Bezirk stimmten bei 6190 Berechtigten 5177 ab d. i.

83.6 Prozent und im ganzen 7. Wahlkreis, der 24 302 Wahlberechtigte zählt, machten 20145 d. i. 82,9 Prozent, von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Am besten gestimmt hat der Bezirk Nagold mit 84,2 Prozent, dann solgen die Bezirke Calw mit 83,6 Prozent, Neuenbürg mit 82,3 und Herrenberg mit

79.6 Prozent.

Nun also müssen die Wähler des 7. Wahlkreises am 22. Januar nochmals an die Wahlurne treten. Wer jetzt nicht begreift, daß unser Wahlkreis zu denen gehört, die, wenn nicht alles aufgeboten wird, verloren gehen, dem ist nicht mehr zu helfen. Jetzt gehts aufs Ganze, jetzt gilt es, zum entscheidenden heißen Schlutzkampf mit aller vorhandenen Kraft zusammenzustehen und mitzutun. Der 7. Wahlkreis mutz nun in den bewährten Händen bleiben, darf nicht der Sozialdemokratie als Beute zufallen. Zwar, wie sich die konservative Parteileitung ver­hält, welche Parole sie ausgeben wird, mutz zunächst noch abgewartet werden. Daß sie offiziell für den Sozialdemokraten eintritt, darf wohl bezweifelt werden und man wird annehmen können, datz sie in der Stichwahl Gewehr bei Futz steht. Würde das Tatsache werden, würde vor allem diese Parole der Leitung von den konservativen Wählern be­folgt. dann gelänge es der Bolkspartei aus eigener Kraft, Steinmayer zu werfen. Man darf aber nicht außer acht lassen, datz der Ton gegen die Volks- partei unter den konservativen Bauern ein sehr ge­reizter ist, sodatz in der Verbitterung und Verärge­rung mancher Zettel, der den Namen des Sozial­demotraten trägt, von sonst gut konservativen Män­nern abgegeben wird. Die Volkspartei kann zuver­sichtlich, aber sie m u tz mit gewaltigem Kraftauf­wand das letzte Treffen ausfechten . Es ist auch möglich, datz die konservativen Wähler je zur Hälfte zur volksparteilichen und zur sozialdemokratischen Seite sich schlagen, was dann immer noch nicht schlimm für die Volkspartei wäre, denn sie würde das Mandat nur verlieren, wenn alle konservati­ven Stimmen oder ein großer Teil auf die Sozial­demokratie übergingen.

Der 12. Januar ist vorüber. Möge der 22.das erfüllen, was der 12. trotz allen Ernstes der Lage! erwarten läßt: den Sieg des liberalen Kandidaten! ^

- Wer vertritt Württemberg im Reichstag?

Von seinen acht durch Württemberger besetzte Reichs­tagssitze hat der Liberalismus in der Hauptwahl einen verloren, von den sieben übrigen mutz er fünf gegen die Sozialdemokratie, einmal gegen die Konservativen und einmal gegen das Zentrum in der Schluhroahl zu ver­teidigen haben. Den Konservativen blieben zwei ihrer drei Sitze, der im 4. Wahlkreis ging verloren. Die Sozialdemokratie würde nach dem vorläufigen Ergeb­nis zwei Vertreter nach Berlin schicken, ihre Zahl wird sich aber wohl auf fünf erhöhen. Ungeschwächt und ohne Gewinn zieht das Zentrum wieder durch die Türen des Wallotbaues,' in unserer Heimat wird auch in der Stichwahl an diesen Verhältnissen nichts geändert wer­den. Zusammengesatzt: Rot ist Trumpf. Auch in

Württemberg. Damit haben sich jetzt Volk und Regie­rung abzufinden.

Der Wahltag in Stuttgart. Der mit beispiel­loser Energie aus beiden Seiten geführte Wahl­kampf nahm bereits in der gestrigen Nacht seine schärfsten Formen an. An Haustüren, Fenstern, und Plakatsäulen wurden Aufrufe angeklebt, und Stimmzettel an die Passanten verteilt. Dieses Für und Wider gegen die politischen Gegner erreichte während des Tages durch eine geradezu fanatisch be­triebene Agitation den Höhepunkt. Am Morgen begannen schon die Wühler ihrer Wahlpflicht zu ge­nügen, erst vereinzelt, dann in Trupps ging es dem Wahllokal zu. An den Wänden und Plakatsäulen wurde jedes Plätzchen ausgenutzt, dem politischen Gegner auf die raffinierteste Art zugesetzt. Ge­schmacklos war es, sich von Eseln Wahlhilfe zu er­bitten und die Polizei verbot auch schnell diesen un­gewohnten Scherz. Aber nicht nur in der Residenz, in allen Landorten des Stuttgarter und der benach­barten Wahlbezirke ging es äußerst lebhaft zu. Rad­ler, Automobile, Mistelwagen und Karren mit Wahtflugblüttern belebten die sonst so stillen Land­straßen. Als dann zur Mittagszeit sich die Tore der Fabriken öffneten, da zogen wie auf ein militäri­sches Kommando ganze Ärbeiterbataillone aus, be­setzten die Wahllokale und trugen wesentlich zur Entscheidung der Wahl bei. Nach 7 Uhr begann es vor den Geschüstsgebüuden der hiesigen Zeitungen recht lebhaft zu werden. Von einer nach Tausen­den zählenden Menschenmenge war das Redaktions- gebüude des Neuen Tagblatts belagert. Als das endgültige Ergebnis bekannt, brach ein ohrenbetäu­bender Jubel los. Hochrufe auf Hildenbrand und die Sozialdemokratie gellten durch die Lust die Entscheidung war gefallen. Es ist unmöglich, das Leben in den großen Wirtschaftsrüumen, die voll­ständig überfüllt waren, zu schildern. Die Schlacht war geschlagen, für Stuttgart die Entscheidung ge­fallen. Es gab nichts mehr zu ändern und all­mählich empfand man allgemein ein Bedürfnis nach Ruhe.

I

Ergebnisse aus dem Reich.

» Pforzheim, 13. Jan. Bis 12 Uhr nachts ist folgendes Resultat bekannt: Im 9. Wahlkreis Pforzheim-Durlach, Ettlingen und Gernsbach siegte Stadtrat und Fabrikant Albert Wittum (liberal) gegen Trinks (soz.) mit 19 943 Stimmen: letzterer erhielt 19 529 Stimmen, Wittuni somit mehr 412 Stimmen. Stichwahlen sind nötig in Karlsruhe, Konstanz, Heidelberg, Freiburg und Lörrach. In Bretten-Sinsheim ist Rupp (kons.) und in Lahr Fehrenbach (Zentr.), in Rastatt Lender (Zentr.), sowie in Mornheim Rechtsanwalt Dr. Frank (soz.) gewählt.

Berlin, 13. Jan, 4.30 früh. Vor lagen 350 Re­sultate, davon 181 definitiv und zwar 24 Konser­vative, 5 Reichspartei, 2 Wirtschaftliche Vereinigung, 68 Zentrum, 11 Polen, 4 Nationalliberale, 1 Bund

der Landwirte, 62 Sozialdemokraten, 2 Elsässer, 1 Lothringer, 1 Däne. 169 Stichwahlen.

Berlin, 13. Jan. (Priv.-Telegr.) Bis heute früh 1.26 Uhr lagen vor 730 definitive Wahlresul­tate. Gewühlt sind 191 Abgeordnete. Davon 25 Konservative, 5 Reichsparteiler, 2 Wirtsch. Vereini­gung, 75 Zentrum, 12 Polen, .4 Nationalliberale, 1 Bund der Landwirte, 62 Sozialdemokraten, 4 bei keiner Fraktion, 1 Bauernbund. An 179 Stichwahlen sind beteiligt: 37 Konservative, 15 Reichsparteiler,

3 Deutsche Reformparteiler, 10 Wirtsch. Vereini­gung, 30 Zentrum, 9 Polen, 61 Nationalliberale,

4 Bund der Landwirte, 52 Fortschr. Volkspartei, 118 Sozialdemokraten, 3 Wild liberale, 16 bei keiner Fraktion. Die Konservativen gewinnen 2 und verlieren 9, Reichsparteiler gewinnen 2 und verlie­ren 9, Wirtsch. Vereinigung gewinnt 1, verliert 7, Zentrum verliert 6, Polen verlieren 1, National­liberale gewinnen 2, verlieren 16, Fortschr. Volks­partei verliert 12, Sozialdemokraten gewinnen 27, verlieren 2, Bauernbund gewinnt 1.

Berlin, 13. Jan. Bernstein (Soz.) ist wiederge­wählt, ebenso der Elsässer Wetterle. Der National­liberale Görcke ist unterlegen. Bebel ist wiederge­wählt, Stresemann (natl.) unterlegen, ebenso Mommsen (Fortschr. Vp.). Berlin I: Stichwahl zwischen Kämpf (Vp.) und Düwell (Soz.); Berlin !>: Fischer (Soz.); Berlin IN: Pfannkuch (Soz.); Berlin IV: Büchner (Soz.); Berlin V: Schmidt (Soz.); Berlin VI: Ledebour (Soz.). Potsdam Ofthavelland: Stichwahl zwischen Vosberg Rp.) und Liebknecht (Soz.). Düsseldorf: Stichwahl zwischen Haberland (Soz.) und Schmitz (Zentr.). Karls­ruhe: Haas (F. Vp.) 13122, Frhr. v. Eemmingen (Rp. unterst, v. Zentr.) 11441, Geck (Soz.) 15 796; Stichwahl zwischen Haas und Geck. Mannheim: Gorheim (natl.) 16 061, Hoffmann (kons.) 649. Kraus (Zentr.) 8750, Frank (Soz.) 31711; Frank (Soz.) gewühlt. Saarbrücken: Bassermann (natl.) 25 698, Saurmann (Zentr.) 24 570, Leimpeters (Soz.) 4382 Stimmen. Stichwahl zwischen Basier­mann und Saurmann.

° > Ser liberale BIM m Wa-lkaWs.

Wir haben in einem früheren Artikel bemerkt, datz der gemeuyame Wahlkampf durch Volkspartei und Nanonalliberale das charakteristische Merkmal in den Parreiverhültnissen zur Zeit der Reichstags­wahlen von 1912 gewesen sei. Man wird jetzt nun mit Recht fragen dürfen: Wie hat sich der liberale Block praktisch bewährt? Zweifellos hat er sehr gute moralische und ideale Früchte gezeitigt, Ueber- sieht man die Ergebnisse in Württemberg, die prak­tisch in den liberalen Wahlerfolgen aus der Hand liegen müßten, dann wird man sich einer leichten Enttäuschung nicht erwehren können darüber, datz selbst das geschlossene Zusammengehen der beiden libe- ralenGruppen demWachstum der sozialdemokratischen Stimmen keinen Abbruch zu tun vermochte und daß

Die Dame im Pelz. I

20) Kriminalroman von G. W. Applcion. !

l Fortsetzung.) I

Helen las weiter. >

...Und nun, Helen, möchte ich Dich mal offen fragen, was es heißen soll, daß Du Deinen Bruder in dieser skandalösen Sache noch bestärkst? Ich habe Dich in einer ausgezeichneten Mädchenschule erziehen lassen und keine Kosten gescheut und alle guten Grundlagen der Kirche wohl gepflanzt; wie Du da ein fremdes Frauenzimmer im Haus er­lauben kannst, von dem ich nichts weiß

O, du meine gute Güte, unterbrach sich hier Helen selbst, ich glaube fast, die gute Tante hat in ihrer Jugend keine ausgezeichnete Mädchenschule besucht; aber immer nur beim Schreiben gerät sie in dieser Weise mit der Satzlehre in Konflikt.

Dann fuhr sie mit ihrer Lektüre fort:

...Dein Vater, Helen, hat sich mit schrecklichen Menschen, Mördern, Totschlägern und Halsab­schneidern und allem möglichen Gesindel Herumge­trieben, und doch gab es keinen gutmütigeren und besseren Kerl. Er nannte diese Schurken Pa­trioten und, Gott weiß, was sonst für dumme Nar­ren; und ich versichere Dir das Weib, das Ihr ins Haus genommen habt, ist auch von dieser Sorte, und wenn Ihr eines schönen Nachts in Euren Betten in die Luft fliegt, so geschieht es Euch recht, wenn Ihr nicht auf mich hören wollt. Ist der Skandal nicht so schon groß genug? Zeigt Dir Edward denn die Zeitungen? Nein, ich werde nicht zu Euch kommen und das Weib sehen. So eine Idee! Ich bin erstaunt, daß Du mir eine solche Zumutung machst. Mein Urteil steht fest, und ich brauche keine Hilfe von Dir und Ed­ward, um mir die nötige Meinung über ein Weib

zu bilden. Bedenke, datz ich älter bin als Ihr und ein gut Teil mehr von der Welt kenne als ihr. Ich sage weiter nichts, als dieses Frauen­zimmer mutz aus dem Haus fort, oder ich breche mit Euch beiden. Wenn Du herüberkommen willst nach Putney und vernünftig sein, wie es sich für ein anständiges Mädchen gehört, werde ich Dich gerne bei mir sehen; dagegen habe ich Befehl gegeben, datz Edward nicht mehr ins Haus ge­lassen wird.

Deine liebende Tante

Maria Donaldson.

Liebende Tante! rief ich aus. Ein garstiges, lü­genhaftes, altes Weib ist sie! Ehe du anfingst, war ich in einer ziemlich reuigen Stimmung, aber jetzt wünsche ich sie hin, wo der Pfeffer wächst; ich werde den Teufel tun und ihr Entgegenkommen zeigen. Was meint sie damit, daß sie Marcella als Mör­derin und Totschlägerin bezeichnet?

O, nein! sagte Helen, das hat sie nun gerade nicht gesagt.

Jawohl hat sie das oder wenigstens gemeint und sogar angedeutet, Laß uns das Mädchen nachts in die Luft psrengen würde. Eine nette Un­terstellung, das! Eine Unverschämtheit! Du magst hingehen und sie besuchen, wenn du Lust hast; ich habe kein Bedürfnis, die Tante Donaldson wieder- ,zusehcn. Sie ist ja eine ganz herzlose Person!

O, Ted, Ted! Was hast du für ein aufbrausen­des Temperament! sagte meine Schwester darauf.

Nein, erwiderte ich, das habe ich nicht, aber ich kann es nicht vertragen, datz sie in dieser Weise von Marcella spricht.

Das ist überhaupt des Pudels Kern, versetzte sie, mit dem Kopfe nickend und mir schelmisch zublin­zelnd. Du liebst Marcella, Ted.

Nun, und wenn das der Fall wäre, würde ich mich gar nicht besonders darüber wundern, versetzte

ich, ebensowenig als wenn ich hörte, datz du und Mortimer euch verlobt hättet.

Helen wurde rot bis über die Ohren; sie faltete ihren Brief zusammen und steckte ihn ein.

Zu verwundern wäre es ja nicht, antwortete sie und ging hinaus.

Ich hatte im Laufe des Tages zwar viel mit der Praxis zu tun, aber keine besonders schweren Fälle; und noch ehe ich mit meiner Runde fertig war, hatte ich die Ueberzeugung gewonnen, datz ich wohl der Gegenstand aller möglichen Redereien geworden war, jedoch in der Gunst meiner Kundschaft nichts einge- büßt hatte. Wie ich nachträglich erfuhr, hatte zu dieser für mich günstigen Stimmung auch der Um­stand viel beigetragen, daß sich zahlreiche Personen vergeblich um die auf Marcellas Entdeckung ausge­setzten fünfzig Pfund beworben hatten. Die Nach­richt von dem Besuche des Barons von Eitzen hatte sich rasch herumgesprochen, aber gleich darauf auch die energische Zurückweisung meinerseits, die Gregory überall eifrig erzählte. So gestaltete sich am Ende des Tages die Bilanz von Gewinn und Verlust deut­lich zu meinen Gunsten, und ich war trotz Tante Marias Brief sehr zufrieden.

Meine Träume in jener Nacht waren, wie ich mich noch erinnere, freudvoll und heiter, ihr Inhalt nur Marcella.

Der nächste Tag brachte nur einen einzigen be­merkenswerten Zwischenfall. Als ich am Nachmittag von meinem üblichen Rundgang zurückkehrte, kam mir meine Schwester Helen im Hausflur entgegen. Sie machte ein tiefernstesGesicht und flüsterte mir zu:

Es ist ein Mann von Scotland Pard im Emp­fangszimmer. Bedeutet das wohl wieder neues Unheil?

Ganz und gar nicht, sagte ich lachend. Charley hat mir geraten, unter allen Umständen die Polizei ins Vertrauen zu ziehen. (Forts, folgt.)