* Dresden» 26. Okt. Das „Dresd. Jomn." schreibt: Einige Blätter haben erneut die Frvge aufgeworfen, ob die Gräfin Montignoso an den Königlichen Hof zurückketzren und der König geneigt sein werde, sich wieder mit ihr zu vereinigen. Wie wir aus zuverlässiger Quelle wissen, bestehe auch nicht die entfernteste Aussicht dafür, daß es jemals zu einer Wiedervereinigung kommen könne. Der König hat nicht bloß vor dem Tode des hochseligen Königs, sondern ! auch nachher in der allerbrstimmtesten Weise die unzwei- ^ heutige Willensmeinung kundgegeben, daß er für alle Zeit i jede Annäherung von jener Seite weit von sich weise. ^ Dementsprechend sind schon früher bindende Abmachungen ^ zwischen beiden Beteiligten getroffen worden. Jeder Ein- ! sichtige weiß von selbst, daß der König nach allem Vorangegangenen eine andere Haltung niemals annehmen kann.
sj Kerkiu, 27. Okt. Auf der Weltausstellung in St. Louis wurde dem Kaiser für die Saalburgausstellung der ! große Preis zuerkannt.
* In Mühlheim a. d. Ruhr wurde am Dienstag abend ! ein junges Mädchen, das in einem Handgemenge Frieden stiften wollte, von einem Bergmanne in die Brust gestochen. Sein ihm zu Hilfe eilender Bräutigam wurde von dem nämlichen Täter mit einer Flinte in den Kopf geschossen. Beide liegen hoffnungslos im dortigen Krankenhaus.
* Aranüfmt, 27. Oktbr. Von dem gestern vormittag 9 Uhr 18 Min. von Köln nach Frankfurt a. M. abgegangenen Schnellzug entgleiste bei Kalk der Packwagen und schlug um. Der Packmeister wurde getötet und der Zugführer leicht verletzt.
* Kamöurg, 26. Okt. Heute nachmittag ging der Dam- i pfer „Gertrud Wörmann" mit 25 Osfizieren, 375 Unter- j osfizieren und Mannschaften rach Südafrika ab. Der Kommau- ! deur hielt eine Abschiedsansprache, die er mit einem drei- j fachen Hurrah auf den Kaiser schloß. Bei der Abfahrt j des Dampfers war such Generaloberst v. Hahnke zur Ver- j abschiedung seines Sohnes, Hauptmann v. Hahnke, anwesend.
* Kamvsrg 27. Okt. Heute vormittag brack auf dem Grundstück der Bacuum-Oel-Compagnie Feuer aus, das sich schnell verbreitete, einen Kanal übersprang und die Lagerräume und Betriebswerkstätten der Produktionsgenossenschaft an der Wendenstraße, sowie die hiesigen Petroleumlager ergriff. Das Feuer dauerte mittags noch an. Man schätzt, daß etwa 3000 Tonnen Oel verbrannt sind.
* Hretzrveiler (Riederelsaß), 26. Okt. Eine grausige Tat vollbrachte hier der 32jährige geisteskranke Tagner Leiser. Als er'die Wege im Friedhof reinigte, schaufelte er das Grab seines vor 4 Jahren verstorbenen Bruders auf, grub den Sarg ans, öff nete diesen und riß dem verwesenden Leichnam die untere Kinnlade aus. Diese brachte er seiner Mutter, indem er sagte, er bringe ihr damit ein Andenken an Sepple; jetzt brauche sie nicht mehr zu heulen. Leiser hat ein sehr bewegtes Leben hinter sich; er hat erst in der Fremdenlegion, und dann im deutschen Heere gedient; in letzterem wurde er wegen Mißhandlung eines Unteroffiziers und Desertion zu zwei Jahren Festung verurteilt.
* Der Rebellenführer Morenga ist in die Karrasberge geflüchtet, die in ihrer Unwegsamkeit eine natürliche Festung und einen Zufluchtswinkel bilden, aus welchen e»n Vertreiben der Räuber — wenn überhaupt möglich — ein Kunststück ist, welches noch große Opfer fordern dürfte. Der leichte, flinke Hottentot, mit Gepäck gar nicht belade», gewöhnt zu dursten und anstandslos wochenlang von einer Hand voll Nutjes-Erdzwiebeln zu leben, wenn eS sein muß, ist unserer Truppe gegenüber in einem solch niederträchtigen Gelände ein schier unfaßbarer Gegner, gegen den alle Tapferkeit wenig nutzt. Hunger und Verrat müssen da mitspielen, den Fuchs aus seinem Bau zu bekommen. Solange aber noch ein Klippbock vor die Flinte des Eingeborenen läuft, oder die Landeskost — Rutjes — vorhanden ist, und die heimlich
gehaltenen Wasserstellen in den Bergen in ihren Händen find, halten sie aus, und Verrat von ihren, uns ohnedies nicht grünen Stammesgenossen werden sie kaum zu befürchten haben.
Lange Winterabende j
werden von denen als eine Last empfunden, die es versäumt ; haben, sich auf den Winter mit gutem Lesestoff zu versehe». Allen diesen ist auch jetzt noch Gelegenheit gegeben, in der Zeitung „Aus den Tanne«" sich einen unterhaltenden Gesellschafter und treuen Gefährten zu verschaffen. Auch für die Monate
November «nd Dezember
werden Bestellungen angenommen und wende man sich an die Postanstalten, Postboten und Agenten.
Ausländisches
* Lemöerg, 27. Oktbr. Gestern passierten hier mit der E>senbahn 1000 russische Deserteure die Grevze, um sich nach Amerika zu begeben.
' Isnusvruck, 27. Okt. Die deutsche Bürgerschaft veran- staltete gestern abend eine große Kundgebung gegen die Errichtung der italienischen Rechtsfakultät, zog in einem geschlossenen Zuge vor die Wohnung des Statthalters und dann unter Abfingen der „Wacht am Rhein" vor das Rathaus. Es erfolgte kein weiterer Zwischenfall.
ss Uaris, 27. Okt. Der „Temps" meldet aus London: Der französische Botschafter Cambre habe dem englischen Minister des Auswärtigen, Marquis of Lausdowue, das Anerbieten der französischen Regierung übermittelt, ihre guten Dienste zur Regelung des englisch-russischen Streitfalles zu betätige-', falls man dieselben behufs prompter Lösung für nützlich hält.
* Uaris, 27. Oktbr. Aus London wird telegraphiert: „Daily Mail" kündigt an : Wen i die russische Regierung bis heute vormittag noch nicht versprochen habe, die schuldigen Offiziere zu bestrafen und sie keine Bürgschaft dafür bietet, daß der Zwischenfall von Hüll sich nicht wiederholt, werde das englische Geschwader des Aermclkanals den Befehl erhalten, das russische Geschwader zur Rückkehr zu zwingen.
Lands», 26. Okt. Der erste Lord der Admiralität Carl of Selborne, der gestern abend bei einem Festmahl zu Ehren des amerikanischen Admirals und der Offiziere des jetzt in den englischen Gewässern befindlichen amerikanischen Geschwaders präsidierte, sagte dabei in einer Ansprache: „Man erwartet wohl einige Worte über das traurige Ereignis iu der Nordsee. Eine unentschuldbare Freveltat ist begangen worden. Wenn diejenigen, die für einen so schrecklichen Mißgriff verantwortlich sind, Engländer oder Amerikaner gewesen wären, so würden England oder Amerika sofort in vollstem Maße um Entschuldigung gebeten, jede nur in ihrer Macht stehende Gutmachung dargeboten und die für den schrecklichen Mißgriff verantwortlichen Personen bestraft haben. Ich habe keinen Zweifel, daß auch der Kaiser von Rußland und die russische Regierung diesen Weg einschlagen werden.
js London, 27. Okt. ReutermeUung. Dem Minister des Aeutzern. Marquis of Lansdowne, ist heute ein ausführlicher von Admiral Roschdjestwensky über den Angriff auf die Fischelfluttille erstatteter Bericht mitgeteilt worden. Der Bericht sagt, es sei niemals absichtlich auf die Fischerboote gefeuert worden. Wenn ein verirrtes Geschoß eines der Boote getroffen habe, so sei dies reiner Zufall. Unter der Fischriflottille seien zwei mit großer Schnelligkeit fahrende Dampfer, die genau wie Torpedoboote aussahen, von den russischen Offizieren bemerkt worden. Der Admiral habe
W Lefefrucht. Z»
Wo liebend sich zwei Herzen einen, Nur eins zu sein in Freud und Leid, Da muß des Himmels Sonne scheinen Und heiter lächeln jede Zeit.
Fein gesponnen
oder
Das Fastnachtsgeheimnis.
Kriminal-Roman v. Lawrence F. Lynch. — Deutsch' v. E. Kramer.
(Fortsetzung.)
Auch Renee Brian war au diesen schönen Sommertagen kein seltener Gast »uf den Bergen. Ihre Zurückhaltung gegen Mr. Jermyn minderte sich freilich nicht, die Kluft blieb bestehen, trotzdem kaum ein Tag verging, ohne daß er auf eine halbe Stunde bei ihrem Bruder vorsprach. Bei einem dieser Besuche machte Mr. Jermyn eine Entdeckung. Als er iu die Redaktion trat, sahen die Geschwister gerade die eingegangenen Postsachen durch, und er bemerkte, daß Renee hastig einen Brief verbarg und sich dann wieder ihrer Arbcit zuwandtr.
Allein, sein Erscheinen oder ein anderer Umstand mußte sie erregt und ihre Hand unsicher gemacht haben, denn bei einer unachtsamen Bewegung fiel ihr der Winkelhaken aus der Havd und die Lettern verstreuten sich auf der Diele. Er sprang auf, um ihr behilflich zu sein, und als auch sie sich bückte, flatterte ihm der Brief und eine Photographie — das Bild eines hübschen jungen Mannes — zu Füßen. Er hob beides sofort auf und überreichte es ihr; dabei trafen sich ihre Augen — in denen Renees lag kalte Abweisung, in din seinen der gewöhnliche Ausdruck ruhiger Offenst.'!' und Freundlichkeit.
Als Miß Jermyngham und Mr. Jermyn an diesem Abend in einem Boot auf dem Fluß gemächlich dahintrieben, hörten sie lustiges Lachen von den Rasenplätzen herüber- ! schallen. !
„Sie schießen mit Bogen," sagte Miß Jermyugham. ! „Ich glaube, Mr. und Miß Brian sind da." ^
„Miß Brian ist ein geschickter Schütze," bemerkte er, nach dem Ufer hinüberblickend.
„So ?" erwiderte sie gleichmütig; „ich verstehe nichts von dem Sport."
„Nein?" Er richtete die Augen nachdenklich auf sie.
„Miß Brian hat, wie ich höre, einen ausgezeichneten Lehrer gehabt," sagte sie kühl.
„Wirklich I Wen?"
„Den jungen Manu, der ihr Verlobter sein soll — Mr. Kenneth Baring."
Sie beobachtete ihn scharf durch die halb geschlossenen Lider, allem ihre Mitteilung blieb ohne wahrnehmbare Wirkung.
„Kenneth Baring?" fragte Mr. Jermyn verwundert. „Ich entsinne mich nicht, von ihm gehört zu haben."
„Er ist der Sohn von Mr. Jakob Baring,' erklärte Ellen. „Er lief von Hause fort — in Unfrieden mit den Seinigen, Ich habe ihn nie gesehen."
„Er lief von Hause fort — in Unfrieden mit den Seinigen!" wiederholte er langsam und blickte ihr ernst ins Gesicht. „Miß Jermyngham, glauben Sie, daß Sie jemals für einen Mann Teilnahme empfinden könnten, von dem man sagt: „er lief von Hause fort — in Unfrieden mit den Seinigen.
Sie fuhr leicht zusammen. „Ich weiß nicht," sagte sie unsicher. „Sie — ich verstehe Sie nicht."
Er holte tief Atem und griff dann zu den Rudern, einige kräftige Schläge, und das Boot schoß in den Fluß hinaus. Hier ruderte er langsamer, und sie glitten die
i den Schluß gezogen, daß es japanische seien, und er Hab ! geglaubt, sein Geschwader feure lediglich auf diese beiden i Schiffe. Der Admiral stellt mit Entschiedenheit in Abrede, ! daß ein russisches Kriegsschiff zurückgelassen worden sei, das keine Boote .herabgelassen habe, um den Verwundeten zu helfen. Seine Offiziere hätten durchaus nicht gewußt, daß eines der Fischerboote von einem Schuß getroffen worden sei. Der Admiral äußert sein und der ganzen Flotte Bedauern darüber, daß irgend ein Fischerboot Schaden gelitten hätte und Personen getötet worden seien. Er fügte hinzu, die beiden Schiffe, auf welche gefeuert wurde, feien unverkennbar Kciegssch>ff-Typus gewesen.
* Daily Telegraph bemerkt, daß gestern bis zum späten Abend keine Antwort aus St. Petersburg vorlog. Das Blatt befürchtet, daß die Verwickelung sich verschärft habe. Das russische Marineministerium und der russische Kaiser seien gegen eine Bewilligung der Bestrafung der schuldigen Offiziere.
* Loads«, 26 Okt. In Mariuekreisen verlautet, die Regierung hätte die Ocdre erteilt, daß ein fliegendes englisches Geschwader der russischen Flotte zur Beobachtung bis Indien folgen soll. Die Admiralität hat nach einer Meldung des „Daily Expr." die Mobilisation der britischen Reserve für die Flotte befohlen, die ungefähr 25 000 Manu zählt.
* Lands«, 27. Oktbr. Aus diplomatischen Quellen verlautet, die britischen Forderungen seien in Petersburg in Form eines Ultimatums überreicht worden, nach deren Ablauf sofort 3 britische Geschwader ihre Weisungen ausführen werden. Es soll der russischen Flotte nicht gestattet werden, Gibraltar zu verlassen, bis die englischen Forderungen erfüllt seien. Vor allem werde eine Untersuchung des Vorfalles und des Verhaltens des Admirals Roschdjestwenskys verlangt.
* Lo«dov, 27. Okt. Die Forderungen Englands an Rußland lauten folgendermaßen: 1) Entschuldigung für den Angriff, 2) Geldentschädigung für die Toten, 3) Bestrafung der betreffenden kommandierenden russischen Offiziere, 4) Bürgschaft für die zukünftige Sicherheit der englischen Schiffahrt gegen ähnliche Angriffe.
* Ls«do«, 27. Okr. Die Haltung der Presse wird fortgesetzt bedrohlicher, da die gestrige Erklärung des russischen Botschafters höchst unbefriedigend gewesen sein soll. Nach einigen anderen Zeitungen stände mau bereits auf der Schwelle des Kriegs. Da aber der Daily Telegraph, der okt die Stimmung des Auswärtigen Amtes widergibt, noch in vorsichtigem, wenn auch festem Tone redet, dürfte jene Auffassung etwas übertrieben sei».
* London, 27. Okt. Abendblätter erklären erregt, die Krisis habe den Höhepunkt erreicht. Falls das englische Ultimatum nicht vor Tagesende befriedigend beantwortet und Englands Forderungen bedingungslos zugestanden würden, so würden Großbritanniens Flotten sofort deren Durchführung erzwingen und die internationale Schutzpolizei des Ozeanweges gegen die russische Oftseeflotte übernehmen. Das Auswärtige Amt stellt dagegen mit Zuversicht eine befriedigende Lösung in Aussicht.
Lo«do», 27. Oktober. Dem Reuter'schen Bureau wird aus Gibraltar gemeldet: Das Kanalgeschwader hat Kohlen eingenommen, Vorräte und Munition aufgefüllt und es ist klar, jeden Augenblick in See zu gehen. Die Linienschiffe Jupiter und Hannibal und der Kreuzer Doris halten außerhalb der Straße scharfe Wache. Es heißt, das Mittelmeer- geschwuder werde hier in Kurzem erwartet. Auf der Werft herrscht große Tätigkeit. Es wird sogar nachts gearbeitet. Die Admiralität hat Umfrage bei den Kohlenlieferanten gehalten, wieviel Kohlen zur Zeit verfügbar find.
* Weiter meldet Reuter aus Gibraltar: Die Schlachtschiffe Viktorious, Jllustrious und Majestic, sowie die Kreuzer Lancaster, Theseus, Endhmion haben Befehl erhalten,
Strömung hinab, weg von den Stimme», die von den Bergen herübertönten.
Als er sich nach den Rudern bückte, hatte sie einen raschen Blick auf sein Gesicht geworfen. Es war ruhig, i wie gewöhnlich, aber ein ihr neuer Ausdruck von Entschlossenheit lag darauf und es fiel ihr zum erstenmal auf, daß es ein energisches, herrisches Gesicht war, aus dem ein eiserner Wille sprach.
„Als ich nach Roseville kam," begann er nach einige^ Zeit mit weicher, tiefer Stimme, während er die ernsten Augen forschend auf ihr Gesicht heftete, „hätte ich nie gedacht, daß mir hier etwas begegnen würde, das meine Zukunft in der einen oder andere» Richtung beeinflussen muß. Ich wollte mein altes „ich" drüben zurücklassen und suchte hier nichts, wünschte nichts als Ruhe und Frieden. Daß ich der Sohn eines englischen Peers bin, hat für Sie, wie ich weiß, keine Bedeutung. Bessere Männer, als ich, haben Tagelöhner zu Vätern. Damit Sie aber sehen, was mein Vater von mir hält, bitte ich Sie, diesen Brief zu lesen, er ist derselbe, den Mrs. Brace auffand, der letzte, den ich von meinem Vater erhielt und Wohl je erhalten werde."
Er hatte!die Ruder eiugezogen und reichte ihr den Brief, den sie aus seiner Hand nahm und aufmerksam las.
„Ich danke Ihnen," sagte sie dann errötend, indem sie das Papier mit einem leisen Zittern der Hand zurückgab.
„Ein halber Knabe, heißblütig, eigensinnig, unbekannt mit der Welt und ihrem Lauf, kam ich in Ihr Land," begann er wieder, „Miß Jermyngham, wundern Sie sich, daß ich in Gefahr und Ungemach kam?"
Sie machte eine Bewegung, als ob sie sprechen wollte, aber ihre Lippen schlossen sich wieder.
„Ihre Augen blicken teilnahmsvoll und doch, ich möchte Ihnen erzählen, wie dies Ungemach über mich kam, das mich zu einem Menschen gemacht hat, dem das Herz schwer