gemeindekollegien und Gemeindebeamten, welche ihre Dienstpflichten verletzen, insbesondere durch ihr Ver­halten in und außer dem Amt sich nicht der Achtung, die ihre amtliche Stellung erfordert, würdig zeigen, Disziplinar- brstrafnng wegen Dienstvergehens verwirkt. Die Ausübung eines Reichstags- oder Landtagsmandats ist als Verletzung der Dienstpflichten nicht anzusehen. Der Artikel wird nach kurzer Debatte angenommen.

Zu Art. 202, welcher als Ordnungsstrafen Verweis, Geldstrafe bis zu 100 Mark und Haft bis zu zwei Wochen, außerdem Amtsenthebuvg und Dienstentlassung vorsieht, hat eine Anzahl Zentrumsabgeordnete den Antrag gestellt, die Haftstrafe zu streichen. Abg. Re mb old-Aalen (Ztr.) be­gründet den Antrag und hofft, daß die Staatsrezierung mit der Abschaffung der disziplinären Haftstrafen für Staats­unterbeamte Nachfolgen werde. Die Abg. Betz (Vp.), Hil­denbrand (Soz.), H a u ß m a n n-Gerabronn, v. Geß (D. P.) sprechen sich für den Antrag aus. Minister v. Pi- schek teilt mit, daß in den letzten 4 Jahren nur in 71 Fällen Haftstrafen gegen Gemeindebeamten verhängt worden sind. Es handelte sich meistens um Fälle von Trunkenheit, Verkehr mit Dirnen und derg!., die bei Wegfall der Haft­strafe Dienstentlassung im Gefolge gehabt hätten. Die Ver­waltung könne ohne Haftstrafe auskommen, ob aber den Beamten damit gedient sei, sei eine andere Frage.

Ministerpräs. v. Breitling erklärt, daß sich das Staarsmimstermm durch die Abschaffung der Haftstrafe in den Gemeinden für die Staatsbeamten nicht präjudizieren lassen könne.

M L elssrucht. K»

Ach, ich bin des Treibens müde!

Was soll all' der Schmerz und Lust? Süßer Friede,

Komm, ach komm in meine Brust!

Auch eine Mefcherrrng. j

Weihnachtshumoreske von Paul Miß.

(Schluß.)

Und mit Windeseile saust der Zug dahin durch die ! weiten Schneefelder. Vorüber an alten gekröpften Weiden, f auf deren knorrigen Kronen sich hoher Schurr gesammelt hat, vorüber an schlanken träumenden Pappeln, an traulich winkenden Tannen und Fichten, weiter, immer weiter. Jetzt kommt ein Dorf in Sicht. Ein großes, wie es scheint, von wohlhabenden Bauern bewohntes Dorf, mit hübschen freund- i lichen Häusern und einer ziemlich sauber gehaltenen breiten Straße. Hier hält der Zug eine Weile, nnd täuscht ihn nicht alles, leuchtet dort schon ein brennender Christbaum. Wahr­haftig, es ist einer! In dem Herrenhause beschert mau dem Gesinde. Eine große mit reichem bunten Behang und vielen hellstrahlenden Lichtern geschmückte Tanne wirft weit­hin ihren Schimmer. Und um den Baum sammeln sich nun die Leute mit glücklichen Gesichtern, er sieht es ganz deutlich, deun der Zug hält mehrere Minuten au dieser Bahnstelle; die Großen und die Kleinen kommen und blicken frohbewegt auf zu dem prächtigen Weihnachtsbaum. Dann nehmen sie ihre Teller mit den vielen Aepfeln und Nüssen nnd den riesigen Pfefferkuchen, oder auch den braungebackenen Christstolleu, um sich unter nochmaliger Verbeugung von ihrer Herrschaft zu verabschieden.

Ein kurzer, schriller Pfiff der Lokomotive und weiter

gehts.

Von neuem eintönige Schneeflächen, zvgesrorene Grä­ben und Flüsse, dicht beschneite Bäume, krächzend aufliegeude . Raben, hin und wieder auch ein hungriges Wild, das dev nahe gelegenen, schützenden Wald zu erreichen bestrebt ist, und weiter, immer weiter.

Doch plötzlich beginnt sein Auge zu glänzen, er wischt die aogelaufenrn Fensterscheiben ab und schaut hinaus in die Abenddämmerung. Ja, das find schon die heimatlichen Fluren, die Stätten seiner Jugenderlebnisse, dort der kleine,

Abg. v. Kiene (Ztr.) teilt mit, daß, soweit er unter­richtet sei, bei der württemb. Eisenbahnverwaltuug schon seit längerer Zeit von der Haftstrafe kein Gebrauch gemacht werde, nnd daß auch der Präsident der Geueraldirektion für die Abschaffung sei. Abg. Gröber (Ztr.) bemerkt, daß formell gegen die Erklärung des Ministerpräsidenten nichts einzuweuden sei, daß aber die materiellen Gründe, welche für die Beseitigung der Haftstrafe in den Gemeinden maß­gebend find, auch gegennüber den Haftstrafen der Staats- uuterbeomteu wirksam sein werden.

In der Abstimmung wurde der Antrag auf Aufhebung der Haftstrafen mit 72 gegen 5 Stimmen angenommen. Nur einige Mitglieder der Ritterbank stimmten dagegen. Der übrige Teil des Artikels wurde unverändert angenommen.

Bei Artikel 205, welcher den Ortsvorstehern, dem Oberamt der Kreisregierung und dem Ministerium des In­nern Strafbefugnis gegenüber den Mitgliedern der Gemeinde- kollegicn und Gemeindebeamten gibt, wendet sich Abg. Li e° sch ing (Bp.) dagegen, daß die Ortsvorsteher gegen die Mitglieder der Gemeindekollegien Strafbefugnis erhalten. Höchstens könne den Ortsvorstehern die Befugnis zur Er­teilung von Verweisen gegeben werden. Er beantragt, daß in allen Fällen gegen die Mitglieder der Gemeindekollegien nur die Strafe des Verweises zulässig ist und bemerkt zur Begründung, man möge doch nicht immer die Mitglieder der Gemeindekollegien wie unreife Schulknaben behandeln. Minister v. Pischek erklärt, der Antrag Liesching sei für die Regierung unannehmbar. In der Abstimmung wird der Antrag gegen die Stimmen der Volkspartei, der Sozial­demokraten und des Bauernbundes abgelehnt. Der Antrag der Kommission wird angenommen.

Hierauf wurde die Beratung auf Dienstag, den 3. Januar vertagt.

im neue« Jahr ^

werden wir bemüht sein, in unserer Zeitung

Aus den Tannen"

jeder Familie eine gute und gern gelesene Zeitung zu bieten und bitten wir um möglichst sofortige Bestellung für das

1 Quartal 19V3.

LerndesnachrichLsn.

* Akleusteig, 24. Dez. Auch Heuer fehlt es wieder an dem willkommenen Weihnachtsfestschmuck, dem blinkende» Schnee und unsere liebe Jugend muß zum großen Verdruß auf,- ihr Schlittschuh- uud, Schlittenvergnüaen verzichten. Die Weihnachtsstimmung wird durch das Weihuachtswetter gegeben und es gibt nichts köstlicheres, als wenn es draußen friert und schneit und die Zusammengehörigen sich in trau­tem Familienkreis unter dem Christbaum vereinigen. Doch, man muß sich darein finden und wir wünschen nun unsere» Werren Lesernfröhliche Weihnachten!"

* Altensteig, 24. Unerreicht in der Arbeitslast steht über Weihnachten und Neujahr unsere Post mit ihren An­

gestellten da. Jedermauu weiß, wie schwer unsere Briefträger und Landpostboten in dieser Zeit angestrengt sind. Es ist des­halb eine schöne Sitte, an Weihnachten auch ihrer zu gedenken.

Mannschaften, welche zum Dienst in Südwestafrika bereit find, können sich bis spätestens 27. d. Mts. beim Be­zirkskommando Calw melden.

* Aktensteig, 24. Dez. Von einem hiesigen Matrosm. der eben Weihuachtsurlaub hat, erhalte« wir folgenden Bericht.

Weihnachten auf einem deutsch. Kriegsschiff.

Feste an Bord werden, wie man wohl behaupten darf, mit größerer Sorgfalt und Gründlichkeit vorbereitet, als am Lande, und dies liegt in der Natur der Sache, deun bei Schiffen, die sich auf der Reise befinden, bilden die Vorbe­reitungen zu einem solchen Fest stets eine wohltuende Ab­wechslung gegenüber der sich trotz allen Dienstes eiunistendeu tötlichen Langweile. Liegt ein Schiff über Weihnachten im chinesischen Hafen, so erhält die Hälfte der Besatzung Hei- matsurlaub und die an Bord zurückbleibenden feiern nun das Weihnachtsfesterst recht" um einen Ersatz für die ausgefallene Nachhausereise zu haben.

Die Bescherung der Mannschaften nimmt eine besondere Weihnachts-Kommission in die Hand, welche aus einem Of­fizier, dem Zahlmeister, dem Bottelier (Menagennteroffizier), einigen Unteroffizieren und Obermatrosen besteht. Für jeden Manu find 34 Mk. verfügbar, welche ans den Mitteln des Kantinenfonds, oder wo dieser nicht vorhanden, des Menagefonds die erforderlichen Einkäufe mache«. Befindet sich das Schiff auf der Fahrt, so müssen natürlich die Ge­schenke entsprechend früher in einem geeigneten Hafen ge­kauft werden.

Die Verteilung der Gaben geschieht durch sine Lotterie bei welcher eine Putze (Eimer) als Glückstopf fungiert. Be­liebt find Zigarrenspitzen, Pfeifen und Ständer, Tabak, Zi­garren, Flaschenbier, Albums, Messer, Bücher nnd dergl. schöne Dinge. Ist unter sorgfältigen Vorbereitungen, bei denen das Heimlichmn eine große Rolle spielt, der 24. Dez. herangenaht, so wird sogleich nach dem Mittagessen mit der Ausschmückung der Backen (Tische) begonnen, denn heute nachmittag ist kein Dienst, es sei denn man wollte das offi­zielle Antreten auf dem Achterdeck, wo der Kommandant eine Rede hält und jeder ein stilles Gebet spricht, als Dienst bezeichen. Ist ein Geistlicher an Bord, so hält dieser eine Weihnachtspredigt. Hierauf folgt die Bescheerung, die Ver­teilung derbunten Teller" sowie der Lotteriegewinne, uud ein Rundgang des Kommandanten und der Offiziere durch die Mannschaftsräume des Schiffes.

Wie haben sich diese verändert! Weihnachtlicher Lichter­glanz herrscht auf dem ganzen Schiff, auf jeder Back prangt ein Weihnachisbäumchen, welches da, wo es keine Tannen gisbt, durch eine andere Baumgattung oder ein künstliches Gebäude aus Latten und grün gefärbtem Kabelarm besteht. Ueberall prangen Transparente mit Humoristischen Auf­schriften, die häufig eine Kritik der Vorgesetzten, zuw min­desten jedoch irgend einen Wunsch an den Zahlmei­ster, Koch, Bottelier usw. enthalten. Auch auf den erste» Offizier finden sich viele Anspielungen und dieser nimmt sie mit einem Lächeln hin, als bereite ihm das Gelesene eitel Freude auch wenn es einmal eine starke ironische Würze hat.

Unter der Mannschaft herrscht große Fröhlichkeit, die sich noch erhöht, wenn der Weihnachisgrog erscheint, daun

von Weiden umstandene See, und da die alte», schon halb verfallenen Schanzen und weiter drüber die kleine Anhöhe mit der berühmten Raine, sie alle, die Schauplätze seiner jugendlichen Tollheiten, und hier zur rechten die Promenade zum See, die prächtige Kastanienallee, damals von seinen Altersgenossen dieSeufzerallee" genannt, dort, wo er zum erstenmal seine Frau gesehen hat! Ach, und die Erinnerung au all dir in dieser lauschigen, schattigen Allee so glücklich verträumten Sommernächte! Ja, er hat doch eine schöne Jugend gehabt.

Nun fährt der Zug nach und nach langsamer; ein Pfiff, dann hält er. Herr Anton Rüstig ist zu Hause.

Aber noch ganz von den Erinnerungen seiner glücklichen Jugendzeit umfangen, hat er es gar nicht bemerkt, bis erst der Schaffner laut den Namen der Station ruft.

Nun aber rafft er sich auf, greift nach seinem Gepäck uud steht dann zum Fenster hinaus, einen seiner Lieben zu ersp ähen. Aber wie? Niemand zu seinem Empfang da? Ja, ist's denn möglich? Er steigt aus, ficht sich noch einmal um. Wahrhaftig, kein Mensch, der ihn erwartet. Ja, was heißt denn das? Oder sollte vielleicht die Kälte? Aber es ist ja gar nicht so gefährlich kalt; er begreift es nicht. End­lich nimmt er eiue« Wagen und fährt allein nach Hause.

Er ist so in der Aufregung, daß er auf nichts achtet, was um ihn her vorgeht. Nicht einmal das erbärmliche Pflaster, das ihn auf dem schlecht gepolsterten Sitz hin und her schüttelt, kann seine Aufmerksamkeit für die Dauer fesseln. Er denkt nur an sie, seine Frau, seine liebe kleine Frau. Was ist vorgefalle», daß sie nicht gekommen ist, ihn abzu­holen? Endlich ist er zu Hause. Im Fluge die Treppe hinauf, pocht er nun an die Tür. Aber umsonst, man öffnet nicht. Erregter werdend, klopft er stärker und anhaltender, reißt sogar an dem Klingelzng. Da kommt jemand, lang­sam und leise, fast schleichend, er hört es; aber wessen Schritte? Die ihrigen sind es nicht. Nnn wird geöffnet, ganz behutsam und vorsichtig o Schreck ! Seine Schwieger­mutter ! Gerade kein gutes Omen, denkt er, begrüßt sie aber so freundlich wie möglich, dann fragt er Nach seiner Frau.

Und die Schwiegermutter staunt ihn an, von oben bis unten, und gibt ihm durch Gesten zu verstehen: St, ruhig, ruhig, jede Aufregung vermeiden!

Er aber wird immer erregter, fragt nun von neuem uud willMamachen" auf die Seite drängen.

Doch die alte Frau blickt ihn wieder sprachlos au. Daun plötzlich lächelt sie heimlich ach so, er weiß noch garnichts davon. Nun ist's aber um seine Ruhe geschehen; er wird laut, drängt sich vor, gewinnt die Tür zum Schlaf­zimmer, reißt diese auf, will weiter eilen da plötzlich steht er wie gebannt, starr und sprachlos, blickt erst nach rechts, dann nach links und dann dort, in dem schnee­weißen Bett, seine Frau, seine liebe kleine Frau, bleich und blaß, aber unendlich glückselig und zufrieden.

Sie lächelt ihn an und er beruhigt. Aber hier? Was ist denn das? Die Wiege? Die Kinderwiege? Und darin? Allmächtiger ! Zwei neue Gesichter I Oh! Oh !

Das also war die Überraschung, die sie für ihn hatte! Und dann ist er niedergesuuken an dem Bett seiner schwachen blaffen Frau, dann hat er ihre zarte blaffe Hand ergriffen und viele heiße Küsse darauf gedrückt.

Uud was er denkt? Du lieber Gott, er denkt gar­nichts, oder richtiger, viel zu viel, deun all die neuen Sorgen, die sich dem glücklichen jungen Vater jetzt wieder aufdrängen, lassen ihn noch keine» klaren Gedanken fassen. Und nun gleich zwei auf einmal wahrhaftig auch eine Bescherung! Am Ende gar wieder Mädchenaber nein, die still lächelnde Mutter flüstert ihm ganz leise zn, die Erfüllung seines lange gehegten Wunsches:Buben, zwei stramme Buben!"

Wirklich! Buben, zwei stramme Buben?!" Und er nimmt die beiden kleinen strampelnden und schreienden Welt­bürger aus dem Bettchen auf, hebt sie jubelnd in die Höhe und drückt sie dann, einen nach dem andern, an die Brust und herzt und küßt die kleinen zappelnden Wesen, denn er ist glücklich, überglücklich! Und dann faßt er die Hau­seines lieben Weibes von neuem, sinkt zu ihrem Bett nieder auf seine Kniee und ans seinen glückstrahlenden Blicken ist es zu lesen, daß er sich stark genug fühlt, seinen Kindern ein Vater, ein braver Vater zu werden.

Mamachen" aber hat in der guten Stube inzwischen den Christbaum augezündet, und die beiden Flügel der Tür weit geöffnet, daß der Helle Kerzenglanz in das trauliche Zimmer hineinlenchtet und eine frohe Festfreude auf alle Gesichter zaubert.

Und nun feierte man diese köstliche Bescherung!

Ende.