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Dienstag, 26. Januar

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Tagespolitik.

Kaiser Wilhelm wird am kommende» 27. Januar 45 Jahre alt. Der hohe Herr steht im kräftigsten Mannesalter, das mit der energievollen Lat auch die weise Ruhe der Er­fahrung verbindet. Erfahrung! Sie ist dem dritten deutschen Hohevzollernkaiser in einem Maße beschicken worden, wie sie sonst nur selten einem Sterblichen zu teil wird. Der frühe Tod seines Baters, dem nach menschlichem Ermessen «ine lange und gesegnete Regierung beschicken sein mußte, hat den Kaiser früh auf den Thron, an die Spitze des ge­einten deutschen Vaterlandes berufen, und wenn je ein Monarch durch ernsteste, unermüdliche Arbeit bemüht gewesen ist, zu zeigen, daß nach dem bekannten Wort Friedrichs des Großen ein Herrscher nur seines Landes erster Diener ist, so war es Kaiser Wilhelm !I. Dieses Wort vom .Dienen­sprach der Kaiser in seiner ersten Thronrede nach seinem Re­gierungs-Antritt aus und bald nachher von den herben Er­fahrungen, die ihn auf dem Wege zum Thron begleitet hätten. Das Wort vom Dienen und von der Anerkennung der Autorität hat der Kaiser erst im letzten Herbst in nachdrück­lichster Weise wiederholt, als zwei seiner Söhne in den Bund der erwachsenen Christen ausgenommen wurden. Er hat es mit voller Absicht seinen nächsten Angehörigen und Mit­gliedern seines eigenen Hauses zugerufen, weil wir in einer Zeit lebe», in welcher nicht gern daran gedacht wird, wie notwendig die Unterordnung ist, daß nur der befehlen kann, der die schwere Kunst des Gehorchens erlernte. Es giebt heute Tausende, die an der Welt Entwicklung mehr als ge­nug auszusetzen haben, aber nur wenige darunter, die sich prüfen, woher ihr Mißvergnügen komme! Zum nicht ge­ringsten Teil vom Mangel an Mäßigung, vom Mangel an der Beherrschung der eigenen Natur! Wie gerade hierin Kaiser Wilhelm II. ein Vorb-ld ist, wissen wir; seit mehr als anderthalb Jahrzehnten wächst seine Regierung, aber nie ist der Kaiser von anderen Gedanken geleitet, als von solchen um das Wohl der Nation. Nicht jedes Wort, nicht jeder Hinweis kann der unbedingtesten Zustimmung gewiß sein; j das hat auch der Kaiser nie verlangt, er ist kein Philister, wie Graf Bülow vor Jahresfrist im deutschen Reichstage sagte, aber stets war der Wille der allerbeste. Und die Freudigkeit und Stetigkeit, mit welcher der Monarch die Annäherung und das Verständnis der civilisierien Nationen unter einander immer wieder von neuem betreibt, hat ihm auch Achtung und Anerkennung in allen Kulturstaateu ver­schafft. Ein Hoch Kaiser Wilhelm!

* * *

In England erörtert man die Frage, welche Spra­chen in den höheren Schulen gelehrt werden sollen. Recht schmeichelhaft ist, was dieMorning Post- dabei über uus Deutsche schreibt: Daß Französisch in den Schulen unbe­dingt gelehrt werden müsse, sagt das Blatt, sei allgemein anerkannt, daß es sich nicht lohnen würde, irgend etwas noch darüber zu sagen, aber warum es sich jetzt in erster Linie handele, sei, die Ueberzeugung zu verbreiten, daß Deutsch ebenso wichtig sei wie Französisch. Der gewöhnlich gemachte Einwand, daß keine Zeit für die deutschen Stun­de» gefunden werden könne, sei durchaus hinfällig und «üsfe ohne weiteres zurückgewiesen werden. Während der Jahre, in welche» mau Zeit für gute Ausbildung im Fran­zösische» und im Griechischen finde, müsse man auch Zeit für das Deutsche finden können. Das Blatt führt davon weiter aus, daß die Unkenntnis einer dieser wichtigen Spra­chen, die eigentlich jeder kennen müsse, heutzutage für einen Menschen, der im geschäftlichen Leben sich seinen Weg suchen müsse, eigentlich ebenso schlimm sei, wie daS Fehlen eines der Sinne. Die fünf Sprachen, Englisch, Lateinisch, Griechisch, Französisch und Deutsch, enthielten den Rekkord des Besten, was der Mensch auf allen Gebieten des geistigen Lebens geschaffen, und was außerhalb derselben liege, das könne jeder Mensch nachher selbst nachlernen.

ArndesncuHrichLen.

* Atteuste g, 25. Ja». (Zum Schutz der Tierwelt.) t Da und dort sieht man gegenwärtig au Feldern und Rainen die Hecken ausroden und doch find sie so recht die Heimat der kleinen Tierwelt, auf deren Mithilfe der Landwirt ganz besonders angewiesen ist. Wir nennen hier vor allem die verschiedenen Singvögel, den Igel, das Wiesel, die Eidechse, die Blindschleiche, die Kröte und noch viele andere so ge­ring geachtete Lebeweseri. Daß auch die Letztgenannten im Dienste der Landwirtschaft stehen durch unermüdliche Bekämpfung und Vertilgung alles möglichen Ungeziefers, ist jedem Einsichtigen bekannt, von den Singvögeln braucht dies ja nicht besonders gesagt zu werden. Ihr aller Leben ist tausendfach bedroht durch ungünstige Umstände jeder Art

und sie brauchen notwendig eine- sichere» Unterschlupfes, um sich selbst und ihre Art forterhalten zu können. Tinen solche« aber gewährt Ihnen nichts so gut, so vollkommen, wie eben das Gestrüpp unserer Hecken. Je dorniger und verwachsener, desto besser für sie. Hier find ihre natür­lichsten und besten Nistplätze, hier finden sie ein schützendes Dach im Ungewitter und eine Zufluchtsstätte, die allein im letzten Augenblick noch Rettung gewähren kann vor den Krallen der Raubvögel und anderer Raubtiere. In den Notzeiten des Winters sind die Beeren der Heckenpflanzen oft ihre einzige Nahrung. Nehmen wir ihnen daS alles um einiger geringen Vorteile willen, dann berauben wir unsere besten Freunde um eine ihrer notwendigsten Existenzbeding­ungen und schädigen uns selbst um unsere Landwirtschaft mehr als wir ermessen. Wir kommen daher eben jetzt zu einer Jahreszeit, in der man das Aushauen besorgt, mit der dringenden Bitte, ihrer nach Möglichkeit zu schonen und ihnen noch das spärliche Plätzchen zu gönnen.

-u. Aagok-, 25. Ion. Am Samstag nachmittag fand im Gasthaus zum Hirsch hier eine starkbesuchte Versamm­lung des landwirtschaftlichen Vereins statt unter dem Vorfitz des Vereinsvorstandes Oberamtmann Ritter. Der Haupt- gegenstand der Tagesordnung war ein Vortrag von Garten- dauinipektor Held von Hohenheim über Obstbaumpflege. Einen großen Wert legte Redner dem Bespritzen der Bäume mit einer Lösung von Zuckerkalkprilver bei. Dieses Be­spritzen sei das beste Mittel gegen die Blattfaükrankheit und bewähre sich vortrefflich an Obstbäumen, Rebstöcken und Johannisbeersträuchern. Redner zeigte eine Frucht von einem Baum, bei dem das Laub im Sommer mehr­mals auf genannte Weise bespritzt wurde, desgleichen einen Apfel von einem unbespritzten Baum, der mit Blattfall­krankheit behaftet war. Der Unterschied war ein auffallen­der. Die erste Frucht war gesund, frisch und groß, die zweite klein und fleckig. Am besten sei es, wenn man die Bäume bespritze vor der Blütezeit, später, wenn die Frucht­ansätze kirschengroß geworden seien. Das Anschaffen von Spritzen durch Gemeinden wurde allgemein empfohlen. Eine rege Besprechung knüpfte sich an den Vortrag, für den der Vorsitzende im Namen des Vereins dem Redner den Dank aussprach.

* Auch Kerrerrukö erhält jetzt ein Elektrizitätswerk. Die Gemeindevertreter haben soeben den Beschluß dazu gefaßt.

* Kam oöeren Kecker, 22. Jan. Die Fabrikation von Wein aus Surrogaten scheint mehr im Schwünge zu sein, als man sich träumen lies, wenigstens hat die Verhaftung des Snrrogatfabrikanten in St. und die Beschlagnahme seiner Bücher schon in verschiedenen Städten Anlaß zu Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen gegeben; so in j Tübingen, wo ebenfalls eine Verhaftung vorgenommeu worden sein soll, und in Sulz. Wenn man bedenkt, wie viel Geld man heutzutage für ein Scyöpplein Wein auszu- legcn hat, so darf man wohl erwarten, daß man etwas echtes und nichts geschmiertes erhält. Wie manchem Kran­ken verordnet nicht der Arzt ein gutes Glas Wein als Stärkungsmittel; wie kann aber ein aus Wasser und Sur­rogaten zusammengebrautes Gemisch einen Kranken stärken? Fast noch gefährlicher als die Bicrpantscher sind die Wein­pantscher und es wird wohl allgemein mit Freuden begrüßt werden, wenn Staatsanwaltschaften nnd Gerichte diesen Biedermännern ganz energisch zu Leib gehe» und das Pub­likum gegen Schädigung am Vermögen und an der Ge­sundheit nach Kräften schützen. Es wäre nicht ohne, wenn man derartigeFabrikanten- an ein mit solchemWein­gefülltes Fuß setzte und sie nicht wieder losließe, bis sie selbst dasselbe bis zur Neige ausgetrunken, das würde am besten die Lust zu einem Rückfall vertreiben.

* Stuttgart, 20. Jan. Die Gemeindrordnungskommis- fion nahm heute ihre Beratung bei Art. 1V4 betr. die An­stellungsart und die Anstellungszelt der Gemeindebeamte» wieder auf. Der Artikel lautet:Soweit das gegenwärtige Gesetz keine abweichenden Zustimmungen enthält, können die Gemeiudebeamten auf Widerruf, auf bestimmte Zeit oder auf Lebensdauer angestellt werden. Die letztere Anstellung kann jedoch in de» größeren Stadtgemeinden nur mit Ge­nehmigung der Stadtverordnetenversammlung (des Bürger- Ausschusses) erfolgen.- Hierzu wurde von dem Referenten Nieder folgender Antrag gestellt:Die Anstellung der Ge­meindebeamten erfolgt auf unbestimmte Zeit, die jedoch nicht weniger als drei Jahre betrage» darf, oder auf Lebens­dauer. Bei Beamten, die auf Versetzung des Amtes ihre» Lebensunterhalt gründen, kann die Anstellig auch auf un­bestimmte Zeit mit ömonatlicher Kündigung erfolgen. Macht die Gemeinde den in solcher Weise angestellte» Berufsbe- amtrn gegenüber innerhalb 10 Jahren nach dem Dienstan­

tritt von dem Kündigungsrecht keinen Gebrauch, so erlischt dieses Recht und es gilt der Beamte fortan auf Lebens­dauer angestellt. Eine Vorabstimmung über die Möglich­keit der lebenslänglichen Anstellung ergab Stimmengleich­heit. Hierauf wnrde die Verhandlung abgebrochen, um Zeit zu lassen, die verschiedenen hierzu gestellten Anträge womöglich in einen gemeinschaftlichen Antrag zu vereinigen.

* Stuttgart, 21. Jan. Der Nationalsoziale Verein Stuttgart. Vorort der württembergischeo uationalsozialen Vereine, nahm in seiner heutigen Versammlung einstimmig folgende Resolution an : Der Verein begrüßt die von sozialem Geiste getragene Rede des Reichstagsabgeordnrten Payer auf der diesjährigen Landesversammlung der Deutschen Volks­partei zu Stuttgart am 6. Januar und hofft mit ihm, daß der Zusammenschluß der liberalen Linken durchzuführeu sei. Der Verein will in seinem Teil zur Erreichung dieses Ziels redlich beitragen.

* Stuttgart. 22. Jan. Zu dem mobilen Mariminfan- terie-Bataillon für Südwestafrika wurde auch als einziger württembergischer Offizier Leutnant Heigelin vom hiesigen 7. württembergischer, Infanterieregiment Kaiser Friedrich, Nr. 125, Sohn von Oberforstrat Heigelin, einberufen; er ließ sich schon früher für den Dienst in der Schutztruppe vormerke».

* In Stuttgart wird im Zusammenhänge mit dem Pro­jekte der Erweiterung des Hauptbahnhofes und des Hof- theater-Nenbanes, die den württembergische» Landtag dem­nächst beschäftigen werden, von amtlicher Seite eine Reihe von weiteren Bauten als dringend bezeichnet, so die Erricht­ung eines neuen Ständchauses für beide Kammern, eines Kanst-Ausstellungs-Gebäudes und eines Museums für vater­ländische Altertümer in Verbindung mit einem ethnographi­schen Museum.

* Eduard Zeller in Stuttgart ist zu seinem 80. Ge­burtstage eine große Anzahl von Glückwünschen, darunter auch ein Handschreiben des Kaisers, begleitet vom Bilde des Kaisers, zugegangen. Die Glückwünsche des Königs von Württemberg nebst dem Großkreuz des Friedrichsordens überbrachte Kultusminister von Weizsäcker. Der preußische Kultusminister Dr. Studt sandte ein Glückwunschtelegramm. Durch Abordnungen waren vertreten die Universität Tüb­ingen, Heidelberg und Bern, die Akademie der Wissenschaften in Berlin, sowie literarische Vereine.

* Kirchheim «. F., 22. Januar. Gestern fand eine außerordentlich stark besuchte Versammlung, die von den Gegnern übermäßigen Alkoholgenuffes einberufen war, statt. Auch hier wurde sofort ein Zweigverein gegründet.

* Kaveusvurg, 20. Januar. Ein gefährliches Treiben wurde in letzter Zeit durch Gerichtsverhandlungen an die Oeffentlicykeit gebracht. Zwei als Kegrlspieler bekannte Ein­wohner von Ravensburg und Weingarten spielten unlängst in einer hiesigen Wirtschaft ein ans dem Billard gespieltes Kegelspiel um hohe Beträge. Schließlich erhöhten sie den Einsatz auf 500 Mark von jeder Seite. Es bleibt jedoch nicht dabei, daß die Spieler sich gegenseitig das Geld ab­nehmen. Einer der beiden kaufte im vorigen Jahr von einem Bauer einen Hypothekenbrief um 600 Mark, nahm dem Verkäufer aber sofort 550 Mark im Kegrlspiel wieder ab. Ebenderselbe gewann vor einigen Wochen einem an­deren Bauer innerhalb weniger Stunden 800 Mark ab. Es wird teils auf Kegelbahnen, teils auf Billards gekegelt. Die Behörden find diesem Treiben gegenüber machtlos, weil es bei solchen Spielen nicht auf den Zufall, sondern ans die Geschicklichkeit der Spieler «»kommt.

ff Kkm, 23. Jan. Ein Maler namens Reich, ein vielfach vorbestrafter Zuchthäusler, stahl hier auf der Durch- reise einem Mitreisenden den Betrag von 150 Mark. Die Polizei machte ihn ausfindig und verhaftete ihn.

jj Wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode hatte sich der Hauptlehrer Eckert aus Mrötzinge« vor dem Karls­ruher Schwurgericht zu verantworten. Er hat einem zwölf­jährigen Knaben wegen Unaufmerksamkeit mit einem Rohr­stock mehrere Schläge auf das Gesäß versetzt. Einige Tage später ist der Junge an Lungenentzündung gestorben. Die ärztliche Untersuchung ergab eine Schwellung vom unteren Rande der zwölften Rippe fast bis zur Kniekehle. Auf die­sen Schwellungen befanden sich 10 dis 12 fingerdicke, blut­unterlaufene Striemen, von denen einer die Breite von drei Fingern hatte. Dr. Muser erklärte, daß er über die Schwere der Mißhandlung empört gewesen sei. Der Knabe sei be­sonders schwach gewesen; der Lehrer hätte das erkennen müssen. Dr. Fischer, der bei der Leichenöffnung zugegen war, stellte fest, daß der Tod infolge Lungenentzündung ein­trat. Von einer Mißhandlung, die tötliche Folgen gehabt hätte, sei nichts zu bemerken gewesen. Der Knabe war nach