Voraussetzung, daß dann von der Fesselung ein ausgiebigerer Gebrauch gemacht werden müsse. Dagegen wandte sich auch heute, wie gestern im anderen Hause, Minister v. Pischek energisch gegen das Schießverbot auf fliehende verhaftete Gesetzesübertreter und hob hervor, daß unter den Landstreichern und Zigeunern oft sehr gefährliche Subjekte sind, bei denen die Landjäger, wenn sie nicht schießen dürfen, zum Gespött würden. Mit einem vom Minister vorgeschlagenen Kompromis, wonach die Schießerlaubnis erteilt werden soll gegen fliehende Personen, die sich einer Uebertretung schuldig gemacht habe», wenn man es in ihnen mit Heimatlosen, Landstreichern, Ausländern und Solchen zu tun hat, die sich nicht ausweisen können, vermochte sich die erste Kammer aber nicht einverstanden zu erklären und so wurde die Sache an die Kommission zurückverwiesen, wo sie bis zum Herbst liegen bleibt. Auch die erste Kammer ging über die Eingabe des Frhrn. v. Münch, in welcher sich dieser über den Amtsrichter Probst in Horb darüber beschwert, daß dieser ihn „amtsverbrecherisch" verurteilt habe, zur Tagesordnung Über und der Referent, Präsident v. Länderer, fügte hinzu, es könne der Kammer nicht zugemutet werden, auf alle ganz unverständlichen Eingaben des Herrn v. Münch Bescheid i zu geben. Nachdem das Bertagungsreskript verlesen war, j wies Präsident Graf Rechberg-Rothenlöwen auf die schweren i Arbeite» hin, die dem Landtag im Herbst bevorstehen. s
* Stuttgart, 23. Juni. Nach der amtlichen Statistik i für Juni zeigen die Winterfrüchte überall schönen, häufig sogar so üppigen Stand, daß Lagerung zu befürchten ist. Auch di? Sommerfrüchte haben sich gut entwickelt, doch s haben sie besonders iu feuchten Lagen durch Gewitterregen - gelitten und sind vielfach mit Unkraut durchwachsen. Die j Kartoffeln wachsen überall üppig und sind jetzt frei von ! Krankheiten. Vereinzelt sind sie auf schwerem Beden aus- ! gefault. Der Hopfen steht bis jetzt befriedigend. Der erste Schnitt von Rotklee und Wiesen gibt nach Quantität und Qualität einen sehr befriedigenden Ertrag. Auch der erste Schnitt von Luzerne ist reichlich ausgefallen. Die Obstausfichten find allenthalben zurückgegangen, besonders infolge Auftretens pflanzlicher und tierischer Schädlinge. Von den ganzen 112 eingekommenen Berichten melden für Aepfel eine voraussichtlich gute dis sehr gute Ernte 14 Berichte, eine gute 44, eine gute bis mittlere 26, eine mittlere 21, eine geringere 7, für Birnen eine sehr gute 3, eine gute 26, eine gute bis mittlere 25, eine mittlere 35, eine geringe 23. In den Weinbergen herrscht bei befriedigendem Traubenansatz gesundes Wachstum der Reben. Frühe Sorten haben bereits verblüht.
* Stuttgart, 24. Juni. Das landwirtschaftliche Hauptfest wird am Mittwoch, den 28. September d. I., vorm. 10^/z Uhr auf dem Wasen bei Cannstatt abgehalten. Bei dem landwirtschaftlichen Hauptfest findet statt eine Preisverteilung für Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen und Schweine au württembergische Züchter, ferner eine Vorführung von 8 dreijährigen Hengsten aus dem K. Laudgestüt an der Hand und von 6 dieser Hengste am Traberwagen, weiter eine Vorführung von Remonteu württembergischeu Ursprungs vom Remontedepot Breithülen und endlich ein Borreiten von ältere» Pferden der Kavallerie, sowie das Vorfahren eines bespannten Geschützes der Feldartillerie. Ferner wird mit dem Fest eine Ausstellung der prämierten Pferde und sämtlicher zur Preisbewerbung zugelassener Rinder, Ziegen und Schweine, sowie von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, von Obst, Trauben und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen verbunden werden.
js Stuttgart, 24. Juni. Heute nachmittag um 4 Uhr erlitt der Direktor der ersten württ. Viehverficherungsbank Karl Burkhardt von hier an der Blücherstraße eine« Schlaganfall und fiel dabei so unglücklich, daß er sich einen schweren Schädelbruch zuzog. Er wurde ins Katharinen- Hospital überführt.
ArrsderIrernde. j
(Fortsetzung.) ?
„Verstoßen kannst Du mich, obwohl ich mein ganzes ! Leben lang nur Dich geliebt habe und keinen anderen Mann mehr lieben werde, so lange noch ein Atemzug in meiner ! Brust ist, aber wenn Du mich verläßt, so scheide wenigstens j nicht im Groll. Du mußt mir verzeihen, Georg, oder ich gehe ins Wasser I" rief Eva ganz außer sich, das hübsche Soubrettengesichtchen, das jetzt gar nicht so übermütig keck, sondern recht verzweifelt erschien, in Tränen gebadet, und mit einer jähen Bewegung stürzte sie vor dem Unerbittlichen in die Knie nieder. Ihre weichen Arme umrankten ihn, die tränenfeuchten braunen Augen schauten mit verzweifelndem Flehen zu ihm empor — selbst ein Georg von Braut konnte einem solchen Liebeswerbey gegenüber sein eigenes Gefühl nicht bändigen. Stürmisch riß er die Weinende empor an seine Brust, blitzschnell griff er in die Tasche, zog eine« Ring hervor, einen schlichten, glatten, breiten, goldenen Reifen und steckte ihn ihr an den Finger. — „Das ist mein Weihnachtsgeschenk, Eva; willst Du es behalte» und mich dazu?" —
Natürlich wollte sie; und eine halbe Stunde später klangen bereits die Champagnerkelche auf dos Wohl des jungen Brautpaares zusammen, während der glückliche Leutnant seinem errötenden Bräutchen ins Ohr flüsterte, er schwöre es beim Sebastian, sich nunmehr aller überflüssigen Teaterbekanntschaften zu enthalten, auch das Punschtriuken tunlichst einzuschränkeu und überhaupt ein musterhaft solider Husar zu werden, wobei er freilich erwarte, daß sie — rc. rc. Sie beteuerte es mit einem Kuß voll demütiger, treuer Hingebung.
Der rote Braut grinste heimlich und rieb die Hände. Er war sicher, daß er sich über keinen hübschen Oberförster oder dicken Landrat und kein verweigertes Schlittenrrcht! mehr würde zu ärgern haben, uud Papa Rieding flüsterte
* (Rabeneltern.) Ein ungewöhnlich schwerer Fall von Mißhandlung und Mißbrauchs des Züchtigungsrechts der eigenen Kinder beschäftigte die Strafkammer III in Stuttgart in einer 7 ^stündigen Sitzung. Angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung waren der 40 Jahre alte Schreiner Eugen Witzemalin von Stuttgart und dessen 38 Jahre alte Frau zweiter Ehe, Pauline Witzemann. Elfterer schlug zufolge der Anklage in der Zeit vom Frühjahr 1902 bis Ende November 1903 fortgesetzt seine Kinder aus erster Ehe, zwei Knaben im Alter von 15 und 9 Jahren und ein 12 Jahre altes Mädchen, mit einem sogen. Farrenschwanz auf Kopf, Rücken und Füße, warf sie in die Höhe und ließ sie wieder zu Boden fallen, gab ihnen Faustschläge ins Gesicht, bedrohte sie öfters, ein geöffnetes Dolchmesser in der Hand ballend, mit Erstechen, öfter mit Oeffnung des Gas-
^ hahnens „damit sie verrecken," legte auch einmal dem 9jäh- rigcu Söhnchen und dem 12jährigen Töchterchen gemeinsam eine Schlinge um den Hals und knüpfte sie so an einem an der Türe befestigten Kleiderhaken fest. Die Stiefmutter der Kinder war angeklagt, diese durch Faustschläge in das Gesicht, insbesondere auf die Nase mißhandelt, den 9jährigen Knaben und das 12jährige Mädchen mit dem Farrenschwanz und einem Meerrohr öfters blutig geschlagen, das Mädchen auch an den Haaren herumgezerrt, mit dem bestiefelten Fuße in die Seite gestoßen und ihm mehrmals mit einem Emailgeschirr Schläge auf den Kopf versetzt zu haben, wodurch es eine blutende Wunde davontrug; auch soll sie gelegentlich einer solchen Mißhandlung dem Mädchen gedrobt haben, „Dich mache ich hin, ich rücke das Zuchthaus an Dich, eine rote Weste ziebe ich an, wenn Du tot bist." Das Mädchen lieg! zur Zeit totkrank im Diakonissenbaus zu Hall, j die Knaben wurden in Zwangserziehung gegeben. Die An- s geklagten bestritten die Mißhaudlingen und die Ueberschreit- ! ung des Züchtigungsrechtes, wurden aber auf Grund der i Aussagen der Kinder und anderer glaubwürdiger Zeugen ! schuldig gefunden und Witzemann zu 4 Monaten 15 Tagen, ' dessen Ehefrau zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Der l Staatsanwalt hatte 8 bezw. 5 Monate Strafe beantragt.
* (Neue Kupfermünzen.) Bor acht Tagen hat die Handelskammer Stuttgart das Reichsbankdirektorium uud daS ReichSschotzamt daraus aufmerksam gemacht, daß eine große Knappheit an Wechselgeld, hauptsächlich an Kupfermünzen herrsche. Gestern hat die Handelskammer den Be- j scheid erhalten, daß das Reichsschatzamt auf Ansuchen des j Reichsbankdirektoriams die tunlichste Beschleuniguag der den j Münzstätten in Auftrag gegebenen Kupfer-Neuprägungen ! ungeordnet hat. Einzelne Münzstätten haben mit der s Ablieferung neuer Kupfermünzen bereits begonnen. Auch s die hiesige K. Münzstclle dürfte in den nächsten Tagen ihre j neuen Kupfermünzen in den Verkehr bringen.
* Keiköron«, 24. Juni. Heute vormittag 8 Uhr wurde vom K. Landgericht hier das Urteil in dem Prozeß des vormaligen Oberbürgermeisters Hegelmaier gegen die Stadt Heilbronn auf Erstattung der ibm vorenthaltevrn Gebühren in Höhe von 8100 Mk. nebst Zinsen seit drei Jahren mit zirka 600 Mk. verkündet. Hienach wird die Stadt Heilbronn zur Bezahlung der Hauptsumme von 8100 Mk. und zur Tragung sämtlicher Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Die Zinsenforderung des Privatklägers wurde dagegen nicht bewilligt.
* Kalk, 23. Juni. Von der Strafkammer des K. Landgerichts hier ist heute der 35 Jahre alte ledige Landjäger Gottlieb Marz von Niederrhall, OA. Künzelsau, wegen eines Vergehens der fahrlässigen Tötung zu der Gefängnisstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Blanz, seit 1896 Landjäger, befand sich am Abend des 3. Juni auf der Rückkehr von einer Streife in der Glockenwirtschaft in Jngelfinqen uud blieb dort bis gegen Mitternacht. Er war schließlich angetrunken. Bei seinem Weggehen unterhielt er sich scherzhaft mit der Wirtin und
ihm nach einem Seitenblick auf das auffallend demütige Gesicht seiner Erstgeborenen mit dem Ausdruck aufrichtiger Bewunderung zu:
„Bist doch eiu Teufelskerl, Junge I Hast das wilde Mädel schon vor der Hochzeit zahm gemacht; na, Dich wird mal der Pantoffel nicht sehr drücken !"
„Beim Sebastian, das hoffe auch ich I" entgegnete der glückliche Ehemann in oxs mit Selbstbewußtsein.
Und trotzdem stampfte er am andern Morgen doch wieder recht tiefsinnig durch den Hof nach dem Stalle, um nach dem „Jugendtraum" zu sehen. Benno's Schicksal ging ihm nicht aus dem Kopf. Alle Versuche, etwas 'über den Freund zu erfahren, waren erfolglos geblieben, auch die Nachforschungen, welche Prinz Rauenberg durch seine Bekannten — meistens Herren vom diplomatischen Corps an den verschiedenen Höfen — hatte anstellen lassen. Voriges Jahr noch waren die Jugendfreunde beisammen gewesen, erst bei Excellenz in Friedenthal und dann hier in Prauske, so recht sorgenlos und lustig, wie ein Paar echte Leutnants — wo und wie mochte der arme Kerl dieses Weihnachtsfest verleben, allein in der weiten, fremden Welt oder — was noch schlimmer war — rettungslos in den Händen jener Frau?
Als Braut den „Jugendlraum" eine Stunde bewegt hatte und ins Schloß zurückging, kam ihm auf dem Hof Martina entgegen.
„ArmeS Täubchen," sagte er mit einem mitleidigen Blick auf ihre blassen Wangen und zog ihren Arm in den seinigeu; „ich hätte Dir so gern mit einer freudigen Nachricht das beste Weihnachtsgeschenk gebracht, aber es war mir nicht möglich."
„Du hast nichts über ihn erfahren?" fragte sie.
„Er" war Benno, sein Name wurde zwischen den beiden fast nie genannt, ebensowenig derjenige der Baronin Dorton — sie sprachen nur von „ihm" uud „ihr".
deren Schwägerin, die andern Tags mit dem gleichfalls anwesenden Bauamtswerkmeister Hugo Locher aus Stuttgart Hochzeit feiern wollte. Er stand mit allen diesen Personen auf gutem Fuße. Im Hausöhrn hielt er im Scherze sei« geladenes, aber ungesichertes Gewehr iu der Richtung gegen die mit Locher in Unterhaltung begriffene Wirtin, berührte hiebei versehentlich den Abzugsbügel und der Schuß traf die Wirtin, die 30 Jahre alte Katharine Glock, die alsbald tot umsank, mitten durch das Herz. Blauz wurde sofort festgenommrn. Er mußte zugeben, daß er sich um den Zustand seines Gewehrs, seit er es an diesem Tag geladen hatte, nicht mehr gekümmert, und daß er die Sicherung „vergessen" habe.
* (Werschiedeves.) Am letzten Sonntag wurde von Jagdaufseher Mayer von Würm die Leiche eines Mannes in den Waldungen zwischen Würm und Hohenwarth au einem Baum hängend aufgefunden. Wer der Erhängte ist, konnte noch nicht feftgestellt werden. — Der Telegrafenarbeiter Fehle war mit der Legung einer Telefonleitung in Altbach bei Eßlingen beschäftigt. Infolge Zufalls traten in einer Leitung starke Jnduktionsströme auf. Jehle berührte diese Leitung und konnte sich nicht mehr loslassen. Die Schmerzen verursachten konfulsive Zuckungen, durch welche die Leiter umgeworfen wurde. Jehle hing nun über Vs Minute frei in der Luft und fiel daun etwa 6 Meter hoch auf die Straße herab, wo er leblos liegen blieb. — Am Freitag fuhren der Direktor Thon von der Schiffbranerei und Gastwirt Rötter zum „Maikäfer" von Ulm in eiuem Wägelchen über den grünen Hof, als das Pferd scheute und den Wagen umwarf. Direktor Thon erlitt hierbei so schwere Verletzungen, daß er bewußtlos nach dem Spital verbracht werden mußte. Gastwirt Rötter trug leichtere Verletzungen davon.
* UfsrzHei«, 24. Juni. Vor einigen Wochen kam hier von Nagold her ein Transport Kälber an, für einen hiesigen Metzger bestimmt. Der ausgeladene Wagen, zur Desinfektion nach Mühlacker bestimmt, blieb noch bis zur Nacht hier stehen, und da entdeckte ein Bahnbediensteter Folgendes: In dem Wagen war ein Kalb an den Füßen aufgehängt, getötet und die Eingeweide herausgenommen, die am Boden lagen. Auf Anordnung der Sck utzmannschast wurde das ganze Fundftück in den städtischen Schlachthof gebracht. Dort ergab eine genaue Untersuchung, daß das Tier ans dem Transport verendet war, weshalb es nach 2 Tagen auf Anordnung des Bezirksamtes verlacht wurde. Der Begleiter des Transportes hat also aller Wahrscheinlichkeit nach das schon tote Tier aufgehängt und ausgenommen. Daß der Tod schon vor dem Ausnehmen ein- getreteu war, geht daraus hervor, daß sich fast keine Blutspuren vorfanden. An dem Abend nach der Entdeckung kamen nun Metzgerburschen mit einem Holzkoffer an die Bahn, angeblich um das tote Kalb einzupacken und wieder nach Nagold zurückzuschicken. Sie waren natürlich sehr verwundert, als ihnen das Geschäft durch die Polizei erspart war.
* Wrirnverg, 22. Juni. Wegen Feigheit wurde vom Kriegsgericht ein Unteroffizier der Reserve zu 7 Tagen gelinden Arrestes verurteilt. Er war vor einem Soldaten, der ihm die Ehrenbezeugung nicht erwiesen und dann mit dem Säbel auf iha losgegangen war, davongelaufen, „aus Furcht", wie die Anklage lautete, um die Wache zu holen. Der Unteroffizier hatte nur sein kurzes Infanterie-Seitengewehr als Waffe gehabt, der Soldat dagegen, ein Chevaux- leger, seinen langen Reitersäbel.
* Der Weinhändler Ludwig Levy von Lauda« erhielt vom dortigen Landgericht 3000 Mar! Geldstrafe oder 300 Tage Gefängnis, weil er seinen Wetn statt ausschließlich aus Traubensaft auch aus Glycerin, Weinsteinsäure, Tamarinden, Rosinen und Zuckerlösung anfertigte. 27 000 Liter
„Nichts, Liebchen, weder von ihm, noch von ihr. Der Prinz vertröstet mich auf seine Freunde, aber was nützt das, wenn er sich inzwischen fest au jene kettet, während Du —"
„Sprich nicht von mir", fiel Martina herb ein. „Es war ein törichtes Kindergefühl, das zum Glück niemaud kennt außer Dir, und Deines Schweigens diu ich Wohl sicher."
„Beim Sebastian, ich ließe mich lieber rädern, als daß ich ein Wort verriete, aber Du sagtest „war" ?"
„Ich muß diese Neigung unterdrücken, sie ist ja aus- stchts- und gegenstandslos geworden, und ich hoffe, idrer recht bald nur als etwas vergangenem, auf ewig entschwundenen gedenken zu können," sprach sie mit zuckenderLippe und, sich zueinem Lächeln zwingend, fuhr sie fort: „Du erzähltest mir ja erst gestern von Deiner ersten Liebe zu einer beträchtlich "fiteren Frau. Vielleicht lächele ich schon in Jahresfrist ebenso über meine eigene Torheit. Ich habe einmal irgendwo gelesen, die erste Liebe sei für die Erwachsenen, was die Masern für die Kinderjahre sind. Es sieht gefährlicher aus, als es ist, jeder macht es durch und vergißt es schließlich."
Der rote Braut sah sie forschend von der Seite an. Eigentlich zum ersten Male bemerkte er, wie ernst uud stolz, voll ruhiger, klarer Schönheiten die regelmäßigen Züge dieses Mädchengefichtes waren, es lag Würde und Charakter darin, aber auch ein tiefes Weh — trotz ihrer Worte. Ja, es wäre ihm lieber gewesen, sie hätte geweint uud geklagt, anstatt so kalt vernünftig zu sprechen. Wie kouste sie seine alberne Fähnrichsliebe zu einer drriunddreißigjährigeu, korpulenten Wachmeifterfran mit der jungfräuliche», innigen Empfindung ihres reinen Gemüts für den Jugendfreund, der dessen Wohl würdig war, vergleichen? Sie hatte eiu so treues, starkes Herz, das sicherlich nicht leicht vergaß.
(Fortsetzung folgt.)