wese» sein, wenn ein Obervogt seine Bauern väterlich ans Herz schloß, sie schätzte und schützte, weniger liebsam aber vielleicht, wenn er herrschfichtig Frohuden gebot. Der kolossale Bau unseres alten Schlosses »nt den riesigen Quadern gibt uns noch heute Zeugnis von harter Frohnarüeit und von manchem schlechtbezahlten Schweißtropfen. Der Kaste» hat manchen Fluch von Zehnten- und steuerbringendeu Bauern gehört und die .Hölle" und das .Himmelreich" (2 Arrestlokale beim alten Schlosse) wissen zu erzählen von nur allzuengen Berührungen zwischen Bauer und Stadtvogt. Damals mag mancher wenig freudvoll seine Schritte der Stadt zugelenkt haben. — Darin ist jetzt manches anders geworden. Der Bauer ist frei, die Frohnden find abgeschafft. Der Schloßvogt hat sein langjähriges Verhältnis mit der lieblichen Altensteigia aufgelöst, und hat sie treulos fitzen lassen, und auch das alte Forstamt ist den Bach hinabgeschwommen. Steucrzahlcn allerdings ist geblieben und es gehört allem nach auch jetzt noch nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen, und ich fürchte, daß es auch künftig so sein wird. Aber die Steuern sind wenigstens gerechter geworden. Hat endlich das amtliche Verhältnis zum Land manche Aenderung erfahren, so find sich viel mehr gleich geblieben die wirtschaftlichen und geschäftlichen Beziehungen. Der Bauer geht nach wie vor gern in die Stadt auf den Markt und macht seine Einkäufe und der Städter nimmt ihm dafür seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse ab, eS ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, der Städter braucht den Bauern, aber auch der Bauer braucht den Städter, tausend nur zu beiderseitigem Schade» zerreißbare Fäden verknüpfen Stadt uud Land, ja wir können sagen: jeder Stamm Holz, den der Städler dem Bauern abkauft, verstärkt die Brücke zwischen Stadt und Land, jeder Strick, an dem ein Kälbchen hängt, fesselt deu Bauern an den Städter, jede Butter, den die Stadtfrau kauft, schmiert das Rad des Friedens zwischen Land und Stadt, und auf der anderen Seite ist es gerade so: jede Wagenkette, die der Bauer kauft, kettet Stadt und Land zusammen, jeder Rock und jede warme Weste, die der Bauer in der Stadt kaust, erwärmt die Temperatur zwischen Stadt und Land, jetes Glas Vier, vom Bauern in der Stadt getrunken, ist, wenn es nicht zu dünn ist, ein Klebemittel zwischen Stadt und Land. Aber auch manches persönliche und verwandtschaftliche Baud umschließt Stadt und Land. Nicht umsonst wird ja das Land als Jungbrunnen der Städte bezeichnet; denn das Land ist für die städtische Bevölkerung ein Jungbrunnen, weil sie sich daraus immer wieder verjüngt und erneuert. Also, es ist nicht anders, Stadt und Land sind keine Gegensätze, sie eiten einen Körper, der zwar verschiedene Glieder und Or- gane hat, die sich aber gegenseitig bedingen und stützen; sie bilden eine organische Einheit! So war es seither und so möge es bleiben I"
Nachdem der schwarz-rote Patriotismus zur vollsten Geltung gekommen war, schlug der Vorsitzende das Lied: .Deutschland, Deutschland über Alles" vor, um auch des größeren Vaterlandes zu gedenken. Auch die Wacht am Rhein wurde gemeinsam gesungen. Die Pausen wurden durch passende Deklamationen von den Herren Bezirksnotar Beck und Schullehrer Böhmler, und durch Gesänge des Luderkranzes und Sängerkranzes, wie auch durch Spiele der Stadtmustk aufs angenehmste ausgefüllt. Zum Schluß der offiziellen Feier dankte der Vorsitzende Allen, die sich für den Abend in den Dienst der Sache gestellt hatten, herzlichst für ihre Mitwirkung am Gelingen dieser schön und erhebend verlaufenen Feier. — Schließlich teilen wir noch mit, daß an Seine Majestät deu König folgendes Huldiguugstelegramm abgesandt wurde: „An den König, Stuttgart! Die zur Feier des Geburtsfestes Euerer Majestät froh vereinte Bürgerschaft Altensteigs begeht heule zugleich das Fest 300jähriger Zugehörigkeit Altensteigs zum Hause Württemberg. Für all die zahlreichen Segnungen unter württembergischem Szepter während der letzten 3 Jahrhunderte dankbar, legt die ver- ammelte Bürgerschaft die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche -um heutigen Tage Euerer Majestät zu Füßen und vrr- indet damit das Gelöbnis unwandelbarer Liebe und Treue." Hierauf lief Freitag vormittag vom Kgl. Kabinettschrf Gemmingen folgende telegraphische Antwort ein : .Seine gl. Majestät lassen für die von der Bürgerschaft Altenteigs dargebrachten Glückwünsche freundlichst danken." Der abinettschef: Gemmingen.
* Bfakz-rafenweiker, 26. Februar. Am Geburtstag nseres Königs versammelten sich wie alljährlich die Be- mten, Mitglieder der bürgerlichen Kollegien, des Vet-ranen- nd Militärvereius, die Holzhauer des hiesigen Vereins ach VslO Uhr im Rathaussaal, wo Herr Oberförster Nvrd- iuger dem Forstwart Schwarz von Herzogsweiler die ihm om König verliehene silberne Verdienstmedaille und de« olzhaueru Gottfried Brösarnle von Kälderdronn und Adam Mller von Hallwangrn für 49- bezw. 48jährige Arbeit m Staatswald ein von der König!. Forstdirektiou auSge- elltes Diplom nebst einem Geldgeschenk von 50 Mark eierlich übergab. Um 10 Uhr setzte sich der Festzug vom athaus nach der Kirche in Bewegung, voran die Schäler er beiden oberen Klassen, dann Veteranen- und Krieger- ereine mit ihren Fahnen, worauf die übrigen Teilnehmer olgten. Nach dem Festgottesdienst wurde der übliche Frühoppen im Adler eingenommen. Demselben folgte um 2 hr rin Festmahl im Schwanen, au dem auch die Orts- orsteher aus der Nachbarschaft teiloahmen. Hier hielt Herr berförstrr Nördlinger dir Festrede, welche in ein begeistert ufgenommenes Hoch auf den König ausmündete, während uS Frauenmunde der Königin eine Huldigung in gebun- euer Form dargebracht wurde. Weitere Reden und anrechende Gesänge würzten noch das leckere Mahl. Um auch er übrigen Bürgerschaft Gelegenheit zur Teilnahme an der estfeier zu geben, wurde auf abends 8 Uhr der Veteranru-
und Militärverein nebst dem Liederkranz in den Schwanen- saal eingrladev. Herr Dr. Levi begrüßte die Gäste uud legte die Gründe dar, welche zur Veranstaltung der Feier führten. Unter Reden und Toasten auf König, Kaiser usw., allgemeinen Gesängen und Borträgen des Liederkranzes verstrich der Abend rasch, der bewiesen hatte, daß auch auf dem Laude das Geburtsfeft des geliebten Landesherrn würdig gefeiert werden kann.
* Die Gattenmörderin Karoline Schroth von Hnuröach s wurde auf Antrag des Untersuchungsrichters in Tübingen
behufs Beobachtung ihres Geisteszustandes auf 6 Wochen in die psychiatrische Kliuik in Tübingen angewiesen.
* In der Nacht vom 21. zum 22. Oktober v.J. brannte das Wohn- und Oekouomiegebäude des Fuhrmanns Johann Wilhelm Seyfried in Nonnenmiß, Gememde Wildbad, bis auf die Grundmauern nieder. Seyfried, der seine Fahrnisse bei der Basler Versicherungsgesellschaft gegen Feuersgefahr versichert hatte, machte anläßlich der Feststellung des Brandschadens im Verein mit seiner Ehefrau geltend, es seien ihnen an Fahrnisgegenständeu und Futtervorräten mindestens für 1000 Mk. mitverbrannt. Dies war eine Lüge. Wegen versuchten Betrugs kamen die Beiden vor die KLöivger Strafkammer. Der Ehemann Seyfried wurde zu vier Monaten Gefängnis und dessen Ehefrau zu vier Wochen verurteilt. Die Beiden redeten sich damit aus, sie hätten sich blos dafür schadlos halten wollen, daß der Berstcherungs- inspektor eine ungerechte Taxation vorgenommen habe.
* Der Württ. Gewerbeoerein ersucht württ. Bewerber um Staatsbeiträge zum Besuch der deutschen Gerberschule in Freiburg in Sachsen mit Hinsicht auf den am 20. April beginnenden nächsten Kurs um Einsendung ihrer Gesuche.
* Die größte Lokomobile der Welt (400 Pferdestärken) wurde dieser Tage von der Maschinenfabrik Aßmann und Stockder in ß»u«statt mit 20 Pferden zum Bahnhof gezogen, von wo aus der Koloß auf besonders gebauten Wagen weiter befördert wird. Die Maschine ist für die Melchrorgrube in Schlesien bestimmt.
* Einem Diebstahl großen Stiles ist die Militärverwaltung in L«dwtssv«r- auf die Spur gekommen. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß aus dem neuen Wagenhans, wo sehr bedeutende Hafervorräte gelagert find, in letzter Zeit nicht weniger als 250 Zentner gestohlen wurden. Daß der Diebstahl von anderen als Militärpersonen verübt wurde, scheint wenig wahrscheinlich. Es ist «uz,-nehmen, daß der Hafer teilweise in der Stadt untergebracyt wurde, und es erging deshalb an etwaige Abnehmer die Aufforderung, bei dem Gericht der 26. Division Anzeige zu machen.
js Wom ZLodeusee, 26. Februar. Die Einwanderung italienischer Arbeiter beginnt größere Dimensionen anzu-- nehmen. In den letzten Tagen gingen über Konstanz und Basel mehrere 1000 Manu. Das Reiseziel der Arbeiter sind die Arbeitsplätze Deutschlands und Belgiens.
js Mannheim, 26. Febr. Im nahen Feudenheim herrscht infolge eines schweren Unglücksfalles große Aufregung. Während der Fuhrmann eines Mühlenfuhrwerks aus Groß- Sachsen in einem Hause beschäftigt war, vergnügte» sich einige Jungen damit, Steine nach den Pferden zu werfen, dieselben wurden scheu uud rasten in vollem Galopp dahin. Zwei Kinder des Taglöhners Peter Krampf konnten nicht mehr ausweichen und wurden überrannt. Das eine, ein 6jähriges Mädchen, war sofort tot, das andere, ein 7jähr. Junge, starb im Laui des Tages. Den Fuhrmann trifft keine Schuld, da er die Pferde vorschriftsmäßig ausgespannt uud den Wagen gebremst hatte.
* Da die Stadt Mai«z nicht mehr in der Lage ist, den sich täglich ergebenden Straßenkehricht unterzubringen, so beabsichtigt sie, eine Kehricht-Verbrennung einzurichten. Der Stadtverordnetenversammlung ist bereits eine Vorlage unterbreitet worden zur Bewilligung eines Betrags für Probe- Verbrennungen.
! js Irankfmt a. W-, 26. Febr. Heute mittag wurde , der Klavierhändler Hermann Lichtensteiu in seinem auf der Zeil gelegenen Bureau ermordet uud der Kassenschrank ausgeraubt.
* Berlin, 26. Februar. Nach einem Telegramm der „Voss. Ztg." aus Bremen tritt der Kaiser am 12. März mit dem Lloyddampfer „König Albert" die Mittrlmcerreise an. —
* Berlin hat einen neuen Bankkrach, bei dem etwa 2 Millionen Mark verloren gehe» dürften. Der Bankier Fritz Meyer, Inhaber der gleichnamigen Bankfirma, ist verschwunden. Er gehörte zu den größten Spekulanten des Platzes. Die Engagements, die er laufen hat, beziffern sich auf die ungeheure Summe von 2? Millionen Mark, von denen der Hauptteil auf die Berliner Börse entfällt. Die Verbindlichkeiten sollen über 3 Mill. Mark betragen, denen angeblich überhaupt keine oder geringe Mittel gegenüberstrhen.
js Kiel, 26. Febr. Der jüngste Sohn des Prinzen Heinrich von Preußen, geboren am 9. Jauuar 1900, ist heute nachmittag sauft entschlafen.
* Vor einigen Tagen starb in Meichrhofe« im Elsaß unerwartet eine 64jährige ledige, m guten Verhältnissen lebende Dame. Ihre beiden bei ihr wohnenden Schwestern ließen die Verblichene mit deu einer Jungfrau gebührenden Ehren, im Myrtenkranz usw. bestatten uud erhofften nun den ansehnlichen Nachlaß eiuzustreichen. Am Tage nach der Beerdigung aber erschien ein stattlicher Herr von etwa 40 Jahren und präsentierte ein Testament, nach welchem es sich herausstellte, daß die verstorbene „Jungfrau" nicht nur „Mutter", sondern bereits „Großmutter" war. Das süße Geheimnis datiert auS den 60er Jahren, und selbst die beiden Schwestern hatten keine Ahnung davon!