diesem Gutachten schwindsüchtig. Das Gericht sprach den Angeklagten frei.

* Berlin, 23. Januar. Dem Ausgang der Aussperrung und des Streiks in Crimmitschau widmet das offiziöse Blatt der Reichsreoierung, dieNorddeutsche/ einen lange» Rück­blick, in den mau Wohl die sozialpolitischen Ansichten irgend­welcher für die Reichspolitik maßgebenden Stelle zu er­kennen hat. Es ist so eine Art Politik der goldnen Mittel- straße zwischen dem Scharfmachertum gewisser politischer Parteien und der Arbeitgeber auf der einen und der Sozial­demokratie auf der andern Seite, von der die Darstellungen und Ausführungen des offiziösen Blattes beherrscht werden. Ausgangspunkt des Auslandes war (so heißt es da) das an sich subjektiv erlaubte und objektiv bis zu einem gewissen Grade gerechtfertigte Streben der Cümmitschauer Fabrikarbeiter nach Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und Lobnverhältnisse. Ader sie haben unter dem unheil­vollen Einfluß der Generalkommisfiou det sozialdemokra­tischen Gewerkschaften den Arbeitgebern ihren Willen auf­zwingen wollen und haben den Crimmitschauer Industriellen einen Existenzkampf ausgedrungen, der die gesamte Textil­industrie und schließlich die deutsche Arbeitgeberschaft über­haupt gegen die Herrschaftsgelüste sozialdemokratisch beein­flußter Arbeiterverbände auf den Kampfplatz rief und ein zu den größten Opfern bereites Gemeinschaftsgefühl des deutschen Unternehmertums zur Reife brachte, das ein min­destens vollwertiges Gegenbild zu der geschloffenen gewerk­schaftliche» Organisation der Arbeiter darftelll. Die Crim- mitschauer Ausständigen hatten sich unter sozialdemokra­tischer Verführung auch wenn wir ihren Zielen unsere volle Symparhie zuwenden in den an gewandten Mit­teln total vergriffen. Im Grunde bemühten sie sich eifrigst selbst, den Ast abzusägcn, auf dem sie sitzen, und so erklärt sich, daß so objektiv gestimmte Beurteiler, wie die Pfar­rer von Crimmitschau, über diesen leichtfertig inszenierten Streik nur eine mit Verwunderung gemischte scharfe Miß­billigung auSdrücken konnten. Daß aber der Streik so ungewöhnlich lange gedauert und beide» Teilen so außer­ordentliche Opfer auferlegt, insbesondere aber eine fleißige Industriestadt der äußersten Gefahr wirtschaftlichen Ruins preisgegeben hat, ist das eigenste Werk der Sozialdemo­kratie, deren Organe nicht müde wurden, die Ausständigen zum hartnäckigsten Widerstande aufzustacheln, und zu diesem Zwecke selbst die handgreiflichsten Lügen »icht scheuten. Es dürfe übrigens nicht verschwiegen werden, daß sich auch bürgerliche Sozialpolitiker einer gewissen Mitschuld an der langen Dauer und den unheilvollen Folgen d s Ausstandes zu zeihen haben, indem sie in Verkennung des politischen Kerns der Srreitfrage aus dogmatischer Voreingenommenheit und ohne jede praktische Kenntnis der Crimmitschauer In­dustrie und ihrer Lebensbedingungen mit einigen billigen Schlagworten in diesem Streik eine Stellung einzunehmen sich vermaßen, die eine bedenkliche Aehnlichkeit mit einer Parteiischen Unterstützung der sozialdemokratisch-gewerkschaft­lichen Machtprobe zeige.

* Merli«, 23. Jan. Ans Swakopmund telegraphiert der Kommandant d-,s KanonenbootesHabicht", dort sei ein Bote aus Okahandja eingetroffen, welcher den Ort am 20. Januar verlassen hat, mit der Meldung, daß die Expedition des Oberleutnants Zülow in Okahandja ange­kommen sei, und daß dieser Ort vorläufig uneinnehmbar befestigt sei. Von Okafise ab sei die Bahn gänzl-ch zer­stört. Es finden fortwährend starke Zuzüge der Hereros nack Okahandja statt. Die Lage sei ernst, aber vorläufig befriedigend.

* Auf verschiedenen rheinische« Eisenbahnstrecken sind in den letzten Jahren Gold- und Juwelendiebstähle in den Eisenbahnzügen vorgekommen. Jetzt endlich ist es gelungen, den Täter zu entdecken, in der Person des Zugführers Böhnke. Dieser hat nachts den schlafenden Passagieren

direkt, sowie aus deren Gepäck und ferner aus den Gepäck­wagen die Geldsachen und Juwelen gestohlen. Bisher find ihm 30 derartige Fälle nachgewieseu worden. Mit der Affaire steht auch die Verhaftung der Inhaber derJuwelen- firma Areton und Sohn in Hannover im Zusammenhang. Die Firma kaufte die von dem Zugführer gestohlenen Ju­welen an. Weitere Verhaftungen stehen bevor.

* (Neunmal verheiratet.) Durch die Presse geht zur Zeit die Nachricht, daß in Genf eine Frau zum sechstenmale in den Stand der Ehe getreten sei. Den Rekkoid hat sie aber trotzdem noch nicht erreicht. Die Stadt Klöerfekd zählte, so berichtet das Elberselder städtische Amtsblatt, dis vor 4 Jahren eine protestantische Lehrerswitwe zu ihrer Einwohnerin, die nicht weniger als neunmal verheiratet war. Als Tochter eines Postmeisters in Remscheid 1843 geboren, reichte sie zum crftcnmale einem Remscheider Kaufmann die Ha.-.b zum Bunde; leider aber dauerte das Eheglück nicht allzulange. Aus dem deutsch-französischen Kriege, der ihren G-tteu zur Fahne gerul.n hatte, kehrte er nicht mehr zurück. Die junge Witwe tröstete füll bald wieder und heiratete zum zweitenmale, diesmal einen Wirt. Auch diese Ehe war nur von kurzer Dauer. Der Man» starb nach ein paar Jahren und die Witwe ließ sich, kurz entschlossen, zum dritteamale in Hymens Fesseln schlagen; ein Schmied war der Glück­liche. Aber auch diesen überlebte d-e Witwe. Der vierte Ehegatte war ein Kunstgärtner, mit dem sie vereint durchs Leben gehen wollte. Es kam aber anders; er ließ sie eben­falls nach einer kurzen Spanne Zeit emsam auf der Erde zurück. Durch diese Mißgeschicke keineswegs entmutigt, ver­suchte sie ihr Glück mit einem Feileuschmied. Die fünfte Ehe wurde gerichtlich gelöst. Die ehelustige Dame versuchte es jetzt zum sechstenmale, mit einem Gendarm. Aber auch dieser wurde von ihrer Seite gerissen. In Ausübung seines Berufs wurde er bei einem Streit iötlich verletzt. Nr. 7 und 8 waren Polizeisergecmten in Remscheid, die die Unver­wüstliche sich zu Ehegatten erkor, und die, welch Mißgeschick, ihr wieder im Tode vorangingen. Der letzte und neunte Mann war ein Lehrer, ebenfalls aus Remscheid. Auch diesen überlebte sie. Im Januar 1900 endlich, im Alter von »7 Jahren, folgte sie ihren nenn Edernäurweu in den Tod nach.

* KamSurg, 23. Jan. Die ganze Stadt Aalesund ist heute vormittag niedergebrannt. 12 000 Einwohner sind obdachlos. Es fehlt an allem, besonders Medikamente werden verlangt. Der Schaden wird ans mehrere Millionen geschätzt. Die Bevölkerung ist ohne N-chrung und Kleidung. Ein Hilfsdawpfsr von Bergcn rst ar-geschickt.

* Hamöirrg, 23. Jan. I folge einer vom Kaiser an den Geveraidirektc-r Ballin telephonisch gerichteten Auf­forderung ist heute abend unter Mitwirkung des Roten Kreuzes ein Hilfskomitee zesammeugetreter-, das über die zur Linderung der Not in Aalesuud erforderlichen dringenden Maßnahmen sofort zu beraten hat. Es ist beschlossen worden, den großen DampferPhöwzia" der HrmVurg-AmerikUinie nach Aale­sund zu emsenden. Der D-mpfer wird bereits Sonntag mittag den Hamburger Hafer-, verlassen. Der Dampfer wird mit vollständiger Verpflegung für 4000 Menschen ans- rcicherd, ferner mit Medikamenten, Verbandzeug und Klei­dungsstücken aller Art. besonders auch mit großen Vorräten an Bettzeug, Wollenen Decker, usw., sowie Baracken ausge­rüstet. Drei Aerzte, eine größere A-zchl von Krankenpflegern und Krankenschwestern, sowie einige andere Abgesandte vom Roten Kreuz begleiten den Tram port.

X Weh. 22. Jan. Das Oderkriegsgericht des 16. Armee­korps verhandelte heute gegen den Leutnant Schilling vom 98. Infanterieregiment, der vom Kriegsgericht der 33. Di­vision vor kurzem wegen Soldatenmißhandlungen in an­nähernd 700 Fällen za 15 Monaten Gefängnis und Dienft- kMlassung verurteilt worden war. Schilling hatte Berufung eingelegt. Das Ober! iegsgericht verurteilte ihn zu einem Jabr und einem Tag Gefängnis und Dienstentlassung. Die

Dev Mä,chenpi inz.

Roman von H. v. Götzendorff-Grabowski.

(Fortsetzung.)

Ja war denn das nicht der Maler aus Zavtowitz? Jener unbequeme Mensch, mit dem Hertha so intim ge­worden, daß sie, die kluge Tante, das sentimentale Freund­schaftsbündnis nur durch einen Gewaltakt zu zerstören ver­mocht?

Momentan stieg ein großer Aerger in der würdigen Dame auf, aber dann siegte wieder die Weltklngheit. Sie sagte sich, daß der Maler doch unbedingt der Gast des Grafen, daß er sogar dessen Günstling sein müsse, und es deshalb klüger sein würde, ihn nicht unfreundlich zu be­handeln. Diese Begegnung konnte ja nur ei e flüchtige sein. Indessen hatte sich Falk den Damen langsam ge­nähert und begrüßte die Generalin mit einer ceremoniellen Verbeugung.

Ich darf Wohl hoffen, daß Excellenz sich meiner noch erinnern?'

Excellenz Mrdora lächelte mit liebenswürdiger Herab­lassung.O, ganz gewiß, Herr-Herr . . . Herr Falk,

nicht wahr? Sie waren ja seiner Zeit so gütig, meine Nichte durch Ihren vortrefflichen Unterricht bedeutend zu fördern, entzogen uns aber leider dann die Möglichkeit, Ihnen unsere Erkenntlichkeit zu beweisen."

Warum lachte der impertinente Mensch bei dieser doch ohne Frage sehr würdigen und passenden Rede? Er lächelte wirklich, und es blitzte ein schalkhaftes Licht in seinen dun­keln Augen auf, als er entgegnete:Darin irren Excellenz nun doch ein wenig. Ich verzichtete durchaus nicht aus mein Honorar, es entsprach nur meinem Geschmack nicht, dasselbe m der von Ihnen gewählten Zeit und in der von Ihnen gewählten Form entgegenzunehmen. Fräulein von Reutlingen hat die Schuld heute in der mir einzig wünschens­

wert und angemessen erstrernenden Form ausgeglichen. Sie hat versprrw er, mein We n w.rdcn zu wollen! Für einen geringeren Preis wäre mir web Urtterncht nicht feil gewesen."

Er spricht die Wabrbett, Tarne Medora ! Wir lieben einander seit der ersten Begegnung in Zantowitz. Und ich werde niemals einem anderen Manne avgehören! Soge dcß Du Deine Vorurteile üb-rwindev, Dich an meinem Glücke freuen, es mit u»s teilen willst!" Hertha hatte sehr warm gesprochen, die Generclin vermochte nicht sogleich zu ant­worten, sie schien einer O'v wacht nahe.

DaS kann die Wahrheit nicht sein ! Du kannst nicht so falsch gegen mich handeln, nicht einen solchen Skandal über Deine ganze Farwlie bringen wollen, Hertha!" brach es endlich mit Ungestüm über ihre erblaßten Lippen.Und Sie mein Herr: eS hieß die Gastfreundschaft, die ich Ihnen in Zantowitz vertrauensvoll gewährte, in sehr un- ; edler Weise ausnützen, wenn Sie dieselbe in der Tat dazu anwandten, mir meine Nichte abwendig zu machen."

Ihre Nichte schenkte mir freiwillig ihre Liebe. Es war mein gutes Recht, das kostbare Geschenk anzunehmen; ich tat es und werde mich seiner würdig zeigen. Ich werde das Leben meines Weibes derart gestalten, daß allen be- rechtiaten Ansprüchen auch nach außen hin Genüge geschieht und Hertha Ihrervornehmen Verwandschaft" keine Unehre macht. I« Betreff meiner Familie, meiner persönlichen Ver­hältnisse sollen Excellenz genaue und Sie hoffentlich zufrieden­stellende Auskunft erhalten, wenn ich meine Werbung um Fräulein von Reutlingen morgen in aller Form wieder hole.

Diese Mühe können Sie sich sparen, mein Herr! Mich verlangt durchaus nicht danach, Näheres über Ihre Familie, Ihre persönlichen Verhältnisse zu erfahren. Was ich mit meiner Nichte zu besprechen habe, wird Ihnen diese svätrr schriftlich mitteilen. Komm Hertha. Wir dürfen Steinhausen nicht länger warten lassen; er beabsichtigte mir den Grafen v. Dorneck zuzuführen."

Verhandlung des Oüerkriegsgerichts fand unter Ausschluß r

der Oefferttlichkeit statt. r

NuständifPes. ' !

* Nach Meldungen aus Mrag ist der Erzherzog Ferdi- j

nand Karl, Bruder des Thronfolgers Franz Ferdinand, D Df 2

entgegen allen bisherigen Berichten entschlossen, Fräulein i

Czuber zu heiraten. Die Trauung soll am 13. Februar in ^ ^ z

Dresden stattfinden.. Fräulein Czuber ist in Dresden ein- 8 <

getroffen. . >

* (Das Martyrium eines Kindes.) In einem kleinen i

Hotel der Rus Rnmsnu in Maris war vor zwei Monaten i

ein Herr in Begleitung eines zwölfjährigen Jungen, wie er !

behauptete, seines Mündels, abgestiegen. Der Herr, der sich !

Gaston Neuville nannte, war ungefähr 37 Jahre alt, röt- "Z 8-^ lich blond, litt an einem nervösen Tick und machte auf

die übrigen Bewohner des Hotels einen so ungünstigen Eindruck, daß es Wohl diesem Umstand zuznschreiben ist, 'Z 1 wenn das Hotelpersonal der Person des Kindes mehr Auf- § * merksamkeit entgegenbrachte, als es sonst Wohl der Fall ge- »"Z- Wesen wäre. Dieser kleine arme Bursche, ein Waise, hatte -Zs; vor einem halben Jahre das Interesse zweier Philanthropen erwecit, die, um dem Kinde eine sorgfältige Pflege und Er- A-A» ziebung angedeihen zu lassen, es einem ihnen bestens em- -D-K pfohlenen, in der Provinz wo wenden früheren Hauslehrer, l

Herrn Eugene Gnerin, anvertrüuten, der, wie man be- ^ ^ x hanpLete,kein Gewerbe" ans der Annahme von Pensionären ^ machte, da er über eine jährliche Reute von 7000 Frank L-M r verfugte. Also ein Pädagoge aus Freude an der Ent- Wicklung der Kindesseele, dem die beiden menschenfreundlich ^ gesinnten Männer in bester Absicht und Urberzengnng ver- ^ «-ß

trauten. Herr Eugene Gnenu batte seinerseits den Kleinen ^ A. 8 mit der Versicherung, daß er väterlich über ihn Wachen ^ K L wolle, unter seine Fittiche genommen. Monate vergingen. 8 Eines Tages zu Beginn der vergangenen Woche D. erhielt der eine der beiden Herren eine anonyme Zuschrift, die ibm mitteilte, baß der würdige Pädagoge sich unter ^ dem Namen Gaston Neuville in dem vorhin erwähnten o Hotel aufhalte und seinen Zögling Qualen erdulden lasse, ^ die in ihrer Ungeheuerlichkeit jeder schriftlichen Beschreibung "Z spottete». Mehrere Stunden nach Empfang jener Zeile» ^ ZßL

erschien der Herr in dcm ihm bezeichnet?» Hause und ver- 8 °

langte Herrn Neuville zu spreche». Er,war ausgeganzeu. ^

Aber das Kind mußte La sein, da man es sicht mit ihm

hatte fortgkben sehen. Man öffnet die verschlossene Tür s

und findet den unglücklichen Knaben völlig unbekleidet, den «

ganzen Körper mit Stricken umwunden, die ihn zur ab- A ?

solitten Regungslosigkeit verdammen, und außerdem noch ^ '«-2

an das Fensterkrenz befestig!, der eisigen Winterluft hilflos ^ ^ "

ausgefetzt. Und als ob es nicht genug an diesen teuf-

lischen Grausamkeiten gewesen wäre, füllte ein Knebel den 8 A -

armen, schmcrzzuckenden Kindermund, über den sich noch

ein um das Gesicht gebundenes und am Hinterkopf ver- '§8 5 x

knotetes Tuch breitete, um ein Herausfallen des Knebels

und dadurch ermöglichte Hilferufe zu verhindern. . . . Man L L «»-

befreite das halberstarrte, völlig entkräftete, arme Geschöpf

und brachte es zur Polizei, der das Kind Enthüllungen ^ ^ ^ L

machte, die es als ein besonderes Glück erscheinen lassen,

daß es noch gelungen ist, das Opfer seinem Henker zürnt- ^

reißen, ehe es, wie Wohl so viele vor ihm, eines geheimnis-

vollen Todes gestorben wäre. Der edle Erzieher, der seinen

Zögling, der ihnPapa" nennen mußte, keinen Augenblick Z L

allein ließ, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, den Beistand 's

fremder Menschen anzurufen, erachtete es als eine der

Grundlaaen der Erziehung, daß sein Pflegebefohlener hungern ^ 8 D

müsse. Er ließ ihn tagelang ohne jede-Nahrung, ja selbst

ohne einen Trank Wasser, und befestigte ihn, zum abend-

lichen Abschluß dieser Hungertage, unbekleidet am Fußende

seines eigenen Bettes, nachdem er ihm die Beine au dem ILZ ««T

einen Bettpfosten, die Hände auf dem Rücken festgebundeu ^ ^

" .. ... ' '

Das schöne Gesicht des Malers hatte sich in keinem Zuge verändert. Est

Gestatten Sie mir noch einige Worte, gnädigste Frau," sagte er mit vornehmer Ruhe. Wenn ich Ihre --G Ste^ungukchme zu meiner Person richtig beurteile, so ge­nieße ick Ihre Geringschätzung also nur deshalb, weil ich nach Ihrem Dafürhalten keinen vornehmen Name» und ebensowenig den diesen vielleicht aufwiegendev fürst­lichen Reichtum besitze. Mein moralischer Wert, die Tadel­losigkeit meines Lebens und Rufes, endlich der Umstand, daß Fräulein von Reutlingen mich liebt das sind Ihne» alles Nebensachen. Meinen Sie, Excellenz, eine solche An­schauungsweise sei Ihrem Stande, Ihrem Bildungsgrade angemessen und mache Ihrem Herzen Ehre?"

Ich habe nicht nötig, Ihnen auf diese anmaßende Rede zu antworten, mem Herr. Es müßte dieses auch in einer Weis« geschehen, die sich dadurch, daß Sie der Gast des Grafen von Dorneck find, von selbst verbietet.

Es war der Generalin in ihrer Erregung entgangen, daß fick Doktor Steinhaufen und der alte Baron Stach schon seit einigen Minuten im Saale befanden. Jetzt ge­wahrte sie die beiden Herren und mußte alle ihr zu Ge­bote stehende Weltgewandtheil anfbieten, um ihrem Gesicht die vorschriftsmäßige liebenswürdig verbindliche Salonmaske aufzuzwingen. Es gelang so ziemlich.

Welche angenehme Ueberraschung, lieber Baron I" sagte sie lächelndund wie dankbar müssen wir der Gastfreundlichkeit des Grafen sein, da uns dieselbe so an­genehme Begegnungen verschafft! Ich hoffe, lieber Stein­haufen, Sie werde» Ihr Wort halte« und mir den Grafen zuführen, bevor ich mit meiner Nichte das Schloß wieder ver­lasse. Es ist Ihnen ja bekannt, wie lebhaft ich danach verlange,

Ihren ansgezeichneten Freund kenuen zu lernen."

Sekundenlang sprach Niemand. Baron Stach blickte die Generalin mit einer Miene an, als ob er an ihrem

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