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Ltrvs-rechrr Nr. Li.
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Mr. 167.
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Sarnstag, 29. KKLober.
Amtliches.
Auszeichnung en wurden für vorzügliche Dienstleistungen und langjährige treue Pflichterfüllung folgenden Angehörigen des Landjägerkorps zuerkannt: Geldbelohnungen erhielten: Stationskommandant Herz in Freudenstadt und Landjäger Schwille in Schramberg, früher in Nagold und Haiterbach. Oeffentliche Belobung erhielten Landjäger Kirchherr in Wildberg, Landjäger Fischäs in Oeschel- bronn und Landjäger Münzenmaicr in Entringen.
j j Rußlands Nervosität.
(Nachdruck verboten.)
Auf Grund seiner gewaltige?, das ganze übrige Europa erdrückenden Ausdehnung und seiner großen Geschichte beanspruchte Rußland je und je, im Konzerte der Völker die erste Geige zu spielen. Wohl konnte man im Auslande oft genug das Wort von dem Koloß auf iönerveu Füßen zu hören bekommen; das darin ausgesprochene Ulteil schien jedoch durch die beispiellosen Erfolge der russischen Politik in Zentral- und Ostasieu mehr und mehr niedergelegt zu werden. Man erklärte die inneren Zustände Rußlands für beklagenswert, seine auswärtige Politik jedoch als glänzend und bewundernswürdig Das ging so lange, bis das kleine Japan, das man nicht mit Unrecht das asiatische Preußen genannt hat, dem russischen Riesen entgegenlrat und ihm wählend des nun bald dreioieriel Jahre andauernden Krieges Niederlage aus Niederlage bereitete. Rußland hat sich nach außen hin den Ärschen, gegeben, als berührten es alle diese Schlappen in der gewissen Voraussicht des endlichen Sieges wenig oder garmcht. Man hat seine Ruhe und Kaltblütigkeit, mit der es trotz der peinlichen Niederlagen im fernen Osten sein Ansehen zu schützen verstand, vielfach für echt gehalten und angestaunt. Jetzt hat ein Ungifähr den Russen die Maske von dem Angesicht gezerrt und ein grelles Schlaglicht auf ihre seelische Stimmung geworfen. Die Wahnsinnstat des Admirals Roschdjestweuski, des Befehlshabers der Ostseeflotte, ist als eine Ausgeburt überreizter Nerven, als eine Folge der bleichen Furcht und der schrecklichsten Angst vor einem etwaigen japanischen Anschläge festgestellt worden und so auch einzig und allein zu begreifen. Der Reichskanzler Graf Bülow hat im Reichstage wiederholt, wenn von den Beziehungen des Auslandes zu Deutschland die Rede war, unter der Zustimmung des Hauses erklärt, Neid und Haß sind besser als Mitleid. Angesichts der Offenbarung des russischen Seelenzustaudes durch die Tat Roschdjestweuskis wird kein Mensch behaupten wollen, er beneide Rußland, wohl aber liegt reichlich Anlaß dazu vor, es zu bemitleiden. Um den schlimmen Eindruck nach Möglichkeit abzuschwächeu, müssen die russischen Blätter auf Befehl ihrer Regierung den jetzt zu einer Weltberühmtheit gewordenen Roschdjestweuski als besonders nervöse» Herrn schildern; seiue Nervosität ist aber nicht größer als die der andern alle. Nervosität wirkt ansteckend, sie darf zur Zeit als eine epidemische Krankheit Rußlands lezeichi et werden.
Infolge dieser vorherrschenden Nervosität ist auch die Empfindlichkeit im Reiche des Zaren eine ungemein große. Sie steht, Wiedas in der Regel der Fall ist, im umgekehrten Verhältnis zu den Leistungen Rußlands, die man in neuerer Zeit zu beobachten Gelegenheit gehabt hat. Zum Ausbruch gekommeu ist sie infolge der Noie des englischen Auswärtigen Amts, in welcher eiue Untersuchung verlangt wird, welche Satisfaktion gewährleistet. Es ist nahe, daß die Leistung von Satisfaktion, d. h. die Bestrafung der Schuldigen zwischen großen Staaten beim Eintritt irgendwelcher Konflikte oder Kompetmz-Ueberschreituug nicht ausdrücklich gefordert, sondern als selbstverständlich vorausgesetzt wird. In dem vorliegenden Falle tat England indessen so unrecht nicht, seine einem kleinen Nadelstiche gleichende Forderung ausdrücklich zu erheben. Rußland hat sich durch die Wahnsinnstat seines Admirals so sehr außerhalb von Recht und Herkommen gestellt, daß ihm eine etwas bittere Pille durchaus nicht schaden kann. Daß England aber auf der Bestrafung des schuldigen Admirals besteht, die doch die Abberufung dieses Exemplars von Nervosität in sich schließen wird, kann nur von allen Seefahrt treibenden Völkern aufrichtig willkommen geheißen werden. Die russische Ostseeflotte selbst aber mag zusehen, daß sie durch spätere wirkliche Taten, das Odium nieder tilgt, das sie durch ihre Kanonade auf wehrlose uud friedliche Fischerboote auf sich geladen hat. Die Aussichten dazu sind wenig günstig. Die Kriegsschiffe haben sich durch ihr Vethalten vor Hüll dermaßen bei aller Welt verhaßt gewacht, daß sie nirgends auf freundliches Entgegenkommen zu rechnen haben.
Rußland hat selbstverständlich den Zwischenfall, der ihm äußerst peinlich ist, nicht gewollt. Gleichwohl ist es von einer Schuld daran nicht freizusprecheu. Seine Selbstüberhebung hat es ins Unglück gestürzt, und das Verlangen, seiue verzweifelte Stimmung darüber vor der Oeffentlichkeit
zu verbergen, hat die Nervosität erzeugt, die durch den Admiral Roschdjestwcnski in so krasser Weste zum Ansdruck gebracht worden ist, die aber, wenn nicht gründliche Besserung eintritt, noch zu unzähligen anderen Ungeheuerlichkeiten führen kann. Rußland hat den Schaden und braucht für den Spott nicht zu sorgen. Sein Prestige hat durch den Zwischenfall vor Hüll einen Stoß erlitten, der für absehbare Zeit unheilbar ist.
Gagssp)MM.
Die Auswanderung aus Deutschland nach überseeischen Ländern ist in diesem Jahre ganz erheblich, bis jetzt um ungefähr ein Fünftel zurückgegangen. In jedem Monat war die Zahl der Auswanderer geringer als im Jahre 1903. Insgesamt wandelten in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 22 850 Personen aus. Im Vergleich zu dem
vorigen Jahre sind dar etwa 5850 weniger.
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Der Staatskarren Oesterreichs ist unrettbar in einen Sumpf geraten. Der Ministerpräsident von Körber, der das Gefährt wieder herausziehen soll, ist wahrlich nicht zu beneiden. Zwar macht ihm gegenwärtig der Reichsrat nicht zu schaffen, denn dieser ist Wege., seiner Obstruktion vertagt, und Herr v. Körber regiert, so gut und so schlecht es geht, ohne ihn. Dagegen ärgern die kleinen Landtage den Leiter der österreichischen Politik nach Leibeskräften. Ob auf tschechisch oder auf sloveuisch, auf deutsch oder italienisch — geschimpft wird überall und Opposition, wenn nicht gar Obstruktion gemacht. Nützliche Arbeiten kommen überhaupt nicht zustande, und was zustande kommt, ist keine nützliche Arbeit! — In Zaro, der Hauptstadt des schönen Dalmatiens, wo feuriger Wein uud unerbittliche Blutrache gedeihen, wurde mit der Obstruktion gleich in der — Kirche begonnen; beim feierlichen Hochamt, mit welchem die Landtagssession eingeleitet wird, fand sich kein einziger Abgeordneter ein. Und nach dem verunglückten Gottesdienste gab es eine Sitzung — nur eine —, die lediglich mit Geschrei ausgefüllt wurde und mit der laütgebrüllten Versicherung, daß niemand an den Verhandlungen des Landtags teilnehmen würde, so lauge der jetzige Statthalter im Amte sei, worauf das Parlament der Edlen von Dalmatien geschlossen wurde. Der Grund dieser lärmvollen Obstruktion ist allerdings ein höchst merkwürdiger: Der Statthalter soll nämlich gesagt haben, bei einem Dalmatier gebe es kein Ehrenwort! Schreckliche Beleidigung des ganzen Volkes — wenn überhaupt die Konstatierung einer Tatsache eine Beleidigung i t! — In der mährischen Hauptstadt Brünn begann die Vorstellung damit, daß einige Arbeiterbataillone die Tribüne der Landstube im Sturm nahmen und dort randalierten, um für das allgemeine Wahlrecht zu demonstriere!! — wie der Ausdruck lautet. Der Ton, in welchem die A geordneten miteinander verkehrte», war auf der: liebenswürdigen Ausdruck „alter Lump" gestimmt. — Das steyerische Parlament zu Graz sah einen hitzigen Kampf zwischen Volksparteilern und Christlich-Sozialen entbrennen, und Koseworte wie „gemeiner Kerl", „Schwindler" u. dgl. mehr flogen hinüber und herüber, während gleichzeitig die sloveuischen Mitglieder sich
gegenseitig „Verräter" und „Lügner" titulierte».
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Eine gestern in Wien abgrhaltene Versammlung der Interessenten au der Ausfuhr nach Rußland, der Vertreter der Handelskammer beiwohnten, nahm einstimmig eiue Resolution an, in der die österr. Regierung aufgefordert wird, einen direkten Zollvertrag mit Rußland abzuschließen, da durch die Verlängerung des Rechtes einer meistbegünstigten Nation die Wahrung der Interessen Oestecreich-Ungaras nicht erzielt werden könne. Zur Durchführung der erforderlichen Schritte wurde ein Komitee gewählt.
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Gegenüber den englischerseits gegen Deutschland erhobenen Vorwürfen, daß seine Lieferungen an Rußland eine Parteinahme für die kriegführende Macht darstelle, erhält die „Köln. Zig." von zuständiger Seite eine längere Darstellung, wonach Japan seine ganze Kriegführung auf umfangreiche Mitwirkung der englischen Industrie anfgebaut habe. England hat mehr als 30 Schiffe an Japan verkauft und liefert ihm alles Kriegsmaterial, das es selbst nicht fabrizieren kann. Unter den 50 Schiffen, die für die Versorgung des russischen Ostseegeschwaders mit Kohlen gechartert wurden, befinden sich 16 englische, außerdem liefert England diesem Geschwader sämtliches frisches Fleisch.
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An dem englisch-russischen Zwischenfall bei Hall ist Deutschland schuld, das hat ein Pariser Blatt herausgefunden. Deutschland habe Rußland vor japanischen Anschlägen in der Nordsee gewarnt und ganz wirr gemacht. lediglich zu
Bekanntmachungen Mer Art finden die er- ^ folgreichste Verbreitung. j
1904.
dem Zwecke, Rußland mit England zu verhetzen. — So sucht man sich in Frankreich Rußlands Blamage zn versüßen.
<Landesnachrichten.
* Aktenstekg, 27. Okt. Eine überraschende Unterbrechung des Straßenwalzbetriebes fand ungeachtet der „Straßensperre" au der oberen Nagoldstraße bei Besenfeld statt und kostete einem stattlichen Hirsch das Leben. Während Alles seinen gewohnten Gang ging, stürzte plötzlich ein Hirsch, von Jäger uud Hund verfolgt, die Böschung herab und wollte sich über die Straße retten. Er rannte dabei aber so heftig zwischen Straßenwalze und Pferde, daß eines der Pferde auf den Boden geworfen und der Hirsch selbst durch Hufschläge schwer verletzt wurde. Ein wohlgezielter Schuß machte nun dem Weiterfliehenden ein rösches Ende.
-6- AiMmersfett, 26. Okt. Unter überaus zahlreicher Beteiligung von nah und fern wurden heute nachmittag die irdischen Ueberreste des verstorbenen Postageuten Johannes Hanselmanu in den kühlen Schoß der Erde gebettet. Den Trauergesang vor dem Sterbehause hatte der Gesangverein übernommen und auch am Grab wurde noch ein Lied von ihm gesungen. Nach der Ansprache des Herrn Geistlichen legttu Kränze am Grabe nieder Hr. Oberförster Knapp namens des Militäroereins, Postbote Steeb namens der Postbote» des Bestellbezirks. Dem BeerdigungS- akte schloß fich ein Kirchgang an. Seiner ergreifenden Predigt legte Hc. Pfarrer Klumpp die TexteSwocre zugrunde: Offenbg. Johs. 7, V. 13, 15, 16 und schilderte dabei auch den Lebensgang des Verstorbenen. Hr. Hanselmann habe sich durch Treue in seinem Beruf ausgezeichnet uud gegen jedermann sei er immer ein freundlicher und gefälliger Mann gewesen, wodurch er sich überall Sympathien erworben habe. Für seine langjährige treue Amtsführung wurde bekanntlich Hrn. Hanselmann von Sr. Majestät dem König die silberne Verdienstmedaille verliehen. Möge dem verdienten Mann die Erde leicht werden.
* Neueaöükg, 26. Okt. Als gestern nacht elf Uhr der bei Güterbeförderer Scholl beschäftigte Fuhrmann Wohlgemut mit einem Möbelwagen aui dem Heimwege durch den Arnbacher Wald fuhr, geriet er unter die Räder desselben und es wurden ihm beide Füße abgefahren. Der Bedauernswerte ist verheiratet und Vater mehrerer Kinder, wovon die zwei ältesten soeben beim Militär sind.
* Leutkirch, 26. Okt. Gestern mittag hatten wir hier ein heftiges Gewitter mit strichweisem Hagel. In dem benachbarten Urlau fand man nach dem Gewitier den Aceiser Fallafter tot in einer Feldhütte, in der er während des Gewitters Schutz gesucht hatte. Ohne Zweifel ist er vom Blitze erschlagen worden.
* Ktchisge«, 26. Okt. Von Samstag abend auf Sonntag früh hat das Kriegerdenkmal in unserem Zollerstädtchen, eine Gcrm-uua darstellend, ein Nachthemd zur Wmterbekleidung erhalten. Da das Denkmal mit einem eiserne« Gitter umgeben ist, mußte die Polizei unter dem Gelächter des Publikums, das sich rasch angcsammeü hatte, durch einen städtischen Arbeiter die „Enthüllung" sang- und klanglos vornebmen lassen.
* Stuttgart, 27. Okt. Durch Kgl. Verordnung vom 26. ds. wird die Eröffnung des neuen Landtags auf Freitag den 4. November d. I. anberaumt.
* Stuttgart, 27. Okt. Eiu hiesiger Wagnermeister hatte seinen. Sohn 3 Jahre in der Lehre uud ihn nach Ablauf dieser Zeit zum Gesellen gesprochen. Darauf hiuge- wiesen, daß ein solches Verfahren gegen das Gesetz verstoße, gab er die Erklärung ab, er könne mit seinem Sohne machen, was er wolle. Die Handwerkskammer stellte Strafantrag und das Amtsgericht verurteilte den Wägermeister zu 20 Mk. Geldstrafe eventuell 4 Tage Haft.
Kaunstatt, 26. Oktbr. Aus dem benachbarten Münster kommt die Trauerkunde, daß dort Kommerzienrat Schmidlin, technischer Leiter der Stuttgarter Zuckerfabrik, gestern abend gegen 8 Uhr aus den Rieselfeldern der Fabrik in eine Sickergalerie gestürzt und ertrunken ist. Die Leiche konnte erst gegen 12 U)r nachts aus der Galerie gezogen werden.
* Merchingen, 26. Okt. Auf einem hiesigen Grundstück steht, wie die Tauberzeitung meldet, zur Zeit ein Baum mit reifen Kirschen.
jj Kengftkach (Rgb. Pfalz), 27. Okt. Hier hat sich der 11jährige Schüler A. Ebersohl erschossen, weil er in der Schule Schläge erhalten sollte I
* Kalle a. d. K., 27. Okt. Vor den Augen ihres Bruders, eines Architekten, hat fich gestern abend die 20- jährige Tochter des Sparkassen-Rendanten Hallstadt auf ! offener Straße durch einen Schuß in den Mund getötet.